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Full text of "Die facezien"

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DIE FACEZIEN DES 
POGGIO FIORENTINO 



/. 




i^-aa^^^ " ^JA.^:t.^.^^^^i^^'UtyC^ 



DIE FACEZIEN 

DES • 

POGGIO FIORENTINO 

( [heo-t^^9 ) 

AUS DEM LATEINISCHEN ÜBERSETZT 
UND EINGELEITET 

VON 

HANNS FLOERKE 

MIT EINEM LITERATURHISTORISCHEN 
ANHANG VON 

ALBBRT WSSSELSKI 



PRIVATDRUCK 



1906 

MÖNCHEN 
BEI GEORG MÜLLER 






y 



DIESES W£RK WURDE IM AUFTRAGE DER VER- 
LAGSBUCHHANDLUNG GEORG MOLLER IN MON- 
CHEN ALS PRIVATDRUCK IN DER HOHE DER 
SUBSKRIBIERTEN EXEMPLARE GEDRUCKT IN 
DER BUCHDRUCKEREI VON OSCAR BRAND- 
STETTER IN LEIPZIG IM FEBRUAR ft MÄRZ 1906. 



EXEMPLAR Nr. 384 




EINLEITUNG DES ÜBERSETZERS. 

i. 

DAS LEBEN POGGIOS.* 

Eine Lebensgeschichte POGGIOS schreiben heiBt 
einederschicksalvoUstenundwichtigstenEpochen 
der Geschichte Italiens, eine komplizierte Zeit 
der vollsten Gärung aufrollen» so sehr steht 
der Man n im 2^ntrum der Ereignisse auf poli- 
tischem wie literarischem Gebiete und so sehr 
weist er, nach dem man sogar zuweilen die erste 1 
Hälfte des 15. Jahrhunderts dasZeitalter POGGIOS | 
genannt hat» die typischen Züge seiner Zeit auf. 



«/ 



• Benutzte Uteratur : M. W. SH EPH BRD: Vit d$ POGGIO 
BRACCIOLINI, 18x9; aus dem Ea^schen. — BÜRCK- 
HARDT: Die Coltur der Renaissance in ItaUen. a. Aufl. 
(Z869). — HAGBN: Die Chronik setner Vatecstadt Tom 
Florentiner GHIBERTI; 1833. — RBPETTI; Dizionario 
gtografico fisico storico ddla Toscana, Firenze 1833—1845, 
ROSCOE: Vita 4 Pontifieato di LEONE X. MiUno z8z6— 
z8z7; aus dem Englischen. — Koten au: Us Facäits 
dg POGGB, ßdition Liseux, faris 1878. — Noten yon 
PIERRE DBS BRANDES au seiner Ausgabe der Faceaien 
(Les Facäies dg POGGE Flonntin; Paris s.d.;. ^W. BODE: 
Die italienische Plastik, Berlin Z893. — FacezU di POGGIO 
Fiorgntino, Roma 1889. — NouvelU Biographig ginSrale, 

Paris 1849; tom 40. 



f f 



Für eine solche Aufgabe ist jedoch im Rahmen 
einer Einleitung zu einem Buche bescheidenen 
Umfangs kein Platz. Ich muB mich daher mit 
kurzen Daten begnügen und kann nur hier und 
I da ein volleres Licht auf die Lpebeosumstände des 
[ hervorragenden Florentiners und die Verhält- 
nisse seiner 2^it zu werfen versuchen, darf aber 
hoffen, daB der Leser der Facezien in ihnen 
selbst Material zum Ausbau und zur Belebung 

dieser Skizze finde. 
POGGIO BRACCIOLINI (di ser GUCCIO di 
POGGIO di GUCCIO Jvnxrde 1380 inTerranuova 
auf Florentiner Gebiet unweit Arezzo, nach 
anderen in Lanciolina, einem Gebirgsnest ober- 
halb von Loro im oberen Arnotal, als Sohn 
[ eines Notars geboren!^ Schon früh genoB er jn 
Florenz den Unterricht des GIOVANNI (MAL- 
PAGHINO) DA RAVBNNA, eines langjährigen 
Freundes PETRARCAS, in der lateinischen und 
des 'IMMANUEL CHRYSOLORAS, d«5 Abge- 
sandten von MANUEL PALAEOLOGUS, Kaisers 
von Konstantinppel, in der^griechischen Sprache. 
Nicht viel mehr als zwanzig Jahre lät, begab 
;' er sich nach Rom, wo ihm sein literarischer 
Ruf um 1403 das Amt eines apostolischen 
Sekretärs in der Kanzlei BONIFAr IX. (TOMA- 
CELLI) verschaffte. Dieses Amt, aus dem er 
später in das eines päpstlichen Geheimschreibers 
aufrückte, hatte er während der Regierungszeit 

VI 



(■ 



i^on achtJPa^ten inne und zog sich erst 1453 | 
davon zurück. Welche Wichtigkeit sich diese 1 
päpstlichen Sekretäre beimaßen, ,,jenerj/erein | 
▼on Dichtem und Rednern , die der Kurie | 
ebensoviel Glaxiz verliehen, als sie von ihr | 
empfingen^S zii'lenen in der Tat die größten 1 
Männer der Wissenschaft im XV. Jahrhundert j 
gehörten, geht aus dem Plaidoyer des JACOBUS 
VOLTERRANUS hervor: „Die apostolischen 
Schreiber/' sagt dieser, „haben die ersten Ge- 
schäfte der Welt in Händen, denn wer anders 
als sie schreibt und verfügt in Sachen des katho- 
lischen Glaubens, der Bekämpfung der Ketzerei, 
der Herstellung des Friedens, der Vermittelimg 
zwischen den größten Monarchen? Wer als 
sie liefert die statistischen Übersichten der 
ganzen Christenheit? Sie sind es, die Könige, ; 
Fürsten und Völker in Bewundenmg versetzen 
durch das, was von den Päpsten ausgeht; sie 
verfassen die Befehle und Instruktionen für die -1 
Legaten; ihre Befehle empfangen sie aber nur 
vom Papst, und sind derselben zu jeder Stunde J 
des Tages und der Nacht gewärtig/' (BURCK- 
HARDT, S. 179.) Die unsicheren politischen 
Verhältnisse, namentlich die durch das Schisma 
des Okzidents (1378 — 1417) angerichtete Ver- 
wirnmg, brachten es mit sich, daß POGGIO 
einen großen Teil seines an Wechselfällen 
reichen Lebens auf Reisen war. Einmal flieht 



VII 



er mit INNOCENZ VII. (MELIORATI) nach 
Viterbo (6. August 1405), nach dessen Tode 
(6. September 1406), finden wir ihn, während 
ihn das Konzil zu Pisa seines neuen Herrn, 
GREGORS XII. (CORRARO), beraubt (1409), in 
Florenz. Dann dient er unter ALEXANDER V. 
(FILARDO), und nachdem dieser im achten Monat 
seiner Regierung gestorben war (14x0), unter /0- 
HANN XXIII. (BALDASSARE COSSA). Dieser 
mufi vor König LADISLAUS von Neapel nach 
Florenz, Bologna und Mantua fliehen; POGGIO 
begleitet ihn und geht schlieBlich als sein Ge- 
y heimschreiber mit_nach : Kmsta^^ wohin der 
Papst auf dringenden Wunsch Kaiser SIGIS- 
MUNDS 1414 das Konzil berief. Als JO- 
HANN XXIII. 1415 abgesetzt wird, beschäftigt 
sich POGGIO in Konstanz eine Zeitlang mit 
dem Studium des Hebräischen und nimmt dann 
im Frühjahr 1^16 einen kurzen Badeaufenthalt 
in Baden bei Zürich, dessen Aimehmlichkeiten 
er in einem lebendigen und interessanten Briefe 
an NICCOW NICCOLI beschreibt. Hierauf kehrt 
er wieder nach Konstanz zurück und sieht 
dort, nachdem er schon im Sommer 1415 HUSS 
hatte den Scheiterhaufen bestehen sehen, den 
edlen HIERONYMÜS VON PRAG unter für die 
Mitglieder des Konzils schmachToUsten Um- 
ständen zum Tode verurteilen und darauf ver« 
. brennen. Seinen Empfindungen für diesen präcb- 

VIII 



r 



tigen Menschen gibt er in einem Briefe an 
LEONARDO (BRUNI) ARETINO, seinen Freund 
und Kollegen, Ausdruck, einem Briefe, der ihn 
auf einem bemerkenswert hohen Niveau zeigt 
gegenüber der im Sinne höheren Menschen- 
tums — mit Ausnahme des Kardinals ZABA- 
RELLA von Florenz und dreier anderer Kardi- 
nale — durchaus minderwertigen Horde der geist- 
lichen Konzilsteilnehmer, die sich — wer lacht da 
nicht? — eine „heilige'' Sjrnode nannten. Mit 
ihnen verglichen steht PÖGGIÖ aJs ein Heiliger 
da, und ein lustiger Zufall hat später denn 
auch seine Statue einer Gruppe ehrwürdiger 
Heiliger beigesellt. Begeistert ist seine Schilde- 
rung der Selbstverteidigung des der Ketzerei 
Angeklagten, die in die Worte ausklingt: ..Sta- 
bat impaviduSt intrepiduSt mortem non contemnens 
solum, sed appetens, ut alier um Catonem dixisses. 
O virum dignum memoria hominum sempiterna/** 
Erschütternd geradezu ' ist der Schluß des 
Briefes, der die Verbrennung des Verurteilten 
schildert. Von Abscheu erfüllt, verläBt POGGIO 
diese Atmosphäre [von Wortbruch, Verleum- 
dung und Gemeinheit, verläfit er Konstanz, um 
Deutschland und die Schweiz auf der Suche 
nach lateinischen Manuskripten, die er später 
publiziert, zu bereisen. LORENZO GHIBERTI 
läßt ihn in seiner Florentiner Chronik da- 
rüber folgendes sagen: „Die letzte Reise 

n IX 



führte mich nach Konstanz, wohin ich als 
päpstlicher Sekretär mich begab. Das Konzil 
dauerte vier Jahre. Während dieser Zeit machte 
ich Ausflüge hier- und dorthin, nicht der rauhen 
Witterung, nicht des schlechten Weges achtend. 
Unter anderem kam ich nach dem Domstift 
St. Gallen, wo ich in der Bücherei nicht eben 
viel ErheBliches fand. Allein eine Ahnung, 
nicht umsonst die Reise gemacht zu haben, 
ließ mich nicht ruhen, und in allen Winkeln 
des Klosters spähte ich umher. Sieh — da ge- 
net ich in einen dumpfen dunkeln Kerker- 
turm; so arg und scheußlich waren nicht die 
Löcher, in denen man in Konstanz die ehren- 
werten Ketzer HUS und HIERONYMUS VON 
PRAG einsperrte. Ich tappte umher, und auf 
dem Boden unter Wust und Kehricht finde 
ich ein Buch. Als wenn ich auf dem Meeres- 
grunde eine kostbare Perle gefunden, arbeite 
ich mich durch das Grauen herauf zum Tages- 
lichte. O, wer. beschreibt meine Freude, als 
ich den Fund betrachte und des VALERIUS 
FLACCUS Argonauten entdecke! Im näm- 
l liehen Kloster fand ich auch die sämtlichen 
L Bücher von QUINCTILIAN in Staub und Mo- 
der. Erzählen muß ich noch, wie ich CATULLS 
Gresänge auf einem Speicher fand. . . .'' usw. 
— Dann begleitet er 1418 MARTIN V. (CO- 
LONNA), durch dessen Erwählung das Schisma 



ein Ende fand, von Konstanz, wohin er wieder zu- 
rückgekehrt war, nach Mantua, fällt dort, wie 
es scheint, in Ungnade und flieht n ach Eng- 
JUtnd, wohin ihn der Kardinal HEiNRiCH 
VON BEÄUFÖRT, Bischof von Winchester 
(nachmals bekannt alsLeiter eines verunglückten 
Kreuzzuges gegen die Hussiten und durch 
seine Eigenschaft als Mitglied des Gerichts, das 
die Jungfrau von Orleans zum Tode ver- 
urteilte, bekannt namentlich aus SHAKE- 
SPEARES König HEINRICH VI.), eingeladen 
hatte. Die Zeit seines Aufenthaltes jenseits / 
des Kanals scheint für ihn jedoc h eine j 
Kette von Enttäuschungen gewesen zu sein, i 
Während er über sein kurzes Verweilen in 
Baden so viel zu berichten weiB, schweigt er 
sich über die^jahre in England und über die 
lange Reise aus. Anfang 1421 wahrscheinlich 
sehen wir ihn dann wieder in Rom als Sekretär 
MARTINS V, Während der nun folgenden 
langen politischen Ruhe schrieb POGGIO unter 
anderem seinen Dialog über die Habgier, den /y 
er 1429 dem ISAviixSrPROSPER COLÖNNA, 
dem Neffen des Papstes, widmete. Hier läßt 
er seiner Verachtung und seinem^HaB £egen die y 

Mönche, der in einer ganzen Reihe seiner 
Schriften, wie z. B. in dem ca. 1454 veröffent- 
lichten Dialog über die elende Beschaffenheit 
des menschlichen Lebens und nicht zuletzt in 

n« XI 



n^ 



v/ den Facezien zutage tritt, freien Lauf. Unter 
dem ebenso habgierigen imd grausamen wie 
frommen EUGEN IV. (CONDOLMIERI) neues 
Mißgeschick: der Papst muß 1434, von FORTE- 
BRACCIO bedroht, aus Rom fliehen und ent- 
kommt mit knapper Not über Ostia und Livorno 
nach Florenz, POGGIO dagegen fällt in die 

[ Hände d,er Feinde und muß ein für seine be- 
scheidenen Verhältnisse hohes Lösegeld zahlen, 
worauf er sich ebenfalls nach Florenz begibt. 

r Hier verheiratet er sich im Dezember 1435 mit 
der kaum achtzehniähj-i^en VAGGIA , Tochter von 

"^ GHINO MÄNENTEDB BUONDELMONTI, die 
ihm im Laufe der Jahre fünf Söhne und eine 
Tochter schenkte. Bis dahin hatte er mit einer 
Konkubine gelebt, durch die er Vater von vier- 
zehn Kindern geworden war. Vier davon waren 
zur Zeit seiner Eheschließung noch am Leben. In 
diese Zeit muß die Episode in der alten Sakristei 
vonSanLorenzo fallen, von de rGHI B ERT /spricht: 
„Wohl nur der Inschrift (an tONATELLOS 
Sarkophag der Eltern COSIMOS DE' MEDICI) 
wegen kamen die drei tiefgelehrten Herren 
GUARINO aus Verona, POGGIO aus Florenz 
und LIONARDO BRUNI aus Arezzo in die 
Kirche. GUARINO führte die beiden letzteren 
hierher, um ihnen des Lebens Zoll abzufordern; 
denn sie liebten es, sich mit Schmeichelreden 
zu vergnügen, solange sie unschädlich neben- 

XII 



einanderstanden, und sich zu Räubern und Ver- 
ruchten durch schmachvolle Beschuldigungen 
herabzuwürdigen, sobald der eine durch die 
Bemühungen des anderen seinen Ruhm um 
ein Haar breit verkürzt sah. Aus Liebe zur 
Gelehrsamkeit waren sie der Menschheit halb 
abgestorben — ein Wunder, daB sie neben dem 

Griechischen nicht die Muttersprache verlernt 

— — ~~. . . , ..- - • - . 

hatten. Aus Verehrimg für das klassische 
Heidentum waren sie zu Heiden geworden. 
Obgleich POGGIO lange Geistlicher gewesen, 
tauchte er gleichgültig die Finger in den Weih- 
kessel, den DONATELLOS Kunst erschaffen* 
Ja, wäre es das GefäB, das das Blut aus Senecas 
geöffneten Adern auffing, er würde es mit 
heiliger Ehrfurcht betrachtet haben •«..'' und 
weiter: „Jetzt verweilten sie in andächtiger 
Verehrung vor einem Grabstein, der den Namen 
IMMANUEL CHRYSOLORASzeiete/ihresahver^ 
ehrten Lehrers.'' Die Inschrift auf dem Stein 
stanunte von POGGIO. Dann unterhalten sie 
sich über die Bedeutung des Mediceerwappens, 
ohne sich um die Bildhautraxh^t DON ATE LLOS 
zu kümmern. Sie werden von BRUNELLESCO 
unterbrochen, der sie fragt, ob PH I DIAS oder 
PRAXITELES etwas Derartiges geschaffen« „Mit 
übermütiger Miene sah ihn POGGIO an und 
strich sich seinen braunen Bart'', darauf sagt 
Jtty auf das Grabmal blickend : „Nein, so haben 



XIII 



PHIDIAS und PRAXITELES nicht gearbeitet. 
Ich sehe hier nur Figuren, wie sie die geistes- 
armen Künstler der Römer erfunden, nicht 
Griechen, die Schöpfer der Idealwelt. Was 
ist diese züchtig bekleidete Figur anders als 
eine Pudicitia, diese mit dem Füllhorn anders 
als eine Abundantia, diese endlich mit den 
Flügeln anders als eine Viktoria? Was ist 
aber eine Viktoria gegen die windschnelle Iris, 
was die Abundantia gegen die weinbekränzte 
Ariadne, was die Pudicitia gegen die ver- 
schleierte Here? Ich bin ein großer Liebhaber 
griechischer Bildwerke, und mich bewegt des 
Künstlers Geschick, wenn ich die Kräfte der 
Natur selbst dem Marmor aufgeprägt sehe. Ich 
kranke an mancherlei Schwächen, aber vor- 
p nehmlich an dieser. Mich zwingt zur Anbetung 
I die Kunst dessen, der in der stummen toten 
'' Masse Leben ausdrückt, so daß ihr oft jiichts 
J anderes als der Atem zu fehlen scheint'S imd 
schließlich: „So habe ich einen Siegelstein 
mit dem Kopfe des Vaters Homer, eine Marmor- 
büste von Maro. Wollt Ihr die Unerreichbar- 
keit des griechischen Meißels wahrnehmen, so 
kommt zu mir und schaut meinen Athena^, 
Hera- und Dionysoskopf.'' Um diese Zeit 
hatte sich POGGIO nämlich ein Landhaus im 
Valdarno gekauft, in dem er nicht nur eine 
kostbare Bibliothek, sondern auch eine Samm- 

XIV 



lung von Gemmen und Medaillen, sowie römi- 
sche und griechische Skulpturen vereinigt hatte. 
Unter letzteren befanden sich die genannten 
drei Köpfe, dem POLYKLET und PRAXITELES 
zugeschrieben, die ihm ein Rhodier, namens 
SUFRETUS, berühmt durch seine selten schöne 
Sammlung von Antiken, nebst einer zwei Ellen 
hohen Statue gesandt hatte (vergl. POGGIO, 
Opera, Ed. Basti, pag. 329). Letztere wurde von 
einem FRANCESCO DA PISTOJA, den POGGIO 
mit dem Transport der Kunstwerke beauftragt 
hatte, unterschlagen und gelangte wahrschein- 
lich — mit einigen anderen für POGGIO be- 
stimmten Dingen — in die Sammlung COSIMOS 
DB MED IC IS. Bei dieser Gelegenheit mag be- 
merkt werden, daß POGGIO der erste Sammler 
von Inschriften war, denen er durch allesGestrüpp 
hindurch nachging, und daB er im ersten Buche 
seines Dialogs über die Wechselfälle des Glücks 2 ) 
eine detaillierte, aber im einzelnen wenig ein- "^ ^''' 

gehende Liste der Ruinen Roms gegeben 
hat. Er war Zeuge aller wichtigen Ausgra- 
bungen, die zu seiner Zeit auf dem Boden 
Roms vorgenonunen wurden, und hat noch das 
Grabmal der CÄCILIA METELLA und die 
Säulenfront eines der Tempel am Abhang des 
Kapitols zuerst vollständig und dann später 
bereits halbzerstört wiedergesehen. (BURCK- 

HARDT, S. 193.) 

XV 



Um den MiBdeuttuigeiiy denen seine, des Fünf- 
iindfünfzigjährigen, Verheiratung mit einem 
jungen Mädchen ausgesetzt war, entgegenzu- 
treten, schrieb POGGIO den Dialog : An seni sit 
uxor ducenda und widmete ihn COS I MO DB ME DI- 
eis. Diese Schrift ist erst 1807 von SHEPHERD 
publiziert worden. Von Florenz folgt er am 
i8. April 1436 EUGEN IV. nach Bologna, um 
bald darauf wieder in sein Tuskulum zurück- 
zukehren. Hier schreibt er zu Beginn des 

^- \ Jahres 1440 seinen Dialog über den Adel. Der 

letzte Papst, dem eT'ditote, NIKOLAUS V., 
war sein Freund von früher her: TOMMASO 
PARENTUCELLI DA SARZANA, dem er den 

r s ^alPS. M''>fli^.jä$!^_y2^^ßlück der Fürsten gewidmet 

hatte, und nach seiner Erwählung zum Haupt 

der Kirche den schon erwähnten, aus vier 

Büchern bestehenden interessanten Dialog über 

V- die Wechselfälle des Glücks zueignete. Bald 

. )c 6 ) darauf schrieb er den Dialog über die Heuchelei, 

eine bittere, hauptsächlich auf die Bettelmönche 
gemünzte Satire, die ihm unter EUGEN IV. 
(f 23. Februar 1447) das Leben gekostet hätte, 
und die kein Herausgeber seiner Werke auf- 
zunehmen wagte. (Publiziert von ORTHUINUS 
GROTIUS von Deventer, Köln 1535, und von 
EDWARD BROWN, London 1689 ini Sup- 
plement der romfeindlichen Sammlung: Fas- 
ciculus Rerum expäendarum et fugiendarum,) Hier- 

XVI 



<? 



•'} 



auf gublmerte POGGIO das Geschichtswerk ^) 
des DiODORUS SICULUS in lateinischer Sprache, 
das er dem Papste widmete, und darauf die 
Kyropädie des XENOPHON, die er dem großen 
ALPHONS VON ARAGON JEN dedizierte, welcher 
ihm dafür später die enorme Summe von 500 Gold- 
stücken gab. Es folgt das Jubeljah r 14S0 , und ein 
tmgeheurer Strom von Pilgern ergießt sich nach 
Rom^_wo sich infolge der gewaltigen Menschen- 
ansaitnmlung ein Pestherd bildet. Der Papst ver- 1 
läßt infolgedessen Rom, um die heißen Tage in 
Fabriano zu verbringen, und PpGG/0 benutzt die 
Gelegenheit, um Florenz und seinen Landsitz auf- 
zusuchen. Hier'^^reitet er die Publikation des 
Buches der Facezien vor, die im Laufe des 
Jahres 1552 erfolgt sein muß, wie aus dem 
Vergleicn 3er in Nr. 240 und 249 der Facezien 
gegebenen Daten und LAURENT JUS V ALL AS 
1452 publizierter Revancheschrift gegen POGGIO 
hervorgeht, in der jener die Veröffentlichung 
der Schwanke scharf kritisiert. Vorher — 145 1 — 
veröffentlichte POGGIO noch seine Jlistona con- f ) 
vivalis, die er dem Kardinal PROS PER COLON NA 
widmete. Nachdem die Signorie von Florenz 
POGGIO schon 1435 dadurch geehrt hatte, daß 
sie ihn und seine Kinder von allen Steuern 
tmd anderen öffentlichen Taxen befreite, be- 
rufen ihn im April 1453 die Florentin^ als 
Kanzler ihrer Republik, und später wird er 



/fi"^ 



xvn 



Prior der Zünfte. Die Zeit, die ihm sein Amt 
läBti widmet er in ungeschwächtem Eifer seinen 
Studien und schriftstellerischen Arbeiten, Er 
verfaSt den obenerwähnten Dialog über die 
elende Beschaffenheit des menschlichen Lebens, 
den er dem GISMONDO MALATESTA widmet, 
veröffentlicht eine kritische Übersetzung des 

U) \/ \ Esels des LUC I AN, den er als Prototyp des gol- 
denen Esels des A PULE JUS erklärt, und widmet 
^ sie dem COSIMO DE' MEDICIS und schreibt 

' ' ) endlich seine Geschichte von Florenz, die 1476 

von seinem Sohne JACOPO in italienischer 
Übersetzung herausgegeben wird. Bevor er 
jedoch die letzte Hand an dieses sein letztes 
Werk legen konnte, starb er. Am 2. November 



f(^5^ 



t V 1559, dem dritten Tage nach seinem Tode, 

.i;\) wurde seine Leiche unter großem Gepränge in 
^^' Sta* Croce beigesetzt. Seine Kinder erhielten 

von den Signorie die Erlaubnis, sein von AN- 
TONIO POLLAIUOLO gemaltes Bildnis in dem 
// proconsolo genannten Gebäude (Bargello) an- 
zubringen, und seine Mitbürger errichteten ihm 
eine Statue an der Fassade des Doms. Als 
später der Grofiherzog vonToscana einige Ände- 
rungen am Portal der Kirche, das sie schmückte, 
vornehmen lieS, transportierte man sie in 
einen anderen Teil des Gebäudes, und sie geriet 
in eine Gruppe der zwölf Apostel. Jene Statue 
von DONATELLO im linken Seitenschiff des 



XVIII 






i 



Doms, die als POGGIO BRACCIOLINI bezeich- 
net wird, hat aber nichts mit ihm zu tun. Sie 
ist schon 1412 entstanden imd stellt Josua dar« 
Aufier den bereits genannten Werken hat 
POGGIO auch eine Anzahl Invektiven geschrieben, 
so gegen LAURENT/US VALLA, den Phüo- 
logen und Mediceerfeind FRANCESCO FILELFO 
und den Gegenpapst FELIX^ geistreiche Kampf« 
Schriften von zum Teil unglaublicher Heftigkeit 
und Schonungslosigkeit, denen die von der 
Gegenseite lancierten nur in der Ingeniosität der 
Beschimpfimgen etwas nachgaben. Was die 
lateinische Sprache an Injuriengeschütz bietet, 
wird aufgefahren und gegen den Gegner ge- 
richtet, wobei es nicht zum wenigsten auf eine 
geistreiche imd elegante Handhabung der Sprach- 
waffe ankommt« Eine Reihe von Leichenreden 
und Briefen schließen das schriftstellerische 
Lebenswerk. POGGIOS Verdienste als Auffinder 
alter Handschriften imd Herausgeber, sowie Über- 
setzer antiker Autoren sind bereits angedeutet 
worden. Ich lasse es dabei bewenden: die aus- 
führliche Liste würde ebenso lang wie trocken 

werden. 
POGGIO war eine Kampfnatur, ein unabhän- 
giger Charakter, der aussprach, was er dachte. 
Ein gründlicher Gelehrter und geistreicher Schrift- 
steller war er daneben ein glühender Verehrer 
des Altertums imd wohl hauptsächlich dadurch 



XIX 



in puncto Christentum völlig indifferent. Die 
Sittenlosigkeit eines Teiles seines Lebens und 
die Unanständigkeiten einiger seiner Schriften 
sind, wie SHEPHERD bemerkt, mehr auf Rech- 
nung seiner Zeit als auf die eines moralischen 
Defekts zu setzen« Ein Beweis dafür sind seine 
Stellung bei acht Päpsten imd die Ehren, deren 
ihn Florenz für würdig erachtete. Er war eben 
ein Renaissancemensch vom reinsten Wasser. 



DIE FACEZIEN. 

Über die Entstehung der Facezien gibt POGGIO 
selbst im Schlußwort dieser Sammlung von 
Spaßen, Schwänzen, Witzen, Anekdoten imd 
I Wunderberichten Aufschluß, und über ihre Publi- 
kation ist oben schon das Nötige gesagt worden. 
Die pikanten Geschichten nehmen bei weitem 
den Hauptraum ein. Wenn man auch gestehen 
muß, daß es manchmal eine recht starke Kost 
ist, die einem da vorgesetzt wird, so ist an- 
derseits hervorzuheben, daß nirgends darin ein 
ungesundes Moment hervortritt, wie das bei 
manchen Schriften derselben Epoche oder der 
Folgezeit der Fall ist. Kindern oder unreifen 
Menschen wird man sie nicht in die Hand 
geben, für alle andern aber sind die Worte 
MAC AU LA YS geschrieben: „Es fällt mir schwer, 
zu glauben, daß in einer Welt, so voll von 



Versuchungen, wie die unsere, ein Mensch, der 
tugendhaft gewesen ist, solange er nicht ARISTO- 
PHANES und JUVENAL gelesen, lasterhaft wer- 
den sollte, weil er sie (gelesen. Einer, der allen 
Strömungen eines Gesellschaftszustandes wie 
der unsere ausgesetzt ist und Furcht hat, sich 
den Einflüssen einiger griechischer oder latei- 
nischer Verse auszusetzen, handelt meiner An- 
sicht nach wie der Dieb, der von den Sheriffs 
verlangte, sie sollten ihm vom Tor von New- 
gate an bis zum Galgen einen Regenschirm 
über den Kopf halten lassen, weil der Mor- 
gen regnerisch war und er sich zu erkälten 

fürchtete." 
Zuerst auf dem Wege der handschriftlichen 
Vervielfältigung in lateinischer Sprache publi- 
ziert, erlebten die Facezien in den letzten dreißig 
Jahren des 15. Jahrhunderts dank der Erfin- 
dimg der Buchdruckerkunst ca. 15 mehr oder 
minder vollständige gedruckte Ausgaben, deren 
erste um 1469 zu Rom ediert wurde. Eine 
noch größere Anzahl, allerdings meist ge- 
kürzter Ausgaben, brachte die erste Hälfte des 
16. Jahrhunderts, bis das Tridentiner Konzil 
das Buch auf den Index setzte. Fast hundert 
Jahre hatte es also gedauert, bis die gleichsam 
unter den Augen des Papstes veröffentlichten 
Facezien als gefährlich für das Ansehen der 
Kirche erkannt worden waren. Und gefährlich 



XXI 



1 



waren sie in der Tat; denn sie gehören, wie 
ROSCOE sagt, „zu den Werken, die dadurch, daß 
sie die Fundamente der Macht Roms erschüttern 
und den Einfluß und die Autorität des heiligen 
Stuhls beim Volke schwächen halfen, sehr zur 
Befreiung der Geister beigetragen haben''; ver- 
spottet doch ein großer Teil von ihnen die Kle- 
riker, deren Sittenlosigkeit, Habgier und Un- 
wissenheit die ganze Institution in den Augen 
aller Besserdenkenden zu diskreditieren began- 
nen. Wie groß allein die Summe der hand- 
schriftlichen Exemplare gewesen sein muß, er- 
hellt aus POGGIOS eigenen Worten in seiner 
zweiten Invektive gegen LAURENT JUS VALLA^ 
wo er von den Facezien sagt: „Sie sind ausge- 
gossen über ganz Italien und zu den Franzosen, 
Spaniern, Deutschen, Engländern und den üb- 
rigen Nationen, die lateinisch sprechen können, 
gewandert/' Diese Sammlung, die die scharfe 
Verurteilung vieler Rom nahestehender Schrift- 
steller gefunden hat, von dem Eremiten GIA- 
CO MO FI LI PRO DA BERGAMO aber, trotzdem 
dieser dem geistlichen Stande angehörte, ein 
„allerschönstes Buch" (pulcherrimus Über) genannt 
wurde, scheint seit dem Konzilsbeschluß in 
Italien außer in neuerer Zeit nicht mehr auf- 
gelegt worden zu sein, während sie in Frank- 
reich, Holland und England von Zeit zu Zeit 
wieder gedruckt wurde. Eine ganze Reihe der 



t 



Facezien haben auch in andern Sammlungen, 
wie bei GUICCI ARDINI, CELIO MALESPINI, 
HENRICUS BEBE LI US, PAULI, GEILERVON a. 
KEISERSB ERG, JAKOB FREY, im ^RÖLL- * 
WAGEN BÜCHLEIN, den CENT NOUVELLES 
NOUVELLES etc. Aufnahme gefunden und sind 
von verschiedenen Schriftstellern, wie Fortini, 
Ariost, Rabelais, La Forttaineu. a. verarbeitet worden. 
Heutzutage sind sie jedoch, wenigstens in Deutsch- 
land, so gut wie unbekannt. Sie unterscheiden sich 
von allen deutschen Imitationen vorteilhaft durch 
ihre Klarheit, Einfachheit und Knappheit, Eigen- 
schaften, die einemöglichst wörtlicheübersetzimg 

als die wünschenswerteste erscheinen ließen. 
Eine deutsche Obersetzung war vor Fertigstellung 
meines Manuskripts, d. h. vor ca. zwei Jahren, noch 
nicht erschienen ; wie ich in elfter Stunde erfahre, 
ist eine solche jedoch im vergangenen Jahre 
von Semerau in der Sammlung „Romanische 
Meistererzähler'' veröffentlicht worden. Wenn 
ich infolgedessen auch den Anspruch aufgeben 
muß, die erste deutsche Obersetzung der Fa- 
cezien geliefert zu haben, so freut es mich doch, 
zu sehen, daS ich nicht allein eine Verdeutschung 
dieses kulturhistorisch interessanten Buches für 
wünschenswert gehalten habe undhoffezugleich, 
dem primären Obersetzer nicht allzusehr ins 
Gehege gekommen zu sein. 

HANNS FLOERKE. 

xxin 



i 



FACEZIENVERZEICHNIS. 

S«te 

X. Von einem armen Schiffer aus GaSta 5 

2. Von einem Arste, der Narren und Irrsinnige heilte 7 

3. Von Bonaccio de' Guasci, der so spät aufstand . 9 

4. Von einem Juden, der sich hatte überreden lassen, 

zum Christentum überzutreten . ...... iz 

5. Von einem Dummkopf, der glaubte, seine Frau 

• habe zwei Scheiden 13 

6. Von einer Witwe, die heftiges Verlangen nach 

einem Bettelmönch hatte 14 

7. Von einem Prälaten zu Pferd z6 

8. Ein Wortspiel Zuccaros z6 

9. Von einem Stadthauptmann 17 

zo. Von einer Frau, die ihren Mann betrog .... 19 
zz. Von einem Pfiurer, der nicht wufite, wann Palm- 
sonntag war 30 

Z3. Von bäuerlichen Abgesandten, die von einem 
Bildschnitzer, bei dem sie einen Kruzifianis zu 
kaufen gedachten, gefragt wurden, ob sie ihn 
lebend oder tot woUten 22 

Z3. Ausspruch eines Koches gegenüber dem hoch- 
berühmten Herzog von Mailand 22 

Z4. Äußerung desselben Koches zu dem gleichen be- 
rühmten Fürsten . • 23 

Z5J Derselbe Koch richtet eine Bitte an den gleichen 

Fürsten 24 

z6. Von Giannozzo Visconti 25 

Z7. Ein Gegenstück von einem Schneider des Vis- 
conti 26 

ni XXV 



S^te 
z8. Es beklagt sich jemand bei Fadno Cane wegen 

eines Diebstahls 28 

19. Ermahnungen eines Kardinals an die päpstlichen 

Soldaten 28 

20. Der Patriarch bekommt eine gute Antwort . . 29 
2Z. Von Papst Urban VI 30 

22. Von einem Pfarrer, der dem Bischof anstatt des 

Ornats Kapaunen bringt 31 

23. Von einem meiner Freunde, der sich gekränkt 

fühlte, weil viele ihm vorgetogen wurden, die 
an Rechtschaffenheit und Wissen unter ihm 
standen 32 

24. Von einer geisteskranken Frau 33 

25. Von einem Weibe, das am Ufer des Po stand . 34 

26. Von dem Abte von Settimo 34 

27. Von der schwangeren Schwester eines Bürgers 

von Konstanz 35 

28. Ein Wort Kaiser Sigismunds 36 

29. Ausspruch des Lorenso, eines römischen Priesters 36 

30. Scherzhafte Betrachtung des Niccold d'Anagni . 37 

3z. Von einem Wunder 37 

32. Ein anderes Wunder 38 

33« Ein weiteres Wunder 39 

34. Von einem andern Monstrum 39 

35. Hübscher Witz eines Spafivogels über Pi^ 

Bonifaz 4z 

36. Von einem Pfarrer, der einen kleinen Hund be- 

erdigte 42 

37. Von einem Fürsten, der einen reichen Idann un- 

gerechterweise anklagte « 43 

38. Von einem Klosterbruder, der eine ganz kurze 

Predigt hielt 44 

39. Sehr witziger Rat, den BSinaccio einem Bauer 

gab 45 

40. Antwort desselben Minaccio, der ein Spieler war 46 

XXVI 



4Z. Von einem armen Ein&ugigen, der Getreide kau- 
fen wollte 47 

42. Von einem AAanne, der seine kranke Frau um 

Verzeihung l>at 47 

43. Von einer jungen Frau, die ihren Mann beschul- 

digte ungenügend versehen su sein .... 48 

44. Von einem Prediger, der sich lieber mit zehn 

Jungfrauen als mit einer Yerheirateten Frau 
abgeben wollte 51 

45. Von Paolo, der die Lüsternheit einiger Uner- 

fahrenen erregte 51 

46. Von einem Beichtvater 59 

47. Witzige Antwort einer Frau 52 

48. Von einem Bettelmdnche, der in Kriegszeiten zu 

Bernardo vom Frieden ^rach 53 

49. Etwas von Francesco FÜelfo 54 

50. Der Kardinal von Bordeaux erzählt von einem 

Gaukler 55 

51. Eine Antwort, die Ridolfo dem Bemabd gab 57 
53. Eine andere witzige Antwort des Ridolfo ... 58 

53. Wie derselbe Ridolfo von den Florentinern als 

Verräter konterfeit wurde 58 

54. Von einem, der Ridolfo beim Bogenschießen 

. verwundete 59 

55. Eine Geschichte von Mancini 60 

56. Von einem, der seinen Pflug auf der Schulter 

trug 6z 

57. Feine Antwort des Florentiner Dichters Dante . 6z 

58. Scherzhafte Antwort desselben Dichters .... 62 

59. Von einer Frau, die dabei blieb, ihren Mann 

einen I^usekerl zu nennen 63 

60. Vpn einem, der seine im Fluß ertrunkene Frau 

suchte 64 

6z. Von einem bäurischen Menschen, der geadelt zu 

werden wünschte 65 

III* XXVII 



S^te 

62. Von Gug^idmo, der einen ansehnlichen Penis hatte 65 

63. Antwort einer Pisanerin 67 

64. Ausspruch einer Biatrone, welche die Kleider 

einer Dirne tot deren Fenstern sah .... 67 

65. Ein Wink 67 

66. Bemerkung eines Peruginers zu seiner Frau . . 68 

67. Sehr witzige Bemerkung eines Jünglings ... 69 

68. Von einem Dummkopfe, der einen, der seine 

• Stimme nachmachte, für sich seihst hielt . . 70 

69. Von einem Landmanne, der eine Gans zu ver- 

kaufen hatte 71 

70. Von einem Geizhalse, der Urin zu trinken hekam 72 
7z. Von einem Hirten, der nur halb beichtete. . . 73 

72. Von einem Spieler, der ins Gefängnis geworfen 

. wurde 74 

73. Von einem Vater, der seinen dem Trünke ergebe- 

nen Sohn bessern wollte 75 

74. Von einem Jüngling aus Perugia 76 

75« Vom Herzog von Anjou, der Ridolfo einen kost-» 

. baren Schatz zeigte 77 

76. Noch etwas yon Ridolfo 78 

77. Witzige Bemerkung eines Peruginers 78 

78. Streit zweier Courtisanen um ein Stück Leinwand 79 

79. Der Hahn und der Fuchs 80 

80. Beifiende Bemerkung 82 

8z. Disput zwischen einem Florentiner und einem 

Venezianer 82 

82. Ein Vergleich, den Antonio Lusco anstellte . . 83 

83. Von einem Sänger, der ankündigte, er werde 

den „Tod Hektors'* besingen 85 

84. Von einer Frau, die sich vor ihrem Manne halb- 

tot stellte 85 

85. Witzige Bemerkung eines Florentiner Edelmannes 86 
86« Von einem Florentiner Edelmann, der ein zän- 
kisches Weib hatte 87 

XXVIII 



Seite 

87. V<m einem Kurpfuscher,- der Esel wiederrer« 

schaffte. 88 

88. Bemerkung Pietros de Eghi . 89 

89. Von einem Arzte 90 

90. Von einem Venezianer, der sein Pferd nicht 

wiedererlsannte 9z 

9z. 9ine Entgegnung Carlos (Razellos) da Bologna 92 

92. Von einem alten Wucherer, der sein Gewerbe 

aufgab, aus Furcht das Gewonnene zu verlieren 93 

93. Von einer bettelnden alten Dirne 93 

94. Von einem Doktor und einem Ignoranten . . 94 

95. Der Bischof von Aleth erzählt von einer guten 

Bemerkung 95 

96. Geistreiche Bemerkung eines Abtes ..... 95 

97. Scharfe Bemerkung 96 

98. Wunderbare. Dinge, erzählt von einem Kopisten 96 

99. Wunderbare Bestrafung für Nichtachtung der . 

Heiligen 98 

100. ^l)r hqb^l^e Geschichte von einem Greise, der 

seinen Esel auf den Schultern trug 99 

zox. Pef Gipfel der Unwissenheit zoz 

Z02. Eine andere Probe von Unwissenheit .... loa 

Z03. Von einem langbärtigen Greise Z03 

Z04. Qeschichte von einem Notar, erzählt von Carlo 

da Bologna .< Z04 

Z05. Von ein^n Doktor aus Florenz, der zu einer 

Königin gesandt wurde und sie beschlafen 

.wollte Z05 

Z06. Von einem Manne, der den ihm in Weibsgestalt 

erscheinenden Teufel beschlief Z07 

Z07. Andere . Geschichte, erzflhlt von Angelotto . . zo8 
Z08. Von einem Advokaten, der von seinem Klienten 

.Feigen und Pfirsiche erhalten hatte . • . . .Z09 
Z09. Von der Pfiffigkeit eines Arztes beim Besuche 

von Kranken zzo 



Seite 

zo. Von swei Leuten, die in Gddsachen tot Gericht 

erschienen zz2 

iz. Von einem unwissenden Arste, der nach Prü- 
fung des Urins feststellte, dafi eine Frau des 
Beischlafs bedürfe 114 

12. Von einem Manne, der seine kranke Frau be- 

schlief, die darauf gesundete • 115 

13. Von einem in den Wissenschaften nicht bewan- 

derten Manne, der beim Erabischof von Mai- 
land um die Würde eines Enpriesters nach- 
suchte . . '. 116 

14. Von einer Courtisane, die ob eines Unrechts 

klagte, das ihr ein Barbier zugefügt hatte • zz8 

15. Von einem Mdnche, dem eine Witwe beichtete tig 
z6. Von einem Manne, der sich vor seiner Frau 

tot stellte • ZZ9 

Z7. Von einem einfältigen jungen Weibe aus Bologna Z2Z 
z8. Ein Beichtvater antwortet dem Fürsten Bemabd 

in bezug auf ein Weib zaa 

Z9. Von einem ▼ergefilichen Diener, der eine groBe 

Last schleppen muBte Z23 

ao. Von einem Manne, der tausend Gulden bezah- 
len wollte, um bekannt zu werden, und die 

Antwort, die er bekam • . • • • Z24 

2t. Bin Sdierz des hochberühmten Dante . . . . Z25 

22. Jemand, der eine Matrone fragt, ob seine Frau 

zwölf Monate lang schwanger gehen könne, 
erhalt von dieser eine scherzhafte Anttrort . Z25 

23. Verfäng^che Frage eines Priesters Z26 

24. Witzige Bemerkung in bezug auf einen Ge- 

sandten von Perugia Z27 

25. Von den Gesandten ron Perugia bei Papst Urban 128 

26. Einfalt Florentiner Gesandter Z29 

27. Witzige Bemerkung eines gewissen Gian Pietro 

aus Siena Z30 



S^te 

Z28. Von etnem Manne^ der attner Fimu ein teures 

Kleid hatte machen lassen 131 

129. Hübsches Erlebnis eines Arstes 133 

Z30. Von einem Bflanne, der im Schlafe Gold fand . 133 

Z3Z. Von einem Sekretär Kaiser Friedrichs II. . . 134 

132. Von einem Florentiner, der, ohne es zu wissen, 

▼on einem toten Juden a0 135 

Z33. Vision des Francesco Filelfo Z36 

Z34. Von einem Trinker 137 

Z35. Witz Eyerardos, eines apostolischen Sekretürs, 

der einem Kardinal ins Gesicht furzte • . . Z38 

Z36. Sehr lustiger Witz gleicher Art eines Kardinals Z39 

Z37. Von einem Weibe, das den Hintern entUöOte, 

indem es den Kopf bedecken wollte • . . • Z39 

Z38. Sehr scherzhafte Geschichte von jemand, der 
Briefe an seine Frau und an einen Kaufmann 
sandte . • Z40 

Z39. Geschichte Ton Dante, der öfter seine Frau schalt 143 

Z40. Testament eines Greises, seine Frau betreffend Z43 

Z4Z. Erzählung Zuccaros von einer Frau, die einen 

Priester um ein Heilmittel fragte Z44 

Z42. Von einem Eremiten, der sich Tider Frauen v/ 

bedient hatte Z45 

Z43. Von duiem jungen Florentiner, der seine Stief- 
mutter beschlief Z47 

Z44. Meinungsverschiedenheiten zwischen Minoriten- 
brüdem über die Anfertigung eines Bildes des 
heiligen Franz . ; Z48 

Z45. Von einem Florentiner Priester, der nach Un- 
garn ging Z49 

Z46. Antwort, die ein Bauer seinem Grundherrn gab Z50 

Z47. Rede eines Narren 150 

Z48. Wie ein BAann, der ein Schwein schlachten 

wollte, zum besten gehalten wurde .... zsz 

149. Ausspruch des Fadno Cane Z53 

XXZI 



Seite 

150. Von einem jungen Manne, der aus Unerfahren- 

heit seine Gattin in der Brautnacht nicht beschlief z 53 

15z. Von der Frau eines Hirten, die von einem Prie- 
ster ein Kind hatte Z54 

Z53. Von einem Bauer, der mit Korn beladene Esel 

hersutrieb Z55 

Z53. Ein armer Mann gibt einem Reichen, der friert, 

eine scherzhafte Antwort Z56 

Z54. Von einem Bergbewohner, der ein junges Mäd- 
chen heiraten wollte Z56 

Z55. Von einem Priester, der von einer jungen Frau 

den Zehnten forderte Z57 

Z56. Von einem Arzte, der die kranke Frau eines 

Schneiders vergewaltigte Z58 

Z57. Von einem Florentiner, der mit der Tochter 

einer Witwe verlobt war Z59 

Z58. Von einem Wucherer aus Vicenza z6z 

Z59. Der Koch Giannino erzählt eine sehr witzige 

Geschichte z6a 

z6o. Von einem dummen Venezianer, der beim Rei- 
ten die Sporen in der Tasche trug Z63 

z6z. Von einem dummen Venezianer, der von einem 

Quacksalber angeführt wurde Z63 

z6a. Von einem Venezianer, der auf dem Ritt nach 
Treviso von seinem Diener einen Steinwurf 
in den Hintern bekam Z64 

Z63. Von dem Fuchs, der auf der Flucht vor den 
Hunden war und von einem Bauern unterm 
Stroh versteckt wurde 16$ 

Z64. Von einem Florentiner, der ein Pferd kaufte . z66 

Z65. Sehr guter Witz des Gauklers Gonnella . . . Z67 

z66. Andere scherzhafte Geschichte von einem, der 

Wahrsager werden wollte 168 

Z67. Von Wundem, die dem Papste Eugen gemeldet 

wurden z68 

XXXII 



Seite 

z68. Ein anderes Wunder 170 

Z69. yon einem betrügerischen Florentiner Notar . 17z 

170. yo|i einem Mönche, der sein Glied durch das 

Loch eines Brettchens einführte 173 

171. $cl^eckliche Geschichte von einem Knaben, der 

kleine Kinder fraß 175 

173. yon einem Florentiner Edelmann^ der tat, als 
ob er ausgehe, sich aber ohne Wissen setner 
Frau im Schlafzimmer y ersteckte 176 

173. Von einem, der für keusch gelten wollte imd 

beim Ehebruch erwischt wturde 177 

174. Eine ähnliche Geschichte 178 

175. Von einem armen Manne, der seinen Lebens- 

* unterhalt mit eiiier Barke verdiente .... 178 

176. Von einend Dummkopfe aus Mailand, der seinem 

Beichtvater das geschriebene Verzeichnis seiner 

* Sünden l>riachte z8o 

Z77. Von jemand, der während eines Besuches bei 

den Verwandten seiner Frau von seinem 
Freunde gelobt werden wollte x8x 

178. Von Pasquino da Siena, der zu einem Mitgliede des 

Staatskörpers sagte, dieser möge ihn ausfurzen 183 

179. Von einem dummen Doktor, der beim Vogel- 

fang Lateinisch sprach 184 

z8o. Von einer Frau, die sich gelobt glaubte, als 

man ihr sagte, sie habe eine sehr w^te Öffnung Z85 

z8z. Komische Bemerkung einer jungen Frau, die 

in den Wehen lag Z85 

Z82. Von jemand, der einen römischen Jüngling aufs 

höchste lobte z86 

Z83. Von mehreren Personen, die verschiedene Wün- 
sche hatten z86 

Z84. Von einem Kaufmann, der unter den lobens- 
werten Eigenschaften seiner Frau anführte, 
daß sie niemals einen streichen ließ . . • • Z87 

XXXIII 



i85* Ein Verleumder erhält eine lehr weiie Antwort 189 

s86. Wifadge Antwort» die auf Tiele Bischöfe paftt • 190 

187. Witsige Bemerkung über Francesco Fildfo • . S90 

S88. Witsige Anspielung auf denselben • 191 

189. Von einem Notar, der Hurenwirt wurde • • • 19a 

190. Lustige Geschichte yon einem gewissen PetrÜlo, 

der ein Spital von den Bresthaften befreite • 192 

191. Lustige Geschichte von einem jungen Manne^ 

der sich einer gansen Familie bediente • • . 193 

19a. Vom Klange 194 

X93. Von dem Sohne eines Fürsten, der auf Befehl 

seines Vaters wegen seiner Lästenunge den 

Stummen spielen mufite • 195 

194. Geschichte von einem Vormunde 196 

X95. Von einem M dnche, der ein Weib mit Hilfe einer 

hübschen List bcÄchlief 197 

196. Witseige Bemerkung Angelottos über einen bär- 
tigen griechischen Kardinal 198 

Z97. Von einem beleibten Reiter 199 

Z98. .Unfreiwillig witzige Bemerkung eines Richters 
zu einem Advokaten, der die „Clinuntina** 

und die „Novella** zitierte 199 

Z99. Mittel, die Kälte zu vermeiden 200 

200. Von einem Prediger • 20z 

aoz. Von einer jungen Frau, die von ihrem Gatten 

getrennt worden war zoz 

aoz. Von zweien, die sich w^^ des gleichen Wap- 
pens streiten 20a 

203. Merkwürdige Redensart eines Arztes, der seine 

Heilmittel verabreichte, wie es der Zufall fügte 203 

204. Ein Mann, der ob seiner Schulden traurig ist^ 

erhält einen Rat 204 

205. Von der Strafe, die griechischen und genuesi- 

schen Mördern auferl^ wurde 204 

xxnv 



Seit» 

306. WitBige Bemerkung über die Rdtner, die „virtü" 

essen ao6 

ao7. Von einem, der der Jungfrau Maria eine Kerse 

gelobte ao6 

208. Ähnliche Geschichte Ton jemand, der dem 

heiligen Kyriakus etwas g^oUe 30^ 

209. Von einer Witwe, die einen Mann ▼orgerüdc-^ 

ten Alters haben wollte 308 

210. Von einem Mönche, der eine Äbtissin schwängerte 209 
2x1. Erstaunliche Antwort, die ein Knabe dem Kar- 
dinal Angelotto gab 210 

2x2. Von einem Sohusterlehrling, der bei der Frau 

seines Meisters lag 2xx 

2x3. Hübsche Geschichte von einer jungen Frsu, die 

Winde streichen lieB 2x2 

2x4. Was hat Gott lieber: Worte oder Werke? . . 2x3 

2x5. Von einem Ägypter, der aufge f order t wurde, sich 

SU bekehren . 2x3 

2x6. Von einem spanischen Bischof, der Rebhühner 

' für Fische aß 2x4 

2x7. Von einem Narren, der mit dem Ersbischof von 
KAln ausammenschiief und sagte, dieser sei 
ein Vierfültter 2x5 

2x8. Ausflucht Fi^Mt Martins einem lästigen Gesand- 
ten gegenüber 216 

2x9. Von einem, der das Leben des Kardinals An- 

gdotto Terurteilte 2x6 

220. Von einem Narren, der einen Florentiner Edel- 
mann verspottete 2x7 

22X. Wie eine Tochter dem Vater gegenüber ihre 

Unfruchtbarkeit entschuldigt 2x8 

222. Giovanni Andrea wird beim Ehebruch ertappt 2x9 

223. Von einem Minoritenmönche, durch dessen Hitf e 

ein Kind su seiner Nase kam 220 

224. Von einem sehr verlogenen Florentiner . . . 22X 



m 



Seite 

225. Von einem Eifersüchtigen, der sich kastrierte, 

um zu erkennen, ob seine Frau ihm treu sei 222 

226. Antwort, die ein Priester auf die Worte erhielt, 

die er zu den Opfernden sprach 222 

227. Von einem Priester, der sich bei der Predigt 

irrte, indem er statt tausend hundert sagte . 223 

228. Der Kardinal Ton Avignon gibt dem Könige von 

Frankreich eine treffende Antwort 224 

229. Schreckliches Ereignis in der lateranensischen 

Kirche • 224 

230. Wie ein Prediger, der laut zu schreien. pflegte, 

in Verlegenheit gesetzt wurde 226 

23 z. Von einei: jungen Frau, die von ihrem alten 

Gatten verspottet wurde 227 

232. Von den Hosen eines Minoritenmönchs, die zu 

Reliquien wurden 228 

233. Von einem um den Hals zu tragenden Breve 

gegen die Pest 23z 

234. Von dem Munde des Kardinals Angelotto, den 

man öffnete, statt ihn lieber zu schließen • 232 

235. Wie Ridolfo einem, der ein Pferd ohne Tadel 

von ihm erbat, ein solches gab 233 

236. In einem Streite zwischoi Weibern kommt es 

zu einem höchst spaßhaften Ausspruch • . • 234 

237. Von einem Pfaffen und einem Laien, der ihn 

überrasdien wollte 234 

238. Einem englischen Walker passiert eine merk- 

würdige Sache mit seiner Frau ...... 235 

239. Toskanische und nachher ojSene Beichte . . . 237 

240. Von einer Schlacht zwischen Elstern und Dohlen 239 
24z. Witzige Bemerkung Francescos über die Söhne 

der Genueser 239 

242. Von der zweckentsprechenden aber brutalen 

Handlungsweise eines Florentiners 240 

243. Berechtigte Bitte eines impotenten Greises . • 24z 



s. 



244* Euie Courtisane verspottet die Venesianer . . 342 

245. Scherz eines Ungelehrten , der die Gelehrteren 

in Verlegenheit setzte • 243 

246. Ein Kaufmann, der andere beschuldigt, erhält 

eine Abfuhr 244 

247. Eine Frau gibt einem verliebten Jünglinge eine 

hübsche Antwort 245 

248. Von einem Edelmann zu Kaiser Friedrichs Zei- 

ten, der sich als tapferer Kämpfer aufspielte, 
abe^ nicht kämpfte 246 

249. Von einem Manne, der zwei Jahre lang weder 

Speise noch Trank zu sich nahm 247 

250. Witzige Bemerkung eines Mannes, der ver- 

sprochen hatte einen Esel zu unterrichten . 250 
25z. Von einem Priester, der nicht wußte, ob Epi- 

• phania ein Mann sei oder ein Weib .... 250 

252. Von einem Wucherer, der Reue heuchelte und 

es schlimmer machte als zuvor 25z 

253. Fabel von den Vögeln, die sich täuschten . . 252 

254. Einer, der sich verschiedene- Ketten um den 

Hals schlingt, wird als dümmer als andere 
gekennzeichnet 253 

255. Ridolfo, Herr von Camerino, führt einen Ge- 

sandten ab, der gegen die Fürsten loszog . . 253 

256. Von einem Richter, in dessen Hause ein Schwein 

ein Gefäß mit Ol umstieß 254 

257. Ein Kahlkopf gibt zwei Mädchen eine witzige 

Antwort 255 

258. Von „Messer perde il piato** 256 

259. Von einem Liede, das die Wirte gern haben . 256 

260. Hübscher Scherz in bezug auf einen Mageren 258 
26z. Witzige Antwort einer Frau, die das Tintenfaß 

leer hatte 258 

262. Hübsche Bemerkung über die geringe Anzahl 

der Freunde Gottes 2^9 

xaocvii 



26$, Von etnem Antonitennftncfa, einem Laien und 

einem Wolf 359 

364. Wunderbare Kompensierung zwischen einem 

Beichtvater und einem Beichtenden . . . • 260 

865. Zwei Florentiner Knaben beschimpfen sich . . 261 

266. Verlegenheit eines jungen Mannrs, der bei einem 

Gastmahle auf die Tafel pinkelte 263 

267. Eine Florentinerin, die auf der Tat ertappt wird, 

findet eine listige Auskunft 263 

268. Von einem Toten, der lebendig war und auf 

dem Wege sum Grabe sprach und lachen 
machte 265 

269. Von einer schwer 2u entscheidenden Frage • . 267 

270. Von einem Müller, der von seiner Frau ange- 

führt wurde und von ihr fünf Eier 2U trinken 

bekam • • • 268 

27 z. Eine Anerkennung wird auf hübsche Art zurück- 
genommen 270 

272. Witzige, aber wenig cmständige Antwort einer 

Frau 270 

273. Obszöner Vergleich mit Zähnen, die auszufallen 

drohen 27z 

Schlufiwort 27z 



XXXVIII 



DIE FACEZIEN 

DES 

POGGIO FIORENTINO 



VORREDE 

DES 

HOCHBERÜHMTEN REDNERS UND 
APOSTOLISCHEN SEKRETÄRS 

POGGIO AUS FLORENZ 
ZUM BUCHE DER FACEZIEN. 

Mögen meine Neider die Sammlung der Face- 
zien nicht wegen der Dürftigkeit des Stils ver- 
urteilen! 
Ich glaube, daB es viele geben wird, welche 
die vorliegenden Plaudereien teils als leicht- 
fertiges und eines ernsten Mannes unwürdiges 
Zeug verdammen, teils an ihnen die Feinheit 
der Ausdrucksweise und die Schönheit des 
Stils vermissen werden. Aber wenn ich ihnen 
antworte; daß ich gelesen habe, unsere Vor- 
fahren, sehr, kluge und sehr gelehrte Männer, 
die an witzigen Anekdoten, scherzhaften Ein- 
fällen und Fabeln Vergnügen fanden, hätten 
dafür keinen Tadel, sondern Lob verdient, 
glaube ich genug getan zu haben, um mir ihre 
Anerkennung zu sichern. Denn wer könnte 
es mir zur Schande anrechnen, daß ich mich 
hierin — da ich es ja in anderer Hinsicht 
nicht kann — nach unseren Vätern richte und 



dieselbe Zeit, welche sich die anderen mit Unter- 
haltung in ihren Zirkeln und Gesellschaften 
vertreiben, mit Schreiben hinbringe, zumal 
meine Arbeit nicht wertlos ist und den Lesern 
einiges Vergnügen zu bereiten vermag. Ist es 
doch etwas Gutes, fast möchte ich sagen Not- 
wendiges — es entspricht ja auch den Anschau- 
ungen der Philosophen — , unserem von verschie- 
densten Gedanken und beständigen Sorgen be- 
drückten Geiste von 2^it zu 2^it Erholung zu 
gönnen und ihn durch allerlei Scherzhaftes 
heiter zu stimmen und zu zerstreuen. Hohen 
Stil in Kleinigkeiten suchen zu wollen, bei 
denen es sich um witzige Wortspiele handelt, 
oder darum, Äußerungen anderer wortgetreu 
wiederzugeben, hieße allzu viel Wert darauf 
legen. Es finden sich darunter Sachen, die es 
nicht vertragen, stilistisch ausgeschmückt zu 
werden, da man sie wiedergeben muB, wie sie 
jene zum besten gaben, die darin als Erzäh- 
lende angeführt sind* 
Manche werden vielleicht glauben, es sei Mangel 
an Geist, der mich veranlaßt, mich auf diese 
Weise zu entschuldigen — ich stimme ihnen 
sogar bei : nur fordere ich sie auf, dieselben Ge- 
schichten selber vorzunehmen und sie auszu- 
schmücken und zu verfeinern, sie werden da- 
durch die lateinische Sprache unseres Zeitalters 
auch in leichter geschürzten Sachen bereichem. 



Denn die Übung, in dieser Art zu schreiben, 
wird zur Erlernung eines beredten Stils von 
Nutzen sein. Was mich betrifft, so habe ich 
den Versuch machen wollen, ob man vieles, was 
lateinisch auszudrücken für schwierig gilt, 
wiedergeben kann, ohne absurd zu werden. Da 
es nicht möglich ist, hierbei eine glänzende Fülle 
der Worte spielen zu lassen, werde ich zu- 
frieden sein, wenn man den Eindruck gewinnt, 
daB ich nicht ganz ungeschickt zu Werke ge- 
gangen bin. 
Im übrigen mögen sich die allzu strengen Zen- 
soren und scharfen Kritiker der Lektüre dieser 
Plaudereien (denn so möchte ich sie nennen) 
enthalten. Mein Wunsch ist, von geistreichen 
und gemütvollen Menschen gelesen zu werden 
(wie einst LUCILIUS von den Cosentinern und 
Tarentinern). Wenn meine Leser zu ungebildet 
sind, um an dem Folgenden Geschmack zu 
finden, habe ich nichts dagegen, daß sie dar- 
über denken, was sie wollen, nur mögen sie 
den Herausgeber nicht verdammen, der es zu 
seinem Vergnügen und zur Übung für den Geist 

geschrieben hat. 



I. 

ERSTE GESCHICHTE. 
VON EINEM ARMEN SCHIFFER AUS GAETA. 

In Ga€ta suchen die Leute aus dem Volke ihren 
Lebensunterhalt zumeist auf dem Meere. Einer 
davon, ein sehr armer Schiffer, kehrte, nach- 
dem er, um etwas zu verdienen. Fahrten nach 
den verschiedensten Plätzen gemacht hatte und 
fast fünf Jahre fortgeblieben war, in seine 
Heimat zurück, wo er ein junges Weib und 
einen ärmlichen Hausrat zurückgelassen hatte. 
Kaum hatte er den FuB an Land gesetzt, als 
er nach Hause zu. seiner Frau eilte (die unter- 
dessen, an der Rückkehr ihres Gatten ver- 
zweifelnd, mit einem andern Manne gelebt 
hatte). Gleich beim Betreten des Hauses sah 
er, daß es fast vollständig erneuert und 
besser ausgestattet war, und fragte seine 
Frau, wie es denn möglich gewesen sei, daB 
jenes vorher so häßliche Häuschen sich so 
habe verschönern können. Ohne sich zu be- 
sinnen, antwortet sie, daß ihr Gottes Gnade, 
der allen Hilfe bringt, zur Seite gestanden 
sei. „Gelobt sei der Herr, der uns so große 
Wohltat erwiesen hat'', rief da der Schiffer. 



Als er ferner die Schlafkammer sah mit einem 
schöneren Bett und auch sonst hübscheren 
Möbeln, als es die Vermögenslage seiner Frau 
erlaubte y und fragte, woher all das denn ge- 
kommen sei, antwortete sie ihm, auch dies 
habe ihr Gottes Barmherzigkeit verschafft; und 
von neuem dankte er dem Herrn, daß er sich 
so groBiiiütig ihm gegenüber gezeigt. Ebenso 
machte er es, als er im Hause all die andern 
neuen und unbekannten Dinge sah, die nach 
Aussage seiner Frau von der Freigebigkeit Gottes 
herrührten. Und als er staunend über eine 
solche Fülle von Gnade dastand, kam ein hüb- 
scher Knabe von über drei Jahren auf die 
Mutter zugelaufen und liebkoste sie (wie es 
Kinder tun). Betroffen fragte der Schiffer, 
woher der Knabe gekommen sei, da er doch 
so lange abwesend gewesen, und seine Frau 
antwortete, daß sie auch ihn der Gnade Gottes 
verdanke. Da rief er unwillig über diesen 
ÜberfluB himmlischer Gnade, die so weit ging, 
daB sie ihn ohne sein Zutun mit Kindern be- 
schenkte: „Ja, ich muB Gott in der Tat dank- 
bar sein, daB er sich soviel Mühe in meinem 
Interesse gegeben hati'' Der arme Mann fand, 
Gott habe sich etwas zu besorgt tun ihn ge- 
zeigt, indem er in seiner Abwesenheit sich so- 
gar mit Kinderzeugen beschäftigte. 



2. 

VON EINEM ARZT, DER NARREN UND 
IRRSINNIGE HEILTE. 

Mehrere von uns unterhielten sich einmal über 
die überflüssige Sorge, um nicht zu sagen Ver- 
rücktheit, mancher Leute, die sich Hunde und 
Falken für die Vogeljagd halten, als Paolo aus 
Florenz sagte: „Da spottete jener Narr aus 
Mailand eigentlich mit Recht über sie/' Wir 
baten ihn, uns die Geschichte zu erzählen, und 
er begann: „Es gab einmal in Mailand einen 
Arzt der Irren und Blödsinnigen, der es über- 
nahm, die ihm anvertrauten Kranken iimer- 
halb einer bestimmen Frist zu heilen. Sein Ver- 
fahren aber war folgendes: Er hatte in seinem 
Hause einen Hof und darin einen Tümpel voll 
stinkenden und schmutzigen Wassers, in welchem 
Pfähle standen, an die er die ihm zugeführten 
Geisteskranken band; einige kamen bis an die 
Knie hinein, andere bis zu den Hüften, ein- 
zelne noch tiefer, je nach der Schwere des 
Übels, und er weichte sie dort so lange durch 
Wasser und Hunger ein, bis sie ihm wieder 
gesund zu sein schienen. Unter anderen wurde 
ihm einmal einer gebracht, den er bis zu den 
Oberschenkeln ins Wasser tauchte, und der 
nach vierzehn Tagen wieder zu Verstand zu 
kommen begaim und den Arzt bat, ihn aus 



dem Pfuhl herauszulassen. Dieser befreite ihn 
von der Marter, doch unter der Bedingung, 
daB er den Hof nicht verlasse. Und als er 
einige Tage lang gehorcht hatte, erhielt er die Er- 
laubnis, im ganzen Hause frei umherzugehen, 
durfte jedoch nicht aus der Haustür heraus« 
treten. Seine Leidensgenossen, und es war eine 
größere Anzahl da, muBten im Wasser bleiben. 
Er selbst aber beobachtete sorgfältig die Be- 
fehle des Arztes. 
Als er eines schönen Tages in der Häustür 
stand und aus Furcht vor dem Wasserloch 
nicht auf die StraBe hinauszutreten wagte, sah 
er einen jungen Reiter mit einem Falken auf 
der Faust und von zwei Spürhunden gefolgt 
nahen und rief ihn, erstaunt über das Neu- 
artige des Anblicks — denn er erinnerte sich 
nicht mehr der Dinge, die er vorher, als er 
noch geisteskrank war, gesehen hatte — heran. 
„He dul'' rief er dem Reiter zu, als dieser sich 
näherte, „hör, bitte, einen Augenblick und ant- 
worte mir, wenn's dir gefällig ist: was ist 
das für ein Ding, auf dem du sitzt, und zu 
welchem Zweck hältst du dir's?'< „Das ist 
ein Pferd," antwortete der Reiter, „und ich 
brauche es zur Vogel jagd." „Und wie nennt 
man das, was du auf der Hand trägst, und wo- 
zu ist es gut?" fragte der Narr weiter. „Das 
ist ein Falke, abgerichtet zur Jagd auf Wild- 

8 



enten und Rebhühner/' „Und deine Begleiter, 
was ist mit denen, sag, und wozu dienen sie 
dir?'' „Das sind Jagdhunde, und man stöbert 
mit ihnen die Vögel auf." „Ja, und wieviel 
sind diese Vögel, zu deren Jagd du soviel Dinge 
bereit hältst, wert, wenn du die Beute eines 
ganzen Jahres zusammenrechnest?" „Das kann 
ich nicht recht sagen, aber ich glaube kaum 
mehr als sechs Dukaten." „Und wieviel gibst 
du für das Pferd, die Hunde und den Falken 
aus?" „Fünfzig Dukaten." Da rief er er- 
staunt über die Narrheit des 'jungen Reiters: 
„Hol hol Mach, daB du schnell von hier weg- 
kommst, bevor der Arzt nach Hause zurück- 
kehrt; denn wenn er dich hier findet, wird er 
dich als den närrischsten aller Menschen zu 
den übrigen Verrückten in den Tümpel tun, 
um dich zu heilen, aber noch tiefer als alle 
anderen: bis ans Kinn ins Wasser stecken." 
Er zeigte damit, daß die Jagdleidenschaft eine 
große Narrheit ist, außer hie und da für die 
Reichen, und wenn man ihrer zur Übung des 

Körpers frönt." 



3. 

VON BONACCIO DE' GUASCI, DER SO 

SPAT AUFSTAND. 

Bonaccio, ein witziger junger Mann aus der 

Familie der Guasci, erhob sich, während wir 



in Konstanz waren, immer sehr spät von sei- 
nem Lager. Und als seine Freunde ihm ein- 
mal wegen dieser Faulheit Vorwürfe machten 
und ihn fragten, was in aller Welt er denn so 
lange im Bette mache, antwortete er lächelnd: 
„Ich höre den Wortwechsel zweier Streitenden 
an. Morgens gleich, weim ich aufwache, sehe 
ich zwei Frauengestalten vor mir, nämlich die 
Rührigkeit und die Faulheit; jene ermahnt 
mich aufzustehen, mich zu timuneln und nicht 
den ganzen Tag im Bett zu verbringen, diese 
schilt auf sie 'und rät mir, ruhig liegen zu 
bleiben, da es draußen kalt sei; die Wärme 
des Bettes sei besser und man müsse dem Kör- 
per Ruhe gönnen, man köime nicht immer 
arbeiten. Die erste tritt darauf wieder für ihre 
Gründe ein. Und während sie so längere Zeit 
disputieren und sich hin und her zanken, neige 
ich mich als gerechter Richter keiner der beiden 
Parteien zu, sondern höre die Streitenden an, 
in der Erwartung, daß sie zu einer Einigung 
gelangen. Und so kommt es, daß ich so spät 
aufstehe, ich warte eben, bis der Streit zu 

Ende isf 



10 



4- 

VON EINEM JUDEN, DER SICH HATTE 

OBERREDEN LASSEN ZUM CHRISTEN- 

TUM ÜBERZUTRETEN 

Ein Jude wurde von vielen Leuten ermahnt, 
sich taufen zu lassen, konnte sich aber nur 
schwer von seinen Gütern trennen. Man ver- 
sicherte ihn, er würde, wenn er sie den Armen 
gäbe, laut dem zweifellos wahren Ausspruch des 
Evangeliums das Hundertfache dafür wieder- 
erhalten. Endlich überzeugt, bekehrte er sich 
und verteilte seine Habe unter die Armen, Be- 
dürftigen und Bettler. Darauf wurde er ungefähr 
einen Monat lang mit vielen Ehren von verschie- 
denen Christen aufgenommen und bewirtet, 
und alle schmeichelten ihm und zollten ihm 
Beifall für seine Tat. Während er so ab- 
hängig von der Güte anderer lebte, erwartete 
er jeden Tag das Hundertfache, das man 
ihm verheißen hatte; und da viele es schon 
müde wurden, ihm zu essen zu geben und er 
nunmehr selten zu Gast geladen wurde, ver- 
fiel er in eine solche Dürftigkeit, daß er sich 
gezwungen sah, ein Hospital aufzusuchen. 
Dort wurde er von der Blutruhr ergriffen und 
kam an den Rand des Grabes. Schon verzwei- 
felte er an seinem Leben und noch mehr an 
dem versprochenen Hundertfachen, als er eines 



II 



Tages, von einem angstvollen Drang nach 
frischer Luft getrieben, sein Bett verlieB und 
um sich den Leib zu entleeren, auf eine be- 
nachbarte Wiese ging. Und nachdem er dort 
fertig war und nach Blättern suchte, um sich 
abzuwischen, fand er ein Leinenbündel voll 
von Edelsteinen. So wurde er reicher, als er 
je gewesen war, zog Arzte zu Rate und ge- 
sundete. Dann kaufte er ein Haus und Grund- 
stücke und lebte fortan in größtem Überfluß. 
Und als alle zu ihm sagten: „Siehst du nun, 
daß wir die Wahrheit vorausgesagt haben, siehst 
du, daß Gott dir das Hundertfache deiner Habe 
gegeben hat! meinte er: „Allerdings hat er es 
mir gegeben, aber er wollte, daß ich zuerst 
bis nahe ans Sterben Blut scheißen sollte.'' 
Dies Wort geht auf jene, die sich spät ent- 
schließen, eine Wohltat zu gewähren oder 

zu erwidern. 



5- 

VON EINEM DUMMKOPF, DER GLAUBTE, 

SEINE FRAU HABE ZWEI SCHEIDEN. 

Ein Bauer aus unserer Gegend, ein dummer 
Teufel, der namentlich in Sachen des Beischlafs 
unerfahren war, verheiratete sich. Da geschah 
es eines Nachts, daß seine Frau ihm im Bett 



12 



den Rücken zuwandte, so daß ihr Hinterer in 
seinem SchoB zu ruhen kam. Er hatte seine 
Waffe bereit, ging zum Angriff über und traf 
zufällig ins Ziel. Verwundert über diesen Er- 
folg fragte er seine Gattin, ob sie denn zwei 
Scheiden hätte. Und als sie bejahte, rief er: 
„Hohol Ich bin mit einer zufrieden, die an- 
dere ist ganz überflüssig.'' Darauf meinte die 
geriebene Frau, die es mit dem Pfarrer hatte: 
„Dann können wir die zweite ja als Almosen 
hergeben; schenken wir sie doch der Kirche 
und unserm Pfarrer. Er wird sich sehr da- 
rüber freuen und dir wird's nichts ausmachen, 
da du ja an einer genug hast.'' Der Mann war 
damit einverstanden, teils dem Pfarrer zuliebe, 
teils um sich die unnötige Last vom Halse zu 
schaffen. Man lud also den Seelsorger zur 
Abendmahlzeit ein, setzte ihm die Sache aus* 
einander, aß sich satt, und dann ging's zu dritt 
ins Bett, und zwar so, daß die Frau in die 
Mitte zu liegen kam, und der Mann sich vorn, 
der Priester aber hinten seines Anteils erfreuen 
konnte. Der Priester, ausgehungert und gierig 
auf den ersehnten Leckerbissen, wie er war, 
ging auf seiner Seite zuerst zum Angriff über, 
den die Frau mit leisem Geflüster und einem 
gewissen Geräusch beantwortete. „Hei alter 
Freund!" rief da der Mann, besorgt, der 
Pfarrer möchte ihm ins Gehege kommen. 



13 



„paB auf die Verträge! halt dich an deinen 
Anteil und laß den meinen ungeschoren!" ^^Da 
sei Gott vorl" antwortete der Priester, ,,ich 
mache mir gar nichts aus deinem Besitz, stehen 
mir doch die Güter der Kirche zur Ver- 
fügung.'' *Durch diese Worte lieB sich der 
dunune Bauer beruhigen und forderte den 
Pfarrer auf, sich nach Gutdünken des Anteils 
der Kirche zu bedienen. 



6. 

VON EINER WITWE, DIE HEFTIGES VER- 
LANGEN NACH EINEM BETTELMÖNCH 

HATTE. 

Die Heuchler sind die schlimmste Sorte Men- 
schen auf der Welt. Eines Tages kam in 
meiner Gegenwart in einer Gesellschaft die 
Rede auf dieses Gezücht, und es wurde ge- 
sagt: ihnen fließe alles in reichem Maße zu; 
denn wenn sie auch noch so sehr auf Würden 
und Reichtum ausseien, suchten sie doch den 
Anschein zu erwecken, als ob sie nur mit 
Widerwillen und allein aus Gehorsam gegen 
ihre Oberen Auszeichnungen annähmen. Da 
bemerkte einer der Anwesenden: „Sie gleichen 
einem heiligen Mann, namens Paolo, der zu 
Pisa wohnte, einem von jenen, die man Apostel 
nennt, und die vor den Haustüren zu hocken 



14 



pflegen» ohne um etwas zu bitten/' Und als 
wir ihn aufforderten, uns zu erklären, was es 
mit diesem Paolo für eine Bewandtnis habe, er- 
zählte er: ,, Paolo, der wegen der Heiligkeit 
seines Lebenswandels // Beato genannt wurde, 
saB bisweilen vor der Tür einer Witwe, die 
ihm Almosen in Gestalt von Speisen reichte. 
Er war ein schöner Mann, und da sie ihn öfter 
sah, verliebte sie sich in ihn und forderte ihn 
jedesmal, wenn sie ihm zu essen gegeben 
hatte, auf, doch am andern Tage wiederzu- 
kommen, sie würde ihm ein gutes Mahl be- 
reiten. Als er auf diese Weise häuflg vor das 
Haus der Witwe gekommen war, bat diese ihn 
eines Tages, doch hereinzukommen und im 
Hause zu speisen. Paolo willigte gern ein 
und schlug sich den Leib tüchtig voll mit 
Speise und Wein. Als er fertig war, umarmte 
und küBte ihn das Weib, das es vor Verlangen 
katun mehr aushielt, und schwor, ihn nicht 
eher ziehen zu lassen, bevor er sie nicht be- 
friedigt hätte. Er aber tat, als wolle er von dem 
Spiel nichts wissen, als erfülle ihn die Brunst 
der Witwe sogar mit Abscheu, doch schlieB- 
lich, als sie noch schamloser in ihn drang, 
sagte er, gleich als weiche er nur der Gewalt: 
„Da du nun einmal etwas so Übles tun willst, 
rufe ich Gott zum Zeugen an, daB die Schuld 
ganz auf deiner Seite ist, und ich keinen Teil 

IS 



daran habe. Ergreife selbst das verfluchte 
Fleisch (denn schon stand das Glied) und be- 
diene dich seiner nach Gefallen; es sei ferne 
von mir, es auch nur anzurühren. Und so 
befriedigte er das Weib gegen seinen Willen, 
und da er so enthaltsam gewesen, sein Glied 
^icht zu berühren, konnte er alle Schuld auf 
die Verführerin schieben. 



7. 
VON EINEM BISCHOF ZU PFERD. 

Ich ging eines Tages ziun Palast des Papstes. 
Da ritt einer unserer Bischöfe vorbei und war 
offenbar stark von seinen Gedanken in An- 
spruch genommen, denn er wurde nicht ge- 
wahr, daß ihn jemand entblößten Hauptes 
grüßte. Dieser, der glaubte, er werde aus 
Hochmut oder Dünkel nicht beachtet, sagte 
darauf: „Der da hat nicht etwa die Hälfte 
seines Esels zu Hause gelassen, sondern führt 
ihn ganz mit sich.'* Er wollte damit sagen, 
daß der ein Esel sei, der einen höflichen Gruß 

nicht erwidere. 



8. 

EIN WORTSPIEL ZUCCAROS. 

Einmal wandelten Zuccaro, der witzigste Mann 
auf der Welt, und ich durch eine Stadt und 

z6 



kamen an einen Ort, wo eine Hochzeit gefeiert 
wurde. Es war der Tag, nachdem die Braut 
das Haus des Gatten betreten hatte, und wir 
blieben einige Augenblicke stehen, um uns zu 
ergötzen und den Tänzen der Männer und Frauen 
zuzusehen. Da sagte Zuccaro lächelnd: „Die 
da haben den Höhepunkt des Matrimoniums er- 
reicht, ich dagegen bin mit meinem Patrimonium 
schon auf dem Tiefpunkte angelangt.''* Er 
scherzte damit auf seine Lage; denn er hatte seine 
väterlichen Güter verkauft und sein ganzes Erbe 
an der Tafel und beim Spiel durchgebracht. 



9. 
VON EINEM STADTHAUPTMANN. 

Ein Stadthauptmann, der nach Florenz gesandt 
worden war, hielt am Tage seines Einzugs in 
die Stadt, wie der Brauch es verlangte, im Dom 
in Gegenwart der Prioren eine Rede, die über- 
aus lang und langweilig ausfiel. Denn er be- 
gann diunit zu seiner Empfehlung zu erzählen, 
wie er einmal Senator in Rom gewesen, was 

* UnübersetztMures Wort^iel, bei dem es auf die Gegenüber- 
stellung von matrimonium consummare (die Ehe vollziehen) 
und Patrimonium consumere (sein väterliches Erbe verzehren) 
ankommt. Die Stelle lautet vollständig: Jsti matrimonium 
consummarunt, ego iam Patrimonium consumpsi,* 

17 



er dort getan, und was die andern ihm zu Lob 
und Ehr getan und gesagt hätten; dann be- 
schrieb er seinen Auszug aus der Stadt und das 
Gefolge, das ihn begleitete. Weiter berichtete 
er, daB er sich am ersten Tage nach Sutri 
begeben, und was er dort alles besorgt hatte. 
Darauf wies er nach, wo er an jedem Tage 
gewesen, von wem er dort gastlich aufgenommen 
worden war, und was er dort im Einzelnen 
gemacht hatte. Es waren bereits mehrere 
Stunden während dieser Erzählung verflossen, 
und noch war er nicht einmal in Siena ange- 
kommen. Aller Zuhörer bemächtigte sich Un- 
wille über die Länge dieser abscheulich 
öden Rede, deren Ende noch gar nicht ab- 
zusehen war ; denn es schien wirklich, als sollte 
der ganze Tag mit solchem Geschwätz hingehen. 
Da näherte sich, als schon die Nacht heran- 
kam, einer der Versammelten, ein witziger 
Mann, dem Redner und sagte ihm ins Ohr: 
„Es ist schon spät, Herr! es empfiehlt sich, 
daB Ihr die Reise beschleunigt. Denn wenn 
Ihr heute, an dem für Eure Ankunft festge- 
setzten Tage, nicht in Florenz einzieht, verliert 
Ihr Euer Amt.'' Als er dies hörte, beeilte 
sich der einfältige und geschwätzige Mensch 
tuid sagte endlich, daß er in Florenz an- 

gekonmien sei. 



z8 



10. 

VON EINER FRAU, DIE IHREN MANN 

BETROG. 

Mein Landsmann Pietro erzählte mir eines Tages 
eine sehr lustige und für die Verschlagenheit 
der Weiber sehr bezeichnende Geschichte. Er 
hatte Beziehungen zu der Frau eines Bauern, 
der nicht gerade schlau zu nennen war, und 
sehr häufig, um seinen Gläubigern zu entgehen, 
die Nacht draußen auf dem Felde verbrachte. 
Eines Abends, als mein Freund gerade bei der 
Frau war, kehrte ihr Mann unerwartet nach 
Hause zurück. Nachdem sie ihren Liebhaber 
schnell unter das Bett versteckt hatte, ging sie 
ihrem Gatten entgegen und machte ihm heftige 
Vorwürfe, daß er zurückgekehrt sei; er wolle 
wohl mit Gewalt ins Gefängnis, eben seien die 
Leute des Stadthauptmanns dagewesen, um ihn 
zu ergreifen und ins Gefängnis abzuführen und 
hätten das ganze Haus durchsucht. „Ich habe 
ihnen gesagt, daß du für gewöhnlich die Nacht 
außer dem Hause verbringst, und sie sind 
mit der Drohung bald wiederzukommen fort» 
gegangen/' Bestürzt suchte der arme Mann nach 
einem Ausweg, um der drohenden Gefahr zu 
entrinnen, aber die Tore der Stadt waren be- 
reits geschlossen. „Was willst du jetzt tun, 
Unglücklicher?'' fragte da die Frau. „Wenn 



19 



sie dich erwischen, ist's um dich geschehen.'' 
Und als er sie bebend um Rat f ragte, antwortete 
sie, schnell mit einer List bei der Hand: „Steige 
in diesen Taubenschlag hinauf; du wirst dort 
diese Nacht verbringen, ich werde die Tür von 
auBen verschlieBen und die Leiter fortnehmen^^ 
damit niemand argwöhnen kann, du seist dort.*^ 
Der Mann gehorchte dem Rate seiner Frau und 
stieg hinauf. Sie verschloß darauf die Pforte, 
damit er nicht mehr herauskonnte, beseitigte 
die Leiter und zog dann ihren Liebhaber aus 
seinem Versteck hervor. Dieser tat sofort, als ob 
die Leute des Stadthauptmanns zurückgekehrt 
seien, machte Lärm für zehn, während die Frau 
für ihren Mann sprach, und so flößten sie 
dem Verborgenen gewaltige Angst ein. Als es 
dann endlich genug des Lärms war, legten 
sie sich zusammen ins Bett und weihten die 
Nacht der Venus. Den Mann aber ließen sie 
zwischen Mist und Tauben sitzen. 



II. 

VON EINEM PFARRER, DER NICHT WUSSTE, 
WANN PALMSONNTAG WAR. 

Aello ist ein recht ländliches Nest in unserm 
Apennin. Dort wohnte einmal ein Pfarrer, der 
roher und ungebildeter war als die Bauern. 
Und da er die Feste und Jahreszeiten nicht 



20 



kanntei kündigte er seiner Gemeinde auch nicht 
einmal die Fasten an. Dieser Pfarrer kam ein- 
mal nach Terranuova zum Markt, der dort am 
Tage vor Palmsonntag abgehalten wird. Dort 
sah er, wie die Priester die Ölzweige und Pal- 
men für den folgenden Tag vorbereiteten und 
wunderte sich zuerst darüber, dann merkte er 
aber, worum es sich handelte, und daß die Fasten 
vorübergegangen waren, ohne daß er und seine 
Pfarrkinder sie eingehalten hätten. Nach seinem 
Flecken zurückgekehrt, richtete er ebenfalls 
Zweige und Palmen für den folgenden Tag her 
und sagte dann am Sonntag zu den versammel- 
ten Gläubigen: ,,Heute ist der Tag, da der Sitte 
gemäß die Ölzweige und Palmen verteilt werden; 
in acht Tagen ist Ostern, es bleibt uns also 
nur diese Woche zur Buße, und wir haben daher 
auch nur eine kurze Fastenzeit, und der Grund 
dafür ist folgender: Der Karneval kam dieses 
Jahr spät und langsam, weil er infolge der 
Kälte und der beschwerlichen Wege nicht über 
diese Berge hinüberkonnte, daher kamen auch 
die Fasten so langsam und müde heran, daß 
sie uns nur eine einzige Woche mitbringen 
konnten und die andern auf dem Wege zurück- 
lassen mußten: Kommt also zur Beichte in 
dieser kurzen Spanne Zeit, die euch bleibt und 

tut alle Bußel<< 



21 



Z2. 

VON BAUERLICHEN ABGESANDTEN, DIE 
VON EINEM BILDSCHNITZER, BEI DEM SIE 

EINEN KRUZIFIXUS ZU KAUFEN GE- 
DACHTEN, GEFRAGT WURDEN, OB SIE IHN 
LEBEND ODER TOT WOLLTEN. 

Aus eben diesem Flecken wurden einige nach 
Arezzo gesandt, um einen hölzernen Kruzifixus 
zu kaufen, der in ihrer Kirche aufgestellt werden 
sollte. Und als sie sich zu einem Bildschnitzer 
hatten weisen lassen, merkte dieser, nachdem 
er sie angehört, daB er es mit ganz rohen Men- 
schen, gleichsam Klötzen, zu tun hatte, und 
fragte sie, um sich einen SpaB mit ihnen zu 
machen, ob sie den Kruzifixus lebendig oder tot 
haben wollten. Sie baten um etwas Zeit zur 
Beratung, diskutierten leise untereinander und 
kamen endlich zu dem Schlüsse, daB sie ihn 
lieber lebendig haben wollten; denn wenn er 
ihren Mitbürgern nicht gefiele, würden sie ihn 
ja sofort töten können. 



IS- 
AUSSPRUCH EINES KOCHES GEGENÜBER 
DEM HOCHBERÜHMTEN HERZOG VON MAI- 

LAND. 

Der alte Herzog von Mailand, ein Fürst 
hervorragend in allen Dingen des Geschmacks, 



22 



hatte einen vorzüglichen Koch, den er bis nach 
Frankreich geschickt hatte, damit er lerne Ra- 
gouts zu machen. Während des großen Krieges, 
den der Herzog gegen die Florentiner auszu- 
fechten hatte, erhielt er eines Tages eine schlechte 
Botschaft, die ihn in groBe Aufregung versetzte. 
Und als ihm kurz darauf bei der Tafel Speisen 
vorgesetzt wurden, deren Geschmack ihm irgend- 
wie mißfiel, wies er sie als nicht ordnungs- 
mäßig gewürzt zurück, ließ den Koch kommen 
und fuhr ihn an, er verstehe nichts von seiner 
Kunst. Aber dieser, der kein Blatt vor den 
Mund nahm, erwiderte : „Wenn die Florentiner 
Euch Geschmack und Appetit verdorben haben, 
daran habe ich doch keine Schuld ! Meine Ge- 
richte sind wohlschmeckend und mit größter 
Kunst zubereitet; aber die Florentiner haben 
Euch eben zu heiß gemacht und Euch die Lust am 
Essen genommen.'' Und der Herzog, der sehr 
leutselig war, mußte über die treffende und un- 
erschrockene Antwort des Kochs lachen. 



14. 

ÄUSSERUNG DESSELBEN KOCHS ZU DEM 
GLEICHEN BERÜHMTEN FÜRSTEN. 

Während des obenerwähnten Krieges scherzte 
derselbe Koch ein anderes Mal an der Tafel 



23 



des Herzogs, als er ihn eines Tages sorgenvoll 
und niedergeschlagen sah. y,Ich wundere mich 
nicht,'' sagte er, ,,ihn so besorgt zu sehen; 
denn er geht auf zwei unmögliche Dinge aus: 
einmal möchte er, daß sein Land grenzenlos 
sei, und dann möchte er den Francesco Barba- 
vara mästen, diesen so reichen und doch von 
so unstillbarer Habgier glühenden Mann/' Da- 
mit spottete der Koch sowohl über das maß- 
lose Verlangen nach Herrschaft des Herzogs 
wie über Francesco Barbavaras brennende Gier 
nach Reichtümern und Ehren. 



IS- 

DERSELBE KOCH RICHTET EINE BITTE 

AN DEN GLEICHEN FÜRSTEN. 

Als derselbe Koch sah, daß viele den Herzog 
um Gunstbeweise aller Art angingen, bat er 
ihn eines Abends bei der Tafel inständig, doch 
einen Esel aus ihm machen zu wollen. Als der 
Herzog ihn über eine solche Bitte verwundert 
fragte, warum er denn lieber ein Esel sein wolle 
als ein Mensch, antwortete er: „Weil ich sehe, 
daß alle, die Ihr erhöht habt, und denen Ihr 
Ehren und Amter gabt, sich mit solch stolzer 
Verachtung blähen und so unverschämt geworden 
sind, daß sie sich in veritable Esel verwandelt 



24 



haben. Und darum wünsche auch ich von 
Euch zu einem Esel gemacht zu werden. 



i6. 
VON GIANNOZZO VISCONTI. 

Antonio Lusco, ein sehr witziger und gelehrter 
Mann, sagte einmal einem Bekannten, der ihm 
einen an den Papst gerichteten Brief zur Durch- 
sicht brachte, er solle ihn in gewissen Punkten 
verbessern und umarbeiten. Am folgenden 
Tage aber brachte ihm jener das Schreiben un- 
verändert wieder. Lusco sah hinein und sagte: 
„Du hast wohl gemeint, ich sei Giannozzo 
Visconti?'' Und als wir ihn fragten, was es 
damit für eine Bewandtnis habe, erzählte er: 
„Giannozzo, ein vortrefflicher, aber körperlich 
und geistig schwerfälliger Mann, war einmal 
unser Stadthauptmann von Vicenza. Er rief 
häufig seinen Geheimschreiber und lieB ihn 
Briefe an den alten Herzog von Mailand auf- 
setzen. Er selbst diktierte nur einen kleinen 
Teil, nämlich die Höflichkeitsformeln, das Weitere 
überließ er dem Schreiber, der ihm nachher 
den fertigen Brief zur Durchsicht übergab. 
Kaum hatte ihn Giannozzo dann genonunen, 
um ihn zu lesen, als er ihn auch schon un- 
geschickt und unbrauchbar fand. „Der Brief 

25 



taugt nichts 1'' sagte er, ,,geh und verbessere 
ihnl" — Der Schreiber, der die Art und Weise 
und die Beschränktheit seines Herrn kannte, 
kehrte bald darauf mit demselben Briefe zurück, 
ohne irgend etwas daran geändert zu haben, 
und sagte, er habe ihn verbessert und noch 
einmal geschrieben. Hierauf nahm ihn Gian- 
nozzo in die Hand, als wolle er ihn lesen, 
blickte einen Augenblick hinein und sagte dann: 
„So ist es gut; geh jetzt, setze das Siegel dar- 
unter und sende ihn dem Herzog/' Und so 
pflegte er es mit allen Briefen zu machen. 



17. 
EIN GEGENSTÜCK VON EINEM SCHNEIDER 

DES VISCONTI. 

Papst Martin hatte Antonio Lusco einmal be- 
auftragt, einen Brief zu schreiben, und nach- 
dem er ihn gelesen hatte, befahl er, ihn einem 
unserer Freunde zu zeigen, auf den er groBe 
Stücke hielt. Aber dieser, dem der Wein, den 
er bei der Abendmahlzeit getrunken, etwas 
heiB gemacht hatte, verwarf den Brief völlig 
und sagte, er müsse umgeändert werden. Da 
bemerkte Antonio Lusco zu Bartolomeo de' 
Bardi, der zugegen war: „Ich werde meinen 
Brief auf die gleiche Weise ändern wie der 

26 



Schneider von Gian Galeazzo Visconti diesem 
die Hosen weiter machte: ich werde morgen, 
bevor er gegessen und getrunken hat, wieder- 
konunen, imd der Brief wird gut befunden 
werden/^ Als Bartolomeo ihn darauf fragte, 
was er damit meine, sagte Antonio : „Giovanni 
Galeazzo Visconti, der Vater des alten Herzogs 
von Mailand, war ein großer, dabei fetter Mann 
mit einem starken Bauch. Er schlug sich den 
Leib oft mit einer groBen Qtiantität Speise und 
Trank voll, und wenn er sich dann nach der 
Abendmahlzeit schlafen legte, lieB er seinen 
Schneider rufen, fuhr ihn heftig an, er habe 
ihm den Hosenbund viel zu eng gemacht, und 
trug ihm auf, das Ding weiter zu machen, 
damit es ihn nicht mehr belästige. „Ganz 
nach Eurem Befehl,*' sagte der Schneider, 
„morgen wird alles in bester Ordnung sein.'' 
Und er nahm das Kleidungsstück, warf es 
über einen Kleiderständer und änderte nichts 
daran. Als darauf die andern zu ihm sag- 
ten: „Wanun machst du denn die Hosen 
nicht weiter, die den Bauch unseres Herrn so 
schnüren?" antwortete er: „Wenn er sich 
morgen vom Lager erhebt, hat er verdaut, und 
wenn er dann seinen Leib entleert hat, werden 
ihm die Hosen reichlich weit genug sein." In 
der Frühe brachte er sie dem Herzog wieder, 
dieser zog sie an und sagte: „So, jetzt sind sie 

27 



recht, jetzt beengen sie mich nirgends/' — 
,,EbensOy'' sagte Antonio» »»wird mein Brief 
Beifall finden, wenn die Wirkung des Weines 

▼erflogen ist/* 



i8. 

ES BEKLAGT SICH JEMAND BEI FACINO 
CANE WEGEN EINES DIEBSTAHLS. 

Vor Facino Cane, der ein grausamer Mann 
und dabei einer der hervorragendsten Heer- 
führer unserer Zeit war, führte jemand Klage, 
einer seiner Soldaten habe ihm unterwegs den 
Mantel geraubt. Facino, dem es nicht ent- 
gangen war, daB der Beraubte ein [schönes 
Wams anhatte, fragte ihn, ob er dieses Klei- 
dimgsstück getragen habe, als er geplündert 
wurde. Jener bejahte. „Dann mach, daB du 
fortkonunst,'' rief Facino, „der dich ausgeraubt 
haben soll, ist gewifi keiner von meinen Sol- 
daten gewesen; denn keiner von denen hätte 
dir je ein so schönes Wams gelassen I'' 



19* 

ERMAHNUNGEN EINES KARDINALS AN 

DIE PÄPSTLICHEN SOLDATEN. 

Als eines Tages während des Krieges, den der 
Kardinal von Spanien gegen die Feinde des 

28 



Papstes im Picener Gebiete angefangen hatte, die 
beiden Heere sich gegenüberstanden und es zur 
Entscheidungsschlacht kommen mußte, feuerte 
der Kardinal die Soldaten in einer längeren An- 
sprache zum Kampfe an und versicherte, daß 
alle, welche in dieser Schlacht fielen, mit Gott 
und den Engeln frühstücken würden. Und da- 
mit sie sich desto lieber totschlagen ließen, 
beteuerte er, daß den Gefallenen alle Sünden 
vergeben seien. Hierauf zog er sich zurück, 
um fem vom Schuß zu sein. Da fragte ihn 
einer der umstehenden Soldaten: „Warum 
willst du denn nicht mit uns zu diesem Früh- 
stück kommen?'' „Ich bin nicht gewohnt, um 
diese Zeit zu frühstücken, noch habe ich keinen 
Appetit,'' antwortete der Kardinal. 



20. 

DER PATRIARCH BEKOMMT EINE GUTE 

ANTWORT. 

Der Patriarch von Jerusalem, dem die ganze 
apostolische Kanzlei unterstand, hatte eines 
Tages die Anwälte zur Besprechung einer ge- 
wissen Angelegenheit versammelt und tadelte 
einige von ihnen mit irgendwelchen bitteren 
Worten. Und als Tomaso Biraco ihm im 
Namen aller etwas freimütig geantwortet 
hatte, fuhr ihn der Patriarch an: „Du hast 



29 



einenschlechtenKopfl'' UndBiraco, ein sehrwit- 
ziger Mann, der sich nicht so leicht an den Wagen 
fahren ließ, antwortete: ,|Ihr habt ganz recht, 
und man könnte nicht sagen, was mehr der 
Wahrheit entspräche: denn wenn ich einen 
guten Kopf hätte, würde es lun unsere An- 
gelegenheiten besser stehen, und wäre dieser 
Streit nicht nötig gewesen.'' — „Du erklärst 
dich also für schuldig?'' fragte der Patriarch. 
Worauf Biraco: „Ich spreche nicht von mir, 
sondern von dem Kopfe."* Er spielte damit 
witzig auf den Patriarchen an, der das Haupt 
der Anwälte war und der für etwas hart- 
köpfig galt. 



21. 

VON PAPST URBAN VI. 

Ein anderer verfuhr auf ähnliche Weise gegen- 
über Urban, dem sechsten Papst dieses Namens. 
Als er sich dem Pontifex, ich weiß nicht aus 
welchem Grunde, ein wenig zu schroff in einer 
gewissen Sache widersetzte, sagte Urban zu 
ihm: „Du hast einen bösen Kopfl" „Dasselbe 
sagen die Leute aus dem Volke von Euch, hei- 
liger Vater", lautete seine Antwort. 



* Lateinisch: capiä, mit der Bedeutung ,yKopf'^ und 

,,Oberhaupt". 



30 



22. 

VON EINEM PFARRER, DER DEM BISCHOF 
ANSTATT DES ORNATS KAPAUNEN BRINGT. 

Ein Bischof von Arezzo, namens Angdico, den 
ich gekannt habe, berief einmal die Priester 
seiner Diözese zu einer Synode zusammen und 
schrieb vor, daB diejenigen, die irgend eine 
Würde bekleideten, mit cappa und cotia (das 
sind nämlich Priestergewänder) kommen sollten. 
Ein Priester, dem diese Stücke fehlten, saB 
daraufhin niedergeschlagen zu Hause und wuBte 
nicht, woher sie sich verschaffen. Als seine 
Haushälterin ihn so nachdenklich und be- 
trübt sah, fragte sie ihn nach der Ursache 
seines Kummers, und er antwortete, er 
müsse dem bischöflichen Edikt zufolge mit 
cappa und coita zur Synode gehen. „O, mein 
lieber HerrI'' rief sie da, „Ihr habt den 
Sinn dieses Befehls ja gar nicht verstanden: 
nicht mit cappa und cotta sollt Ihr kommen, 
sondern mit gekochten Kapaunen.''* Der 
Pfarrer befolgte den Rat der Haushälterin und 
wurde, als er diegekochten Kapaunen mitbrachte, 
vom Bischof sehr wohl aufgenommen, und dieser 
sagte lachend, er allein von allen Priestern habe 
den Sinn des Edikts richtig verstanden. 



Utteinisch: „caponts coaos*\ italienisch ,,capponi cotti^*. 

31 



23. 

VON EINEM MEINER FREUNDE, DER SICH 
GEKRÄNKT FÜHLTE, WEIL VIELE IHM 
VORGEZOGEN WURDEN, DIE AN RECHT- 
SCHÄFFNHEIT UND WISSEN UNTER IHM 

STANDEN. 

In der römischen Kurie herrscht fast allein 
das Glück, und nur sehr selten finden dort der 
Geist .und die Tugend ihren Platz; durch In- 
trigen imd durch Ausnutzung günstiger Um- 
stände aber — lun von dem Gelde zu schwei- 
gen, das die ganze Welt zu beherrschen scheint 
— ist alles zu erreichen. Ein Freund von mir, 
der sich gekränkt fühlte, weil viele ihm vor- 
gezogen wurden, die an Gelehrsamkeit und 
Rechtschaffenheit unter ihm standen, beklagte 
sich gegenüber Ängelotto, dem Kardinal von 
St. Marco, daß seine Tugend keine Anerkennung 
finde und daß er hinter denen zurückstehen 
müsse, die ihm in keiner Hinsicht gleichkämen. 
Außerdem sprach er von den Studien, die er 
gemacht hatte, und von der Mühe, die er auf 
das Studieren verwandt hatte. Da antwortete 
ihm der Kardinal, der stets bereit war, die 
Laster der Kurie zu geißeln: „Dein Wissen 
und deine Gelehrsamkeit nützen hier gar nichts, 
aber wenn du beim Papst gut angeschrieben 



32 



sein willst, so bemühe dich zu verlemeiii was 
du weist, und die Laster zu erlernen , die 

dir fremd!'' 



24. 

VON EINER GEISTESKRANKEN FRAU. 

Eine Frau aus meiner Heimat, die verrückt 
zu sein schien, wurde von ihrem Mann und 
den nächsten Verwandten zu einer Wahrsagerin 
gebracht, durch deren Hilfe man sie zu heilen 
hoffte. Als man sie beim Oberschreiten des 
Arno rittlings auf die Schultern des kräftigsten 
Mannes setzte, fing sie sofort an den Hintern 
wie beim Beischlaf zu bewegen und laut zu 
rufen: „Ich will befriedigt werden! Ich will 
befriedigt werden!" Und mit diesen, Worten ent- 
hüllte sie die Ursache ihrer Krankheit. Der Mann, 
der sie trug, wurde daraufhin von einem derarti- 
gen Lachanfall gepackt, daB er samt seiner Last 
ins Wasser plumpste. Alle andern mußten eben- . 
falls lachen und erkannten, daS zur Heilung 
dieses Übels keine Zauberei nötig sei, sondern daß 
die Kranke mit Hilfe des Koitus wieder gesund ge- 
macht werden könne und sagten zum Gatten 
gewandt : „Du bist der beste Arzt deiner Frau." 
Und so kehrten sie wieder zurück, imd nachdem 
der Gatte das Seinige getan, erhielt sie ihre 



33 



frühere Gesundheit wieder. — Das ist in der 
Tat das beste Heümittel für die Verrücktheit 

der Weiber. 



25- 

VON EINEN WEIBE, DAS AM UFER DES 

PO STAND. 

In einem kleinen Schiffe begaben sich, zusammen 
mit einigen Mitgliedern der Kurie, zwei von 
jenen Weibern, die zur Befriedigung gewisser 
Bedürfnisse dienen, nach Ferrara. Da rief 
eine Frau, die am Ufer des Po stand, als sie 
der Weiber ansichtig wurde, den Männern zu: 
„Ihr Dununköpfe, glaubt Ihr vielleicht, daß in 
Ferrara Mangel an Konkubinen herrscht? Es 
gibt dort gewiß mehr davon, als anständige 

Frauen in Venedigl'' 



26. 
VON DEM ABT VON SETTIMO. 

Der Abt von Settimo, ein dicker Mann mit 
einem starken Bauch, begab sich eines Abends 
nach Florenz und fragte unterwegs einen 
Bauern: „Was meinst du, komme ich durchs 
Tor?" Er wollte damit sagen, ob er noch vor 
Toresschluß in die Stadt käme. Der Bauer 



34 



aber antwortete mit scherzhafter Anspielung 
auf den Umfang des Abtes: „Wenn ein Heu- 
wagen durchs Tor kommt, wieviel mehr Ihr I '' 



27. 

VON DER SCHWANGEREN SCHWESTER 
EINES BORGERS VON KONSTANZ. 

Um zu zeigen, nach welcher Art von Freiheit 
viele Mitglieder des Konzils zu Konstanz ver« 
langten, erzählte ein vornehmer britannischer 
Bischof in einer groBen Versammlung von 
Prälaten folgende Tatsache: „Es lebte in Kon- 
stanz ein Bürger, dessen ledige Schwester ge- 
schwängert worden war. Als dieser die An- 
schwellung ihres Leibes entdeckte, ergriff er 
ein Schwert und fragte sie, indem er Miene 
machte, sie zu durchbohren, was das zu be- 
deuten habe, und woher das komme. Bestürzt 
rief das Mädchen, das sei das Werk des Kon- 
zils, das Konzil habe sie schwanger gemacht. 
Als der Bruder dies hörte, nahm er, teils aus 
Angst vor dem Konzil, teils aus Ehrfurcht vor 
ihm, Abstand davon, seine Schwester zu be- 
strafen. Während die übrigen nach Freiheit 
in andern Dingen trachteten, stellte er die 
Freiheit zum Koitus an die Spitze.^' 



3* 35 



28. 

EIN WORT KAISER SIGISMUNDS. 

Als sich jemand vor Kaiser Sigismund be- 
klagte, daß man in Konstanz nicht genug Frei- 
heit habe, sagte dieser: „Nun, wenn hier nicht 
die gröBte Freiheit herrschte, würdest du ganz 
gewiß nicht so frei reden!'' Wenn man frei 
reden darf, so ist das ein Zeichen von 

großer Freiheit. 



29. 

AUSSPRUCH DES LORENZO, EINES RÖMI- 

SCHEN PRIESTERS. 

An dem Tage, an welchem Papst Eugen den 
Römer Angelotto zum Kardinal machte, kam 
ein Stadtpfarrer, namens Lorenzo, höchst auf- 
geräiunt nach Hause zurück. Und als die 
Nachbarn den Freudestrahlenden fragten, was 
ihm denn Angenehmes begegnet sei, rief er: 
„Hurra ! Ich habe jetzt die größten Hoffnungen. 
Nachdem jetzt schon die Dummen und Narren 
Kardinäle werden, und Angelotto dümmer ist 
als ich, so muß ich auch demnächst Kardinal 

werden." 



36 



30. 
SCHERZHAFTE BETRACHTUNG DES 
NICCOLb D' ANAGNI. 

Fast in der gleichen Weise scherzte auch Niccolö 
d'Anagni über Papst Eugen, der, wie er sagte, 
hauptsächlich die Dummen und Unwissenden 
begünstigte. Als wir nämlich eines Tages zu 
mehreren im apostolischen Palast waren und, 
wie gewöhnlich, über verschiedene Dinge plau- 
derten, beklagten sich einige über die Unge- 
rechtigkeit des Schicksals, das ihren Interessen 
so feindlich sei. Da sagte Niccolö, der ein sehr 
gelehrter Mann, dabei aber ein unbeständiger 
Geist war und eine böse Zunge hatte : „Es gibt 
keinen Menschen auf der ganzen Welt, dem 
das Glück weniger hold gewesen wäre als mir. 
Denn heutzutage, wo die Dunmiheit regiert, 
sehen wir die Narren und die Toren jeden Tag 
zu hohen Würden und Ämtern erhoben werden, 
und unter ihnen sogar Angelotto. Unter der 
ganzen Zahl der Dummen hat man mich allein 
übergangen, gegen mich allein konnte das Schick- 
sal so boshaft verfahren. 



31- 
VON EINEM WUNDER. 

In diesem Jahre hat die Natur mehrere Unge- 
heuer an verschiedenen Orten hervorgebracht. 

37 



Im Gebiete von Senigallia im Picener Landstrich 
hat eine Kuh einen Drachen von erstaunlicher 
Größe geworfen. Er hatte einen Kopf, größer 
als der eines Kalbes, einen Hals, lang wie ein 
Arm, und einen Körper wie der eines Hundes, 
aber gestreckter und länger. Als die Kuh ihn 
geboren hatte, wandte sie den Kopf, und als 
sie seiner ansichtig geworden war, brüllte sie 
laut auf und wollte erschreckt fliehen, aber der 
Drache richtete sich auf, umschlang ihr die 
Hinterbeine mit dem Schwanz, brachte das 
Xilaul an ihr Euter und sog alle Milch heraus. 
Dann ließ er die Kuh los und machte sich in 
den benachbarten Forst davon. Die Zitzen der 
Kuh und jener Teil der Beine, der von dem 
Drachen berührt worden war, blieben lange 
Zeit schwarz, als seien sie verbrannt. Dies 
haben die Hirten (die Kuh gehörte nämlich zu 
einer Herde) bezeugt, imd sie sagten femer, 
das Tier habe nachher auch noch ein Kalb 
geworfen. Dies wurde in einem Briefe aus 

Ferrara gemeldet. 



32. 

EIN ANDERES WUNDER. 

Der berühmte Ugo da Siena, der hervorragendste 
Arzt unserer Zeit, hat mir auch erzählt, daß 

38 



in Ferrara eine Katze mit zwei Köpfen ge- 
worfen wurde, und daB er sie gesehen habe. 



33- 
EIN WEITERES WUNDER. 

Es steht fest, daS auch im Gebiete von Padua 
im Monat Juni ein Kalb mit zwei Köpfen ge- 
worfen wurde. Es hatte nur einen Leib, aber 
doppelte Hinter- und Vorderbeine, die jedoch zu- 
sanunengewachsen waren. Mit diesem Mon- 
strum zogen die Leute umher, um damit Geld 
zu verdienen, und viele bezeugen, es gesehen 

zu haben. 



34. 
VON EINEM ANDERN MONSTRUM. 

Es ist auch Tatsache, daB nach Ferrara das 
Bild eines Meerungeheuers gebracht wurde, 
welches an der Dalmatiner Küste angetroffen 
worden war. Es hatte bis zum Nabel einen 
menschlichen Körper, weiterhin aber einen Fisch- 
leib, der sich am Ende gabelte, femer einen 
langen Bart, und oberhalb der Ohren ragten 
ihm zwei hörnerartige Gebilde aus dem Kopfe. 
Die Brüste waren ziemlich stark, das Maul war 
breit, die Hände hatten nur vier Finger, imd von 
ihnen bis zu den Achselhöhlen hinauf und imten 



39 



am Bauch war es mit Fischflossen versehen, mit 
denen es schwamm. Und man erzählte, daß 
dieses Monstrimi auf folgende Weise gefangen 
worden sei: Mehrere Frauen waren dabei, am 
Strande Leinenzeug zu waschen, als sich dieser 
Fisch einer von ihnen, wohl um sie zu fressen, 
näherte, sie mit den Händen ergriff, und sie 
an sich zu ziehen versuchte. Diese wehrte sich 
(das Wasser war dort nämlich seicht) mit allen 
Kräften und rief, laut schreiend, die andern zu 
Hilfe. Sie eilten zu fünft herbei und töteten 
(es konnte nämlich nicht ins tiefe Wasser zu- 
rück) das Ungeheuer mit Knütteln und Steinen. 
Und als sie es dann ans Ufer gezogen hatten, 
flöBte ihnen sein Anblick keinen geringen 
Schrecken ein. Sein Körper war etwas länger 
und stärker als der eines Mannes. Ich habe 
jene hölzerne Nachbildimg von ihm, die man 
uns nach Ferarra brachte, gesehen. Daß es 
die Frau ergriffen hatte, um sie zu verzehren, 
wird bewiesen durch die Tatsache, daß einige 
Kinder, die zu verschiedenen Zeiten an den 
Strand gekommen waren, um zu baden, nie 
mehr zum Vorschein kamen. Nach diesem Er- 
eignis glaubte man, daß sie von dem Ungeheuer 
ergriffen und getötet worden seien.* 



* Poggio erzählt hier ^^ein ganz wohl erhaltenes Stück an- 
tiker Mythologie (cf. Pausanias IX, 20.)* Ein hölzernes 

40 



35. 

HÜBSCHER WITZ EINES SPASSVOGELS 

ÜBER PAPST BONIFAZ. 

Bonifacius IX. war ein Neapolitaner und ent- 
stammte der Familie Tomacelli. In der Vul- 
gärsprache nennt man Jomacelli** ein Gericht 
von wurstförmig in das innere Fett des Schweins 
gewickelter feingehackter Schweinsleber. Im 
zweiten Jahre seines Pontifikats begab sich Boni- 
f az nach Perugia. Es begleiteten ihn seine Brüder 
und sehr viele andere Mitglieder seiner Familie, die 
sich ihm, wie das so zu geschehen pflegt, aus 
Verlangen nach Gütern und Gewinn ange- 
schlossen hatten. Bei seinem Einzüge in die 
Stadt hatte der Papst ein groBes Gefolge von 
hochstehenden Persönlichkeiten, unter denen 
sich seine Brüder und die übrigen Mitglieder 
der Familie Tomacelli befanden. Und als manche 
unter den Zuschauem neugierig nach den Namen 
der Leute des Gefolges fragten, hörte man bald 
hier, bald dort: „Das ist Andrea Tomacello'S 
„dieses ist Giovanni Tomacello^'; und so ver- 
nahm man noch die Namen mancher anderen 



Modell des Ungetüms, welches man in Ferrara zeigt, 
macht ihm die Sache ▼ölUg glaublich." (Burkhardt, 
pag. 423.) Vergleiche auch Dürers „Meerwunder", das 
offenbar auf eine Venezianer Reminiszenz zurückgeht, 
waren die Facezien in Venedig doch schon 1483 in itali- 
enischer Übersetzung gedruckt worden. 



4X 



Mitglieder des Hauses Tomacelli. Da rief ein 
Witzbold : ,,Wahrlich, das muß eine Riesenleber 
gewesen sein, von der so viele und so gewal- 
tige Tomacelli stanmienl" 



36- 

VON EINEM PFARRER, DER EINEN KLEINEN 

HtTND BEERDIGTE. 

Es lebte in der Toskana ein sehr reicher Land- 
pfarrer. Als diesem ein kleiner Hund starb, 
den er sehr lieb gehabt hatte, beerdigte er ihn 
auf dem Kirchhofe. Das kam dem Bischof zu 
Ohren, der nach dem Gelde des Pfarrers trach- 
tete und ihn nun als des schlimmsten Verbrechens 
schuldig vor sich rufen lieB, um ihn zu bestrafen. 
Der Priester, der recht gut wuBte, woher der Wind 
wehte, steckte fünfzig Dukaten zu sich und 
erschien vor dem Bischof. Unwillig hielt ihm 
dieser das Begräbnis des Hundes vor und be- 
fahl ihn ins Gefängnis zu werfen. „Mein Vater,'' 
sagte da der verschlagene Pfarrer, „wenn du 
eine Ahnung davon hättest, wie klug mein 
Hündchen gewesen ist, würdest du nicht so 
erstaunt sein, daB ihm ein Begräbnis unter den 
Menschen zuteil geworden ist ; denn sowohl im 
Leben wie namentlich im Augenblick seines 
Todes hatte er viel mehr Verstand als ein 
Mensch.'' „Inwiefern?" fragte der Bischof. 



42 



i,Er machte/' antwortete der Pfarrer, ,,in den 
letzten Äugenblicken seines Lebens ein Testa- 
ment, und da er von deiner Armut wuSte, 
hinterließ er dir fünfzig Dukaten, die ich mit- 
gebracht habe/' Diese Rechtfertigung genügte 
dem Bischof, er genehmigte das Testament und 
das Begräbnis, nahm das Geld in Empfang 
und sprach den Priester frei. 



37. 

VON EINEM FORSTEN, DER EINEN REICHEN 

MANN UNGERECHTERWEISE ANKLAGTE. 

In einem Flecken des Picener Landstrichs, na- 
mens Cingoli, lebte ein sehr reicher Mann. 
Dies kam dem Gebieter des Ortes zu Ohren, 
und alsbald trachtete er jenen seines Geldes zu 
berauben und suchte zu diesem Zwecke nach 
dem Vorwand eines Verbrechens, dessen er ihn 
anklagen [könnte. Er ließ ihn vor sich rufen 
und eröffnete ihm, daß er wegen Hochverrats 
angeklagt sei. Der Reiche antwortete, er habe 
nienoials irgend etwas gegen seine Herrschaft 
und Würde unternommen; trotzdem bestand 
der Fürst auf der Anklage und sagte, er sei 
des Todes schuldig. Und als ihn der arme 
Mann, der von nichts wußte, fragte, was er 
denn eigentlich getan haben solle, antwortete 



43 



der Fürst: ,,Du hast meine Feinde und die 
Rebellen, die eine Verschwörung gegen mich 
angezettelt hatten, in deinem Hause versteckt 
gehalten.'' Jener begriff endlich, daß man auf 
sein Geld aus war, und da er lieber dieses als 
sein Leben verlieren wollte, antwortete er : „Ja, 
Herr, was Ihr sagt, ist wahr, gebt mir dariun 
einige von Euren Leuten mit, damit ich Euch 
alsbald diese Feinde und Rebellen in die Hände 
liefere." Es wurden also einige Häscher in sein 
Haus geschickt, und er führte sie zu der Truhe, 
die seine Goldstücke enthielt, öffnete sie und 
sagte: „Schnell, bemächtigt Euch ihrer; denn 
das sind nicht nur unseres Herrn, sondern 
auch meine schlimmsten Feinde und Rebellen I'' 
Und nachdem der Fürst das Geld empfangen, 
hatte der Mann keinerlei Strafe mehr zu 

befürchten. 



38. 

VON EINEM KLOSTERBRUDER, DER EINE 
GANZ KURZE PREDIGT HIELT. 

In einem Flecken unserer Berge waren aus ver- 
schiedenen Orten viele Leute zum Fest des hei- 
ligen Stephan zusammengeströmt. Ein Kloster- 
bruder sollte die übliche Predigt ans Volk halten ; 
es war aber schon spät, die Priester hatten 



44 



Hunger, und, besorgt, die Predigt möchte zu 
lange dauern, flüsterte daher einer und gleich 
darauf ein zweiter dem zur Kanzel hinauf- 
steigenden Bruder die Bitte ins Ohr, es doch 
möglichst kurz zu machen. Dieser ließ sich 
leicht überreden und begann nach der üblichen 
kurzen Einleitung : „Liebe Brüder! Als ich ver- 
gangenes Jahr von dieser Stelle zu Euch von 
der Heiligkeit des Lebens und den Wundem 
dieses unseres Heiligen sprach, vergaB ich nichts 
von alledem, was ich über ihn hatte erzählen 
hören, oder was sich in den heiligen Büchern 
aufgezeichnet findet, und ich glaube, daB Ihr 
Euch alles dessen erinnert. Aber da ich nun 
nicht erfahren habe, daß er seitdem etwas Neues 
vollbracht hat, so macht denn das Zeichen des 
Kreuzes und sagt das Confiteor und was sich 
daran anschließt. Und damit verließ er die 

Kanzel. 



39- 

SEHR WITZIGER RAT, DEN MINACCIO 
EINEM BAUERN GAB. 

Ein Bauer, der auf einen Kastanienbaum ge- 
stiegen war, um die Früchte herabzuschütteln, 
fiel und brach sich eine Rippe. Da näherte 
sich ihm, um ihn zu trösten, ein gewisser Mi- 

45 



naccio, ein sehr witziger Mann, der sich im 
Laufe des Gesprächs anheischig machte, ihm 
ein Mittel anzugeben, dessen Befolgung ihn 
davor bewahren würde, jemals wieder von einem 
Baume zu fallen. „Hättest du mir den Rat 
doch vorher gegeben!" sagte der Verletzte» 
„immerhin wird er mir aber ein anderes Mal 
nützen können". Darauf sagte Minaccio : „Sieh 
immer zu, daß du nicht schneller hinunter- als 
hinaufkommst, sondern beides gleich langsam 
ausführst 1 Auf diese Weise wirst du niemals 

hinabstürzen." 



40. 

ANTWORT DESSELBEN MINACCIO, DER 

EIN SPIELER WAR. 

Nachdem derselbe Minaccio einmal etliches 
Kleingeld und sein Wams im Würfelspiel ver- 
loren hatte (er war nämlich arm), saß er wei- 
nend vor der Tür einer Schenke. Ein Freund, 
der ihn so traurig in Tränen sitzen sah, fragte 
ihn: „Was hast du?" „Nichts", antwortete 
Minaccio. „Warum weinst du also, wenn du 
nichts hast?" „Nur darum, weil ich nichts 
habe," entgegnete Minaccio. „Ja aber," fragte 
der andere verwundert, „warum weinst du dann, 
wenn du nichts hast?" „Gerade aus diesem 

46 



Grunde/^ beharrte Minaccio, y>wejl ich nichts 
habe, weine ich/' Jener meinte, Minaccio weine 
um Nichts, dieser aber weinte, weil ihm in- 
folge des Spiels nichts mehr übriggeblieben war. 



41. 

VON EINEM ARMEN EINÄUGIGEN, DER 
GETREIDE KAUFEN WOLLTE. 

Zur Zeit der größten Teuerung in Florenz kam 
ein armer Einäugiger auf den Markt, um, wie 
er sagte, einige Maß Getreide zu kaufen. Und 
als er auf dem Markte nach dem Preise herum- 
fragte, kam ein anderer und wollte von ihm 
wissen, wieviel ein Maß Getreide koste: „Ein 
Auge'', antwortete er, um damit den teuem 
Preis des Korns anzudeuten. Ein Gassenjunge, 
der dabei stand, hörte dies und sagte : „Warum 
hast du denn einen so großen Sack mitge- 
bracht, wenn du nicht mehr als ein Maß 

kaufen kannst?" 



42. 

VON EINEM MANNE, DER SEINE KRANKE 
FRAU UM VERZEIHUNG BAT. 

Ein Mann tröstete seine sterbenskranke Frau 
und erinnerte sie daran, daß er sich stets als 

47 



guter Gatte gezeigt, und bat sie um Verzeih- 
ung, falls er ihr jemals etwas Übles zugefügt 
haben sollte; er hob femer hervor, daß er 
neben den anderen ehelichen Pflichten niemals 
jene des Beilagers vernachlässigt habe, aufier 
in den Zeiten, da sie krank war, tun sie da- 
durch nicht zu ermüden. Da nahm die Frau, 
so krank sie war, ihre letzte Kraft zusammen 
und rief: „Wahrlich, das werde ich dir nie ver- 
zeihen; denn niemals war ich so krank und 
schwach, daB ich nicht bequem hätte auf dem 
Rücken liegen können.*' Mögen sich die 
Männer daher so verhalten, daß sie niemals 
ihre Frauen für etwas Derartiges um Verzeihung 
zu bitten brauchen, sie könnte ihnen — und 
mit Recht — verweigert werden. 



43. 

VON EINER JUNGEN FRAU, DIE IHREN 

MANN BESCHULDIGTE UNGENÜGEND 

VERSEHEN ZU SEIN. 

Ein vornehmer und sehr schöner Jüngling führte 
die Tochter von Nereo de' Pazzi heim, eines 
Florentiner Edelmannes, der durch seine Treff- 
lichkeit unter seinen Zeitgenossen hervorstach. 
Nach einigen Tagen kehrte die junge Frau der 

48 



Sitte gemäß in das väterliche Haus zurück, 
aber nicht lustig und guter Dinge, wie es die 
anderen zu sein pflegen, sondern traurig und 
bleich und ließ den Kopf hängen. Von der 
Mutter heimlich in eine abgelegene Kammer 
gerufen und gefragt, ob alles gut gegangen 
sei, antwortete das junge Ding weinend: „Wie 
soll das wohl möglich sein! Ihr habt mich ja 
nicht mit einem Mann verheiratet, sondern mit 
einem, der kein Mann ist; denn er hat nichts 
oder zu wenig von jenem Gewissen, um dessent- 
willen man sich verheiratet/' Sehr nieder«- 
geschlagen über das Mißgeschick ihrer Tochter, 
teilte die Mutter ihrem Gemahl die Sache mit, 
und kurz darauf wurde die Geschichte, wie es 
so kommt, unter den Verwandten und den 
Frauen, die sich zum Bankett eingefunden 
hatten, bekannt, und bald war das ganze Haus 
von Trauer und Schmerz erfüllt, weil, wie man 
sagte, das schöne Mädchen nicht verheiratet, 
sondern geopfert worden sei. Endlich traf der 
Gatte ein, dem zu Ehren das Mahl angerichtet 
war, und als er alle mit tränenvollen und 
niedergeschlagenen Blicken sah, fragte er, er- 
staunt über den unerwarteten Anblick, was 
denn geschehen sei. Niemand wagte die Ur- 
sache des Schmerzes zu bekennen, endlich aber 
sagte einer, der freimütiger war, die junge 
Frau habe berichtet, es sei mit seiner Männ- 



49 



lichkeit schlecht bestellt. Lebhaft rief da der 
junge Mann: ,,Das kann nie und nimmer der 
Grund sein, der Euch so niedergeschlagen 
macht und das Mahl stört. Diese Anschul- 
digung wird schnell widerlegt sein!'^ Alles, 
Männer und Frauen, setzte sich an die Tafel, 
und das Mahl war schon fast beendet, als der 
jimge Mann sich erhob und sagte: „Ich höre, 
daß man mich einer gewissen Sache anklagt, 
und rufe Euch zu Richtern darüber an. Da- 
mit zog er ein hervorragend schönes Glied 
hervor (damals trug man nämlich kurze Kleider), 
legte es auf die Tafel und fragte die An- 
wesenden, die alle durch die Neuheit des Ver- 
fahrens und die Größe des Gegenstandes be- 
treten waren, ob sie sich darüber beklagen, 
oder es zurückweisen würden. Der größere 
Teil der Frauen wünschte, daß ihre Männer 
so gut bei Sache wären, und sehr viele Männer 
fühlten sich durch dieses umfängliche Werkzeug 
besiegt, alle aber wandten sich gegen die junge 
Frau und machten ihr Vorwürfe wegen ihrer 
Dummheit. Doch sie rief: „Was schmäht und 
tadelt Ihr mich denn! Unser Esel, den ich 
neulich auf dem Lande sah, ist nur ein Tier 
und hat ein so (dabei streckte sie den Arm 
aus) langes Glied, und mein Mann hier, der 
ein Mensch ist, hat nicht halb soviel.^' Das 
einfältige Kind glaubte, die Menschen müßten 



SO 



reichlicher in dieser Beziehung ausgestattet 

sein, als die Tiere. 



44- 

VON EINEM PREDIGER, DER SICH LIEBER 

MIT ZEHN JUNGFRAUEN ALS MIT EINER 

VERHEIRATETEN FRAU ABGEBEN 

WOLLTE. 

Zum Volk von Tivoli predigte einmal ein etwas 
unvorsichtiger Mönch, der in langer Rede 
gegen den Ehebruch wetterte und ihn ver- 
wünschte. Unter anderm sagte er, der Ehe- 
bruch sei eine so schwere Sünde, dafi er lieber 
bei zehn Jungfrauen liegen würde, als bei einer 
einzigen verheirateten Frau. — Viele, die zu^ 
gegen waren, würden dieselbe Wahl ge- 
troffen haben. 



45- 

VON PAOLO, DER DIE LÜSTERNHEIT 
EINIGER UNERFAHRENEN ERREGTE. 

Ein anderer Prediger, namens Paolo, den ich 
gekannt habe, sagte während einer Predigt, die 
er in Secia, einer Stadt Kampaniens, hielt, 
manche seien so unzüchtig und unmäßig, daß 
sie zur Erhöhung des Geschlechtsgenusses ihrer 

4* 51 



Frau ein Kissen unter den Hintern packten. 
Dadurch machte er einige, die das nicht kannten, 
so lüstern, daß sie die Sache bei nächster Ge- 
legenheit auf ihre Richtigkeit prüften. 



46. 

VON EINEM BEICHTVATER. 

Ein junges Weib, das mir nachmals diese Ge- 
schichte erzählte, ging einmal, wie es in der 
Fastenzeit Vorschrift ist, seine Sünden beichten. 
Als sie während des Bekennens sagte, dafi sie 
ihrem Gatten die Treue nicht bewahrt habe, 
holte der Beichtvater, es war ein Mönch, von 
Begierde entflammt, unter dem sich bauschenden 
Gewände ein aufgerichtetes Glied hervor und 
drückte es der jungen Frau in die Hand mit der 
Bitte, sich seiner zu erbarmen. Die aber eilte, 
von Schamröte Übergossen, fort und erasählte 
ihrer Mutter, die sich in der Nähe befand und 
sie nach der Ursache ihres Rotseins fragte, wo- 
rum der Beichtvater sie gebeten habe. 



47. 
WITZIGE ANTWORT EINER FRAU. 

Frau, die einmal von einem Manne g^ 
fragt wurde, wanun, da die Wollust im ge- 



schlechtlichen Verkehr bei Mann und Weib 
doch gleich groß sei, es vielmehr die Männer 
seien, welche den Frauen nachliefen und sie 
um Gewährung angingen, statt umgekehrt, 
antwortete: „Das ist eine sehr weise Einrich- 
tung, daB dieser entscheidende Schritt immer 
von den Männern ausgeht. Es steht nämlich 
fest, dafi wir Frauen immer bereit und fertig zum 
Beischlaf sind, ihr Männer dagegen nicht; die 
Männer würden daher vergeblich von uns aufge- 
fordert werden, wenn sie dazu gerade nicht in der 
Lage wären.'' Eine kluge und witzige Antwort! 



48. 

VON EINEM BETTELMÖNCH, DER IN 
KRIEGSZEIT ZU BERNARDO VOM FRIEDEN 

SPRACH. 

In dem Kriege, den die Florentiner jüngst mit 
dem letzten Herzog von Mailand führten, war 
das Gesetz ergangen, daß jeder, der davon 
sprechen würde, man solle Frieden schließen, 
mit dem Tode zu bestrafen sei. Bernardo Ma- 
netti, ein sehr witziger Bürger, befand sich 
eines Tages auf dem Mercato Vecchio, um dort 
irgend etwas zu kaufen, als sich ihm einer 
jener wandernden Bettelmönche näherte, die 
an den Straßenecken stehen und um Almosen 



53 



für ihre Notdurft bitten, und, um eine Bettelei 
einzuleiten, zu ihm sagte: „Fax tibi/** Worauf 
Bernardo: „Was! Du sprichst das Wort 
Frieden aus? Weißt du denn nicht, dafi es 
den Kopf kostet, vom Frieden zu sprechen? 
Ich gehe, auf daß mich niemand für deinen 
Komplizen halte/' Und damit ging er seines 
Weges und entzog sich so den Belästigungen 

jenes Windbeutels. 



49- 

ETWAS VON FRANCESCO FILELFO. 

Wir sprachen einmal unter Freunden darüber, 
welche Strafe am besten über untreue Weiber 
zu verhängen sei. Bonifazio Salutati y^ax für eine, 
mit welcher ein Freund von ihm aus Bologna 
seiner Frau drohte. Und als man ihn fragte, 
was für eine das gewesen sei, erzählte er: „Ein 
Bologneser, kein sehr ehrenwerter Mann, hatte 
eine sehr zugängliche Frau, die auch mir 
manchmal zu Willen war. Als ich eines Nachts 
an sein Haus kam, hörte ich draußen, wie die 
beiden Ehegatten sich heftig zankten; der Mann 
machte seiner Frau Vorwürfe wegen ihrer Un- 
keuschheit, diese aber verteidigte sich mit Leug- 
nen, wie es ihre Art zu machen pflegt, worauf 
der Mann ausrief: „Giovanna, Giovanna, ich 

54 



werde dich weder ohrfeigen, noch prügeln, aber 
ich werde dir so zusetzen, daB das Haus voll 
▼on Kindern wird, dann werde ich dich mit 
diesen allein lassen und auf und davon gehen/^ 
Wir mußten alle über diese so vollkommene 
Art der Strafe lachen, mit der jener Dumm- 
kopf sich an seiner untreuen Frau zu rächen 

glaubte. 



SO. 

DER KARDINAL VON BORDEAUX ERZÄHLT 

VON EINEM GAUKLER. 

Gregor XII. hatte, bevor er zum Papst ge- 
wählt wurde, während des Konklaves und auch 
nachher noch versprochen, alles Erdenkliche 
zu tun, tun das Schisma, das damals in der 
Kirche herrschte, aufzuheben, und einige Tage 
hielt er an dem, was er zugesagt hatte, so fest, 
daB er sogar gelobte, nötigenfalls auf den Pon- 
tifikat zu verzichten. Später aber lieB er, ver- 
leitet durch das Hochgefühl der Macht, seine 
Schwüre und Versprechungen aufier acht und 
hielt nichts von dem, was er vorher zugesagt 
hatte. Der Kardinal von Bordeaux, ein ernster 
und aufiergewöhnlich kluger Mann, war darüber 
sehr empört, und als er eines Tages zu mir 
darüber sprach, sagte er: „Gregor hat es mit 
uns gemacht, wie jener Gaukler mit den Bo- 

55 



lognesern, der versichert hatte, er werde fliegen/' 
Und als ich ihn bat, mir die Geschichte zu 
erzählen, begann er: „Vor kurzem trat in Bo- 
logna ein Gaukler auf, der durch eine öffent- 
liche Ankündigung anzeigte, er werde von einem 
Turm in der Nähe der St. Raphaelsbrücke mehr 
ab eine Meile über die Stadt hinaus fliegen. 
Am festgesetzten Tage versammelte sich fast 
das ganze Volk von Bologna an jenem Orte, 
und der Gaukler machte sich über alle lustig, 
indem er sie bis gegen Abend hungrig in der 
Sonne warten ließ. Alle waren höchst gespannt 
und blickten unverwandt auf den Turm, in der 
Erwartung, daB der Mann fliegen solle. Und 
wenn er hier und da lauf dem Turme sich 
zeigte und die Flügel bewegte, als stände er 
im Begriffe zu fliegen, und sich den Anschein gab, 
als wolle er sich abstoßen, erhob sich ein großer 
Applaus unter der Menge, die mit offenem Maule 
zum Turm hiaufstarrte. Nachdem die Sonne 
endlich untergegangen war, drehte der Gaukler, 
um wenigstens etwas zu tun, dem Volke den 
Rücken und zeigte ihm den Hintern. So mußten 
alle jene Angeführten, mürbe von Hunger und 
Überdruß, nachts in die Stadt zurückkehren. 
Ebenso hat es,'' schloß der Kardinal, „jetzt 
der Papst gemacht, der uns nach soviel Ver- 
sprechungen schließlich damit zufriedenstellte, 
daß elf uns den Hintern zeigte." 

56 



51. 

EINE ANTWORT, DIE RIDOLFO DEM 

BERNABÖ GAB. 

Man erzählt sich eine kluge Antwort Ridolfos 
di Camerino. Die Stadt Bologna wurde von 
Bernabd aus der Familie Visconti, der Herren 
von Mailand, belagert. Ihre Verteidigung aber 
leitete Ridolfo, ein im Kriege wie im Frieden 
gleich hervorragender Mann, im Auftrage des 
Papstes und hielt sich, um die Stadt besser 
schützen zu können, innerhalb der Mauern. 
Eines Tages wurde in einem Aufklärung^e- 
fecht, bei dem Ridolfo nicht zugegen war, ein 
bolognesischer Reiter gefangen genonunen und 
vor Bernabd gebracht. Dieser fragte ihn unter 
anderm, warum Ridolfo nicht zu einer Schlacht 
außerhalb der Mauern ausrücke. Der Reiter 
gab verschiedene Gründe dafür an, wurde 
schließlich in Freiheit gesetzt und kehrte in 
die Stadt zurück. Als Ridolfo auf seine Frage, 
was man im feindlichen Lager mache, und was 
Bernabd zu ihm gesagt habe, die Antwort des 
Reiters vernahm, der sein in der Stadt Ver- 
harren auf verschiedene Weise zu entschuldigen 
suchte, sagte er : „Du hast schlecht und dunun 
geantwortet. Kehre wieder zurück imd sage 
Bernabd: Ridolfo geht nicht aus der Stadt her- 
aus, um dich zu verhindern, hineinzukommen. 

57 



52. 

EINE ÄNDERE WITZIGE ANTWORT DES 

RIDOLFO. 

Derselbe Ridolfo stand in dem Kriege, den die 
Florentiner gegen Gregor X. führten, bald auf 
der einen, bald auf der andern Seite. Und als 
er einmal gefragt wurde, weshalb er so schwanke 
und so häufig die Partei wechsle, antwortete 
er : „Weil ich nicht längere Zeit auf derselben 

Seite liegen kann/' 



53- 

WIE DERSELBE RIDOLFO VON DEN FLO- 
RENTINERN ALS VERRÄTER KONTERFEIT 

WURDE. 

Danach wurde Ridolfo von den Florentinern 
des Verrates schuldig erklärt und an die Mauern 
der öffentlichen Gebäude der Stadt als Verräter 
gemalt. Als er aber kurze Zeit darauf vernahm, 
daß die Florentiner im Begriffe seien, Friedens- 
boten zu ihm zu senden, suchte er an dem 
Tage, an welchem diese eintreffen mußten, sein 
Schlaf gemach auf, befahl, die Fenster zu 
schließen, legte sich ins Bett und ließ Feuer 
anzünden (es war aber im August), endlich 
ließ er sich noch in Pelzgewänder hüllen. Dar- 

58 



auf erhielten die Gesandten Zutritt zu ihm. 
Auf ihre Frage, an welcher Krankheit er leide, 
antwortete er: ,,An Kalte, weil ich so lange 
und sogar bei Nacht an Euem Mauern unbedeckt 
der Luft ausgesetzt gewesen bin/' Hiermit 
spielte er auf das Bild an, welches die Florentiner 
von ihm gemacht hatten, und das nachher auf 
den Friedensschluß hin getilgt wurde. 



54- 

VON EINEM, DER RIDOLFO BEIM BOGEN- 

SCHIESSEN VERWUNDETE. 

Einige Bürger von Camerino vertrieben sich 
eines Tages die Zeit mit Bogenschießübungen 
außerhalb der Stadt, als einer von ihnen so 
unvorsichtig schoß, daß er den in der Feme 
stehenden Ridolfo leicht verletzte. Er wurde 
ergriffen, und unter den verschiedenen An- 
sichten, welche über die zu verhängende Strafe 
laut wurden — denn jeder glaubte sich die 
Gunst des Fürsten in desto höherem Maße zu 
verschaffen, je härter er urteilte — , schlug einer 
vor, es müsse jenem die Hand abgeschlagen 
werden, damit er nicht mehr zum Bogen greifen 
könne. Ridolfo aher befahl den Mann frei zu 
lassen, und sagte, dieser Rat und seine Aus- 
führung seien gut gewesen, wenn sie erfolgt 

59 



wären, bevor er verwtindet worden sei. Eine 
sehr kluge und menschliche Antwort! :/« 



SS' 
EINE GESCHICHTE VON MANCINI. 

Mancini, ein Bauer aus meiner Heimat, beschäf- 
tigte sich damit, Getreide auf Eseln, die er viel- 
fach zu diesem Zwecke mietete, nach Figline 
zu transportieren. Als er einmal auf dem Heim- 
wege vom Markte war, stieg er, müde des Weges, 
auf einen der besseren Esel, und als er sich 
seinem Hause näherte, zählte er die Tiere, die 
vor ihm gingen. Da er aber den nicht in 
Rechnung zog, auf dem er saß, schien es ihm, 
als fehlte ein Esel. Bestürzt darob übergab er 
die übrigen seiner Frau mit der Weisung, sie 
ihren Herren zurückzubringen. Er selbst kehrte 
eilig, immer noch auf demselben Esel zum 
Markte, der sieben Meilen entfernt war, zurück 
und fragte die Begegnenden, ob sie nicht zu- 
fällig einen verirrten Esel gesehen hätten. Und 
als alle verneinten, kehrte er traurig und ver- 
zweifelt über den Verlust des Esels nachts nach 
Hause zurück. Aber als seine Frau ihn end- 
lich aufforderte, abzusteigen, erkannte er, daß 
er auf dem Esel gesessen hatte, den er so eifrig 
und schmerzlich gesucht. 



60 



S6. 

VON EINEM, DER SEINEN PFLUG AUF DER 

SCHULTER TRUG. 

Ein anderer Bauer, namens Piero, ein sehr un- 
gebildeter Mensch, machte sich, nachdem er 
bis Mittag gepflügt hatte, und seine Ochsen und 
er selbst müde von der Arbeit waren, auf den 
Heimweg ins Dorf. Er band den Pflug auf den 
Esel, schickte die Ochsen voraus und bestieg 
das Grautier. Aber diesem versagten die Kräfte 
unter der allzu großen Last. Als Piero endlich 
merkte, dafi der Esel nicht weiterkonnte, stieg 
er ab. Er nahm nun den Pflug auf die 
Schulter und bestieg wiederum das Tier, indem 
er sagte : „Jetzt kannst du laufen ; denn nicht 
du trägst den Pflug, sondern ich.'' 



57- 

FEINE ANTWORT DES FLORENTINER 
DICHTERS DANTE. 

Dante Alighieri, unser Florentiner Dichter, war 
eine Zeitlang in Verona Gast des alten Can 
della Scala, eines sehr freigebigen Fürsten. Am 
Hofe Canes war aber noch ein anderer Floren« 
tiner, ein Mensch von niederer Herkunft, dumm 
und unwissend, der zu nichts weiter gut war, 

6i 



als zu Possen und Narretei. Und an seinen 
plumpen Späfien — Witzen wäre zuviel gesagt 

— fand Cane solches Gefallen, daß er ihn reich 
beschenkte. Als Dante, der ein sehr gelehrter 
Mann und ebenso weise wie bescheiden war, 
von jenem wie von einem dummen Tier mit 
Recht keine Notiz nahm, wurde er eines Tages 
von ihm gefragt: „Wie kommt es, daß du, 
der als weise und hochgelehrt gilt, so bedürftig 
und bettelarm bist, während ich dumm und 
unwissend und dabei reich bin?'' Worauf Dante: 
„Wenn ich einen Herrn finden würde, der mir 
ähnlich ist und meine Neigungen teilt, wie du 
einen solchen gefunden hast, so würde er mich 
auch auf entsprechende Weise reich machen/' 

— Eine ernste und weise Antwort I Denn inuner 
finden die Herren Vergnügen an dem Umgang 

mit Leuten, die ihnen ähnlich sind. 



58. 

SCHERZHAFTE ANTWORT DESSELBEN 

DICHTERS. 

Dante speiste eines Tages zwischen dem älteren 
und dem jüngeren Cane della Scala. Deren 
Diener warfen, um ihn zu kränken, absicht- 
lich alle Knochen heimlich vor seine Füße. 
Als die Tafel aufgehoben war, blickten alle 

62 



auf Dante, verwundert, allein vor seinem Platze 
Knochen zu sehen. Aber der Dichter, der sehr 
schlagfertig war, sagte: „Das ist doch die natür- 
lichste Sache von der Welt, daB die Hunde 
(Cani) ihre Knochen aufgefressen haben; ich 
aber bin kein Hund (Carte).** 



59. 

VON EINER FRAU, DIE DABEI BLIEB, IHREN 

MANN EINEN LAUSEKERL ZU NENNEN. 

Wir unterhielten uns eines Tages über die Bock- 
beinigkeit der Weiber, die manchmal so groß 
ist, daß sie sich lieber umbringen lassen, als 
daß sie nachgeben. Da erzählte einer: „Eine 
Frau aus unserer Gegend widersprach ihrem 
Manne stets und fand an allem, was er sagte, 
etwas auszusetzen, sie versteifte sich auf das, 
was sie einmal gesagt hatte, und wollte immer 
das letzte Wort haben. Eines Tages hatte sie mit 
ihrem Manne einen heftigen Streit und nannte 
ihn einen verlausten Kerl. Und damit sie das 
Wort zurücknehme, traktierte er sie mit Stock- 
schlägen, Fußtritten und Püffen. Aber je mehr 
er sie schlug, desto mehr nannte sie ihn Lause- 
kerl. Als der Mann endlich müde war, sie zu 
prügeln, ließ er sie, um ihre Bockbeinigkeit zu 
brechen, an einem Strick in den Brunnen hinab 

63 



und drohte ihr, sie zu ersäufen, wenn sie nicht 
aufhöre, ihn so zu beschimpfen. Aber die 
Frau beharrte nur noch mehr dabei imd wieder- 
holte jenes Wort sogar noch, als ihr das Wasser 
bis zum Kinn reichte. Darauf ließ sie der 
Mann, damit sie nicht mehr sprechen könne, 
ganz im Wasser untertauchen, um zu sehen, 
ob die Todesgefahr sie von ihrer Hartnäckigkeit 
abbringen werde. Dem Ertrinken nahe drückte 
sie jedoch, da ihr die Möglichkeit zu reden 
genommen war, was sie nicht sagen konnte, mit 
den Fingern aus: sie hob nämlich die Hände 
über den Kopf, vereinigte die Nägel beider 
Daumen imd warf wenigstens durch die Geste 
ihrem Manne seine Verlaustheit vor : denn mit 
den Nägeln dieser Finger pflegen die Weiber 

die Läuse zu töten.'' 



60. 

VON EINEM, DER SEINE IM FLUSS ER- 
TRUNKENE FRAU SUCHTE. 

Ein anderer Mann, dessen Frau in einem Flufi 
ertrunken war, suchte gegen den Strom nach 
dem Leichnam. Als ihm einer, der sich darob 
verwunderte, empfahl, stromabwärts zu suchen, 
sagte er: „Auf diese Weise wäre sie sicherlich 
nicht aufzufinden; denn als sie noch lebte, 

64 



war sie so widerborstig und eigensinnig und 

im Widerspruch mit den Gepflogenheiten aller 

anderen, daB sie auch nach dem Tode nur 

gegen den Strom geschwonunen sein kann. 



6z. 

VON EINEM BÄURISCHEN MENSCHEN, DER 
GEADELT ZU WERDEN WÜNSCHTE. 

Ein etwas bäurischer imd ungeschliffener Mensch, 
der beim Herzog von Orl6ans Dienstleistungen 
verrichtete, bat diesen, er möge ihn zum 
Edlen machen. Dies geschieht in Frankreich 
durch Ankauf von Grundbesitz, von dessen 
Ertrag allein die Adligen auf dem Lande leben. 
Der Herzog, der wohl wufite, wes Geistes Kind 
der Mann war, sagte: „Reich könnte ich dich 
sehr leicht machen, edel dagegen niemals.'' 



02. 

VON GUGLIELMO, DER EINEN ANSEHN- 
LICHEN PENIS HATTE. 

In unserer Stadt Terranuova lebte ein Zinuner- 
mann, namens Guglielmo, der mit einem sehr 
lunfänglichen Zeugungswerkzeug ausgestattet 
war. Diesen Umstand vertraute seine Frau 



6s 



ihren Nachbarinnen an. Als sie gestorben war, 
führte der Zimmermann ein unschuldiges Mäd- 
chen, namens Äntonia, heim, das nach der 
Verlobung von den Nachbarinnen erfahren hatte, 
welch mächtige Waffe ihr Mann besitze. Als 
sie daher in der Brautnacht mit ihrem Gatten 
zusammenlag, bebte sie am ganzen Leibe und 
wollte seine Umarmung nicht dulden, geschweige 
denn ihn gewähren lassen. Endlich erfuhr der 
Mann, wovor das junge Ding Angst hatte; er 
tröstete sie und sagte, was sie gehört habe, sei 
wahr, er besitze aber deren zwei, einen kleinen 
und einen großen. ,|Um dir nicht weh zu tun, 
werde ich diese Nacht den kleinen benutzen, 
er wird dich nicht im gerii^sten stören ; später 
wollen wir's dann, wenn du Lust hast, mit dem 
großen versuchen.'' Der jungen Frau war es 
recht, und sie gab sich ohne Klage und 
Schaden ihrem Manne hin. Nach Ablauf eines 
Monats, nachdem sie freier und kühner ge- 
worden war, bat sie ihren Mann unter Lieb- 
kosungen: „Lieber! möchtest du es jetzt nicht 
einmal mit dem großen Freund versuchen?'' 
Da mußte der Mann, der beinahe so gut wie 
ein Esel ausgestattet war, über den guten Appetit 
seiner Frau von Herzen lachen. Er selbst war 
es, von dem ich diese Geschichte in einer 
Gesellschaft erzählen hörte. 



66 



63. 
ANTWORT EINER PISANERIN. 

Sambacharia, eine Pisanerin, war sehr schlag- 
fertig. Eines Tages näherte sich ihr ein Spaß- 
vogel und sagte zu ihr, um sich über sie lustig 
zu machen : ,,Die Vorhaut des Esels grüfit dich !'' 
Sofort erwiderte sie: ,, Schau! du gleichst aufs 
Haar einem Abgesandten von ihr!'' Und da- 
mit kehrte sie ihm den Rücken. 



64. 

AUSSPRUCH EINER MATRONE, WELCHE 
DIE KLEIDER EINER DIRNE VOR DEREN 

FENSTERN SAH. 

Eine öffentliche Dirne hatte eines Morgens Kleider 
verschiedener Art, die sie von ihrem Galan ge- 
schenkt bekommen hatte, vors Fenster gehängt. 
Eine vorbeigehende Matrone rief, als sie die vielen 
Gewänder sah : „Wie die Spinne ihr Netz, so hat 
die da ihre Kleider mit dem Hintern gemacht und 
stellt das Werk ihrer Scham vor aller Augen aus ! '' 



65. 

EIN WINK. 

Einer meiner Landsleute — ein witziger Mann 
— wurde zur Zeit der Weinlese von jemand 

5* 67 



gebeten, ihm einige Weinfässer zu leihen, und 
gab ihm folgende Antwort: ,yWenn ich meine 
Frau das ganze Jahr über füttere, so will ich 
mich ihrer in den Fasten bedienen/* Er gab 
ihm damit zu verstehen, man dürfe von andern 
nicht die Gegenstände verlangen, deren sie selbst 

benötigen. 



66. 

BEMERKUNG EINES PERUGINERS ZU 

SEINER FRAU. 

Die Männer von Perugia stehen in dem Rufe 
witzig tmd sehr gutmütig zu sein. Eine Peru- 
ginerin, namens Petruccia, die am folgenden 
Tage ein Fest besuchen wollte, bat einmal ihren 
Mann, ihr ein Paar neue Schuhe zu kaufen. 
Er tat es und trug ihr auf, am anderen Morgen, 
bevor sie fortginge, ein Huhn für ihn zum 
Mittagessen zu kochen. Nachdem die Frau die 
Speise zubereitet hatte, trat sie unter die Haus- 
tür imd sah gleichzeitig einen jungen Mann, 
den sie sehr liebte. Alsbald trat sie ins Haus 
zurück und machte ihm ein Zeichen, herein- 
zukommen, da ihr Mann fort sei. Und um 
keine Zeit zu verlieren, stieg sie die Treppe 
hinauf und warf sich oben auf die Erde, so daß 
sie von der Tür [aus gesehen werden konnte. 

68 



Der Liebhaber legte sich auf sie, und sie um- 
schlang seinen Hintern mit den Schenkeln und 
FüSen und gab sich ersehntem Werke hin. 
Inzwischen lud ihr Mann, in der Meinung, seine 
Frau sei bereits auf das Fest gegangen und 
werde erst spät zurückkehren, einen Freund 
zum Essen ein, mit der Bemerkung, daB seine 
Frau dabei fehlen werde. Als sie das Haus 
erreichten, trat er zuerst ein und sah, wie seine 
Gattin bei der Treppe ihre Beine über dem 
Rücken des Liebhabers bewegte. „Ohel Pet- 
ruccia!'' rief er da, „beim Hintern des Esels!'' 
(wie sie zu fluchen pflegen). „Wenn du auf die 
Art läufst, wirst du die Schuhe da niemals 

durchlaufen!'' 



67. 

SEHR WITZIGE BEMERKUNG EINES 

JÜNGLINGS. 

Es klagte eixmial eine Bäuerin, daß ihre Gänse 
in schlechtem Zustande seien, sie müßten 
durch die Worte einer Nachbarin verhext worden 
sein, die sie gelobt hatte, ohne hinzuzufügen: 
„Gott segne sie I", wie das Volk zu sagen pflegt. 
Da sagte ein junger Mensch, der diese Klagen 
hörte: „Nun begreife ich, warum es meinem 
Piephähnchen schlecht geht, und warum es in 

69 



letzter Zeit so schwach geworden ist. Dieser 
Tage hat man es gelobt, aber keinen derartigen 
Segenswunsch hinzugefügt — ich glaube jetzt 
bestimmt, dafi es verheact ist, weil es seitdem 
den Kopf nicht mehr erhoben hat. Sprich also, 
bitte, deinen Segen darüber, damit es seine 
frühere Kraft wiedergewinne!'' 



68. 

VON EINEM DUMMKOPF, DER EINEN, DER 
SEINE STIMME NACHMACHTE, FÜR SICH 

SELBST HIELT. 

Der Vater eines meiner Freimde hatte intime 
Beziehungen zu der Frau eines Mannes, der 
sehr dumm war und noch dazu stotterte. Als 
er eines Nachts zu ihr ging, klopfte er, im 
Glauben, der Mann sei abwesend, ohne Scheu 
an die Tür und bat, indem er die Stimme des 
Gatten nachmachte, man möchte ihm auf- 
machen. Der Dummkopf war aber zu Hause 
und sagte, als er jene Stimme hörte: „Öffne, 
Giovanna, öffne und laß ihn eintreten; denn 
es kommt mir vor, als sei ich es, der klopft 1'' 



70 



69« 

VON EINEM LANDMANN, DER EINE GANS 
ZU VERKAUFEN HATTE. 

Ein junger Landmann brachte eine Gans nach 
Florenz zum Verkauf. Eine Frau, die sich für 
sehr witzig hielt, wurde seiner ansichtig imd 
fragte ihn, um sich einen SpaB mit ihm zu 
machen, wieviel die Gans kosten solle. „Ihr 
könnt sie für eine Kleinigkeit haben,'' lautete 
die Antwort. „Für wieviel denn?'' fragte die 
Frau. „Für einen einzigen Koitus," sagte der 
Landmann. „Das ist nicht dein Ernst," er- 
widerte die Frau, „aber komm ins Haus, da- 
mit wir über den Preis verhandeln können." 
Er trat ein, und als er auf seinem Vorschlag 
beharrte, willigte die Frau ein. Ak sie, die 
zu Oberst gelegen hatte, nachher die Gans ver- 
langte, verweigerte er sie ihr, ,,denn" — so 
sagte er — „ich habe nicht Euch übermannt, 
sondern Ihr seid über mich gekonunen." Und 
als sie darauf den Kampf von neuem begannen, 
besorgte der junge Mann das Geschäft des 
Reiters. Als die Frau dann, gestützt auf den 
Vertrag, zum zweitenmal die Gans forderte, 
verweigerte sie der Bursche wieder, indem 
er sagte, jetzt seien sie beide wieder quitt; 
denn er habe noch keine Bezahlung erhalten, 
sondern nur die ihm zugefügte Beleidigung 

71 



gesühnt: das erstemal habe sie ihn ja doch unter 
sich gehabt. Der Streit dauerte bereits längere 
Zeit, da kam der Gatte darüber zu und fragte 
nach dem Grunde des Zanks. ,ylch wollte dir/' 
antwortete die Frau, „ein köstliches Mahl be- 
reiten, aber dieser yerdammte Kerl hat es 
▼erhindert. Wir hatten ims auf zwanzig Soldi 
für die Gans geeinigt, aber jetzt, nachdem er 
ins Haus getreten ist, hat er seine Ansicht ge- 
ändert und verlangt. noch zwei dazu.'' »»Eh!" 
sagte der Gatte, „unser Essen soll doch nicht 
wegen einer solchen Lappalie gestört werden! 
Da hast du dein Geld!" So hatte der Bauer 
das Geld und den Genuß. 



70. 

VON EINEM GEIZHALS, DER URIN ZU 
TRINKEN^BEKAM. 

Einer unserer Kollegen von der Kurie, der 
durch seinen Geiz bekannt war, erschien häufig, 
während seine Domestiken aBen, und trank 
von ihrem Wein, um zu sehen, ob er auch 
genug gewässert sei. Er sagte aber, er tue das, 
um darüber zu wachen, dafi sie immer guten 
Wein bekämen. Als einige von seinen Leuten 
dahintergekommen waren, verabredeten sie sich 
einmal und stellten um die Zeit, da sein 

72 



Kommen zu erwarten war, statt des Weines 
frischen Urin auf den Tisch. Er kam, wie 
gewöhnlich, trank richtig von dem Urin, worauf 
ihm sofort übel wurde und er sich erbrechen 
mußte, und machte sich, laut schimpfend und 
mit vielen Drohungen gegen die Urheber des 
Streiches wieder davon. Die Leute beendeten 
ihre Mahlzeit tmter Gelächter, und der An- 
stifter des Scherzes erzählte mir später die 
Sache und lachte noch darüber. 



71. 
VON EINEM HIRTEN, DER NUR HALB 

BEICHTETE. 

Ein Schafhirt aus jener Gegend im Neapoli- 
tanischen, wo einst der Brigantaggio herrschte, 
kam einmal zu einem Beichtvater, um 
seine Sünden zu bekennen. Er fiel dem 
Priester zu Füßen und rief unter Tränen: 
„Vergib mir meine schwere Sünde, Vater!'' 
Dieser forderte ihn auf, alles zu sagen, aber 
statt dessen wiederholte er mehrmals jene 
Worte, wie wenn es sich um eine imerhörte 
Sünde handle. Von dem Priester ermahnt, 
sagte er endlich, ihm seien, als er während 
der Fasten Käse machte, beim Schlagen der 
Milch einige Tropfen davon in den Mimd gefallen, 

73 



und er habe sie nicht ausgespuckt. Da lächelte 
der Priester, der die Sitten der Heimat der 
Hirten kannte, daß dieser sich einer schweren 
Sünde anklagte, weil er die Fasten nicht inne- 
gehalten, und fragte ihn, ob er nicht noch an- 
dere Sünden auf dem Herzen habe. Und als 
der Hirt es leugnete, fragte er ihn, ob er nie- 
mals mit anderen Hirten, wie es in jener Ge- 
gend gang und gäbe sei, einen Reisenden aus- 
geraubt oder ermordet habe. „O ja,'' antwor- 
tete der Beichtende, „beides habe ich mehrfach 
mit meinen Genossen getan, aber das ist bei 
uns etwas so Gewöhnliches, dafi es das Ge- 
wissen gar nicht bedrückt.'' Der Priester hatte 
gut reden, das seien schwere Verbrechen — 
der Hirt blieb bei seiner Meinung, daB Raub 
und Mord in seiner Heimat alltägliche Dinge 
seien, die gar nicht ins Gewicht fielen, und 
bat allein wegen der Milch um Absolution. 
Es ist ein schlimmes Ding um die Gewohnheit 
des Sündigens, die auch die schwersten Sünden 
als leichte Vergehen betrachten läfit. 



72. 
VON EINEM SPIELER, DER INS GEFÄNGNIS 

GEWORFEN WURDE. 

In Terranuova ist bei Strafe verboten, Würfel 
zu spielen. Ein Bekannter von mir wurde beim 

74 



Spiel erwischt und, der Strafe verfallen , ins 
Gefängnis geworfen. Und als ihn jemand fragte, 
aus welchem Grunde er eingesperrt sei, ant- 
wortete er: ,, Unser Bürgermeister hat mich 
gefangen gesetzt, weil ich mein Geld verspielt 
habe. Was hätte er erst getan, wenn ich das 

seine verspielt hätte.'' 



73. 

VON EINEM VATER, DER SEINEN DEM 
TRÜNKE ERGEBENEN SOHN BESSERN 

WOLLTE. 

Ein Vater hatte seinem Sohne häufig ob seiner 
Trunkenheit vergebliche Vorwürfe gemacht. 
Als er einmal einen Betrunkenen sah, der, 
umgeben von einer Schar Gassenbuben, die über 
ihn lachten und ihn verspotteten, mit aufgerich- 
tetem Glied schimpflich auf der Straße lag, rief 
er ihn herbei, damit er sich das häßliche Schau- 
spiel ansehe, in der Hoffnung, ihn durch dieses 
Beispiel von dem Laster der Trunkenheit ab- 
bringen zu können. Als dieser aber den Be- 
trunkenen erblickt hatte, rief er: „Sag mir, 
bitte, Vater, wo schenkt man den Wein, an 
dem der da sich berauscht hat, damit auch 
ich seine Süßigkeit kosten kann,'' womit er 

75 



sich nicht durch die Häßlichkeit des Anblicks 
angeekelt, sondern von der Begierde nach Wein 

erfüllt zeigte. 



74- 
VON EINEM JÜNGLING AUS PERUGIA.J3 

Auch Ispina von Perugia, ein junger Mann 
aus vornehmem Hause, war so zügellos, daß 
die übrigen Mitglieder seiner Familie sich seiner 
schämten. Simone Ceccolo, ein bejahrter Mann 
von großem Ansehen und hervorragender Klug- 
heit, der mit ihm verwandt war, rief ihn eines 
Tages zu sich und ermahnte ihn lange und 
ernstlich, seinen Lebenswandel zu ändern, in- 
dem er ihm ein häßliches Bild vom Laster 
entwarf und die Tugend verherrlichte. Als er 
geendigt hatte, sagte Ispina: „Simone, du hast 
sehr elegant und schön gesprochen, wie es 
einem beredten Manne geziemt. Aber ich habe 
über dieses Kapitel wohl hundert noch schö- 
nere Reden gehört und dennoch niemals irgend 
etwas von dem tun wollen, was man sagte.'' 
So erreichte dieser durch seine Worte ebenso* 
wenig, wie der oben Genannte durch das vor- 
geführte Beispiel. 



76 



75. 

VOM HERZOG VON ANJOU, DER RIDOLFO 
EINEN KOSTBAREN SCHATZ ZEIGTE. 

In einer Gesellschaft gelehrter Männer tadelte 
man einmal im Laufe der Unterhaltung das 
eitle Beginnen jener, die viel Eifer und Mühe 
darauf verwenden, kostbare Steine aufzutreiben 
und zu kaufen. Da sagte einer: »»Auf gute Art 
bewies Ridolfo di Camerino dem Herzog von 
AnjoUy der auf dem Wege nach dem König- 
reich Neapel war, seine Torheit in dieser Hin- 
sicht. Als er nämlich den Herzog in seinem 
Lager besuchte, zeigte ihm dieser einen kost- 
baren Schatz, darunter Perlen, Saphire, Kar- 
funkel und alle jene andern Steine, die hoch- 
geschätzt werden. Als Ridolfo sie sich ange- 
sehen hatte, fragte er, wieviel diese kostbaren 
Steine eigentlich wert und wozu sie gut seien. 
Der Herzog antwortete, sie seien sehr wertvoll, 
brächten aber keinen Nutzen. Hierauf bemerkte 
Ridolfo: „Ich will dir zwei Steine zu zehn 
Gulden zeigen, die mir jährlich zweihundert 
Gulden einbringen,'' und er führte den Herzog, 
der sich erstaunt zeigte, zu einer Mühle, die 
er selbst hatte einrichten lassen, zeigte ihm 
zwei Mahlsteine und s^e: „Das sind meine 
Steine, und sie übertreffen deine kostbareren 
an Nutzen und Brauchbarkeit.'' 



77 



76. 
NOCH ETWAS VON RIDOLFO- 

Derselbe Ridolfo sagte zu jemand aus Came- 
TinOf der reisen wollte, um die Welt kennen 
zu lernen, er solle bis Macerata gehen. Und 
als der Betreffende wieder zurückgekehrt war, 
sagte er zu ihm: ,,Du hast die ganze Welt 
gesehen; denn auf der Welt gibt es nur Hügel 
und Täler, Berge und Ebenen, bebautes und 
unbebautes Land, Gebüsche imd Wälder, und 
all diese Dinge weist das Land zwischen Ca- 
merino und Macerata auf.'' 



77- 

WITZIGE BEMERKUNG EINES 
PERUGINERS. 

Ein Peruginer besaß ein Faß ausgezeichneten- 
Weines, aber es war recht klein. Als jemand 
einen Knaben mit einem umfangreichen Gefäß 
zu ihm schickte, um Wein zu holen, nahm er 
das Behältnis in die Hände, roch hinein und 
rief: „Pfui Teufel, stinkt dieser Topf aber! 
Nie und ninuner werde ich meinen Wein da 
hineinschütten, geh und bring das Ding dem 
zurück, der dich geschickt hat!'' 



78 



78. 

STREIT ZWEIER COURTISANEN UM EIN 

STÜCK LEINWAND. 

Zwei Weiber aus Rom, die ich kannte, ver- 
schieden an Alter und Schönheit, gingen ein- 
mal in die Wohnung eines unserer Kurialen 
um seiner Lust zu dienen und um des Ver- 
dienstes willen. Während dieser sich mit der 
Schöneren von ihnen zweimal ergötzte, gab 
er sich mit der anderen nur einmal ab, 
und zwar nur, damit sie sich nicht verschmäht 
fühle und ein anderes Mal mit ihrer Genossin 
wiederkäme. Als sie fortgingen, schenkte er 
ihnen ein Stück Leinwand, ohne anzugeben, 
in welchem Verhältnis sie es teilen sollten. 
Als nun die Teilung vorgenonunen werden 
sollte, entstand zwischen den Weibsleuten ein 
Streit, indem die eine zwei Drittel entsprechend 
der geleisteten Arbeit, die andere die Hälfte des 
Ganzen forderte nach Maßgabe der Personen- 
zahl. Sie brachten beide mannigfache Gründe 
und Gegengründe vor; die eine behauptete, 
größere Beschwerden erduldet zu haben, die 
andere widersprach, die Arbeit sei gleichwertig 
gewesen. Von den Worten kam es zu Schlägen, 
und sie fingen an sich in die Haare zu fahren 
und sich mit den Nägeln zu bearbeiten. Zu- 
erst kamen die Nachbarn herbeigeeilt, dann 

79 



die Ehemänner; niemand kannte den Grund 
des Zwistes, und jede der beiden Dirnen ver- 
sicherte, die andere habe sie mit Worten be- 
leidigt. Und da die Männer die Sache der 
Gattinnen zu der ihren machten, ging der 
Kampf zwischen diesen auf sie über: man ging 
mit Stöcken und Steinen aufeinander los, bis 
sich Passanten ins Mittel legten und die Er- 
bitterten auseinanderbrachten. In ihre Be- 
hausungen zurückgekehrt, nährten die Männer, 
inuner noch ohne den wahren Grund des Streites 
zu kennen, wie es in Rom Sitte, Feindschaft 
gegen einander im Herzen. Die Leinwand liegt 
noch ungeteilt bei einem Dritten, weil die Ent- 
scheidung noch nicht gefallen ist, aber insgeheim 
unterhandeln die Weiber über ihre Teilung. 
Wie würden die Rechtsgelehrten in diesem 

Falle entscheiden? 



79. 
DER HAHN UND DER FUCHS. 

Der Fuchs hatte einmal Hunger, und um die 
Hennen zu überlisten, die unter Führung des 
Hahns auf einen hohen Baum geflogen waren, 
auf den er nicht hinaufkonnte, wandte er sich 
mit höflichem Gruße schmeichlerisch an den 
Hahn und fragte : „Was machst du dort oben, 

80 



lieber Freund, hast du noch nicht die neue uns 
so beglückende Kunde vernommen ?'' ^yNein,'' 
erwiderte der Hahn, y,berichte mir davon!'' 
„Ich bin eigens hierher geeilt/' sagte der Fuchs, 
,,um dir die frohe Botschaft zu verkünden. 
Es hat eine Versammlung aller Tiere statt- 
gefunden, auf der sie einen ewigen Frieden 
untereinander geschlossen haben* Aller Grund 
zur Furcht ist damit beseitigt, keinem kann 
mehr Unrecht geschehen, noch können ihm 
Fallstricke gelegt werden, sondern alle dürfen 
nunmehr des Friedens und der Eintracht ge- 
nießen. Jeder kann von jetzt ab sicher seines 
Weges gehen, wohin er will, selbst allein. 
Steigt also herab und lasset uns diesen Tag 
gemeinsam feiern!'' Der Hahn, der den Be- 
trug des Fuchses durchschaut hatte, sagte 
hierauf : „Du bringst eine gute imd mir hoch- 
willkommene Nachricht", zugleich aber reckte 
er den Hals in die Höhe und hob sich auf 
seinen Ständern wie einer, der weit ausschaut 
und sich über etwas wundert. „Was erblickst 
du denn?" fragte der Fuchs. „Ich sehe," ant- 
wortete der Hahn, „zwei Hunde, die mit 
offenem Rachen in großen Sprüngen auf ims 
zugelaufen kommen." „Lebt wohl!" rief da 
der Fuchs zitternd, „ich muß entwischen, bevor 
sie hier sind", und schon machte er sich auf 
die Flucht. nHel" rief ihm der Hahn nach, 

6 8l 



y^warum läufst du denn fort» wovor fürchtest 
du dich denn? Da der Friede geschlossen ist, 
brauchst du doch keine Furcht mehr zu haben 1^' 
9,Ich bezweifle,^' antwortete der Fuchs, »»daß die 
Hunde schon von dem Friedensschlufi wissen.'' 
Und so wurde List durch List vereitelt. 



80. 

BEISSENDE BEMERKUNG. 

Ein Mann, der eine etwas ungezwungene Sprache 
zu führen pflegte, redete im päpstlichen Palast 
einmal mit einer gewissen Kühnheit und würzte 
seine Worte mit SpäBen und bezeichnenden 
Gebärden. Da rief ein Freund von ihm : „Was 
sprichst du da, man wird dich für verrückt 
halten!'' Er aber antwortete: „Das wäre für 
mich wirklich ein großer Gewinn; denn niu* 
so könnte ich die Gunst der jetzt Herrschenden 
erlangen. Wir leben ja in einer Zeit der Narren, 
imd diese allein haben die Macht in Händen." 



81. 

DISPUT ZWISCHEN EINEM FLORENTINER 
UND EINEM VENEZIANER. 

Die Venezianer hatten mit dem Herzog von 
Mailand einen Friedensvertrag auf zehn Jahre 

8a 



geschlossen« Während dieser Zeit brach der 
erste Krieg zwischen den Florentinern und dem 
Herzog aus, und da es den Anschein hatte, 
als würden jene den kürzeren ziehen, brachen 
die Venezianer, während der Herzog nichts von 
ihrer Seite besorgte, aus Furcht, er möchte 
nach einem siegreichen Kriege seine ganzen 
Streitkräfte gegen sie wenden, den Vertrag, 
griffen ihn an und besetzten Brescia. Einige 
Zeit darauf disputierten ein Venezianer und 
ein Florentiner über diese Tatsache, als der 
Venezianer äußerte: „Ihr verdankt uns die 
Freiheit, sie ist unser Werk." Worauf der 
Florentiner, um die Überhebung jener zurück» 
zuweisen: „Das stimmt keineswegs; denn Ihr 
habt uns nicht freigemacht, wohl aber wir 

Euch zu Verrätern!" 



82. 

EIN VERGLEICH, DEN ANTONIO LUSCO 

ANSTELLTE. 

Ciriaco von Ancona, ein großer Schwätzer, 
beklagte eines Tages in unserer Gegenwart den 
Fall und die Vernichtung des römischen Reiches, 
und es hatte den Anschein, als ginge ihm das 
äußerst nahe. Da spottete Antonio Lusco, ein 
sehr gelehrter Mann, der zugegen war, über 

6* 83 



den törichten Schmerz dieses Mannes und sagte: 
,,Der Biedere erinnert mich ungemein an einen 
Mailänder, der, als er an einem Festtage einen 
jener StraBensänger hörte (die vor dem Volke 
von den Taten der Helden singen), der den Tod 
Rolands, der vor fast 700 Jahren in der Schlacht 
gefallen ist, besang, heftig zu weinen anfing. 
Und als er dann nach Hause kam und seine 
Frau, die ihn so traurig sah und seufzen hörte, 
ihn fragte, was ihm denn zugestoßen sei, sagte 
er: „Ach, mein liebes Weib, ich bin tot!'' 
„Was für ein Mißgeschick hat dich denn ge- 
troffen, lieber Mann,'' fragte die Frau, „tröste 
dich doch und konun zum Essen!" Aber er 
fuhr fort zu weinen und wollte keine Speise 
zu sich nehmen; endlich gab er jedoch dem 
Drängen seiner Frau nach und entdeckte ihr 
die Ursache seines Schmerzes: „Weißt du 
nicht, welche Kunde ich heute vernommen 
habe ?" „Welche denn ?" fragte die Frau. „Ro- 
land ist tot, der einzige Schützer der Christen!" 
Die Frau suchte die törichte Ergriffenheit ihres 
Mannes zu beruhigen und vermochte es end- 
lich, ihn zum Essen zu bringen. 



84 



83. 

VON EINEM SANGER, DER ANKÜNDIGTE, 

ER WERDE DEN „TOD REKTORS" 

BESINGEN. 

Ein anderer wußte eine Geschichte von einer 
ähnlichen Dummheit zu erzählen. „Einer meiner 
Nachbarn," begann er, „ein einfältiger Mensch, 
hörte einmal einem Sänger derselben Sorte zu, 
der zum Schluß seines Singsangs, um das 
zuhörende Publikum zu locken, ankündigte, 
er werde am folgenden Tage den Tod Hektors 
besingen. Bevor der Sänger weiterging, gab 
unser Mann ihm Geld, damit er Hektor, einen 
so tapferen Kriegshelden, nicht so schnell töte. 
Und der Sänger verschob den Tod Hektors 
auf den nächstfolgenden Tag. Und auch an 
den folgenden Tagen gab er ihm noch mehr- 
mals Geld, um das Leben des Helden zu ver- 
längern. Als aber in seinem Geldbeutel Ebbe 
eingetreten war, hörte er endlich unter vielen 
Tränen und zu seinem großen Schmerz die 
Erzählung von seinem Tode an." 



84. 

VON EINER FRAU, DIE SICH VOR IHREM 
MANNE HALBTOT STELLTE. 

Sarda ist ein Flecken in unseren Bergen. Dort 
überraschte einmal ein guter dummer Kerl 

85 



seine Frau, wie sie sich mit einem andern 
verlustierte. Sofort tat sie, als ob sie dem Tode 
nahe sei, liefi sich zu Boden fallen und lag 
da wie eine Tote. Der Gatte sprang herzu und 
fing, da er glaubte, sie sei gestorben, weinend 
an ihre Arme zu reiben. Da öffnete sie die 
Augen ein wenig, als ob sie allmählich wieder 
zu sich käme, und antwortete ihrem Mann auf 
die Frage, was denn passiert sei, ein heftiger 
Schreck habe sie durchfahren. Und nachdem 
der Einfältige sie getröstet und aufgefordert 
hatte, zu sagen, was er tun solle, rief sie: 
„Ich will, daß du schwörst, nichts gesehen 
zu haben.'' Und kaum hatte er es geschworen, 
als sie wieder gesund war. 



85. 

WITZIGE BEMERKUNG EINES FLOREN- 
TINER EDELMANNES. 

Der Florentiner Edelmann Rosso de' Ricci ein 
sehr kluger und ernster Mann, hatte eine alte 
und sehr häßliche Frau namens Telda. Nun 
geschah es einmal, daß er die Augen auf eine 
Magd warf, die er im Hause hatte. Nachdem 
er mehrmals vergeblich in sie gedrungen war, 
hinterbrachte diese die Sache ihrer Herrin, 
welche ihr riet, ihm ein Stelldichein zu einer 

86 



bestimmten Stunde an einem dunkeln Orte zu 
geben. Dorthin begab sich dann Telda an Stelle 
der Magd. Rosso kam dorthin und liebkoste 
lange sein Weib, im Glauben, es sei die Magd, 
kam aber schließlich, da sein Kleiner nicht 
wollte, zu keinem Zieh Da schimpfte die Frau 
los und rief: „Du Dreckritter! Wenn die Magd 
hier gelegen hätte, würdest du deine Sache 
ohne Mühe haben machen können !'' Worauf 
Rosso: „Du bist's, Telda, mein Weib! Bei Gott, 
mein kleiner Freund hat eine bessere Nase als 
ich! Denn sofort, nachdem ich dich, im Glauben, 
du seiest die Magd, berührt hatte, hat er be- 
griffen, dafi du ein schlechter Braten und 
hat sich zurückgezogen.'^ 



86. 

VON EINEM FLORENTINER EDELMANNE, 
DER EIN ZÄNKISCHES WEIB HATTE. 

Ein sehr vornehmer Florentiner Edelmann hatte 
ein zänkisches, böses Weib, das täglich zu seinem 
Beichtvater oder, wie man sagt, zu seinem 
Gewissensrat lief und diesem von den Lastern und 
der Streitsucht ihres Mannes erzählte. Der Prie- 
ster wies dann den Edelmann darob zurecht und 
machte ihm Vorwürfe. Eines Tages lud er auf 
Bitten der Frau, den Frieden zwischen ihnen bei- 

87 



den wiederherzustellen, den Mann zur Beichte ein. 
Er zweifelte nicht, daß nach deren Ablegiuig die 
Eintracht zwischen beiden wiederhergestellt 
werden würde. Der Edelmann kam, und als 
der Mönch ihn aufgefordert hatte, seine Sünden 
aufzuzählen, antwortete, er: „Das ist gar nicht 
nötig; denn meine Frau hat Euch oft genug 
von jenen berichtet, die ich irgend begangen 
habe, und von vielen anderen dazu.'' 



87. 

VON EINEM KURPFUSCHER, DER ESEL 
WIEDERVERSCHAFFTE. 

Vor nicht langer Zeit lebte zu Florenz ein Mann 
voll Selbstvertrauen und Unternehmungsgeist, der 
keinerlei Profession ausübte. Als dieser einmal 
in dem Buche eines Arztes von dem Namen 
und der Wirkung gewisser Pillen las, die für 
viele Übel gut sein sollten, kam er auf den 
närrischen Gedanken, allein mit diesen Pillen 
leichtlich den Arzt spielen zu können. Nach- 
dem er sich eine große Anzahl davon her- 
gestellt hatte, verließ er die Stadt und begann 
Flecken und Dörfer als Arzt abzugrasen. Für 
jede Krankheit verabreichte er diese Pillen, 
und zufällig wurden einige dadurch wieder ge- 
sund. Als der Ruf dieses Kurpfuschers sich 

88 



daraufhin bei den Dummen verbreitet hatte, 
fragte ihn eines Tages einer, der seinen Esel 
verloren hatte, ob er nicht ein Mittel zur Wieder- 
erlangung des Tieres habe. Er bejahte und 
gab ihm sechs Pillen zu schlucken. Am fol- 
genden Tage zog dieser Mann aus, seinen Esel 
zu suchen. Da mußte er infolge der Wirkung 
der Pillen die Straße verlassen, um seinen Darm 
zu entleeren, und geriet zufällig in ein Röh- 
richt, wo er den Esel weidend fand. Da sang 
er das Lob des Arztes und seiner Pillen in allen 
Tonarten, woraufhin die Bauern in Scharen, 
wie zu einem zweiten Äskulap, zu ihm pil- 
gerten, dessen Medizinen sogar zum Wieder- 
auffinden von Eseln gut waren. 



88. 
BEMERKUNG PIETROS DE EGHI. 

Während eines Aufstandes zu Florenz, der um 
der Regierungsform willen ausgebrochen war, 
wurde ein Anführer der einen Partei bei einem 
heftigen Zusammenstoß von den Gegnern ge- 
tötet. Einer, der von ferne die blitzenden 
Schwerter und die herbeieilenden Menschen sah, 
fragte die Umstehenden, was dort im Gange 
sei. Da antwortete ihm einer, namens Pietro 
de Eghi: „Sie teilen dort die Regierung der 

89 



Stadt und die Amter unter sich.'' „Wenn sie 
so teuer sind/' meinte hierauf der Präger, 
„will ich nichts davon wissen" — sprach's imd 

entfernte sich/ 



89. 
VON EINEM ARZTE. 

Einige meiner Genossen, die stets zu einem 
Scherz bereit waren, speisten einmal bei mir, 
und während des Essens wurde manches er- 
zählt, was Stoff zum Lachen gab. Unter an- 
derem erzählte einer, während sein Mund sich 
zum Lachen verzog, folgendes: „Cecchino, ein 
Arzt aus Arezzo, wiu'de einmal gerufen, um 
einem schönen jungen Mädchen zu helfen, 
das sich beim Tanzen das Knie verrenkt hatte. 
Als er, um es einzurenken, das Bein imd den 
äußerst weiBen und weichen Schenkel berühren 
muBte, regte er sich dabei dermaßen auf, daß 
ihm das Beinkleid zu eng wurde. Als er sich 
dann seufzend erhoben hatte, und das Mädchen 
ihn fragte, was er für seine Mühe bekäme, 
antwortete er, sie sei ihm nichts schuldig. Auf 
ihre Frage, warum? sagte er: „Wir sind quitt; 
denn ich habe dir ein ausgerenktes Glied ein- 
gerichtet, und ebenso hast du mir ein an- 
deres aufgerichtet." 



90 



90. 

VON EINEM VENEZIANER, DER SEIN PFERD 
JSNICHT WIEDERERKANNTE. 

Einige gelehrte Männer sprachen einmal über 
die Einfältigkeit und Dummheit vieler Men- 
schen. Da erzählte Antonio Lusco , ein 
sehr witziger Mann: Als er einmal von Rom 
nach Vicenza reiste, war sein Begleiter ein 
Venezianer, der allem Anschein nach sehr selten 
zu Pferde gesessen hatte. In Siena stiegen sie 
in einer Herberge ab, wo sich noch viele an- 
dere Reiter mit ihren Pferden befanden. Als 
sich am andern Morgen alle zur Weiterreise 
vorbereiteten, blieb allein der Venezianer, ob- 
wohl gestiefelt und gespornt, müBig unter der 
Tür sitzen. Lusco, der sich über die Lässig- 
keit und Gemütsruhe des Mannes wunderte, 
der, während die andern schon fast alle im 
Sattel waren, allein tat, als ginge ihn die Sache 
nichts an, mahnte ihn, aufzusteigen, wenn er 
mit ihm weiter wolle, und fragte ihn nach dem 
Grunde seines Zögerns. „Freilich will ich mit 
Euch reiten,^^ antwortete der Venezianer, „aber 
ich kann mein Pferd gar nicht unter den an- 
deren herausfinden. Daher warte ich ab, bis 
die anderen fort sind; dann weifi ich doch, daß 
das allein im Stalle zurückbleibende Pferd das 
meine ist.'' Als Antonio in der Beschränktheit 



91 



seines Begleiters den Grund seines Zögems er- 
kannt hatte, wartete er eine Zeitlang, bis dieser 
Dummkopf das einzige übrig gebliebene Pferd 
als das seine in Besitz genommen hatte. 



91- 

EINE ENTGEGNUNG RAZELLOS^ 
DA BOLOGNA. 

Will man jemand seine Verachtung bezeugen, 
so pflegt man zu sagen: „Ich würde dich 
hundertmal am Tage als Pfand in der Kneipe 
zurücklassen!'' Jemand, der sich mit Razello 
da Bologna, einem schlagfertigen Manne, stritt, 
warf ihm vor einer Menge von Leuten diese 
Redensart an den Kopf, in der Absicht, sich 
damit den Anschein der Überlegenheit zu geben 
und Razello verächtlich zu machen. Dieser 
aber antwortete: „Dagegen habe ich gar nichts; 
denn die wertvollen und guten Sachen kann 
man leicht verpfänden, aber wenn einer so einen 
gemeinen und feilen Nichtsnutz wie dich in 
allen Kneipen und Beiseln herumböte, würde 
keiner dich zum Pfände nehmen, auch nicht 
für einen Heller/' Damit brachte Razello die 
Lacher auf seine Seite und zahlte jenem mit 
seiner eigenen Münze. 



93 



92. 

VON EINEM ALTEN WUCHERER, DER SEIN 

GEWERBE AUFGAB, AUS FURCHT DAS 

GEWONNENE ZU VERLIEREN. 

Ein Freund ermahnte einen schon bejahrten 
Wucherer, sein Gewerbe aufzugeben, sich zur 
Ruhe zu setzen und an das Heil seiner Seele 
zu denken, und überredete ihn mit vielen 
Gründen, die Last und Schmach seines bisherigen 
Lebens von sich zu werfen. „Da du mir dazu 
rätst," antwortete der Wucherer, „werde ich 
auf dieses Gewerbe verzichten; meine Schuld- 
forderungen kommen augenblicklich so schlecht 
ein, daß ich bald, auch ohne es zu wollen, 
mein Geschäft aufgeben müBte." Nicht im Be- 
wußtsein der Sünde, sondern aus Furcht, das 
Gewonnene zu verlieren, wollte er also dem 

Wucher entsagen. 



93. 
VON EINER BETTELNDEN ALTEN 

DIRNE. 

Nachdem diese Geschichte in unserem Kreise 
erzählt worden war, sagte einer meiner Freunde: 
„Dieser Wucherer erinnert mich an eine ganz 
alte Konkubine (und er nannte ihren Namen), 



93 



die, von der Last der Jahre schon ganz ge- 
beugt, um Ahnosen für ihren Lebensimterhalt 
bettelte. ,, Erbarmt Euch,*' sagte sie, „einer, die 
der Sünde und dem Hurengewerbe entsagt hatl^' 
Von einem wohlbekannten Mahne angefahren, 
wanmi sie bettle, antwortete sie: „Was soll 
ich tun? Niemand läBt sich mehr mit mir ein!'' 
„Gezwungen also,'' sagte jener, „und nicht aus 
freiem Willen wendest du dich von der Sünde 
ab, da du keine Möglichkeit mehr zur Sünde hast." 



94. 
VON EINEM DOKTOR UND EINEM IGNO- 

KANTEN. 

Als Papst Martin sich eines Tages mit seinen 
Sekretären unterhielt, und das Gespräch auf 
lustige Geschichten gekommen war, erzählte 
er von einem Doktor aus Bologna, der von 
einem Legaten, den er sehr dringend vm irgend 
etwas bat, Narr und Verrückter genannt wurde. 
Daraufhin fragte ihn der Doktor: „Und seit 
wann seid Ihr inne geworden, dafi ich verrückt 
bin?" „Just in diesem Augenblick", antwortete 
der Legat. „Ihr seid auf dem Holzwege," sagte 
der Doktor, „ich war damals ein Narr, als ich 
Euch, der Ihr keine Ahnung von den Gesetzen 
habt, zum Doktor des Zivilrechts machte." Der 



94 



Legat war nämlich Doktor, aber trotzdem sehr 
unwissend. Mit diesen Worten enthüllte er die 

Ignoranz des Legaten. 



95. 

DER BISCHOF VON ALETH ERZÄHLT VON 

EINER GUTEN BEMERKUNG. 

Ein anderer, nämlich der Bischof von Aleth, 
erzählte von der Bemerkung eines römischen 
Bürgers. Als dem Kardinal von Neapel, einem 
dummen und unwissenden Manne, der von 
einem Besuche beim Papste zurückkehrte, ein 
römischer Bürger begegnete, lachte der Kar- 
dinal, wie es seine Gewohnheit, in einem fort. 
Da fragte jener seinen Begleiter, worüber er 
wohl glaube, daß der Kardinal lache, und als 
dieser antwortete, er wisse es nicht, sagte er: 
9fDer lacht gewiB über die Torheit des Papstes, 
der ihn so unverdienterweise zum Kardinal 

machte.'' 



96. 

GEISTREICHE BEMERKUNG EINES ABTES. 

Ein anderer gab darauf zwei gute Bemerkun- 
gen von Abgesandten des Konstanzer Konzils 
(es waren zwei Benediktineräbte) zum besten. 

95 



Diese kamen im Namen des Konzils zu Pedro 
de Luna, der vorher von den Spaniern und 
Franzosen als Papst anerkannt worden war. 
Als Pedro ihrer ansichtig wurde, sagte er: 
,iSehty zwei Raben kommen zu mir.'' „Daran 
ist nichts Seltsames,'' erwiderte der eine von 
ihnen, „daß Raben sich einem Aas nähern." 
Er deutete ihm damit an, daß er vom Konzil 
verdammt und damit einem Leichnam gleich- 

zuachten sei. 



97- 

SCHARFE BEMERKUNG. 

Und als Pedro in dem Streit, den die beiden 
Abte mit ihm über die Frage des Pontifikats 
führten, sagte: „Hier ist die Arche Noahs", 
womit er sagen wollte, daß das Recht des 
Stuhles Petri bei ihm sei, antwortete derselbe 
Abt: „In der Arche Noahs waren sehr viele 

Tiere." 



98. 

WUNDERBARE DINGE, ERZAHLT VON 
MEINEM KOPISTEN. 

Mein Kopist Giovanni, der vor längerer Zeit 
aus jener Gegend, die man Bretagne nennt, 

96 



zurückgekehrt ist, erzählte mir um die Mitte 
des Oktober des vorletzten Jahres von Papst 
Martins V. Pontifikat einige wunderbare Dinge» 
die er, ein gelehrter und der Lüge unfä* 
higer Mensch, gesehen zu haben versicherte. 
Erstens, daß es zwischen Loire, Berry und 
Poitou Blut geregnet habe, so daß die Steine 
infolge dieses Regens wie mit Blut übergössen 
schienen. Da dies, wie die Geschichte zeigt, 
häufiger vorgekommen ist, erscheint es weniger 
erstaunlich. Aber, was jetzt kommt, hätte ich 
niemals geglaubt, wenn er es nicht durch einen 
Eid bekräftigt hätte. Er sagte, daß am Feste 
der Apostel Peter und Paul, das in den Juni 
fällt, zwei Erntearbeiter in seiner Heimat, die 
am Abend vorher etwas Heu auf dem Felde 
zurückgelassen hatten, den Festtag verachteten 
und, um das Heu nicht zu verlieren, zum Ern- 
ten — was in einer Stunde geschehen sein 
konnte — zurückgekehrt seien. Aber es war 
Gottes Wille, daß sie viel länger auf dem Felde 
blieben und Tag und Nacht unaufhörlich mäh- 
ten, ohne Nahrung zu sich zu nehmen und 
sich Ruhe zu gönnen. Und so verbrachten sie 
mehrere Tage, ohne das Feld verlassen zu 
können, und ohne daß die vielen anderen, die 
stehen blieben und ihnen zusiJien und die sie 
für verrückt hielten, sich ihnen nähern und 
sie fragen konnten, was das zu bedeuten habe. 

7 97 



Mein Kopist hat versichert, daB er jene Emte- 
arbeiter gesehen habe; aber was nachher aus 
ihnen geworden war, wuBte er nicht zu sagen. 



99- 

WUNDERBARE BESTRAFUNG FÜR NICHT- 

ACHTUNG DER HEILIGEN. 

Ein anderer, einer meiner Kollegen von der 
Kurie, namens Rollet, aus Ronen gebürtig, 
versicherte mir ein ähnliches Wunder, hervor- 
gerufen durch die Nichtachtung der Heiligen 
Gottes, gesehen zu haben. In der Nähe des 
Kastells von Ronen, so erzählte er, befindet 
sich ein dem heiligen Gotthard geweihter Kirch- 
sprengel. Als einmal sein Feiertag gekommen 
war, begingen ihn alle Pfarrkinder wie üblich 
durch ein groBes Fest mit feierlicher Pro- 
zession. Einem jungen Mädchen aus einem 
andern Sprengel fiel es aber bei, sich über die 
Andächtigen lustig zu machen; sie lästerte 
den Namen des Heiligen, zog die Zeremonien 
ins Lächerliche und sagte, sie werde, um ihre 
Nichtachtung auszudrücken, spinnen; und in 
der Tat machte sie sich mit Rocken und 
Spindel zu schaffen. Diese hefteten sich ihr 
aber jdötzlich an die Hände und Finger, so 
dafi man sie nicht mehr davon losreiBen konnte, 

98 



und das Mädchen wurde stumm. Als sie durch 
Zeichen (denn durch die Stinune vermochte 
sie es ja nicht) zu verstehen gab, daB sie 
Schmerzen und warum sie sie litte, wurde sie 
endlich von einer Schar von Leuten, die her- 
beigeeilt waren, zum Altar des Heiligen ge- 
führt, den sie verachtet hatte. Nachdem sie 
dort ein Gelübde abgelegt hatte, erhielt sie 
alsbald ihre Stimme wieder, und Rocken und 
Spindel fielen ihr von den Händen. Rollet 
sagte, dies sei in seiner Parochie geschehen, 
und er behauptete es mit solcher Bestimmt- 
heit, daß es mir trotz meiner Ungläubigkeit 
nicht ganz unglaubwürdig erschien. 



lOO. 

SEHR HÜBSCHE GESCHICHTE VON EINEM 

GREISE, DER SEINEN ESEL AUF DEN 

SCHULTERN TRUG. 

Im Kreise der päpstlichen Sekretäre wurde 
einmal gesagt: sich nach der Meinung des 
Publikums richten, heiBe sich der schlimmsten 
Knechtschaft unterwerfen; denn es sei un- 
möglich, es allen recht zu machen, da jeder 
nach seiner Weise denke, und der eine dies, 
der andere jenes für gut halte. Als Beleg für 
diese Anschautmg erzählte einer eine Fabel, 



99 



die er vor längerer Zeit in Deutschland ge- 
lesen und auch gemalt gesehen hatte. „^^^ 
Greis/^ berichtete er, »»hatte sich mit seinem 
kleinen Sohne auf den Weg gemacht, um 
seinen Esel, den er ohne Ladung vorauftraben 
lieS, auf dem Markte zu verkaufen. Einige 
Landleute, die auf den Feldern arbeiteten, ta- 
delten, als die drei vorüberkamen, den Greis, 
daß er den Esel unbeladen lasse, und weder 
er selbst, der doch seines Alters wegen, noch 
sein Sohn, der um seiner zarten Jugend willen 
des Reittiers bedürfe, aufsteige. Da setzte der 
Greis seinen Knaben auf den Esel und ging 
selbst zu FuB weiter. Als andere das sahen, 
schalten sie über die Diunmheit des Greises, 
daß er seinen Sohn, der doch kräftiger sei, 
auf den Esel gesetzt habe, während er selbst, 
hinfällig vor Alter, zu Fuß folge. Der Alte 
änderte seinen Entschluß, ließ den Knaben 
absteigen und setzte sich selbst auf den Esel. 
Aber schon nach wenigen Schritten hörte er 
sich vorwerfen, daß er seinen kleinen Sohn, 
ohne Rücksicht auf dessen Jugend, wie einen 
Diener hinter sich herlaufen lasse, während er 
selbst, der Vater, reite. Durch diese Worte ver- 
anlaßt, ließ er den Sohn zu sich auf den Esel 
steigen und setzte so den Weg fort. Schon 
fragten ihn andere, ob der Esel ihm gehöre, 
und als er bejaht hatte, wurde er getadelt, 



100 






daß er mit dem Tiere umgehe, als gehöre es 
einem andern, der Esel sei nicht fähig, eine 
solche Last zu tragen, es sei genug, wenn er 
einen trage. Verwirrt durch soviel verschie- 
dene Meinungen, und da er den Esel weder 
ohne Last, noch mit ihnen beiden als Reitern, 
noch mit einem allein ohne Schmähungen 
laufen lassen konnte, verlor der Mann den 
Kopf, band schlieSlich dem Esel die Beine zUr 
sammen, hing ihn an einem Stock auf, dessen 
Enden er und sein Sohn auf die Schultern 
nahmen, und setzte so den Weg zum Markte 
fort« Als sich nun alle, die ihnen begegneten, 
ob der Neuheit des Schauspiels den Bauch vor 
Lachen hielten und über die Dununheit der 
beiden, hauptsächlich des Vaters, höhnten, ge- 
riet dieser in Zorn, und da er am Ufer eines 
Plusses angekommen war, warf er den ge- 
bundenen Esel ins Wasser und kehrte, nach- 
dem er ihn auf diese Weise verloren hatte, 
nach Hause zurück. So stellte der gute Mann, 
der es allen recht machen wollte, niemand zu- 
frieden imd verlor seinen Esel.'' 



lOI. 

DER GIPFEL DER UNWISSENHEIT. 

Eines Tages wurde von den Prioren von Flo- 
renz ein Brief verlesen, der von jemand han- 



zox 



delte, der bei der Republik nicht besonders 
gut angeschrieben war. Da sein Name in dem 
Briefe häufig erwähnt werden muBte, geschah 
eS| daß ihm das Wort „beregt'' beigefügt 
wurde, z. B. »»der beregte Paolo". Da fing 
einer der Anwesenden, der über sehr wenig 
Bildung verfügte, und glaubte, jenes Wort sei 
ein ehrenvolles und in der Bezeichnung „be- 
regf' sei ein groBes Lob enthalten, wie etwa 
in „der überaus weise'' oder „der hervorragend 
kluge", an zu eifern, es sei imwürdig, einen 
unredlichen Menschen, einen Feind des Vater- 
landes, „beregt" zu nennen. 



102. 

EINE ÄNDERE PROBE VON UNWISSENHEIT« 

Auf ähnliche Weise brachte ein Landsmann 
von mir, Matteozio, ein recht ungebildeter 
Mensch, viele zum Lachen. Es war an einem 
Festtage, bei einem Priestermahle, dessen Vor«- 
bereitungen er mit einigen andern geleitet 
hatte, als er zum Schluß des Banketts, wo es 
sich darum handelte, den Geistlichen, von 
denen viele aus weiter Feme herbeigekommen 
waren, zu danken und ihm, als dem Ältesten, 
diese Aufgabe zufiel, folgendes sagte: „Meine 
Väter, verzeiht uns, wenn Euch etwas abging, 



102 



wir haben nicht getan, was wir Euch schuldig 
waren, aber wir haben Euch, so gut wir es 
eben vermochten, gemäB Eurer Ignoranz ge- 
feiert.'' Der ungebildete Biedermann, der nach 
irgend einem volltönenden Wort suchte, glaubte, 
er habe ihnen damit eine groSe Schmeichelei 
gesagt, gleich als wenn er gesagt hätte: ,Eurer 
Klugheit'' oder „Eurer Weisheit." 



103. 

VON EINEM LANGBÄRTIGEN GREISE. 

Antonio Lusco, der gelehrteste und liebens- 
würdigste Mann auf der Welt, erzählte uns 
einmal, als wir uns nach dem Essen unter- 
hielten, eine lustige Geschichte. Wenn jemand 
einen Wind streichen läfit, sagen die Umstehen- 
den — es ist dies eine bekannte Redensart — : 
„In den Bart dessen, der niemand etwas schuldig 
ist." Ein alter Mann aus Vicenza, der einen 
sehr langen Bart trug, wurde von einem Gläu- 
biger vor den Richterstuhl des Stadthauptmanns 
(es war dies Ugolotto Biancardo, ein gelehrter 
und strenger Mann) zitiert. Als er laut tmd 
wortreich in groBer Erregung protestierte: er 
sei in keiner Hinsicht irgend jemandes Schuld- 
ner und dieses Lied mehrmak wiederholte, rief 
Ugolotto: „Mach, dafi du fortkommst mit deinem 
stinkigen Bart da, der uns übel macht durch 



103 



seinen ekelhaften Geruch, schnell 1 '^ Und als der 
Greis betreten fragte, inwiefern sein Bart so 
sehr stinke, sagte Ugolotto: „Er ist voll von 
all' den Blästerlingen, die jemals von den 
Menschen gelassen wurden; denn alle werden 
ja in den Bart dessen gesandt, der keine Schul- 
den zu haben vorgibt/^ Mit diesen Worten 
spottete er sehr witzig über die Prahlerei des 
Mannes, und alle Anwesenden muBten lachen. 



104. 

GESCHICHTE VON EINEM NOTAR, ERZÄHLT 
VON CARLO DA BOLOGNA. 

Einige von uns, darunter auch päpstliche Se- 
kretäre, speisten im Palaste des Papstes. Man 
unterhielt sich über jene Leute, deren ganzes 
Wissen und Erfahrung in aufgeschriebenen 
Formeln besteht, und die nicht nach deren Sinn 
fragen, sondern nur sagen, ihre Vorgänger 
hätten es so aufgezeichnet. Da sagte Carlo da 
Bologna, ein sehr fröhlicher Mann: „Diese 
Leute haben eine groBe Ähnlichkeit mit 
einem Notar (dessen Namen er nannte) aus 
meiner Vaterstadt. Zu ihm kamen zwei Männer, 
die einen Kaufvertrag aufsetzen lassen wollten. 
Schon hatte er die Feder ergriffen und ange- 
fangen zu schreiben, da fragte er sie nach 



X04 



ihren Namen. Und als der eine gesagt hatte, 
er heiBe Giovanni und, der andere, er heiße 
Filippo, antwortete der Notar sogleich, das In- 
strument (wie man es nennt) könne für sie 
nicht ausgefertigt werden. Und als die beiden 
fri^;ten, warum nicht, erklärte er: „Wenn 
der Verkäufer nicht Corrado und der Käufer 
nicht Tizio heiSt (diese Namen hatte er näm- 
lich allein in seinen Musterbeispielen gelernt), 
kann der Vertrag nicht rechtsgültig abgeschlossen 
werden. Und da sie sagten, sie könnten ihre 
Namen nicht ändern, und der Notar bei seiner 
Meinung blieb, weil es so in seinen Formu- 
laren stehe, schickte er sie, die auf ihrer Wei- 
gerung beharrten, endlich fort. Und sie ver- 
ließen den Esel, der eine Fälschung zu begehen 
meinte, wenn er die in seinen Paradigmen 
angenommenen Namen durch andere ersetzte, 
tuid suchten sich einen anderen Notar.*' 



105. 

VON EINEM DOKTOR AUS FLORENZ, 

DER ZU EINER KÖNIGIN GESANDT WURDE 

UND SIE BESCHLAFEN WOLLTE. 

Als man so beim Schwankerzählen war, kam 
die Rede auch auf die Dummheit mancher 
Leute, die als Gesandte zu Fürsten geschickt 



105 



werden. Einige waren schon gexuuint worden, 
als Antonio Lusco auflachte und fragte : »»Habt 
Ihr schon von der Kühnheit jenes Florentiners 
(und dabei sah er mich an) gehört, den das 
Volk von Florenz einmal zur Königin Johanna 
von Neapel sandte? Er hieS Francesco und 
war Doktor der Rechte, obwohl er sehr un- 
gelehrt war. Nachdem er sich seiner Mission 
entledigt hatte, erhielt er Befehl, am folgenden 
Tage wiederzukommen. Inzwischen erfuhr er, 
daß die Königin Männern gegenüber keines- 
wegs unzugänglich sei, besonders wenn sie von 
schöner Gestalt. Als unser Gesandter nun wieder 
vor der Königin erschien, redete er viel hin 
und her und sagte endlich, er habe noch ge- 
wisse geheime Dinge vorzubringen. Als ihn die 
Königin hierauf, in der Meinung, es handle 
sich um eine geheime Sendung, die nicht vor 
anderen mitgeteilt werden könne, in ein abge- 
legenes Gemach hatte kommen lassen, bat sie 
dieser Narr, der sich viel auf sein Aussehen 
einbildete, bei ihr li^en zu dürfen. Die Köni- 
gin verzog keine Miene, sah sich ihren Mann 
genau an und fragte dann: „Gehört diese Bitte 
auch zu den Aufträgen, die Euch die Floren- 
tiner gegeben?^' Als er errötete und nichts zu 
sagen wußte, befahl sie ihm, ohne ein Zeichen 
der Entrüstung, zu gehen und erst einmal diesen 

Auftrag einzuholen.'' 

zo6 



io6. 

VON EINEM MANNE, DER DEN IHM IN 
WEIBSGESTALT ERSCHEINENDEN TEUFEL 

BESCHLIEF. 

Cencio aus Rom, ein sehr gelehrter Mann, hat 
mir des öfteren eine Geschichte erasählt, die 
man nicht so leicht nehmen darf, und die ihm 
sein Nachbar, der durchaus kein Dummkopf 
war, als Erlebnis berichtete. Es ist folg^ides 
Der Nachbar erhob sich einmal bei Mondschein 
von seinem Lager, in der Meinung, der Morgen 
graue schon — denn die Nacht war klar — um 
in seinen Weinberg zu gehen. Die Römer sind 
nämlich gewohnt, ihre Weinberge sorgfältig zu 
pflegen. Als er aus dem OstienserTor heraus- 
getreten war (er hatte es sich von den Wächtern 
öffnen lassen müssen), wurde er eines weiblichen 
Wesens ansichtig, das ihm vorausschritt. In 
der Meinung, es sei eine Frau, die ihre An- 
dacht in St. Paolo verrichten wolle, und da er 
fleischliche Begierde verspürte, beschleunigte 
er seinen Schritt, um sie zu erreichen, und er 
glaubte leichter zu seinem Ziele kommen zu 
können, weil sie allein war. Und als er ihr 
schon nahe war, verließ sie die gerade StraSe 
und schlug einen Fußsteig ein. Der Mann be- 
eilte sich noch mehr, da er die gute Gelegen- 
heit zu verlieren fürchtete. Wenige Augenblicke 

107 



darauf holte er die Unbekannte an einer 
gung des Weges ein, zwang sie, was sie lautlos 
geschehen lieS, auf den Boden und befriedigte 
sein Verlangen. Als er fertig war, verschwand 
das Weib plötzlich und lieS einen Schwefel- 
gestank zurück. Der Mann, der sich auf 
grasbewachsenem Boden fühlte, erhob sich 
einigermaBen erschreckt und kehrte nach 
Hause zurück. Alle waren der Meinung, daS 
er das Opfer eines Blendwerks des Satans 

gewesen sei. 



107. 

ANDERE GESCHICHTE, ERZÄHLT VON 

ANGELOTTO. 

Angelotto, Bischof von Anagni, war zugegen, 
als Cencio dies erzählte, und gab darauf eine 
andere, ganz ähnliche Geschichte zum besten. 
„Ein Verwandter von mir,^* berichtete er (imd 
nannte den Namen), „begegnete, als er nächt- 
licherweile durch die verlassene Stadt wan- 
derte, einer Frau, die ihm auch schön zu sein 
schien, und befriedigte an ihr seine Begierde. 
Darauf verwandelte sie sich plötzlich in die 
Gestalt eines abschreckend häßlichen Mannes 
tuid schrie ihn an: „Was hast du getan ? Dich 
habe ich einmal schön angeführt, du Schafs- 

Z08 



kopfl" 9»Mag sein/^ antwortete mein Ver- 
wandter unerschrocken, „aber ich habe dir den 

Hintern naB gemachtes 



io8. 

VON EINEM ADVOKATEN, 

DER VON SEINEM KLIENTEN FEIGEN UND 

PFIRSICHE ERHALTEN HATTE. 

Als einmal aus unserer Mitte Worte des Tadels 
gegen den Undank jener fielen, die stets bereit 
sind andere für sich arbeiten zu lassen, aber 
lässig im Belohnen, ergriff Antonio Lusco, 
ein sehr gebildeter und geistreicher Mann, 
das Wort und sagte: „Einer meiner Freunde, 
namens Vincenzo, war der Advokat eines sehr 
reichen, aber geizigen Mannes. Nachdem er 
viele Prozesse für ihn durchgefochten hatte, 
ohne je eine Belohnung dafür erhalten zu 
haben, wurde er schlieBlich einmal von seinem 
Klienten gebeten, seine Verteidigung in einer 
sehr schwierigen Sache zu übernehmen. Zum 
angesetzten Termine (sein Klient hatte ihm 
vorher Feigen und Pfirsiche als Geschenk über- 
sandt), erschien der Anwalt vor Gericht. Aber 
obwohl seine Gegner vieles gegen seinen Kli- 
enten vorbrachten und ihn auf's Heftigste an- 
griffen, stand er immer mit geschlossenem 



Z09 



Munde da und sprach kein Wort. Alle waren 
erstaunt darüber, und sein Klient fragte ihn, 
was sein Stillschweigen eigentlich zu bedeuten 
habe. y,Die Pfirsiche/' sagte er da, ,,und 
Feigen, die du mir geschickt hast, haben mir 
den Mund so vereist, daß ich kein Wort 

sprechen kann.'' 



109. 

VON DER PFIFFIGKEIT EINES ARZTES 
BEIM BESUCH VON KRANKEN. 

Ein imwissender, aber pfiffiger Arzt pflegte 
seine Kranken in Gesellschaft eines Schülers 
zu besuchen. Er fühlte ihnen, wie es üblich 
ist, den Puls, und wenn er merkte, daß es mit 
einem schlimmer stand, als sonst, schob er die 
Schuld auf den betreffenden Kranken und machte 
ihm Vorwürfe, daS er eine Feige oder einen 
Apfel oder sonst etwas, was er ihm verboten, 
gegessen habe. Da die Kranken das sehr häufig 
zugeben mußten, erschien er ihnen als ein gött- 
licher Mann, der auch die geheimen Verfeh- 
lungen seiner Patienten erriet. Hierüber geriet 
der Schüler sehr oft in Erstaunen und fragte 
eines Tages den Arzt, auf welche Weise er 
dahinterkomme, ob durch den Puls, oder durch 
die Berührung, oder durch welche andere höhere 



zio 



Wissenschaft. Zum Dank für seine hohe Meinung 
enthüllte ihm der Arzt darauf sein Geheimnis. 
y,Wenn ich in das Zimmer des Kranken trete/' 
sagte er, ,,schaue ich mich zuerst sorgfältig um, 
ob nicht der Rest irgend einer Frucht oder 
eines anderen GenuBmittels auf dem Boden 
liegen geblieben sei, ob nicht z. B. die Schalen 
von Kastanien, Nüssen, Äpfeln, die Haut von 
Feigen oder dergleichen zu sehen. Ist dies 
der Fall, so nehme ich an, daB der Kranke 
davon gegessen habe, und wälze bei Krank- 
heiten, die sich verschlimmem, alle Schuld auf 
dessen Unenthaltsamkeit, so daS man mich 
nicht dafür verantwortlich machen kann, wenn 

die Sache schief geht.^' 
Kurze Zeit darauf machte es der Schüler, der 
nunmehr selbst die Heilkunst ausübte, bei den 
Kranken vielfach ebenso, indem er sagte, sie 
hätten gegen seine Diätvorschriften verstoBen 
und das und das gegessen, was er gerade aus 
den Überresten schließen konnte. Einmal kam 
er zu einem armen Bauern, dem er sehr schnelle 
Heilung versprach, wenn er seine Anordnungen 
befolge, schrieb ihm eine bestimmte Menge 
Nahnmg vor und versprach am folgenden Tage 
wiederzukehren. Als er aber wiederkam, fand 
er den Zustand des Kranken verschlimmert. 
Da lieB dieser törichte und ungebildete Mann, 
der die Ursache der Verschlimmerung nicht 



III 



kannte, seine Augen hierhin und dorthin schwei- 
fen , fand aber zu seiner Verwirrung keinerlei 
verdächtige Reste. Endlich entdeckte er unter 
dem Bette den Packsattel eines Esels. Da fing 
er plötzlich an loszuwettem, er begriffe jetzt 
endlich, warum es dem Kranken schlechter 
gehe; er habe sich einen groben ExzeB zu 
Schulden kommen lassen, und es sei ein Wimder, 
daß er noch nicht gestorben sei, da er trotz 
seiner Krankheit einen Esel verspeist habe. Er 
meinte, der Sattel sei der Überrest eines ge^ 
kochten Esels, wie die Knochen die Über- 
bleibsel des Fleisches. So in seiner ganzen 
Dummheit entlarvt, machte sich dieser Tropf 
bei allen, die davon erfuhren, unsterblich 

lächerlich. 



HO. 

VON ZWEI LEUTEN, DIE IN GELDSACHEN 
VOR GERICHT ERSCHIENEN. 

Im Bolognesischen gibt es einen Ort, der Medi- 
cina heifit. Dorthin wurde als Podesta, wie sie 
es nennen, ein tuigebildeter tuid bescliränkter 
Mensch gesetzt. Zu diesem kamen einmal zwei 
Leute, die sich in Geldsachen stritten, und der 
eine, der sich als Gläubiger vorstellte, behauptete, 
der andere sei ihm aus den und den Gründen 



IZ2 



Geld schuldig. Da wandte sich der Bürgermeister 
gegen den Schuldner und sagte: ^^Du tust un- 
recht, daS du diesem Manne deine Schuld nicht 
bezahlst/* Als dieser in Abrede stellte, jenem 
irgend etwas schuldig zu sein, da er ihn bereits 
befriedigt habe, fuhr der Richter sofort den 
Gläubiger an, er fordere etwas, was man ihm 
nicht schulde. Dieser verteidigte wieder seine 
Sache und brachte Beweise vor, worauf der 
Bürgermeister dem Schuldner abermals und 
noch schärfere Vorhaltungen machte, weil er 
etwas so Offensichtliches leugne. Als dieser 
wiederum Gegenbeweise vorbrachte, warf der 
Richter wieder dem Gläubiger vor, daß seine 
Forderung tuiberechtigt sei. Und nachdeni er 
so noch mehrmals seine Anschauung auf die 
Behauptungen des einen oder des andern hin 
geändert hatte, sagte der einfältige Mensch: 
„Jede der beiden Parteien hat gewonnen und 
ist unterlegen, sie mögen abtretenl'* So hob er 
die Sitzung auf, ohne einen Spruch gefällt zu 
haben. Diese Geschichte wurde in unserem 
Kreise erzählt, nachdem ein Bekannter von 
uns seine Ansicht über dieselbe Sache mehrmals 

geändert hatte. 



8 



113 



IZZ. 

VON EINEM UNWISSENDEN ARZTE, DER 

NACH PRÜFUNG DES URINS FESTSTELLTE, 

DASS EINE FRAU DES BEISCHLAFS 

BEDÜRFE. 

Eine Frau aus unserer Stadt, namens Giovanna, 
die ich gekannt habe, war krank. Der herbei- 
gerufene Arzt, der ebenso gerieben wie un- 
wissend war, verlangte, wie üblich, nach dem 
Urin, dessen Aufbewahrung der jungen un- 
verheirateten Tochter anvertraut worden war. 
Das Mädchen hatte aber vergessen, ihn beiseite 
zu stellen, imd zeigte daher dem Arzte ihren 
eigenen Urin, anstatt den der Kranken. Sofort 
erklärte der Arzt, die Frau bedürfe des Bei- 
schlafs. Dies wurde ihrem Manne gemeldet, 
und nachdem er sich den Magen beim Mahle 
gehörig gefüllt hatte, legte er sich zu seiner 
Gattin. Dieser war die Sache wegen ihrer 
Schwäche jedoch höchst lästig (sie wuSte ja nicht 
um den Rat des Arztes), und sie klagte wieder- 
holt über dieses neue Verfahren. „Was tust 
du, lieber BllannP' rief sie, „du wirst mich töten!*' 
„Schweig!" antwortete der Gatte, „nach An- 
sicht des Arztes ist dies das beste Mittel, dich 
zu heilen, auf diese Weise wirst du von deinem 
Übel befreit, und wird deine Gesundheit wieder- 
hergestellt werden." Und er täuschte sich da- 



«4 



rin nicht; denn nachdem er sie viermal über- 
mannt hatte, war am folgenden Tage das Fieber 
vollständig gewichen. So wurde der Umstand, 
daB der Arzt hintergangen worden war, die 

Ursache der Genesung. 



112. 

VON EINEM MANNE, DER SEINE KRANKE 
FRAU BESCHLIEF, DIE DARAUF GE- 
SUNDETE. 

Als wir so beim Plaudern waren, erzählte ein 
anderer etwas Ahnliches, das einem seiner Lands- 
leute in Valencia passiert war. Ein junges 
Mädchen hatte einen ganz jungen Notar ge- 
heiratet. Nicht lange nach der Hochzeit ver- 
fiel sie in eine schwere Krankheit, so daS alle 
glaubten, sie würde sterben; denn schon ähnelte 
das junge Weib, das die Sprache verloren hatte 
und mit geschlossenen Augen regungslos dalag, 
einer Toten, und hatten die Arzte alle Hoffnung 
auf ihre Wiederherstellung aufgegeben. Der 
Notar war verzweifelt, daß sein Weib, das er 
noch wenig genossen hatte und das er, wie 
man sich denken kann, über die Mafien liebte, 
ihm entrissen werden sollte. Er beschlofi daher, 
seine Frau, bevor sie ihren Geist aufgebe, noch 
einmal zu beschlafen. Und nachdem er alle 



8» 



"5. 



Anwesenden, (unter dem Vorgeben ich weiS nicht 
weichengeheimen Vorhabens) fortgeschickt hatte, 
übermannte er sein Weib. Sofort begann sie, 
gleich als wenn ihr Mann ihrem Körper neue 
Kraft eingeflöBt hätte, wieder zu atmen und 
bald darauf mit halb offenen Augen zu sprechen 
und mit sanfter Stimme ihren Gatten beim 
Namen zu rufen. Voll Freude fragte dieser, 
was sie wolle. Sie begehrte zu trinken, und 
nachdem man ihr dann noch Speise gereicht 
hatte, wurde sie wieder gesund. Dieser Erfolg 
war der Ausübung, der Gattenrechte auf Rech- 
nung zu setzen. Daraus kann man schließen, 
daB dieses Mittel bei den Krankheiten der Weiber 
von höchstem Werte ist. 



"3. 

VON EINEM IN DEN WISSENSCHAFTEN 
NICHT BEWANDERTEN MANNE, DER BEIM 
ERZBISCHOF VON MAILAND UM DIE 
WÜRDE EINES ERZPRIESTERS NACH- 
SUCHTE. 

Wir klagten einmal über die Ungunst der Zeit, 
um nicht zu sagen über die Minderwertigkeit 
der Menschen, in deren Händen die kirchliche 
Macht liegt; denn die gelehrten und klugen 
Leute werden übergangen, die ungebildeten und 

zz6 



untüchtigen dagegen kommen empor. Da be- 
merkte Antonio Lusco: „Das ist nicht so sehr 
die Schuld der Päpste, wie der anderen Fürsten, 
die wir Narren und SpaSmacher in höchster 
Gunst halten und die hervorragendsten Gelehrten 
geringschätzen sehen« Folgendes als Beispiel: 
Am Hofe des älteren Cane, Fürsten von Ve- 
rona, lebte einmal ein sehr fideler Kauz, na- 
mens Nobile, der zwar ungelehrt und ungebildet 
war, aber um seiner Späfie willen bei Cane in 
hoher Gunst stand imd darum (er war nämlich 
Geistlicher) mehrere Pfründen erhalten hatte. 
Als der Fürst einmal hervorragende Leute als 
Gesandte zu dem früheren Erzbischof und Herrn 
von Mailand schickte, schloB Nobile sich ihnen 
an. Als die Gesandten ihre Mission ausgerichtet 
hatten und zurückkehren wollten, lieB der Erz- 
bischof Nobile, der ihn als der Witzbold, der 
er war, zum Lachen gebracht hatte, sich etwas 
wünschen. Dieser bat ihn um einen sehr wich-* 
tigen Erzpriesterposten. Da lachte der Eras- 
bischof über die Torheit des Mannes und sagte: 
„Sieh zu, was du verlangsti Dieses Amt geht 
über deine Kraft; denn du bist in den Wissen- 
schaften nicht bewandert und vollkommen un- 
wissend.'* Nobile antwortete ihm sofort frei- 
mütig: „Ich folge hierin nur der Sitte meiner 
Heimat. Denn zu Verona erhalten die gelehrten 
Männer keine Amter, wohl aber die ungelehrten 

117 



und Unwissenden/' Wir lachten über die wit- 
zige Bemerkung dieses Mannes, welcher meinte, 
die Dununheiten, die in Verona gemacht würden, 
müßten auch anderwärts begangen werden. 



Z14. 

VON EINER COURTISANE, DIE OB EINES 
UNRECHTS KLAGTE, DAS IHR EIN BARBIER 

ZUGEFÜGT HATTE. 

Es besteht zu Florenz eine Behörde, die den 
Namen Sittlichkeitsamt führt, und deren Haupt- 
aufgabe es ist, in Sachen der öffentlichen 
Mädchen Recht zu sprechen tuid dafür zu sorgen, 
daB sie im ganzen Gemeinwesen unbelästigt 
bleiben. Vor ihr erschien einmal eine Courtisane, 
um Klage zu führen über Unrecht und Schaden, 
die ihr von einem Barbier zugefügt worden 
waren, den sie ins Bad hatte kommen lassen, 
damit er ihr die unteren Partien rasiere. Er 
hatte sie dabei mit dem Rasiermesser dort 
unten so geschnitten, daB sie sich mehrere Tage 
keinem Manne hatte hingeben können. Wegen 
dieses ihr zugefügten Schadens verklagte sie 
ihn nun und verlangte Ersatz des entgangenen 
Gewinnes. Wie mag das Urteil gelautet haben? 



zz8 



VON EINEM MÖNCHE, DEM EINE WITWE 

BEICHTETE. 

Einer jener Mönche, von denen man sagt, daB 
sie in der Observanz leben, hörte die Beichte 
einer schönen Witwe aus Florenz« Während 
des Sprechens drückte diese sich an ihn und 
kam ihm, um leiser reden zu können, mit ihrem 
Gesichte immer näher. Ihr jugendlicher Atem 
machte dem Manne so heiB, daB schließlich 
etwas, was sich bis dahin ruhig verhielt, den 
Kopf erhob und ihm bald groBe Pein verur- 
sachte. Der Mönch wand sich, von der Be- 
gierde seines Fleisches gequält, und gab der 
Frau zu verstehen, sie möge fortgehen. Sie 
aber bat ihn, ihr eine BuBe aufzuerlegen. 
„BuBel'^ rief er da, „die habt Ihr über mich 

verhängt.^' 



zz6 

VON EINEM MANNE, DER SICH VOR 
SEINER FRAU TOT STELLTE. 

In Montevarchi, einem Orte in unserer Nähe, 
kam ein Gärtner, den ich kenne, einmal aus 
seinem Garten nach Hause, während sein junges 
Weib zum Waschen des Leinenzeugs abwesend 



X19 



war. Da kam ihm der Wunsch, zu hören, was 
seine Frau sagen und wie sie sich verhalten 
würde, wenn *sie ihn tot ftode, und so streckte 
er sich im Vorräume auf dem Rücken aus, als 
sei er tot. Ate nun seine Frau, mit W&sche 
beladen, nach Hause kam und ihren Gatten, 
wie sie glaubte, tot fand, zögerte sie einen 
Augenblick und überlegte, ob sie sofort über 
sein Hinscheiden wehklagen, oder zuerst (sie 
war nämlich den ganzen Vormittag über nüch- 
tern geblieben) etwas essen sollte. Da sich der 
Hunger ihr aber stark fühlbar machte, ent- 
schloß sie sich, Speise zu sich zu nehmen, 
briet sich ein Stück Speck, aß es hastig auf 
und vergaß dabei in ihrer Eile zu trinken. 
Ate sie darauf infolge der Salzigkeit des Flei- 
sches heftigen Durst verspürte, ergriff sie einen 
Fiasko und stieg die Treppe hinunter, um Wein 
aus dem Keller zu holen. Gerade, ate sie in 
Eile die Treppe wieder hinaufgestiegen war, 
erschien unerwartet eine Nachbarin, die um 
Feuer bitten wollte. Sofort ließ sie, trotz ihres 
Durstes, den Fiasko fallen und fing an zu 
schreien, ate ob ihr Mann eben erst gestorben 
sei und janunerte in wortreichen Klagen über 
seinen Tod. Auf ihr Jammern und Weinen 
eilte die ganze Nachbarschaft, Männer und 
Weiber herbei, betroffen über einen so plötz- 
lichen Tod. Denn der Mann lag mit geschlos- 



130 



senen Augen da und hielt den Atem an, und 
zwar so gut, daß er tatsächlich tot schien. 
Endlich, als er meinte, das Spiel habe lange 
genug gedauert, unterbrach er das Wehgeschrei 
seiner Frau, die ein übers andremal ausrief: 
„Mein lieber Mann, was werde ich jetzt be- 
ginnen?" und sagte, indem er die Augen auf- 
schlug: „Eine Dummheit, liebe Frau, wenn 
du nicht sofort gehst und trinkst!'' Das Weinen 
verwandelte sich bei allen in Lachen, zumal, 
als sie die ganze Geschichte und die Ursache 
des Durstes vernahmen« 



117. 

VON EINEM EINFALTIGEN JUNGEN WEIBE 

AUS BOLOGNA. 

Ein junges Weib aus Bologna, das erst seit 
kurzer Zeit verheiratet war, beklagte sich bei 
einer sehr vornehmen Matrone, daß ihr Gatte 
sie stark und häufig mit Rutenschlägen trak- 
tiere. Als diese fragte, warum er das tue, ant- 
wortete sie: „Weil er es übel nimmt, daß ich 
regungslos wie ein Klotz daliege, wenn er von 
seinem ehelichen Recht Gebrauch macht.'' 
„Aber warum," fragte die Matrone, „gehorchst 
du denn deinem Mann im Bett nicht imd tust 
nicht, was er will?" „Ich weiß nicht, wie 



121 



man das macht, Signora,'' lautete die Antwort» 
yydenn mir hat noch niemand gezeigt, wie ich 
mich zu verhalten habe; wenn ich es wüßte, 
brauchte ich mich von meinem Manne nicht 
schlagen zu lassen.'' Wunderbare Einfalt dieses 
Kindes, das nicht einmal wufite, was die Natur 
sonst die Frauen lehrt 1 Diese Geschichte habe 
ich später meiner Frau zur Erheiterung erzählt 



zi8. 

EIN BEICHTVATER ANTWORTET DEM 
FÜRSTEN BERNABO IN BEZUG AUF EIN 

WEIB. 

Bemabö, Fürst von Mailand, war ein grofier 
Freund des weiblichen Geschlechts. Eines Tages 
war er fernab von allen Beobachtern allein 
mit einem Weibe, das er liebte, in seinem 
Park und opferte gerade der Venus, als un- 
erwartet ein Mönch auftauchte, sein Beicht- 
vater, dem wegen seiner Weisheit und seines 
Ansehens stets alle Türen zum Fürsten offen 
standen. Bemabö errötete und war zugleich 
unwillig über das unverhoffte Erscheinen seines 
Beichtvaters; einen Augenblick darauf aber 
hatte er sich beruhigt und fragte den Priester, 
um durch seine Antwort über das Peinliche 
des Augenblicks hinwegzukonunen: „Gesetzt 



122 



den Fall, du lägest mit einem so schönen 
Weibe wie dieses da im Bette, — was würdest 
du tun?'' Worauf der Beichtvater: „Was ich 
tun müBtei weiB ich, aber was ich tun würde, 
weiB ich nicht 1'' Mit dieser Antwort dämpfte 
er den Unwillen des Fürsten, indem er zugab, 
daB auch er ein Mensch sei und fehlen könne. 



119. 

VON EINEM VERGESSLICHEN DIENER, 
DER EINE GROSSE LAST SCHLEPPEN 

MUSSTE. 

Roberto degli Albizzi, ein gelehrter und sehr 
humaner Mann, hatte einen dummen und ver- 
geBlichen Diener, dessen Begriffsvermögen sehr 
schwach war, und den er mehr aus Mensch- 
lichkeit, als weil er Nutzen von ihm hatte, 
fütterte. Diesen schickte er einmal mit ge- 
wissen Aufträgen zu einem Freunde, namens 
Dego, der in der Nähe des Ponte S. Trinitä 
wohnte. Als er bei diesem angelangt war und 
gefragt wurde, was für eine Nachricht er von 
seinem Herrn bringe, hatte er seinen Auftrag 
vergessen, stand mit dummem Gesicht nach- 
denklich da und wuBte nicht, was er sagen 
sollte. Als Dego sah, daB der gute Mann, den 
er recht wohl kannte, schwieg, sagte er so- 



123 



gleich: y,Ich weiB, was du wiltef' und damit 
zeigte er auf einen sehr grofien Steinmörser: 
,,Nimm den und bringe ihn möglichst schnell 
zu deinem Herrn, der ihn wünscht/* Als Ro- 
berto ihn von weitem mit dem Mörser auf den 
Schultern konunen sah, dachte er sich, daß er 
ihn zur Strafe für seine Vergesslichkeit schlep- 
pen müsse und rief ihm, als er näher ge- 
kommen war, zu: „Dein Pech, du Esel, daB 
du meine Worte nicht behalten hast, kehre 
sofort um und bringe einen kleineren, einen so 
grossen kann ich nicht brauchen I'' Schwitzend 
und müde von seiner Last, gestand der Ver- 
geßliche, er habe sich geirrt, kehrte um und 
brachte auf seinem dritten Gange einen anderen 
Mörser mit. So wurde seine Dununheit bestraft. 



120. 

VON EINEM MANNE, DER TAUSEND 
GULDEN BEZAHLEN WOLLTE, UM BE- 
KANNT ZU WERDEN, UND DIE ANTWORT, 

DIE ER BEKAM. 

Ein junger Florentiner, der über nicht viel 
Verstand verfügte, erzählte einem Freunde, er 
wolle tausend Gulden ausgeben, um die Welt 
zu bereisen und sich bekannt zu machen. 
Worauf ihm dieser, der ihn recht gut kannte, 



124 



antwortete: y,Gib lieber zweitausend ans, damit 
man dich nicht kennen lerne P' 



Z2I. 

EIN SCHERZ DES HOCHBERÜHMTEN 

DANTE. 

Als unser Dichter Dante während seiner Ver- 
bannung in Siena einmal in der Minoriten- 
kirche mit auf den Altar gestützten Ellbogen 
in tiefes Sinnen verloren stand, näherte sich 
ihm jemand und belästigte ihn mit irgend 
welchen Fragen. Darauf fragte ihn Dante: 
yySage mir, welches ist das größte aller Tiere ?'' 
,yDer Elefant'', antwortete jener. ,,0, Elefant 1'' 
sagte hierauf Dante, ,,laB mich in Frieden, ich 
habe an wichtigere Dinge zu denken, als an 
deine Worte, belästige mich nicht!'' 



122. 

JEMAND, DER EINE MATRONE FRAGT, 

OB SEINE FRAU ZWÖLF MONATE LANG 

SCHWANGER GEHEN KÖNNE, ERHÄLT 

VON DIESER EINE SCHERZHAFTE 

ANTWORT. 

Ein Bürger von Florenz, der auBer Landes ge- 
wesen war und nach Ablauf eines Jahres in 

"5 



sein Haus zurückkehrte, fand am Tage seiner 
Heimkehr seine Frau in den Wehen liegen, 
was ihn nicht wenig beunruhigte, weil er den 
Verdacht hatte, seine Frau sei ihm untreu ge- 
wesen. Da er aber seiner Sache nicht sicher 
war, ging er, um sich zu vergewissern, zu 
einer vornehmen und sehr klugen Matrone, die 
in seiner Nähe wohnte, und fragte sie, ob es 
möglich sei, daB seine Frau ein Kind von 
zwölf Monaten zur Welt bringe. Diese durch- 
schaute sofort die Dummheit des Mannes und 
sagte: „GewiB, wenn deine Frau am Tage der 
Empfängnis zufällig einen Esel gesehen hat, 
hat sie wie die Eselinnen ein ganzes Jahr 
schwanger gehen müssen.'' Der Mann beruhigte 
sich bei diesen Worten der Matrone und dankte 
Gott, daß er ihn von keinem kleinen Verdacht 
befreite und seine Frau vor einem groflen Skan^ 
dal bewahrte. Den neugeborenen Knaben aber 
erkannte er als sein Kind an. 



123. 

VERFÄNGLICHE FRAGE EINES PRIESTERS. 

Außerhalb des Peruginer Tores liegt die St. Mar- 
kuskirche. Dort sagte der Priester Cicero, als 
er an einem Feiertage, zu dem alles Volk her- 
beigeströmt war, die übliche Predigt hielt, zum 
Schluß unter anderm: „Liebe Brüder, ich 

126 



möchte, daB Ihr mich von einer groBen Un^ 
gewifiheit befreitet. Als ich in diesen Fasten 
die Beichte Eurer Frauen hörte, fand ich keine, 
die nicht gesagt hätte, daB sie ihrem Gatten 
die Treue unverletzt gehalten hätte; Ihr aber 
habt fast alle bekannt, daB Ihr mit den Frauen 
anderer verbotenen Umgang gepflogen habt. 
Um nun diesbezüglich nicht länger im Zweifel 
zu verharren, wünsche ich von Euch zu wissen, 
wer eigentlich diese Frauen waren und wo sie 

hingekommen sind.'' 



134. 

WITZIGE BEMERKUNG IN BEZUG AUF 
EINEN GESANDTEN VON PERUGIA. 

Zur Zeit, da die Florentiner mit Papst Gregor 
Krieg führten, kamen Gesandte von Perugiai 
das vom Papste abgefallen war, nach Florenz, 
um Hilfe zu erbitten. Einer von ihnen, der 
Doktor war, begann eine lange Rede, die er 
mit den Worten einleitete: „Gebt uns von 
Eurem ÖV* — da fiel ihm ein anderer, der 
ein SpaBmacher war und Umschreibungen nicht 
leiden konnte, ins Wort und sagte: „Wieso 
Ol ? Du forderst Ol, während wir doch Soldaten 
brauchen. Hast du vergessen, daB wir ge- 
kommen sind. Bewaffnete imd nicht Ol zu er- 



127 



bitten?'' Und als jener antwortete^ das seien 
die Worte der Heiligen Schrift, sagte er weiter: 
y,Das ist gediegen! Wir sind Feinde der Kirche, 
und du beruf st dich auf die Heilige Schrift 1'' Alle 
lachten über den Witz dieses Mannes, der auf 
solche Weise den Doktor verspottete, der sich in 
überflüssiger Weitschweifigkeit ergehen wollte, 
statt gleich zur Hauptsache überzugehen. 



125. 

VON DEN GESANDTEN VON PERUGIA 
BEI PAPST URBAN. 

Auch nach Avignon, zu Papst Urban V., 
schickten die Peruginer drei Gesandte. Als 
sie eintrafen, lag aber der Papst schwer 
krank danieder. Trotzdem befahl er, tun die 
Leute nicht zu lange im ungewissen zu lassen, 
sie vorzuführen, sie jedoch vorher zu ermahnen, 
wenig zu reden. Einer von ihnen, ein Doktor, 
der während der Reise eine längere Rede, die 
er dem Papste halten wollte, auswendig gelernt 
hatte, nahm keine Rücksicht auf seine Krank- 
heit, noch darauf, daB er im Bette lag und redete 
so weitschweifig, daß der Papst des öfteren 
merken lieB, wie lästig ihm das Anhören sei. 
Als dieser Esel endlich fertig geworden war, 
fragte der Papst in seiner gewohnten Liebens- 

128 



Würdigkeit die andern, ob sie noch etwas am 
sagen hätten. Da sagte einer von ihnen, der 
sowohl die Taktlosigkeit des Wortführers, wie 
die Verstimmung des Papstes bemerkt hatte: 
„Heiligster Vater I In unserer Sendung ist vor^ 
gesehen, daß, wenn Ihr nicht sogleich unsere 
Forderungen erfüllt, dieser mein Kollege, bevor 
wir Euch verlassen, seine Rede noch einmal 
hält/' Diese witzige Bemerkimg nötigte dem 
Papste ein Lächeln ab, und er befahl, die Ge- 
sandten sogleich zu befriedigen. 



126. 

EINFALT FLORENTINER GESANDTER. 

Als unsere Florentiner Gesandten, die nach 
Frankreich gingen, in Mailand eintrafen, be- 
suchten sie den Herzog Bemabö, um ihn zu 
ehren. Als sie vor ihm erschienen, fragte er sie, 
wer sie seien, und sie antworteten: „Wir sind 
Bürger und Gesandte von Florenz, wenn es 
Euch gefällt,'' wie man zu sagen pflegt. Und 
sie wurden von ihm ebenso höflich entlassen, 
wie sie empfangen worden waren. Sie waren 
schon bis Vercelli gekommen und überdachten 
dort, was sie bisher getan; da kamen ihnen 
die Worte wieder in den Sinn, die sie Bemabö 
gegenüber gebraucht hatten, und einer meinte. 



129 



es sei nicht richtig von ihnen gewesen, zu sagen 
,,wenn es Euch gefällt'S denn wenn es ihm 
auch nicht gefallen hätte, wären sie dennoch 
sowohl Bürger wie Gesandte von Florenz. Da 
pflichteten ihm alle bei und sagten, es sei un- 
recht gewesen und nicht mit ihrer Würde verein- 
bar, diese Worte auszusprechen. Sie beschlossen 
daher einmütig, nach Mailand zurückzu- 
kehren, tun ihre Worte zurückzunehmen, und 
kamen wieder zum Herzog. Da begann der 
älteste, der auch als der gelehrteste galt: 
„Mein Fürst, als wir in Vercelli waren, fiel 
uns ein, daß wir zu Euch sagten: wir sind 
Bürger und Gesandte von Florenz, wenn es 
Euch gefällt — das war unüberlegt und töricht 
gesprochen; denn, mochte es Euch gefallen 
oder nicht, wir sind sowohl Bürger als auch 
Gesandte von Florenz.'* Der Fürst, der für 
gewöhnlich sehr ernst war, lachte über die 
törichte Besorgnis der guten Leute und ver- 
sicherte, es freue ihn sehr, daß sie seien, wo- 
für er sie gehalten habe. 



137. 

WITZIGE BEMERKUNG EINES GEWISSEN 
GIAN PIETRO AUS SIENA. 

Gian Pietro, Bürger von Siena, ein stets zu 
Witz und Scherz aufgelegter Mann, war ein- 



X30 



mal von Bartolomeo de Bardi in Rom zum 
Trinken (es war an einem Sommermorgen) 
eingeladen worden. Eine größere Anzahl von 
uns hatte sich dort getroffen, sowohl um zu 
trinken, als um Bartolomeo aufzuziehen, und 
jeder erhielt, wie es Sitte ist, vor dem Trinken 
ein Stückchen Brot; doch während die andern 
das Brot nahmen und aufaßen, behielt Gian 
Pietro allein es in der Hand. Gefragt, warum er 
allein es nicht esse, antwortete er lachend: 
„Bartolomeo, dein Brot hier ist das unter- 
würfigste und bescheidenste von allen, die ich 
gesehen; denn so oft ich es meinem Munde 
näherte, konnte ich es doch unter keiner Be- 
dingimg dazu bringen, vor dem Weine hinein- 
zugehen." Wir lachten alle über diese witzige 
Bemerkung Gian Pietros, der der Ansicht war, 
daß die Speise nicht immer, vor allem nicht, 
wenn der Durst groß, dem Trünke voraus- 
gehen müsse. 



128. 

VON EINEM MANNE, 

DER SEINER FRAU EIN TEURES KLEID 

HATTE MACHEN LASSEN. 

Ein Mann, der seiner Frau ein teures Kleid 
hatte machen lassen, klagte, daß er niemals 

9* 131 



von seinen ehelichen Rechten Gebrauch mache, 
ohne daB es ihm mindestens einen Dukaten 
koste. Darauf sagte seine Gattin: f^DBS ist 
deine Schuld, warum liegst du nicht so oft 
bei mir, daB es dich nur einen Groschen kostet?'^ 



129. 
HÜBSCHES ERLEBNIS EINES ARZTES. 

Der Kardinal von Bordeaux erzählte mir, ein 
Landsmann von ihm habe, als er eines Abends 
nach Hause gekommen sei, angefangen zu 
schreien, er verspüre heftige Schmerzen im 
Bein. Seine Frau salbte ihm das Bein mit 
Rosenöl, bedeckte es mit Werg und Wolle 
und wickelte eine Leinenbinde darum. Der 
Mann klagte aber, daß die Schmerzen an- 
dauerten, und verlangte ächzend nach einem 
Arzte. Dieser kam, und nachdem er ganz all- 
mählich und sacht (denn der Kranke äußerte 
heftige Schmerzen) das Bein entblößt und ab- 
getastet hatte, erklärte er, daß alles in Ord- 
nung sei, worauf der Bauer sagte: „Also habe 
ich an dem da (womit er das andere Bein hin- 
streckte) Schmerzen.'' Sehr belustigende Dumm- 
heit, von meinem Arzte darüber aufgeklärt 
werden zu wollen, wo man Schmerzen fühlt I 



132 



130. 

VON EINEM MANNE^ DER IM SCHLAFE 

GOLD FAND. 

Einer unserer Freunde erzählte einmal in un- 
serem Kreise, daB er eines Nachts im Traume 
Gold gefunden habe. Da rief ihm einer zu: 
,,Sieh dich vor, daB es dir nicht gehe, wie 
meinem Nachbar, dem das Gold zu Unrat 
wurde!'' Wir baten ihn, den Traiun zu 
erzählen, und er begann: „Unser Nachbar 
träumte, der Teufel führe ihn auf einen Acker, 
damit er dort nach Gold grabe, und als er 
einen groBen Schatz davon gefunden, sagte 
der Teufel : „Du darfst es jetzt nicht mitnehmen, 
aber bezeichne den Ort, so daB er nur von dir 
allein gefunden werden kann.'' Und als er ihn 
fragte, was für eines Zeichens er sich bedienen 
solle, sagte der Teufel: „Hofiere hin, dann 
wird gewiB niemand auf den Gedanken kommen, 
daB hier Gold zu finden sei, und die Sache 
wird dir allein bekannt bleiben." Der Mann 
tat, wie ihm geheißen. In diesem Augenblicke 
erwachte er und merkte, daB er sein Bett 
gründlich voUgemacht^hatte. Er erhob sich aus 
dem stinkenden Unrat und setzte sich, um aus 
dem Hause herauszugehen, zuguterletzt eine 
Mütze auf den Kopf, in welche sich die Katze 
in der gleichen Nacht verewigt hatte. Krank 



133 



▼on dem scheuBlichen Gestank, wusch er sich 
seinen beschmutzten Kopf und die Haare. So 
hatte sich ihm der goldene Traum in Kot ver- 
wandelt/* 



131. 

VON EINEM SEKRETÄR KAISER 

FRIEDRICHS IL 

Petrus de Vineis, ein gelehrter und kluger 
Mann, war Geheimschreiber Kaiser Friedrichs. 
Als der Kaiser, der ein Feind Papst Alex- 
anders III. war, den Kirchenstaat mit Krieg 
überzog, wurde er von seiner deutschen Um- 
gebung, die auf Petrus (der ein Italiener) 
neidisch war, gegen ihn mißtrauisch gemacht 
und lieB ihn blenden. Später bereute er seine 
Ungerechtigkeit imd berief ihn in seinen ge- 
heimen Rat. Als der Kaiser in grofler Geldnot 
war, riet ihm Petrus, die Macht der Kirche 
mit Hilfe ihrer eigenen Mittel zu brechen und 
zur Fortführung des Krieges den goldenen und 
silbernen Schmuck der Kirchen zu nehmen 
und einzuschmelzen, darunter (er weilte gerade 
in Pisa) die berühmten Ketten, die um den 
Dom gelegt waren. Der Rat fand den Beifall 
Friedrichs, und er verwendete die Schätze der 
Kirche zur Ausrüstung seines Heeres. Als dies 
geschehen, sagte Petrus zu ihm: „Kaiser, für 



134 



das Unrecht, das du mir zugefügt, habe ich 
mich gerächt. Den HaB der Menschen hast 
du dir schon zugezogen, durch die Kirchen- 
schändung aber habe ich dir Gott zum Feinde 
gemacht. Von nun ab wird sich dir alles ziun 
Bösen wenden.^' Dennoch war Friedrich später 
noch siegreich, endlich aber brach Alexander 
den Obermut des Kaisers. Durch diese Worte 
gab Petrus zu verstehen, daB man geheiligte Dinge 
nicht zu profanen Zwecken verwenden dürfe, 
und daß Gott jene bestrafe, die anders handeln. 



132. 

VON EINEM FLORENTINER, 
DER, OHNE ES ZU WISSEN, VON EINEM 

TOTEN JUDEN ASS. 

Als zwei Juden sich von Venedig, wo sie wohnten, 
nach Bologna begaben, geschah es, daB einer 
von ihnen von einer Krankheit ergriffen wurde 
und starb. Der Oberlebende wünschte den 
Leichnam des andern nach Venedig zu über- 
führen; da es aber verboten war, dies öffent- 
lich zu tun, schnitt er ihn in kleine Stücke, 
tat diese in ein Faß und fügte noch verschie- 
dene Gewürze und Honig hinzu, so daß dem 
Fasse ein wunderbar angenehmer Duft entstieg» 
Dieses vertraute er einem andern Juden an, 



13s 



der nach Venedig ging. Als jener auf dem 
Kanal das Fäßchen in der Gondel mit sich nach 
Ferrara führte, traf es sich (es hatten nämlich 
mehrere das Boot bestiegen), daß ein Floren- 
tiner in der Nähe zu sitzen kam. Als es nun 
Nacht geworden war, öffnete dieser, durch den 
Geruch des Fasses aufmerksam gemacht und 
vermutend, daß etwas Eßbares darin aufbewahrt 
werde, heimlich den Deckel und fing ah den 
Inhalt zu kosten. Und da es ihm eine sehr 
gewürzige Speise zu sein schien, verzehrte er, 
inunerfort essend, im Laufe der Nacht all- 
mählich den ganzen Inhalt des Fasses, in der 
Meinung, etwas Ausgezeichnetes zu verspeisen. 
Als aber der Jude in Ferrara das Schiff ver- 
lassen wollte und das Faß aufhob, merkte er 
an seinem leichten Gewichte, daß es leer war. 
Und als er daraufhin ein Geschrei erhob, man 
habe ihm den Leichnam gestohlen, erkannte 
der Florentiner endlich, daß der Jude in ihm 
sein Grab gefunden habe. 



133. 

VISION DES FRANCESCO FILELFO. 

Francesco Filelfo war eifersüchtig auf seine 
Frau und lebte in steter Sorge, sie möchte 
sich mit einem andern einlassen, so daß er 

136 



Tag und Nacht bedacht war, sie zu bewachen. 
Als er einmal schlief, erschien ihm im Traume 
(es geschieht nämlich oft, daB uns das, womit 
wir uns im Wachen lebhaft beschäftigen, im 
Traume zu schaffen macht) ein Geist, der ihm 
Sicherheit in bezug auf seine Frau versprach, 
wenn er tun wolle, was er ihm empfehlen 
würde. Und nachdem Francesco sich im Traimie 
einverstanden erklärt und gesagt hatte, daß 
ihm das äuBerst lieb sein würde und zugleich 
eine Belohnung versprochen hatte, sagte der 
Geist: „Nimm diesen Ring und behalte ihn 
sorgsam am Finger. Denn, solange du ihn 
trägst, wird deine Frau sich niemals ohne dein 
Wissen einem anderen hingeben.^' Von der 
Freude aus dem Schlafe geweckt, fühlte er, daB 
er den Finger in der Scheide seiner Frau hatte. 
Das ist wahrlich das beste Mittel für die Eifer- 
süchtigen, weil die Frauen auf diese Art nicht 
ohne Wissen ihrer Männer untreu sein können. 



134. 
VON EINEM TRINKER 

Ein bekannter Weintrinker ward vom Fieber 
gepackt, wodurch sein Durst noch viel gröBer 
als gewöhnlich wurde. Als nun die herbeige- 
rufenen Ärzte über die Beseitigung des Fiebers 

137 



und auch des heftigen Durstes verhandelten, 
sagte der Kranke: ,|Ich will, daB Ihr Euch 
nur damit beschäftigt, das Fieber zu brechen, für 
die Heilung des Durstes laBt nur mich sorgen!'' 



135- 
WITZ EVERARDOS, EINES APOSTOLISCHEN 
SEKRETÄRS, DER EINEM KARDINAL INS 

GESICHT FURZTE. 

Als der Kardinal de' Conti, ein fetter und be- 
leibter Maxm, eines Tages auf die Jagd ge- 
gangen war, verspürte er um Mittag herum 
Hunger und stieg ab, um Mahlzeit zu halten. 
In Schweiß gebadet, setzte er sich zum Essen 
nieder und befahl, daB ihm jemand Wind mit 
dem Fächer mache. Da die Diener mit ver- 
schiedenen Verrichtungen beschäftigt tmd nicht 
zugegen waren, befahl er einem gewissen 
Everardo Lupi, apostolischem Sekretär, ihm 
Wind zu machen. „Ich weiß nicht, wie Ihr 
es haben wollt,'' antwortete dieser. „Mach es 
auf deine Weise, wie du es verstehst,'' sagte 
der Kardinal. „Sehr gern, bei Gott!" rief Ever- 
ardo, hob das rechte Bein und ließ einen Riesen- 
furz fahren mit dem Hinzufügen, daß er sich auf 
diese Weise hie und da ein Windchen zu 
machen pflege. Hierüber brachen die An- 

138 



wesenden — und es waren ihrer viele — in 
ein schallendes Gelächter aus. 



136. 

. SEHR LUSTIGER WITZ GLEICHER ART 
(REINES KARDINALS. 

Mit demselben Instrument antwortete der Kar- 
dinal di Tricarico auf die Ermahnungen Altos 
de' Conti. Denn da der Kardinal ein recht aus- 
schweifendes Leben führte, ermahnte ihn Alto 
einmal auf der Jagd in langer Rede, ein wür- 
digeres Leben zu führen. Der Kardinal hörte 
ihm ruhig zu, sah ihn darauf einige Augen- 
blicke an, beugte sich dann schnell auf sein 
Pferd nieder und ließ einen gewaltigen Furz 
fahren mit den Worten: „In deinen Bart!'' 
Mit dieser einzigen Antwort ritt er davon und 
zeigte so, wieviel er sich aus den Ermah- 
nungen Altos de' Conti mache. 



137. 

VON EINEM WEIBE, DAS DEN HINTERN 

ENTBLÖSSTE, INDEM ES DEN KOPF 

BEDECKEN WOLLTE. 

Eine Frau, die sich den Kopf wegen einer 
Hautkrankheit hatte rasieren lassen, wurde von 



139 



einer Nachbarin wegen einer dringenden An- 
gelegenheit aus dem Hause gerufen und trat 
auf die Straße, ohne in der Eile daran zu 
denken, das Haupt zu bedecken. Als die Nach- 
barin sie so erblickte, schalt sie, daß sie sich 
mit einem so nackten und häßlichen Kopfe 
öffentlich sehen lasse* Da hob sie geschwind, 
um den Kopf zu bedecken, ihr Kleid hinten 
hoch bis zu den Lenden und entblößte so, in- 
dem sie das Haupt verhüllen wollte, den Hin- 
tern. Die Umstehenden brachen in ein Ge- 
lächter aus über das Weib, das, um sich eine 
kleine Scham zu ersparen, sich einer größeren 
aussetzte. Dies geht auf solche, die um ein 
kleines Vergehen zu verbergen, ein schwereres 

begehen. 



138. 

SEHR SCHERZHAFTE GESCHICHTE VON 

JEMAND, DER BRIEFE AN SEINE FRAU 

UND AN EINEN KAUFMANN SANDTE. 

Francesco di Ortano, ein neapolitanischer Ade- 
liger, den König Ladislaus über die Stadt Pe- 
rugia gesetzt hatte, erhielt einmal zu gleicher 
Zeit Briefe von seiner Frau und von einem 
Genueser Kaufmann, dem er eine Summe 
Geldes, die ihm dieser geliehen, schuldete. Der 



140 



Brief seiner Frau bat ihn, nach Hause zurück- 
zukehren und erinnerte ihn an seine ehelichen 
Pflichten und an das Versprechen der Treue 
mit der wiederholten Aufforderung, sobald als 
möglich zurückzukehren. Der andere Brief 
forderte die Rückgabe der geschuldeten Summe* 
Dem Kaufmann antwortete er» wie sichs ge- 
hörty er werde ihn bald zufriedenstellen und 
bat ihn um einen kurzen Aufschub; die Sehn- 
sucht seiner Frau aber versuchte er durch 
viele Zärtlichkeiten und Versprechungen zu 
lindem. Er schrieb unter anderm, er würde so- 
fort heimkehren und alles tun, lun sie für die 
verlorenen Ehefreuden zu entschädigen, wobei 
er (da er eben solches Verlangen hatte, wie 
seine Frau) etwas freie Worte brauchte, z. B. 
daß er sie auf vielerlei Art beschlafen oder 
(um mich seiner Worte zu bedienen) den rit- 
terlichen Streit im rauhen Büschlein ausfechten 
werde. Als er die Briefe mit Aufschriften ver- 
sah, adressierte er den für seine Frau bestimm- 
ten an den Kaufmann und den für diesen an 
seine Frau. Als nun die Frau den Brief emp- 
fangen hatte, wunderte sie sich sehr, daB sie 
keine Antwort auf das erhielt, was sie ge- 
schrieben hatte, und als der Genueser seinen 
Brief durchlas und nur scherzhafte Dinge, die 
sich auf ein Weib bezogen, fand, darunter als 
Hauptsächlichstes, daB Francesco zurückkehren 



141 



und sie oft beschlafen — oder wie er sich sonst 
noch unanständiger ausdrückte — werde, glaubte 
er sich verhöhnt, ging ziun Könige, wies den 
Brief vor und klagte, daB man ihm statt des 
geschuldeten Geldes den Koitus verspreche. 
„Ich bin,'* rief er aus, „an jenem Tage wahr- 
haftig genügend zugeritten worden, an dem 
ich diesem Menschen Geld geliehen habe/^ 
Alle lachten, aber noch mehr, als die Ver- 
wechslung der beiden Briefe bekannt wurde. 



139- 

GESCHICHTE VON EINEM GEWISSEN 

DANTE, DER ÖFTER SEINE FRAU SCHALT. 

Ein Landsmann von mir, namens Dante, dessen 
Frau in dem Rufe stand, wenig keusch zu 
sein, machte ihr, nachdem er oftmals von 
seinen Freunden ermahnt worden war, sein 
Haus vor Schimpf zu bewahren, eine heftige 
Szene. Diese aber verteidigte unter vielen Trä- 
nen und Schwüren ihre Ehre und sagte, jene 
Beschuldigungen seien von Übelwollenden er- 
funden, die sie um ihr ruhiges Leben benei- 
deten. Der Mann ließ sich durch die Beteue- 
rungen seiner Frau überzeugen, und als die 
Freunde fortfuhren, seine Frau zu verdächtigen, 
sagte er: „Genug! Liegt mir mit dergleidien 



142 



nicht weiter in den Ohren! Könnt ihr denn 
bessere Kenntnis von ihren Sünden haben, als 
sie selbst ?'' Und als sie dieses verneinten, sagte 
er: „Nun gut^ sie behauptet, daß Ihr alle lügt 
und ich schenke ihr mehr Glauben, als Euch!'' 



Z40. 

TESTAMENT EINES GREISES, SEINE FRAU 

BETREFFEND. 

Unser Mitbürger Pietro Massini war für seine 
bissigen Äußerungen bekannt. Als er alt und 
dem Tode nahe war, machte er sein Testament 
und testierte darin seiner Frau nichts, außer 
ihrer Mitgift. Die Frau empfand es als eine 
große Kränkung, von ihrem Manne so zurück- 
gesetzt worden zu sein und klagte sehr, daß 
er ihr nichts vermacht habe. Und als sie unter 
vielen Tränen in ihn drang, ihr doch etwas 
für ihre alten Tage zu hinterlassen, rief der 
Sterbende: „Holt den Notar und die Zeugen, 
damit ich meiner Frau etwas hinterlassen kann ! '' 
Und als diese schnell zur Stelle waren, sagte 
Pietro, zu ihnen gewandt, in Gegenwart seiner 
Frau: „Die da quält mich, ich solle ihr etwas 
hinterlassen. Um ihr nun den Willen zu tun, 
rufe ich Euch Anwesende zu Zeugen, daß ich 
ihr die übelriechendste und weiteste Vulva von 



143 



allen Weibern in dieser Stadt hinterlasse/^ 

Auf diese Worte hin gingen alle lachend fort 

und ließen die verhöhnte Frau in Trauer über 

die Antwort ihres Mannes zurück. 



141. 

ERZÄHLUNG ZUCCAROS VON EINER FRAU, 
DIE EINEN PRIESTER UM EIN HEILMITTEL 

FRAGTE. 

Zuccaro, der liebenswürdigste Mensch, den man 
sich denken kann, erzählte gern eine Ge- 
schichte von seiner Nachbarin, einer recht an- 
nehmbar aussehenden Frau, welche, da sie 
unfruchtbar war, den Geistlichen, den sie zimi 
Beichtvater hatte, mehrfach fragte, ob er nicht 
ein Mittel wüßte, durch dessen Hilfe sie Kinder 
bekonunen könne. Dieser sagte schließlich ja 
und trug ihr auf, am Donnerstag, der zu der- 
gleichen besonders geeignet sei, zu ihm zu 
kommen. Als nun das kinderbedürftige Weib 
in die Wohnung des Priesters kam, sagte dieser: 
„Ich werde mich eines Zaubermittels bedienen, 
das viele und verschiedenartige Illusionen her- 
vorruft, so daß zu geschehen scheint, was in 
Wirklichkeit nicht geschieht. Damit sich Er- 
folg einstellt, ist also Standhaftigkeit und Mut 
vonnöten. Es wird dir vorkonunen, als ob ich 



144 



dich berührte, küßte und umarmte, ja sogar 
jene intimeren Dinge ausführte, die sonst nur 
dein Gatte zu tun pflegt — und dennoch wird 
nichts davon geschehen; es wird dir nur in- 
folge der Kraft der Zauberworte, die ich ge- 
brauchen muB, so scheinen, die so mächtig 
ist, daB zu sein scheint, was gar nicht statt- 
findet/' Die Frau willigte im Vertrauen auf 
die Worte des Paters ein tmd sagte, sie werde 
sich durch diese Zauberei nicht aus der Fassung 
bringen lassen. Nachdem der Priester dann 
viele Zeichen gemacht und ihr geheimnisvolle 
Worte ins Ohr geraunt hatte, fing er an, die 
Frau zu küssen und legte sie aufs Bett Und 
als sie zitternd fragte, was er tue, antwortete 
er: „Sagte ich dir nicht im voraus, daB du für 
wahr halten würdest, was in der Tat nicht ge- 
schieht ?'' Damit schwächte er das leichtgläubige 
Weibzweimal hintereinander, immerversichernd, 
daB ihr das nur so scheine. Als er fertig war, 
kehrte sie dann, überzeugt, durch ein Trugbild 
getäuscht worden zu sein, nach Hause zurück. 



142. 

VON EINEM EREMITEN, DER SICH VIELER 
FRAUEN BEDIENT HATTE. 

Zur Zeit Francescos VIL, Herzogs von Padua, 
lebte in Padua ein Eremit mit Namen Ansi- 

10 X4S 



mirio. Dieser, der für einen heiligen Mann 
galt, hatte unter dem Vorwande der Beichte 
▼iele Frauen, darunter sehr vornehme, zu ver- 
^wv^/ führen gewußt. Endlich wurden seine Schand- 
' "^ taten ruchbar (denn die Heuchelei läßt sich 

nicht lange verhüllen), Ansimirio wiu'de durch 
den Profoß gefangen genommen und, nachdem 
er ein umfangreiches Geständnis abgelegt hatte, 
dem Herzog vorgeführt. Francesco hatte einen 
seiner Schreiber zugezogen und gedachte an 
den Geständnissen des Eremiten seinen Spaß 
zu haben. Er fragte ihn darum nach Einzel- 
heiten und nach den Namen der Frauen, die 
er beschlafen hatte. Ansimirio nannte eine 
Menge, darunter auch Frauen von Leuten aus 
der nächsten Umgebung des Herzogs, und der 
Sekretär schrieb die Namen auf, um sich an 
der Liste zu ergötzen. Als der Eremit endlich 
mit seiner Aufzählung zu Ende zu sein schien, 
fragte ihn Francesco, ob er nicht noch einige 
ausgelassen habe, er stellte es aber entschieden 
in Abrede. Der Schreiber drang jedoch streng 
in ihn und drohte ihm mit Anwendung von 
Gewalt, wenn er nicht alle Namen nennen 
würde. Da seufzte jener und sagte: „Schreib 
auch deine Frau in die Liste!'' Auf diese 
Worte entfiel dem Schreiber vor Schmerz die 
Feder, der Herzog dagegen mußte laut lachen 
und sagte: „Es ist nur gerecht, daß, wer mit 

146 



so viel Vergnügen die Schande der anderen 
registrierte, jetzt selbst davon betroffen wird/' 



143. 

VON EINEM JUNGEN FLORENTINER, DER 
SEINE STIEFMUTTER BESCHLIEF. 

Ein junger Mann zu Florenz beschlief einmal 
seine Stiefmutter und wurde dabei von seinem 
Vater, der unversehens heimkam, überrascht. 
Außer sich über das Unerhörte und das Un- 
würdige der Tat, fing dieser an, den Sohn auf 
das heftigste zu beschimpfen, und machte einen 
gewaltigen Lärm. Jener versuchte stotternd 
sein Vergehen zu entschuldigen. Sie stritten 
schon geraiune Zeit hin und her, als, herbei- 
gelockt durch den Lärm, ein Nachbar, der keine 
Ahnung von dem Vorgefallenen hatte, erschien 
und den Streit schlichten wollte. Als er nach 
dem Gnmde des Zwistes fragte, schwiegen die 
beiden. wegen der häuslichen Schande, worauf 
der Nachbar, um der Sache auf den Gnmd zu 
konunen, dringender forschte. Als endlich der 
Vater dem Sohne alle Schuld zuschob, rückte 
dieser zuerst mit der Sprache heraus. „Mein 
Vater da,'' sagte er, ist sehr unbescheiden, „er 
hat meine Mutter tausendmal beschlafen, ohne 
daB ich ein Wort dazu gesagt habe, nun, da 

10* 147 



ich einmal seine Frau übermannt habe» un- 
erfahren und unüberlegt, wie ich bin, schlägt 
er einen Lärm, als ob er verrückt sei/' Der 
Nachbar lachte hellauf über die witzige Ant- 
wort des Sohnes und verabschiedete sich, nach- 
dem er den Vater so gut er konnte getröstet hatte. 



144. 

MEINUNGSVERSCHIEDENHEITEN 
ZWISCHEN MINORITENBRODERN OBER 
DIE ANFERTIGUNG EINES BILDES DES 

HEILIGEN FRANZ. 

Brüder des Minoritenordens hatten einen Maler 
kommen lassen, damit er ihnen ein Bild des 
heiligen Franz male. Sie waren aber uneinig 
über die Art der Auffassung, denn die einen 
wollten ihn mit den Wundmalen, andere dem 
Volke predigend, wieder andere noch anders. 
Mit diesem Streiten ging der ganze Tag hin, 
ohne daB ein endgültiger Beschluß gefaßt 
worden wäre, und die Mönche gingen schlafen, 
ohne daß der Maler wußte, was er tun solle. 
Argerlich über die Torheit der Mönche und im 
Glauben, man wolle sich über ihn lustig machen, 
malte er den Heiligen, die Flöte blasend — 
andere sagen am Halse aufgehängt — und 
machte sich dann schnell davon. Als die Brüder 



148 



am anderen Morgen das Bild entdeckten, suchten 
sie nach dem Maler, um über ihn herzufallen; 
dexm sie waren der Meinung, daß er der Re- 
ligion einen unerhörten Schimpf angetan habe, 
der die schwerste Strafe verdiene, — aber er 
war schon über alle Berge. 



145- 

VON EINEM FLORENTINER PRIESTER, DER 
NACH UNGARN GING. 

Es ist im Königreich Ungarn üblich, daB sich 
nach der Messe alle diejenigen unter den An- 
wesenden, die an den Augen leiden, zum Altar 
begeben und sich dort vom Priester die Augen 
mit Wasser aus dem Kelche besprengen lassen, 
wobei dieser mit Worten aus der Heiligen Schrift 
Heiltmg herabfleht. Da kam einmal mit Filippo, 
genannt Spagnuolo, ein Priester aus Florenz 
nach Ungarn. Nachdem dieser eines Tages in 
Gegenwart König Sigismunds die Messe ge- 
lesen hatte, traten mehrere Augenleidende zu 
ihm, damit er ihnen der Sitte gemäß die Augen 
benetze. Aber der Priester, in der Meinung, 
das Leiden sei eine Folge des Saufens tmd 
Schlemmens, nahm den Kelch, besprengte die 
Umstehenden, wie er es hatte tun sehen, und 
sagte in italienischer Sprache: ,,Andatemene, 

Z49 



che State morti, a ghiado**, das heißt „Schert 
euch forty ihr seid des Todes durch das Schwert 
schuldigl'' Ab der König und Kaiser dies 
hörte, konnte er sich nicht enthalten, zu lachen, 
und als er am folgenden Tage .beim Mahle die 
Worte des Priesters zum Spafi erzählte, erhob 
sich ein groBes Gelächter unter den Anwesenden, 
mit Ausnahme der Augenleidenden, die sich 

ärgerten. 



146. 

ANTWORT, DIE EIN BAUER SEINEM 
: GRUNDHERRN GAB. 

Einer unserer Bauern antwortete seinem Grund- 
herrn auf die Frage, zu welcher Zeit die Arbeit 
am größten sei: „Im Mai.'' Und als dieser, 
dem die Antwort sonderbar schien, da um diese 
Zeit die Landarbeit zu ruhen scheint, nach 
dem Grunde fragte, antwortete der Bauer: 
Weil wir da sowohl unsere wie Eure Frauen 



tf 



befriedigen müssen.'' 



147. 

REDE EINES NARREN. 

Ein Mann aus Rom, den ich kannte, stieg ein- 
mal auf eine Mauer, die sich aus einem Röhricht 

150 



erhob I und begann, als rede er zu einer 
Volksversanunlungy zum Rohr zu sprechen 
und sich über die Geschäfte der Stadt aus- 
zulassen. Und während er so sprach , fingen 
die Büschel des Schilfs an sich unter einem 
leichten Luftzuge zu neigen. Der Narr, der 
sich einbildete, die Schilfrohre seien Menschen, 
die ihm für seine Rede Beifall spendeten, sagte 
da: „Zuviel der Gunst, Ihr Herren Römer, ich 
bin der geringste unter Euchl'^ Dieses Wort 
wurde von da ab sprichwörtlich. 



148. 

WIE EIN MANN, DER EIN SCHWEIN 
SCHLACHTEN WOLLTE, ZUM BESTEN GE* 

HALTEN WURDE. 

In einem Dorfe des Picener Gebietes war es 
Sitte, daS, wer im Winter ein Schwein schlach- 
tete, die Nachbarschaft zum Mahle lud. Einer, 
der diese Ausgabe vermeiden wollte, fragte 
seinen Gevatter tun Rat. „Sage morgen,'^ ant- 
wortete ihm jener, „das Schwein sei dir in 
dieser Nacht gestohlen worden.^' Und während 
der Biedermann nichts Derartiges befürchtete, 
raubte er ihm in der Nacht heimlich das Schwein. 
Als der nun am andern Morgen entdeckte, daß 
sein Schwein fort war, eilte er zum Gevatter 



und klagte laut, daß ihm das Schwein gestohlen 
worden sei. ,|Recht so!'' antwortete ihm dieser, 
yydu sprichst, wie ich's dich gelehrt habe.'' Und 
als der Bestohlene wiederholt und bei allen 
Göttern schwor, es sei tatsächlich wahr, sagte 
der Gevatter: „Ausgezeichnet, du befolgst meinen 
Rat vortrefflich!" Und als der andere fortfuhr 
zvL schwören, sagte er: „Just so müßtest du reden, 
habe ich dir gesagt/' Endlich rannte der Ge- 
foppte zornig fort. 



149. 
AUSSPRUCH DES FACINO CANE. 

Facino Cane, Heerführer im Dienste der Ghi- 
bellinen, zog in Pavia ein und plünderte, wie 
verabredet, nur den Besitz der Guelfen. Als 
er damit fertig war, begann er auch die Häuser 
der Ghibellinen ausräumen zu lassen, unter 
dem Vorwande, sie seien mit guelfischen 
Schätzen angefüllt. Als nun jene bei ihm Klage 
führten, daS sie, obwohl Ghibellinen, auf so 
unwürdige Weise geplündert würden, sagte 
Facino: „Wahr ist, was ihr sagt, meine Kinder, 
„ihr seid alle Ghibellinen, aber eure Güter sind 
Guelfen." Auf diese Weise wurden die Güter 
aller ohne Unterschied der Partei geraubt. 



152 



ISO. 

VON EINEM JUNGEN MANNE, DER AUS 

UNERFAHRENHEIT SEINE GATTIN IN DER 

BRAUTNACHT NICHT BESCHLIEF. 

Ein junger Mann aus Bologna, der sehr ein- 
fältig war, führte ein sehr schönes Mädchen 
als Gattin heim. In der ersten Nacht gelangte 
er nicht dazu, sein Gattenrecht auszuüben, da 
er noch niemals bei einem Weibe geschlafen 
hatte und nicht wufite, wie er sich zu ver- 
halten habe. Als er am andern Morgen von 
einem Freunde gefragt wurde, wie es denn in 
der Nacht gegangen sei,^antwortete er seufzend: 
„Schlecht! Denn nach mehrfachen Versuchen, 
meine Frau zu beschlafen, habe ich gefunden, 
daB sie nicht im Besitze der Öffnung ist, die 
sich, wie man sagt, bei den Weibern befindet!" 
„Pst!^' sagte darauf d^ Freund, „lass ja nichts 
davon verlauten, ich beschwöre dich ! Das würde 
dich in große Schande bringen, und du kämst 
in eine sehr peinliche][Lage, wenn die Sache 
ruchbar würde.^^ Und nachdem ihn"* der Ein- 
fältige um Rat und Hilfe gebeten hatte, sagte 
er: „Ich will die Arbeit für dich tun und die 
öflfnung herstellen, wenn du mir ein leckeres 
Mahl spendierst — aber ich brauche dazu acht 
Tage Zeit, denn die Sache ist sehr schwierig aus- 
zuführen." Der Dummkopf war einverstanden 

153 



und brachte den hilfreichen Freund insgeheim 
in der Nacht zu seiner Frau; er selbst legte 
sich in ein anderes Bett schlafen. Als die Zeit 
um und der Weg dank der Arbeit des Freundes 
weit offen war, so daB kein Hindernis mehr 
zu befürchten stand, rief dieser den jungen 
Gatten herbei und sagte zu ihm: y^Ich babe dir 
zuliebe geschwitzt wie ein Bär, aber jetzt ist 
die Öffnung, die du gesucht hast, endlich fertig/' 
Das geriebene Weibchen beglückwünschte ihren 
Mann und zollte den Bemühungen seines 
Freundes alles Lob. Und nachdem sich der 
einfältige Gatte überzeugt hatte, daß seine Frau 
zugänglich geworden war, dankte er dem Helfer 
▼oller Freude tmd bezahlte ihm das ver- 
sprochene Mahl. 



X5X. 

VON DER FRAU EINES HIRTEN, DIE VON 
EINEM PRIESTER EIN KIND HATTE. 

Die Frau eines Hirten in Rivo, einem kalten 
Bergnest, pflegte einen intimen Verkehr mit 
dem Pfarrer und wurde durch ihn Mutter eines 
Knaben, den sie im Hause des Hirten aufzog. 
Als der Junge sieben Jahre alt war, sprach 
der Pfarrer den Hirten mit gütigen Worten an 
und sagte ihm endlich, daß der Knabe sein 



154 



Sohn sei, und bat ihn, einzuwilligen , daB er 
ihn nunmehr zu sich nehme. ^^Nichts davon!'' 
antwortete der Hirt, »»ich will den Knaben, der 
in meinem Hause geboren wurde, für mich 
haben. Das wäre ein schlechtes Geschäft für 
mich und meinen Herrn, wenn ich alle Lämmer, 
deren Mütter von einem fremden Widder be» 
Sprüngen wurden, dem Besitzer des Widders 

überlassen würde.'' 



152. 

VON EINEM BAUERN, DER MIT KORN 
BELADENE ESEL HERZUTRIEB. 

Als ein Bauer in Perugia in einer Magistrats- 
▼ersammlung um eine gewisse Vergünstigung 
bat, redete ein Bürger dagegen und bezeichnete 
die Bitte als unziemlich. Am folgenden Tage 
brachte unser Mann, der ein geriebener Kunde 
war, drei mit Korn beladene Esel in das Haus 
der Opponenten« Vier Tage darauf vertrat dieser, 
der inzwischen seine Ansicht geändert hatte, 
in langer Rede die Sache des Bauern. Während 
er so redete, sagte sein Nachbar zu seinen 
Freunden: „Hört Ihr, wie die Esel schreien?" 
— womit er auf das geschenkte Korn anspielte. 



ISS 



153- 

EIN ARMER MANN GIBT EINEM REICHEN, 
DER FRIERT, EINE SCHERZHAFTE 

ANTWORT. 

Ein Reicher, der, gut in warme Kleider ge- 
hüllt, w&hrend des Winters nach Bologna reiste, 
begegnete in den Bergen einem Bauer, der nur 
ein Hemd, und noch dazu ein zerrissenes, an- 
hatte. Verwundert über dessen Bedürfnislosig- 
keit bei solcher Kälte — es schneite und wehte 
nämlich — , fragte er ihn, ob er denn nicht 
friere. „Nicht im geringsten'', antwortete jener 
▼ergnügt. Da rief der Reiche, erstaunt über diese 
Antwort: „Wie, ich friere ja und habe einen 
Pelz an, und du, der du halbnackt bist, spürst 
die Kälte nicht?'' „Wenn du," erwiderte der 
Bauer, „alle deine Kleider tragen würdest, wie 
ich es tue, würdest du nichts mehr von der 

Kälte merken." 



154- 

VON EINEM BERGBEWOHNER, DER EIN 

JUNGES MÄDCHEN HEIRATEN WOLLTE. 

Ein Bergbewohner aus Pergola wollte die junge 
Tochter eines seiner Nachbarn heiraten. Als er sie 
sich angesehen hatte, fand er, daß sie zu zart 

256 



und zu jung für ihn sei, und wollte verzichten. 

Da sagte der etwas beschränkte Vater: „Oh, 

sie ist reifer, als du glaubst; sie hat nämlich 

schon drei Kinder yom Kooperator/' 



ISS- 
VON EINEM PRIESTER, DER VON EINER 
JUNGEN FRAU DEN ZEHNTEN FORDERTE. 

Zu Brügge, einer berühmten Stadt des Abend- 
landes, beichtete eine junge und noch recht 
imerfahrene Frau dem Pfarrer ihrer Parochie 
ihre Sünden. Dieser fragte sie unter anderem, 
ob sie dem Priester auch den schuldigen Zehnten 
bezahle, und machte ihr klar, daB sie sogar 
den Zehnten vom Koitus bezahlen müsse. Die 
junge Frau, die niemand etwas schuldig bleiben 
wollte, tat das sofort. Als sie später als gewöhn- 
lich nach Hause kam, und ihr Mann sich 
darüber wunderte, erklärte sie ihm ohne irgend 
welche Furcht den Grund der Verspätung. Der 
Mann tat, als hätte er es nicht gehört, lud 
aber vier Tage darauf den Priester zum Essen 
und dazu noch einige Freunde, damit die Sache 
bekannter werde. Als man bei Tische saß, 
erzählte er zuerst den Vorfall und sagte dann 
zu dem Pfarrer gewandt: „Da Euch von allen 
Sachen meiner Frau der Zehnte zukommt, 



XS7 



sollt Ihr ihn auch hiervon haben !'^ Und damit 

stellte er ihm einen Topf voll von Kot imd 

Urin seiner Frau vor die Nase tmd zwang ihn, 

seinen Inhalt zu verzehren. 



156. 

VON EINEM ARZTE, DER DIE KRANKE 

FRAU EINES SCHNEIDERS VER- 

GEWALTIGTE. 

Ein Schneider in Florenz bat einen ihm be» 
kannten Arzt, zu seiner kranken Frau zu 
kommen. Dieser kam, w&hrend der Schneider 
fort war, in dessen Haus und vergewaltigte, 
so sehr sie sich auch wehrte, die im Bette 
liegende Frau. Als der Mann heimkehrte, traf 
er den Arzt, der gerade fortging und ihm sagte,, 
daß er seine Frau wieder gesund gemacht habe. 
Doch er traf diese in Tränen aufgelöst und 
ganz aufier Fassung. Als er die Treulosigkeit 
des Arztes erfahren hatte, schwieg er. Acht 
Tage später aber versah er sich mit einem 
Stück wertvollen Stoffes, suchte die Frau des 
Arztes auf und sagte ihr, er sei von ihrem 
Manne geschickt, um ihr ein Untergewand 
(es führt den Namen cotta) zu machen. Damit 
die MaBe ihres Körpers zur Anfertigung des 

IS« 



besagten Kleidungsstückes besser genommen 
werden konnten, war es nötig, daß sich die 
Frau, die sehr schön gewachsen war, fast ganz 
entkleidete« Als sie nun ausgezogen imd nie- 
mand in der Nähe war, vergewaltigte sie der 
Schneider, dem Arzte Gleiches mit Gleichem 
vergeltend, und verfehlte nicht, es ihm später 

zu erzählen. 



157- 

VON EINEM FLORENTINER, 
DER MIT DER TOCHTER EINER WITWE 

VERLOBT WAR. 

Ein Florentiner, der sich für sehr pfiffig hielt, 
hatte sich mit der Tochter einer Witwe ver- 
lobt. Er kam, wie es so geschieht, öfters in 
die Wohnung seiner Zukünftigen imd raubte 
dem Mädchen einmal in Abwesenheit der Mutter 
seine Unschuld. Die Mutter las auf dem Ant- 
litze des Mädchens, was geschehen war, und 
machte ihm die bittersten Vorwürfe, weil es 
das Haus entehrt, und erklärte schließlich, daß 
die künftige Heirat durchaus nicht sicher sei, 
und daß sie alles aufbieten würde, um die 
Verlobung aufzulösen. Als er seine künftige 
Schwiegermutter wieder hatte fortgehen sehen, 
kehrte der junge Mann zurück, traf das Mäd- 

159 



chen niedergeschlagen und erfuhr auf seine 
Frage nach der Ursache von dem Beschlüsse 
der Mutter, das Verhältnis zu lösen. y,Was willst 
du tun ?'' fragte er. y,Meiner Mutter gehorchen'^ 
antwortete die Kleine. y,Das liegt ganz bei dir'S 
sagte er darauf, und als sie fragte, auf welche 
Weise die Lösung bewerkstelligt werden könne, 
setzte er hinzu: „Das erste Mal hast du 
zu imterst gelegen, jetzt mußt du dich auf 
mich legen, damit das Verhältnis durch den 
gegenseitigen Akt gelöst werde.'' Das Mädchen 
stimmte zu und löste das Verhältnis. Einige 
Zeit < darauf nahm sie einen andern Mann, 
und auch er verheiratete sich. Als er Hoch- 
zeit machte, war seine frühere Braut zugegen, 
und als beide in Erinnerung an das Vorher- 
gegangene einander zulächelten, sah das die 
junge Frau und fragte, etwas Schlimmes arg- 
wöhnend, in der Nacht ihren Mann, was das 
Lächeln zu bedeuten gehabt habe. Er wollte 
nicht mit der Sprache heraus, , aber sie drang 
so lange in ihn, bis er die Geschichte erzählte 
und damit die Dummheit des Mädchens offen- 
barte. „Gott strafe siel" rief sie aus, „die so 
dumm war, das der Mutter zu gestehen l War 
es denn nötig, daß das dunune Ding seiner 
Mutter von Eurer geheimen Lust erzählte! 
Unser Diener hat mehr denn hundertmal bei 
mir geschlafen, aber niemals habe ich meiner 

i6o 



Mutter auch nur ein Wort gesagt/' Der Mann 
schwieg; denn er fühlte, daß er den verdienten 

Lohn erhalten hatte. 



158- 

VON EINEM WUCHERER AUS VICENZA. 

Ein Wucherer aus Vicenza forderte oftmals einen 
Mönch, der in hohem Ansehen stand und 
häufig Predigten über die Moral an das Volk 
hielt, auf, er möge scharf gegen die Wucherer 
losziehen und mit möglichstem Abscheu von 
diesem Laster sprechen, das hauptsächlich in 
dieser Stadt blühe. Er blieb so beharrlich bei 
dieser Aufforderung, daß er dem Mönch lästig 
wurde. Jemand, der sich wunderte, daB er sich 
so hartnäckig für die Verurteilung einer Sache 
einsetze, die ihn doch ernähre, fragte ihn, was 
er eigentlich mit seinem fortwährenden Drängen 
bezwecke. „Es gibt hier in Vicenza,'' antwortete 
ihm da der Wucherer, „so viele, die das 
Wuchergewerbe betreiben, daB nur sehr wenige 
Darlehnsbedürftige zu mir kommen, und ich 
nichts verdiene. Aber wenn man den anderen 
vom Wucher abrät, werden sie davon ablassen, 
und der Gewinn aller übrigen wird mir zu- 
fliefien." Diese Geschichte erzählte mir später 

der Mönch und lachte. 



xz 



161 



159. 

DER KOCH GIANNINO ERZÄHLT EINE 
SEHR WITZIGE GESCHICHTE. 

GianninOy der Koch von Baronto von Pistoja, 
der auch in Venedig seine Kunst ausgeübt 
hatte, erzählte bei einem Mahle der Sekretäre 
eine sehr lustige Geschichte. Ein ziemlich be- 
schränkter Venezianer hatte ungerechterweise 
Prügel bekonunen. Da er Söhne zu haben be- 
gehrte, welche die erlittene Schmach rächen 
sollten, seine Frau aber unfruchtbar war, bat 
er einen Freund, der sich rühmte, ein großer 
Künstler im Hervorbringen von Kindern zu sein, 
es zu übernehmen, ihm solche zu verschaffen. 
Dieser versprach, sein Bestes zu tun tmd ver- 
trat den Gatten bei seiner Frau. Als dieser 
eines Tages, während sein Feld von dem Freunde 
besät wurde, um das Werk nicht zu stören, 
in der Stadt spazieren ging und seinem Feinde, 
der ihm mit noch derberen Prügeln drohte, 
begegnete, rief er ihm zu tmd nickte dabei 
höhnisch mit dem Kopfe: „Sei nur ganz still, 
du Schafskopf. Du weißt nicht, was in meinem 
Hause gegen dich vorbereitet wird. Wenn du 
es wüßtest, würdest du nicht nur mit deinen 
Drohungen zurückhalten, sondern auch auf 
deiner Hut sein. Es wird, glaub's nur, etwas ge- 
macht, was es übernehmen wird, michzurächen.'* 

x62 



i6o. 

VON EINEM DUMMEN VENEZIANER, 

DER BEIM REITEN DIE SPOREN IN DER 

TASCHE TRUG. 

Weiter erzählte der Koch von der Dummheit 
eines anderen Venezianers, der zu Pferde ge- 
stiegen war, um aufs Land zu reiten und die 
Sporen in der Tasche mit sich trug. Als sein 
Gaul träge war und langsam ging, stieß er ihn 
öfters mit den Hacken in die Seiten und sagte: 
„Willst du dich nicht tununeln, he?I wenn du 
wüßtest, was ich in der Tasche habe, würdest 
du eine andere Gangart einschlagen.'' 



i6i. 
VON EINEM DUMMEN VENEZIANER, DER 
VON EINEM QUACKSALBER ANGEFÜHRT 

WURDE. 

Er erzählte auch noch eine andere Geschichte, 
über die wir sehr gelacht haben. Es kam ein- 
mal ein Quacksalber nach Venedig, auf dessen 
Reklameplakat ein männliches Glied gemalt 
war, das durch Bändchen in mehrere Teile ge- 
teilt wurde. Da näherte sich ihm ein Bürger 
und fragte ihn, was jene Einteilung zu be- 
deuten habe Zimi Scherz antwortete ihm der 
Quac k salber, sein Glied sei so beschaffen, daß, 

"• 163 



wenn er ein Weib nur mit dem ersten Viertel 
begatte, er Kaufleute erzeuge, wenn mit dem 
zweiten, Soldaten, mit dem dritten Heerführer 
und mit dem vierten Päpste. Für jede dieser 
Stufen forderte er einen bestimmten Preis. 
Der dumme Venezianer glaubte dies, besprach 
sich mit seiner Frau, ließ dann den Mann in 
sein Haus kommen und setzte mit ihm den 
Preis für einen Soldaten fest. Als der Char- 
latan sich zu dem Weibe gelegt hatte, tat der 
Venezianer, als ob er fortginge, versteckte sich 
aber heimlich hinter dem Bette.. Und während 
die beiden damit beschäftigt waren, einen Sol- 
daten zu erzeugen, sprang der Narr plötzlich 
hervor und drückte mit den Worten: „Bei den 
heiligen Evangelien Gottes, das wird ein Papst!'' 
den Hintern des Liegenden heftig nach unten, 
um auch des Vorteils teilhaftig zu werden, 
den das letzte Viertel in sich barg. Und er 
glaubte, den Quacksalber übertölpelt zu haben. 



162. 

VON EINEM VENEZIANER, DER AUF DEM 

RITT NACH TREVISO VON SEINEM DIENER 

EINEN STEINWURF IN DEN HINTERN 

BEKAM. 

Ein Venezianer, der auf dem Wege nach Tre- 
▼iso war, ritt auf einem Mietsgaul, während 

Z64 



sein Diener zu FuB folgte. Als dieser unter- 
wegs von einem Hufschlage des Pferdes am 
Schenkel getroffen wurde, ergriff er, vom 
Schmerz getrieben, einen Stein, um sich an 
dem Pferde zu rächen, traf damit aber zu- 
fällig den Hintern seines Herrn* Dieser aber, 
der ein dummer Mensch war, glaubte, sein 
Pferd habe dies getan. Als nun der Diener, 
der infolge seiner Wunde langsamer lief, von 
ihm gescholten wurde und sagte: „Ich kann 
nicht schneller gehen, das Pferd hat mich ge- 
schlagen und ich habe Schmerzen,'' rief er: 
„LaB dichs nicht verdrießen, das Biest hat das 
so an sich, wie mir scheint; denn auch mir 
hat es einen heftigen Hufschlag in's GesäB 

gegeben.'' 



163. 

VON EINEM FUCHS, DER AUF DER FLUCHT 

VOR DEN HUNDEN WAR UND VON EINEM 

BAUERN UNTERM STROH VERSTECKT 

WURDE. 

Der Fuchs flüchtete einmal vor den Himden, 
die hinter ihm her waren, zu einem Bauern, 
der auf seiner Tenne Weizen drasch und bat 
ihn, er möchte ihn vor den Hunden schützen; 
zugleich versprach er, sich niemals mehr an 

X6S 



seinen jungen Hühnern zu vergreifen. Der 
Bauer war einverstanden, nahm mit seiner 
Heugabel Stroh auf und bedeckte damit den 
Fuchs. Bald darauf erschien einer der Jäger 
und dann noch einer, die den Fuchs suchten, 
und sie fragten den Bauer, ob er ihn nicht 
habe vorbeikommen sehen und welchen Weg 
er genommen habe. Dieser sagte, der Fuchs 
habe den und den Weg genommen, deutete 
aber durch Winke und Blicke an, dafi er 
unter dem Stroh versteckt liege. Die Jäger 
hatten aber mehr auf seine Worte acht, als 
auf seinen Wink und zogen ab. Darauf deckte 
der Bauer den Fuchs auf und sagte: „Nun 
halte auch dein Versprechen; denn dank meinen 
Worten bist du der Gefahr entronnen; ich 
habe gesagt, du seist geflohen.'' Der Fuchs 
aber, der für sein Leben gefürchtet und zwi- 
schen den Halmen hindurch den Bauer scharf 
beobachtet hatte, sagte: „Deine Worte waren 
gut, deine Taten jedoch sehr schlecht.'' Das 
geht auf jene, die anders tun, als sie reden. 



164. 

VON EINEM FLORENTINER, DER EIN 
PFERD KAUFTE. 

Ein mir bekannter Florentiner sah sich in 
Rom gezwungen, ein Pferd zu kaufen und 

166 



kam mit dem Verkäufer, der 25 Golddukaten, 
was für den Gaul ein zu hoher Preis war, 
verlangte, überein, er werde ihm 15 Dukaten 
gleich geben und den Rest schuldig bleiben. 
Der Verkäufer war damit einverstanden. Als 
er aber am folgenden Tage den Rest verlangte, 
verweigerte der Käufer die Bezahlung mit dem 
Bemerken: „Halte an unserer Abmachung festl 
Wir haben ausgemacht, daB ich dein Schuldner 
bleiben soll ; wenn ich dich aber bezahlen würde, 
könnte ich es doch nicht mehr sein." 



165. 

SEHR GUTER WITZ DES GAUKLERS 

GONNELLA. 

Gonnella, ein sehr witziger Gaukler, versprach 
einem Ferraresen, der dies brennend wünschte, 
er werde aus ihm gegen eine geringe Ent- 
schädigung einen Wahrsager machen. Er legte 
sich mit ihm in ein Bett schlafen und lieB 
einen leisen Wind streichen, worauf er ihm 
befahl, mit dem Kopfe unter die Decke zu 
kriechen. Der Ferrarese tat es, fuhr aber so- 
gleich, von dem Gestank gezwungen, wieder 
hervor. „Du hast gefurzt, wie mir scheint,'^ 
rief er — worauf Gonnella: „Gib das Geld; 
denn du hast richtig gewahrsagt I" 

X67 



i66. 

ANDERE SCHERZHAFTE GESCHICHTE 
VON EINEM, DER WAHRSAGER WERDEN 

WOLLTE. 

Zu einem andern, der Wahrsager zu werden 
wünschte, sagte Gonnella: „Vermittelst einer 
einzigen Pille werde ich dich dazu machen.'^ 
Der war einverstanden, und Gonella steckte 
ihm eine aus Kot gedrehte Pille in den Mund. 
Alsbald aber spuckte jener sie wieder aus, weil 
sie so stank und sagte: „Das schmeckt ja nach 
Kot!'' „Richtig geraten!'' sagte da der Gauk- 
ler und forderte den bedungenen Lohn. 



167. 

VON WUNDERN, DIE DEM PAPSTE EUGEN 
GEMELDET WURDEN. 

Im Monat Oktober dieses Jahres, als der Papst 
wiederum in Florenz war, wurde von mehreren 
Wundem berichtet imd zwar von so sicheren 
Gewährsleuten, daß es Dummheit gewesen wäre, 
ihnen keinen Glauben zu schenken. Aus Como 
eingetroffene Briefe von sehr ehrenwerten Leu- 
ten, die versicherten, die Nachrichten seien 
ihnen von vielen Augenzeugen übermittelt 
worden, bezeugten, daB eines Abends, um die 

z68 



21. Stunde, von einer gewissen Stelle, die fünf 
Meilen außerhalb von Como liegt, eine unge- 
heuere Menge von Hunden — es mochten 
gegen 4000 gewesen — gesehen worden sei, 
die von roter Farbe zu sein schienen und in 
der Richtung nach Deutschland zogen. Dieser 
Schar, die gewissermaßen die Vorhut bildete, 
folgte eine gewaltige Anzahl von Rindern und 
Kleinvieh, hierauf iReiter und Fußvolk, in Ba- 
taillone und Kompagnien geteilt, viele darunter 
mit Schilden versehen, in so großer Menge, 
daß sie ein ganzes Heer ausmachten. Ein Teil 
von ihnen schien kaum Köpfe zu haben, die 
andern hatten überhaupt keine. Die Nachhut 
bestand aus einem sehr großen Manne, der 
aussah wie ein Gigant und auf einem mäch^ 
tigen Gaule saß und einen großen Troß von 
Lasttieren verschiedener Art einhertrieb. Der 
ungeheuere Zug brauchte fast drei Stimden 
ziun Vorüberziehen, so daß er an verschiedenen 
Orten gleichzeitig wahrgenommen werden konnte« 
Daher sind viele Zeugen davon geworden, Männer 
wie Frauen, und sie hatten sich sogar ge- 
nähert, um besser sehen zu können. Nach 
Sonnenuntergang sah man, gleich, als wenn er 
in andere Gegenden hinübergezogen wäre, diesen 

Zug nirgends mehr. 



X69 



i68. 

EIN ANDERES WUNDER. 

Einige Tage darauf wurden auch aus der Stadt 
Rom wunderbare Dinge berichtet, die un- 
zweifelhaft wahr sind, da die Spuren davon 
noch deutlich zu sehen sind. Am 20. September 
wurden durch einen Wirbelsturm die Mauern 
eines verlassenen Kastells, namens Borghetto, 
sechs Meilen von der Stadt, und ebenso eine 
uralte Kirche, die der Stelle benachbart stand, 
in Trümmer gelegt und die Steine in einer 
Weise auseinandergerissen, als ob sie von 
Menschenhänden verstreut worden wären. Von 
einer kleinen Herberge, in der sich verschiedene 
Reisende befanden — es hatten sich nämlich 
viele dorthin geflüchtet — , wurde das ganze 
Dach abgehoben und weit fort auf die StraBe 
verweht, ohne daB ein Mensch dabei zu Schaden 
kam. Auch der Turm der Kirche der heiligen 
Ruffina, die zehn Meilen von der Stadt ent- 
fernt auf der andern Seite des Tibers liegt, 
nach dem Meere zu, an einem Orte, der Ca- 
sale heiBt, wurde aufgehoben und zu Boden 
geschleudert. Und denen, die sich über diese 
Dinge wunderten und Nachforschungen darüber 
anstellten, erzählten zwei Rinderhirten, die der 
Landwirtschaft wegen in Casale wohnten und 
veranlaBtdurchdieseEreignisse nach Romkamen, 



170 



daB sie mehrmals in den benachbarten Ge- 
hölzen jenen Kardinal, den man den Patri- 
archen nannte, und der unlängst im Mausoleum 
des Hadrian an einer Wunde verstarb, hätten 
wandeln sehen. Er trug ein Oberkleid von 
Leinen, wie es bei den Kardinälen üblich ist, 
und auf dem Kopfe das Barett, wie er 
es zu tragen pflegte, war voll Trauer und 
jammerte und klagte. In jenem Augenblicke 
aber, als der Sturm am heftigsten tobte, sahen 
sie ihn in der Luft inmitten des Wirbels jenen 
Turm umarmen, ihn weit von seinem Stand- 
orte fortführen und auf die Erde schleudern. 
Außerdem wurden mehrere Eichen und Stein- 
eichen von gewaltiger Dicke ausgerissen und 
fortgeweht. Diesen Berichten wurde wenig 
Glauben geschenkt, aber viele überzeugten sich 
durch den Augenschein von der Zerstörung und 
bestätigten sie dann als Tatsache. 



169. 

VON EINEM BETRÜGERISCHEN FLOREN- 
TINER NOTAR. 

Ein Notar in Florenz, der mit seinem Geschäft 
wenig Seide spann, hatte sich eine Spitzbüberei 
ausgesonnen, die ihm Gewinn versprach, und 
wandte sich darum an einen jungen Mann 

171 



mit der Frage, ob er die 500 Gulden zurück- 
erhalten habe, die sein Vater einer Person, die 
jetzt nicht mehr am Leben war, geliehen hatte. 
Jener, der nichts davon wußte, stellte in Ab- 
rede, daB sich eine solche Schuldverschreibung 
unter den Papieren seines Vaters befinde. Der 
Notar versicherte, daß die Schuld aus einem 
Instrumente, das er selbst aufgesetzt, hervor- 
gehe und veranlaßte den jungen Mann ihm 
die betreffende Abschrift abzukaufen undjsich 
an den Bürgermeister zur Beitreibung fder 
Schuld zu wenden. Der Sohn des angeblichen 
Schuldners wurde vorgeladen und leugnete, 
daß sein Vater jemals irgend etwas von dem 
andern geliehen habe, da nichts darüber — 
wie es sonst bei Kauf leuten Sitte ist — in den 
Büchern stehe. Darauf suchte er sofort den 
Notar auf und zieh ihn des Betruges, da er 
ein Aktenstück geschrieben, dem kein tatsäch- 
liches Übereinkommen zugrunde liege. Der 
Notar aber antwortete ihm: „Mein Sohn, die 
Ereignisse jener Zeit sind dir unbekannt, da 
du noch nicht geboren warst; dein Vater hat 
damals jene Summe entliehen, sie aber nach 
wenigen Monaten wieder ziuitckerstattet, und 
ich habe selbst die Quittung für deinen Vater 
aufgesetzt.^' Der Sohn brachte diese Quitttmg 
durch 2^ahlung eines gewissen Betrages an 
sich und befreite sich dadurch von weiteren 



172 



Belästigungen« So bezog der Notar durch diesen 
hübschen Betrug Geld von beiden Parteien. 



170. 

VON EINEM MÖNCHE, DER SEIN GLIED 
DURCH DAS LOCH EINES BRETTCHENS 

EINFÜHRTE. 

Im Picener Gebiete liegt eine Stadt namens Jesi. 
Dort lebte ein Mönch, der Lupo genannt wurde 
und in ein junges Mädchen verliebt war, das 
noch Jungfrau war. Nachdem er es oftmals 
zu gemeinsamer Lust aufgefordert hatte, gab 
es endlich nach. Da es aber aus Furcht vor 
zu großen Schmerzen etwas Widerstreben zeigte, 
sagte der Mönch, er wolle ein Holzbrettchen 
mit einem Loche suchen, durch das die Lanze 
gestoßen werden solle, und es zwischen sie 
beide legen. Er suchte also ein ganz dünnes 
Tannenbrettchen und durchlöcherte es ein 
wenig, dann kam er in aller Heimlichkeit zu 
dem jungen Mädchen, steckte sein Glied, das 
noch ruhig war, durch die öfinimg, streifte 
der Kleinen die Röcke empor und trachtete, 
während er anfing, sie abzuküssen, nach dem 
ersehnten Leckerbissen. Aber, aufgeweckt durch 
die Wonne des geküßten Mundes imd die Be- 

173 



rührung der unteren Teile, fing sein Glied an 
schnell und über das Maß des Loches im Brett 
hinaus zu schwellen, so daß es schmerzhaft 
festsaß. Es war nun derart eingeklemmt, daß 
es weder vorwärts noch rückwärts konnte, 
ohne heftige Schmerzen. Als die Wollust sich 
so in Pein verwandelt hatte, fing der Mönch, 
für den diese Folter zu stark war, an zu ächzen 
und zu schreien. Das erschreckte Mädchen ver- 
suchte ihn durch Küsse zu trösten und das 
Ersehnte zu vollenden, vergrößerte aber nur 
seine Qual, anstatt ihm Linderung zu schaffen; 
denn da das Glied dadurch noch stärker an- 
schwoll, wurde es noch mehr eingezwängt. 
Der unglückliche Mönch, der die größten Qualen 
litt, bat nun um Wasser, um sein Glied damit 
zu besprengen und zu beruhigen. Die Jung- 
frau aber hatte Furcht vor den Leuten im Hause 
und wagte nicht, Wasser zu holen. Endlich 
jedoch brachte sie, erschüttert durch den 
Schmerz und das Stöhnen des Mannes, solches 
herbei, goß es ihm auf den Unterleib und den 
in die Tafel eingeschlossenen Teil, und allmählich 
wich die Schwellung. Der Mönch zog, da er schon 
einiges Geräusch im Hause hörte, und nur noch den 
Wunsch hatte f ortzukcmimen, seinstarkzerschun- 
denes Glied ausdem Brettchen und machte sich da- 
von. Und da er einen Arzt zu Rate ziehen 
mußte, wurde die Geschichte ruchbar. — Wenn 



174 



jeden seine Begierden so teuer zu stehen kämen, 
würden viele enthaltsamer sein. 



171. 

SCHRECKLICHE GESCHICHTE VON EINEM 
KNABEN, DER KLEINE KINDER FRASS. 

Ich will unseren Plaudereien auch eine Ge- 
schichte einfügen, verrucht und schrecklich, 
wie man sie niemals zuvor vernonunen hat, 
und die ich für erfunden hielt, bis ich durch 
den Brief eines Sekretärs des Königs überzeugt 
wurde, dafi es damit seine Richtigkeit habe. 
Folgendes war es also, worüber ein Teil des 
Briefes handelte: „Eine ungeheuerliche Tat ist 
zehn Meilen von Neapel am Monte Somma bei 
dem Dorfe gleichen Namens geschehen. Ein 
dreizehnjähriger Knabe aus der Lombardei wurde 
ergriffen und vor den Bürgermeister geführt, 
weil er bereits zwei Kinder von drei Jahren 
verzehrt hatte. Er lockte sie durch Liebkosimgen 
in eine Höhle, hing sie dort auf und zerstückelte 
sie; zum Teil aß er das noch warme Fleisch 
roh, zum Teil kochte er es auf dem Feuer. 
Er gestand, daß er noch mehrere andere ver- 
zehrt habe, imd daß er das tue, weil ihm das 
Kinderfleisch schmackhafter als alles andere 
erscheine; wenn er könne, werde er wieder 



175 



solches essen. Man war im Zweifel , ob man 
es mit einem Irrsinnigen zu tun habe, aber er 
antwortete auf alles übrige so verständig, daß 
es offensichtlich war, dafi er das alles aus 
Wildheit und nicht aus Geisteskrankheit 

getan habe/' 



172. 

VON EINEM FLORENTINER EDELMANN, 

DER TAT, ALS OB ER AUSGEHE, SICH 

ABER OHNE WISSEN SEINER FRAU IM 

SCHLAFZIMMER VERSTECKTE. 

Ein Florentiner Edelmann, der am Podagra litt 
— seinen Namen verschweige ich um seiner 
Ehre willen — , hatte eine Frau, die ihre Augen 
auf den Verwalter des Hauses geworfen hatte. 
Er war dahintergekommen, und an einem Fest- 
tage tat er, als ginge er aus, versteckte sich 
aber, ohne daß seine Frau etwas davon ahnte, 
im Schlaf gemach. Im Glauben, ihr Mann sei 
fort, rief diese sogleich in aller Heimlichkeit 
den Verwalter und sagte ihm nach einigen 
Worten des Willkonunens: „Wir wollen irgend 
ein Spiel zusanunen spielen.'' Er war ein- 
verstanden, und sie fuhr fort: „Wir wollen 
Krieg spielen und nachher Frieden schließen." 
Und als der Verwalter fragte, wie sie das 

176 



meine, sagte sie: »yWir wollen ein wenig mit- 
einander kämpfen, und wenn du mich zu Boden 
genmgen hast, sollst du mit deiner Lanze in 
meine Wunde fahren, und schließlich wollen 
wir Frieden schließen, indem wir Küsse wechseln.'' 
Es behagte dem guten Manne, der den Frieden 
immer von allen hatte preisen hören, dafi 
er einen so angenehmen Frieden schließen 
sollte. Als sie aber beieinander lagen und sich 
zum Frieden vorbereiteten, trat der Edelmann aus 
seinem Versteck hervor und rief: „Hundertmal 
habe ich in meinem Leben Frieden geschlossen, 
diesen einen jedoch werde ich gegen meine Ge- 
wohnheit Vereiteini '' So mußten sie auseinander- 
gehen, ohne Frieden geschlossen zu haben. 



173. 

VON EINEM, DER FÜR SEHR KEUSCH 
GELTEN WOLLTE UND BEIM EHEBRUCH 

ERWISCHT WURDE. 

Einer unserer Mitbürger, der für sehr keusch 
und fronun gelten wollte, wurde einmal von 
einem Freunde bei einer Dirne auf der Tat er- 
tappt imd heftig getadelt, daß er, der die Keusch- 
heit predige, in ein solches Laster verfalle. 
Darauf erwiderte der Biedermann: „Ho, hol 
Du glaubst doch nicht etwa, daß ich dies aus 

la 177 



Lasterhaftigkeit tue — nein, ich tue es, um 
dieses elende Fleisch zu bezwingen und zu quälen 
und um mir die Lenden zu reinigen/' So 
machen es jene schlimmen Heuchler, die sich 
alles erlauben, aber ihre Begierden und laster- 
haftenXaten immermiteinem Tugendmanteichen 

bedecken wollen. 



174. 
EINE AHNLICHE GESCHICHTE. 

Ein Eremit, der zur Zeit Pietro Gambacortas 
in Pisa wohnte, führte eines Nachts eine Dirne 
in seine Zelle und bediente sich ihrer an die 
zwanzigmal. Und jedesmal, wenn er den Hintern 
bewegte, sagte er, um das Verbrechen der Aus- 
schweifung zu umgehen: „Domatt\ carne catti- 
velia/'\ d.h. Quäle dich, erbärmliches Fleisch!'' 
Die Dirne erzählte das weiter, und er wurde 
dafür aus der Stadt gejagt. 



175- 
VON EINEM ARMEN MANNE, DER SEINEN 
LEBENSUNTERHALT MIT EINER BARKE 

VERDIENTE. 

Ein armer Mann, der seinen Lebensunterhalt 
verdiente, indem er Leute in einer Barke über 

178 



einen Flufi setzte, war eines Abends, nachdem 
er den ganzen Tag niemand übergesetzt hatte, 
gerade dabei, nach Hause zu gehen, als in der 
Feme jemand auftauchte und ihm zurief, ihn 
.hinüberzufahren; Der Fährmann kehrte in der 
Hoffnung auf einen kleinen Verdienst um und 
setzte guter Dinge den Mann über. Als er 
aber sein Geld verlangte, schwor jener Stein 
und Bein, keinen Heller zu besitzen und wollte 
ihm statt dessen weise Ratschläge geben. „Was 1 '' 
rief der Schiffer, „kann ich denn meine hungernde 
Familie mit guten Ratschlägen, statt mit Brot 
ernähren?'' „Ich kann dich aber nur mit solchen 
zufrieden stellen'', antwortete der andere. Zornig 
verlangte der Schiffer nun die Ratschläge zu 
hören. „Höre!" sagte der Fremde: „Setze 
künftighin niemals mehr irgend jemand über, 
bevor du dein Geld erhalten hast, und dann: 
sage niemals deiner Frau, daß irgend jemand 
ein größeres Glied habe, als du!" Nachdem er 
dies gehört hatte, ging der Schiffer traurig nach 
Hause. Als seine Frau ihn um das verdiente 
Geld bat, um Brot dafür zu kaufen, sagte er, 
daß er statt des Fahrlohnes gute Ratschläge 
mit heimbekommen habe, und er erzählte die 
Geschichte ausführlich und teilte die erhaltenen 
Ratschläge mit. Bei der Erwähnung des Gliedes 
spitzte das Weib die Ohren und fragte: „Wie 
denn, lieber Mann, sind die denn bei Euch nicht 

"• X79 



alle gleich groB?'' „O nein/' antwortete ^.w«^., 
yyes herrscht unter uns darin eine groBe Ver- 
schiedenheit* Unser Pfarrer z. B. übertrifft uns 
alle beinahe um die Hälfte,'^ und er bezeichnete 
dabei an seinem ausgestreckten Arme das MaB. 
Das Weib wurde sogleich von Begierde nach 
dem Priester erfaßt und ruhte nicht eher, bis 
es sich davon überzeugt hatte, dafi der Mann 
die Wahrheit gesagt« So verkehrte sich der 
gute Rat ins Gegenteil, und der Schiffer lernte, 
daß man verschweigen mufi, was einem 

schaden kann. 



176, 

VON EINEM DUMMKOPF AUS MAILAND, 

DER SEINEM BEICHTVATER DAS GE- 
SCHRIEBENE VERZEICHNIS SEINER SÜN- 
DEN BRACHTE. 

Ein Mailänder hatte, sei es aus Dummheit, 
oder aus Heuchelei, oder weil er vergeßlich 
war, ein dickes Buch mit seinen Sünden voll 
geschrieben und ging damit zu Antonio Rauda- 
nense von Mailand, einem sehr gelehrten und 
mit dergleichen sehr vertrauten Minoriten, um 
ihm seine Sünden zu beichten. Er überreichte 
ihm das Buch und bat ihn, es zu lesen, es 
enthalte seine Beichte. Der erfahrene und Iduge 

180 



Mann sah, daB diese Lektüre viel Zeit in An- 
spruch nehmen würde, fragte daher den um- 
ständlichen Sonderling, dessen Beschränktheit 
ihm nicht verborgen geblieben war, kurz nach 
diesem und jenem und sagte dann: „Ich ab- 
solviere dich von allen Sünden, die sich in 
diesem Buche aufgezeichnet finden." Und als 
jener ihn fragte, welche Bufie er ihm auferlege, 
antwortete der Geistliche: „Du sollst dein Buch 
da einen Monat lang täglich siebenmal durch- 
lesen/' Und als er einwandte, das sei nicht 
möglich, beharrte der Beichtvater trotzdem auf 
seinem Spruche. Auf diese Weise wurde die 
Weitschweifigkeit des Narren bestraft. 



177. 

VON JEMAND, DER WAHREND EINES BE- 
SUCHES BEI DEN VERWANDTEN SEINER 
FRAU VON SEINEM FREUNDE GELOBT 
WERDEN WOLLTE. 

Einer, der sich keiner festen Gesimdheit er- 
freute und ziemlich unbemittelt war, nahm 
eine Frau. Einmal war er im Sommer bei den 
Eltern seiner Gattin zum Essen eingeladen und 
nahm einen Freund mit sich, den er bat, alles, 
was er von sich sagen werde, in seinem Inter- 
esse noch zu übertrumpfen. Als nun die 

i8z 



Schwiegermutter ihren Beifall über den Rock, 
den er anhatte, aussprach, sagte der Schwieger- 
sohn, er habe noch einen anderen, viel schö- 
neren. Darauf sagte der Freund, er besitze 
aufier jenem sogar noch einen doppelt so kost- 
baren. Als darauf der Schwiegervater fragte, 
was für Liegenschaften er sein nenne, sagte 
er, er besitze außerhalb der Stadt ein Gut, 
dessen Ertrag für seinen Lebensimterhalt aus- 
reiche. „Vergiss nicht,'' sagte da sein Freund, 
„das andere Landgut, das noch viel schöner ist 
und dir soviel Geld einbringt!'' Und auch 
ferner fügte der Freund zu allem, wessen jener 
sich rülmite, das Doppelte hinzu. Als der 
Schwiegervater ihn nun, da er wenig aß, er- 
munterte, doch zuzugreifen, sagte er: „Ich be- 
finde mich im Sommer* nicht gut." Worauf 
der Freund, der seine Rolle durchführen wollte: 
„Es steht noch schlimmer, als er sagt; denn 
er befindet sich im Sommer schlecht, im Winter 
aber noch viel schlechter." Durch diese Worte 
brachte er alle zimi Lachen. So trug die Eitel- 
keit des einfältigen Menschen, der in dem fal- 
schen Lobe eine Genugtuung gesucht hatte, 
den Lohn davon, welcher der Dimmiheit 

gebührt. 



182 



178. 

VON PASQUINO DA SIENA, DER ZU EINEM 

MITGLIEDE DES STAATSKÖRPERS SAGTE, 

DIESER MÖGE IHN AUSFURZEN. 

Als Pasquino da Siena, ein Mann ToUbeiBen^ 
den Witzes, welcher stets zum Scherzen aufgelegt 
war, infolge eines Umsturzes in seiner Vater- 
stadt sich-als Verbannter von dort nach Ferrara 
begeben hatte, suchte ihn ein Bürger von Siena 
auf, mit dem nicht gerade viel los war, und 
der sich auf dem Rückwege von Venedig nach 
Siena befand. Höflich von Pasquino aufge- 
nonmien, fragte er ihn im Laufe der Unter- 
haltung, ob er nicht irgend etwas für ihn tun 
könne, und versprach ihm seine guten Dienste 
in Siena, indem er prahlerisch hinzufügte, er 
vermöge viel, denn er gehöre dem gegenwärtigen 
Staatskörper an. Darauf erwiderte Pasquino: 
„Wenn doch dieser Körper geschwind einen 
Furz lieBe, damit du und deinesgleichen so 
schnell wie möglich hinausflögen !'' Mit dieser 
beißenden Bemerkung bestrafte er die Ober- 

hebimg des Mannes. 



183 



179- 

VON EINEM'DUMMEN DOKTOR, DER BEIM 
VOGELFANG LATEINISCH SPRACH. 

Ein Doktor aus Mailand, der ziemlich unwissend 
und einfältig war, bat einen Mann, der mit 
einem Käuzchen auf die Vogeljagd ging, er 
möge ihn mitnehmen, da er sehen wolle, wie 
man Vögel fängt. Der Vogelfänger willigte ein 
und postierte ihn hinter eine Laubdeckung 
neben dem Käuzchen, unter der Bedingung, 
daB er kein Wort spreche, da sonst die Vögel 
▼erscheucht würden. Als sich nun eine Menge 
kleiner Vögel eingefunden hatte, rief der Dumm- 
kopf sofort, es seien viele Vögel da, der Jäger 
möge das Netz zuziehen. Als die Vögel die 
Stimme hörten, flogen sie davon. Heftig von 
dem Vogelsteller angefahren, versprach er, ruhig 
zu sein ; als sich die Vögel aber wiederum ein- 
gefunden hatten, rief er sofort auf lateinisch: 
,,Aues permuliae sunt/*\ überzeugt, daB, wenn 
er lateinisch rede, er von ihnen sicher nicht 
würde verstanden werden. Abermals flogen die 
Vögel davon, und der Fänger, der die Hoffnung 
auf Beute vereitelt sah, machte ihm heftige 
Vorwürfe, dafi er wieder gesprochen jiabe. „Ja, 
verstehen die Vögel denn Latein ?'' fragte der 
Doktor darauf. Der kluge Mann meinte, die 
Vögel seien nicht infolge des Tones der Stimme, 

184 



sondern weil sie den Sinn der Worte verstan- 
den hätten, daTongeflogen. 



i8o. 

VON EINER FRAU, DIE SICH GELOBT 

GLAUBTE, ALS MAN IHR SAGTE, SIE HABE 

EINE SEHR WEITE ÖFFNUNG. 

Eine verheiratete Frau aus Siena lag mit einem 
Liebhaber im Bette. Als dieser nach dem Akte, 
um ihr einen Tort anzutun, sagte, er habe 
niemals bei einer andern eine so weite Scheide 
gefunden, glaubte sie das als Lob auffassen zu 
müssen und erwiderte: „Zu liebenswürdig von 
dir, das zu sagen, ich verdiene es aber gär 
nicht. O, wenn es doch so wäre, wie du ge- 
sagt hast, ich würde mich dann für viel schöner 
und liebenswerter halten dürfen!'' 



i8i. 

KOMISCHE BEMERKUNG EINER JUNGEN 
FRAU, DIE IN DEN WEHEN LAG. 

Eine junge Frau in Florenz, die nicht zu den 
klügsten gehörte, lag in den Wehen und hatte 
groBe Schmerzen auszuhalten. Als die Qualen 
schon längere Zeit andauerten und die Hebanune 
das Licht nahm und unten nachsah, 

i8S 



ob sich das Kind nicht schon zeige» sagte die 
Gebärende, sie solle doch auch hinten nach- 
sehen, ob das Kind dort vielleicht komme; 
denn ihr Mann habe manchmal auch diesen 

Weg genonunen. 



182. 

VON JEMAND, DER EINEN RÖMISCHEN 
JÜNGLING AUFS HÖCHSTE LOBTE. 

Einer von uns lobte einen Jüngling aus Rom, 
der sehr schön, dabei aber auch sehr anständig 
und wissenschaftlich gebildet war, über die 
Maßen und hob seine Schönheit und seine 
Sitten bis in den Himmel. Endlich sagte er 
als höchstes Lob : „Ich glaube, daß unser Herr 
Jesus Christus, als er in diesem Alter stand, 
ebenso ausgesehen haben muß, wie er.'' Für- 
wahr ein ungeheures Lob der Schönheit, wie 
es weder Demosthenes noch Cicero größer hätten 

erfinden können! 



183. 

VON MEHREREN PERSONEN, DIE VER- 
SCHIEDENE WÜNSCHE HATTEN. 

In Florenz unterhielten sich einmal mehrere 
Leute und wünschten sich, wie es manchmal 

186 



geschieht, verschiedene Glücksgüter. Nachdem 
einer gesagt hatte, er möchte Papst, ein an- 
derer, er möchte König, ein dritter, ich weiB 
nicht was, sein, sagte ein vorlauter Knabe, der 
zugegen war: „Und ich möchte eine Melone 
sein/' Und als man ihn fragte, warum? ant- 
wortete er: „Weil mir dann alle den Hintern 
beriechen würden/' Es ist nämlich eine ver- 
breitete Sitte, daß der Käufer einer Melone sie 

unten beriecht. 



184. 

VON EINEM KAUFMANN, DER UNTER DEN 

LOBENSWERTEN EIGENSCHAFTEN SEINER 

FRAU ANFÜHRTE, DASS SIE NIEMALS 

EINEN STREICHEN LIESS. 

Es lobte einmal ein Kaufmann seinem Patron 
gegenüber seine Frau und hob unter anderem 
hervor, daß sie noch nie einen Wind habe 
streichen lassen. Der Patron wunderte sich 
darüber und behauptete, das sei unmöglich und 
wettete um eine leckere Mahlzeit, daB die Frau 
vor Ablauf dreier Monate mehrere Winde von 
sich geben würde. Am folgenden Tage bat er 
den Kaufmann, ihm 500 Dukaten auf acht 
Tage vorzustrecken. Es fiel diesem nicht leicht, 
eine so groBe Summe herzuleihen, aber schlieS- 

187 



lieh bequemte er sich dazu und gab das Geld. 
Nachdem er sorgenvoll den Verfalltag ab- 
gewartet hatte, gii^: er zu seinem Patron, um 
das Geld zurückzufordern. Dieser tat, als be- 
finde er sich in einer groBen Klemme, und bat 
den Kaufmann, er möge ihm für eine sehr 
dringende Sache weitere 500 Dukaten leihen, 
die er mit den vorigen innerhalb eines Monats 
zurückerstatten würde. Der aber weigerte sich 
längereZeit, indem erseine engen Verhältnisse vor- 
schützte, gab aber endlich, aus Furcht, die ersten 
fünfhundert zu verlieren, unter vielen Seufzern 
das Geld her. Nach Hause zurückgekehrt, be- 
mächtigte sich seiner grofie Niedergeschlagenheit, 
und er hatte den Kopf voller Sorgen, schwerer Ge- 
danken und schlimmer Zweifel — kein Wunder, 
dafi er seine Nächte schlaflos verbrachte. Als 
er so wach lag, hörte er häufig, wie seine Frau 
im Schlafe furzte. Nach Ablauf des Monats 
lieB der Patron ihn zu sich rufen und fragte 
ihn, ob er während dieser Zeit nicht irgend 
einmal eines der bewußten Geräusche bei seiner 
Frau gehört habe. Da gestand der Kaufmann 
seinen Irrtum ein und sagte: „Ja, so oft, dafi 
ich nicht nur eine Mahlzeit, sondern mein 
ganzes Vermögen drauf gehen lassen müßte/' 
Daraufhin erhielt er sein Geld zurück und be- 
zahlte das MahL — Viele Dinge entgehen denen, 

die fest schlafen. 



188 



i85. 

EIN VERLEUMDER ERHÄLT EINE SEHR 

WEISE ANTWORT. 

Luigi Marsili Tom Augustinerorden, der vor 
nicht langer Zeit in Florenz lebte, war ein 
Mann von ausgezeichnetem Verstände und großer 
Gelehrsamkeit. Dieser alte Mann hatte einen 
armen Knaben, namens Giovanni, einen Lands- 
mann von mir — ich habe ihn gekannt — , 
erzogen und in den Wissenschaften unterrichtet, 
so dafi später ein sehr gelehrter Mann aus ihm 
wurde. Ein Mitschüler von ihm aus Florenz — 
der Alte hatte nämlich mehrere Schüler — 
fing, neidisch auf ihn, an, ihn heimlich bei 
seinem Lehrer anzuschwärzen, indem er be- 
hauptete, er sei undankbar und denke und 
spreche schlecht von seinem Wohltäter. Nach- 
dem er dies mehrmals getan hatte, fragte ihn 
der Alte, der sehr klug war, einmal : „Seit wie 
lange kennst du den Giovanni?'' Und als der 
Verleumder geantwortet hatte: „Ich kenne 
ihn nicht länger als ein Jahr'', sagte Luigi: 
„Ich wundere mich, daß du dich für so weise 
hältst und mich für so dumm, dafi du glaubst, 
den Charakter und die Sitten des Giovanni 
nach einem Jahre besser zu kennen, als ich 
nach zehn Jahren." Eine sehr weise Antwort, 
welche die Bosheit des Verleumders strafte und 

189 



die Treue des Jünglings anerkannte. Wenn 
mehr Leute es so machten, wurden der Neid 
und die Verleumdung weniger Erfolg haben. 



i86. 

WITZIGE ANTWORT, DIE AUF VIELE 
BISCHÖFE PASST. 

Derselbe Luigi Marsili antwortete auf die Frage 
eines Freundes, was die beiden Spitzen der 
Bischofe-Mitren zu bedeuten hätten, die vor- 
dere bedeute das Neue, die hintere das Alte 
Testament, die sie im Kop e haben müfiten. Und 
als der Freund weiter fragte, was die beiden 
bandartigen Anhängsel bedeuteten, die von der 
Mitra hinten auf den Rücken herabhängen, 
sagte er : „Sie bedeuten, daß die Bischöfe weder 
das eine noch das andere kennen." Witzige 
Antwort, die bei vielen Bischöfen zutrifft. 



187. 

WITZIGE BEMERKUNG ÜBER FRANCESCO 

FILELFO. 

Einmal kam im apostolischen Palast, im Kreise 
der Sekretäre, der gewöhnlich von vielen ge- 
lehrten Leuten aufgesucht wurde, die Rede auf 

ISK> 



das unreine und schimpfliche Leben des ver- 
brecherischsten aller Menschen — Francesco 
Filelfo. Und nachdem viele eine Menge seiner 
Schandtaten erzählt hatten^ fragte einer, ob 
Filelfo aus edlem Stamme sei. ,,Allerdings/^ 
sagte da einer seiner Landsleute, ein vortreff- 
licher und sehr witziger Mann mit ernsthafter 
Miene, „er ist sogar aus glänzendem Stanune ; 
denn sein Vater zog morgens immer seidene 
Kleider an.'' Er wollte damit sagen, daB Filelfo 
der Sohn eines Priesters sei. Die Gewänder, deren 
sich die Geistlichen bei ihren Funktionen be- 
dienen, bestehen nämlich meistens aus Seide. 



i88. 
WITZIGE ANSPIELUNG AUF DENSELBEN. 

Darauf sagte ein anderer, der auch gerne einen 
Witz vom Stapel liefi: „Es ist nicht wunder- 
bar, wenn er als Enkel des Jupiter den Taten 
seiner Vorfahren nacheiferte und eine zweite 
Europa und einen zweiten Ganymed raubte. 
Er spielte damit darauf an, daß Filelfo eine 
griechische Jungfrau, die Tochter des Jo- 
hannes Chrysoloras, nachdem er sie entehrt, 
nach Italien gebracht und einen Knaben aus 
Padua wegen seiner Schönheit mit nach Griechen- 
land genommen hatte. 



191 



189. 

VON EINEM NOTAR, DER HURENWIRT 

WURDE. 

In Avignon lebte ein französischer Notar, der 
bei der römischen Kurie sehr bekannt war. 
Dieser hatte sich in ein öffentliches Mädchen 
▼erliebt, hing sein Metier an den Nagel und 
▼erdiente sich seinen Lebensunterhalt als Huren- 
wirt. Zu Beginn des Jahres zog er ein neues 
Gewand an und schrieb mit silbernen Buch- 
staben in französischer Sprache auf den Ärmel: 
„Vom Guten zum Besseren.*' Das Geschäft 
eines Hurenwirts schien er seinem früheren 

Stande ▼orzuziehen. 



190. 

LUSTIGE'GESCHICHTE VON EINEM 

GEWISSEN PETRILLO, DER EIN SPITAL VON 

DEN BRESTHAFTEN BEFREITE. 

Der Kardinal ▼on Bari, ein Neapolitaner, besaß 
zu Vercelli, in der Gallia ciierior^ ein Hospital, 
das ihm infolge der Ausgaben, die dort für die 
Armen gemacht wurden, wenig einbrachte. 
Er schickte daher einen seiner Leute, namens 
Petrillo, hin, damit dieser die Sache gewinn^ 
bringender gestalte. Nachdem Petrillo das Spital, 



192 



angefüllt mit Terschiedenen Kranken und faulem 
Volke, das seine Einkünfte verzehrte, gefunden 
hatte, verkleidete er sich als Arzt, erschien im 
Spital und rief, nachdem er sich die verschieden- 
artigen Wunden angesehen hatte, alle zusammen 
und sagte: „Es gibt kein Heilmittel, das ge- 
eigneter wäre. Eure Wunden zu heilen, als eine 
Salbe aus Menschenfett. Darum werde ich 
heute einen unter Euch auslosen, der zum Heile 
der übrigen lebendig ins Wasser gesteckt und 
gekocht werden soll/' Und siehe da, jeder, der 
irgend laufen konnte, machte sich, entsetzt über 
diese Worte, davon, damit das Todeslos nicht 
auf ihn falle. Auf diese Weise befreite Petrillo 
das Spital von den Ausgaben für die Bresthaften. 



191. 

LUSTIGE GESCHICHTE VON EINEM JUNGEN 
MANNE, DER SICH EINER GANZEN FAMILIE 

BEDIENTE. 

Ein Florentiner hatte in seinem Hause einen 
jungen Mann, der seine Söhne in den Wissen- 
schaften unterrichten sollte. Dieser wurde dort 
auf die Dauer so heimisch, daB er sich zuerst 
mit der Magd einließ, dann mit der Amme, 
dann mit der Herrin und endlich sogar mit 
seinen Schülern. Als der Vater, der ein witziger 

»3 193 



Mann war, dies erfahren hatte, rief er den 
Jüngling in ein abgelegenes Zimmer und sagte 
zu ihm: „Da du mein ganzes Haus deiner 
Lust dienstbar gemacht hast, was dir gut be- 
konunen möge, will ich, auf daß keiner davon 
eine Ausnahme mache, daß du dasselbe auch 

an mir vollbringest." 



192. 
VOM KLÄNGE. 

Zur Zeit Bonifaz' IX. unterhielten sich einige 
über die Frage, welcher von allen Klängen der 
angenehmste und lieblichste wäre. Der eine 
war für diesen, der andere für jenen, als Lito 
da Imola, Sekretär des Kardinals von Florenz, 
der ein wirklicher Kardinal war, sagte, es 
scheine ihm für einen Hungrigen keinen an- 
genehmeren Klang zu geben, als den der 
Klingel. Es ist nämlich in den Häusern der 
Kardinäle üblich, daß die Hausgenossen zum 
Mittag- und Abendessen durch den Ton der 
Klingel gerufen werden, der manchmal später 
erschallt, als es der Appetit mancher wünscht, 
tmd der dem Hungrigen, wenn er ihn endlich 
hl>rt, die größte Freude bereitet. Und alle 
stimmten ihm bei, besonders aber jene, die 
öfter diese Erfahrung gemacht hatten. 



194 



193. 

VON DEM SOHNE EINES FÜRSTEN, 

DER AUF BEFEHL SEINES VATERS WEGEN 

SEINER LASTERZIWGE DEN STUMMEN 

SPIELEN MUSSTE. 

Ein spanischer Fürst hatte einst einen er- 
wachsenen Sohn, dessen schändliche Läster- 
zunge ihm schon den Hass vieler zugezogen 
hatte. Daher befahl er ihm, nie mehr ein 
Wort zu sprechen, tmd der Sohn gehorchte. 
Bald darauf geschah es, daS beide bei einem 
feierlichen Gastmahle des Königs, bei dem auch 
die Königin zugegen war, anwesend waren. 
Der junge Mann bediente seinen Vater sehr 
aufmerksam und spielte die Rolle eines Stununen. 
Die Königin, ein unzüchtiges Weib, hielt ihn 
für wirklich stumm und taub, und da sie glaubte, 
daraus Nutzen ziehen zu können, bat sie seinen 
Vater, er möge ihn ihr überlassen. Als sie 
seine Einwilligung erlangt hatte, lieB sie ihn 
bei ihren geheimsten Handlungen zugegen sein, 
so daß er häufig 2^uge ihrer Unzucht wurde. 
Zwei Jahre später war sein Vater bei einem 
ähnlichen Gastmahle zugegen. Der König hatte 
inzwischen häufig den jungen Mann, den alle 
für stumm hielten, gesehen. Während er nun 
die Königin bediente, fragte der König seinen 
Vater, ob er aus Zufall oder von Natur stumm 

13* 195 



sei. Der alte Fürst antwortete, keines von 
beiden sei der Fall, er sei es auf seinen Befehl 
wegen seiner Lästerzunge. Da bat ihn der 
König, er möge ihm die Erlaubnis zum Reden 
geben. Nachdem der Fürst sich längere Zeit 
dagegen gesperrt und gesagt hatte, ein Skan- 
dal würde die Folge sein, erlaubte er auf Drängen 
des Königs seinem Sohne endlich, zu sprechen, 
wenn er wolle. Alsbald sagte dieser, zum Könige 
gewandt: „Du hast eine Frau, die schamloser 
imd liederlicher ist als eine Hure/' Verwirrt 
▼erbot ihm der König, weiterzusprechen. Es 
ist Gewohnheit mancher Menschen, daB sie, 
wenn sie auch selten sprechen, doch immer 

beschimpfen. 



194. 

GESCHICHTE VON EINEM VORMUNDE. 

Daccono degli Ardinghelli, Bürger von Florenz, 
der zum Vormunde einer Waise berufen war, 
▼erwaltete längere Zeit deren Vermögen, aber 
in der Weise, daB er es ▼ollständig für Essen 
und Trinken aufbrauchte. Als er endlich auf- 
gefordert wurde, Rechnung abzulegen, und der 
Magistrat ihm befahl, die Bücher über Ein- 
kommen und Ausgaben ▼orzuzeigen, deutete 
er auf seinen Mund und seinen Hintern mit 



196 



dem Bemerken, er habe außer diesen keine 
Bücher über Einnahme und Ausgabe. 



195- 

VON EINEM MÖNCHE, DER EIN WEIB 

MIT HILFE EINER HÜBSCHEN LIST 

BESCHLIEF. 

Ein Bettehnönch hatte seine Augen auf ein 
junges, schönes Weib geworfen und wurde von 
heftiger Liebe zu ihm heftig gepeinigt. Da er sich 
schämte, von der Trauten etwas Unanständiges 
zu verlangen, sann er darauf, sie durch eine List 
zu täuschen. Er trug mehrere Tage den 2^ige- 
finger verbunden und tat, als litte er heftige 
Schmerzen. Endlich, als er schon längere Zeit 
darüber geklagt hatte, fragte ihn das Weib, ob 
er denn schon irgend ein Heilmittel versucht 
habe. „Massenhaft,'* luitwortete er, „aber nichts 
hat genutzt, es gibt nur ein Mittel, und das 
hat mir der Arzt geraten, aber das ist derart, 
daß ich keinen Gebrauch davon machen kann 
und erröten müßte, wollte ich es nennen.*' 
Das Weib ermahnte ihn, er solle sich doch 
nicht scheuen, etwas zu nennen, was die 
Heilung eines solchen Übels herbeiführen könne, 
worauf er mit gut geheuchelter Schamhaf tigkeit 
sagte, der Finger müsse entweder abgenommen 

X97 



oder eine Zeitlang in die Scheide eines Weibes 
gesteckt werden, damit das Geschwür infolge 
der Wärme zur Reife käme. Aber er wage 
aus Gründen des Anstandes nicht, ein solches 
Ansinnen zu stellen, Von Mitleid ergriffen, 
▼ersprach das Weib seine Hilfe. Verschämt 
sagte der Mönch, das könne nur an einem 
dunkeln Orte geschehen, er würde nicht wagen, 
von einer solchen Gunst bei Tageslicht Gebrauch 
zu machen. Das Weib, das nichts Schlimmes 
befürchtete, willigte ein. Als sie ins Dunkle 
gekommen waren, legte die barmherzige Sama- 
riterin sich hin, und der Mönch steckte zuerst 
den Finger und dann sein Glied in ihre Scheide. 
Als er fertig war, sagte er, das Geschwür, habe 
sich geöffnet, und der Eiter sei ausgeflossen. 
So wurde der Zeigefinger geheilt. 



196. 

WITZIGE BEMERKUNG ANGELOTTOS 
OBER EINEN BÄRTIGEN GRIECHISCHEN 

KARDINAL. 

Als einmal ein griechischer Kardinal mit einem 
nach der Sitte seines Landes langen Barte in 
die Kurie kam, und viele sich wunderten, 
daB er nicht dem Brauche der übrigen folge 
und ihn abnehmen lasse, sagte der römische 

Z98 



Kardinal Angdotto, der nicht selten einen 
beißenden Witz machte: ^Bs ist gut so; denn 
unter so viel Ziegen hat ein Bock sehr bequem 

Platz." 



197. 
VON EINEM BELEIBTEN REITER. 

Als ein sehr beleibter Reiter in die Stadt Perugia 
einritt, verspotteten ihn viele — die Bewohner 
von Perugia sind nämlich von Natur stark 
zum Scherzen veranlagt — und sagten, er führe 
seinen Koffer entg^en der Sitte vorne auf 
dem Gaule mit sich, statt hinten. Scherzend 
antwortete darauf der Reiter : ,,Das hat seinen 
guten Grund in einer Stadt, die voll ist von 

Dieben und Räubern." 



Z98. 

UNFREIWILLIG WITZIGE BEMERKUNG 

EINES RICHTERS ZU EINEM ADVOKATEN, 

DER DIE „CLEMENTINA" UND DIE 

„NOVELLA" ZITIERTE. 

Zu Venedig wurde einmal vor einem weltlichen 
Gerichte eine Testamentssache verhandelt. Die 
Advokaten der beiden Parteien waren zugegen, 

X99 



und jeder trat für das Recht seines Klienten 
ein* Der eine, ein Priester, zitierte in seiner 
Verteidigung die Clementina und die Novella und 
las gewisse Stellen daraus vor. Da fuhr einer 
von den Richtern, ein sehr alter Mann, der 
aber sehr wenig Beziehungen zu Salomo hatte, 
und dem diese Namen unbekannt waren, den 
Advokaten mit zorniger Miene an : „Wie, zum 
Teufel! Du errötest nicht, schamlose Huren- 
weiber vor Männern wie wir zu nennen und 
zu glauben, wir würden ihre Worte als Wahr- 
spruch annehmen ?*' Dieser unwissende Mensch 
glaubte, Clementina tmd Novella seien nicht 
Namen von Gesetzen, sondern von Frauen, die 
jener als Konkubinen im Hause habe. 



199. 
MITTEL, DIE KÄLTE ZU VERMEIDEN. 

Ich fragte einmal, auf welche Weise man das 
Kaltwerden im Bette vermeiden könne. „Durch 
ein Mitteles sagte einer von den Anwesenden, „das 
einer meiner Freunde, während er sich mit Stu- 
dieren beschäftigte, anwandte. Während er sonst 
nämlich immer nach dem Abendessen seinen 
Leib zu entleeren pflegte, unterließ er es 
da manchmal und versicherte, daß die zurück- 
gehaltene Materie in der Nacht den Körper 



200 



wänne/' Ein Mittel gegen die Kälte, das nicht 

mehr gebräuchlich ist^ 



200. 

VON EINEM PREDIGER. 

Ein Prediger feierte am Feste des heiligen 
Christophorus vor der Gemeinde den Heiligen 
in langer Rede, weil er Christus auf den Schul- 
tern getragen hatte, und fragte immer wieder : 
yyUnd wer hatte je auf Erden den Vorzug, den 
Retter der Welt zu tragen?'' Und als der 
langweilige Mensch die Frage: „Wer, sage ich, 
ward einer ähnlichen Gnade teilhaftig ?'' inuner 
wiederholte, rief ein Witzbold unter den An- 
wesenden, müde der ewigen Frage : „Der Esel, 
der d^n Sohn und die Mutter getragen hat!'' 



^[201. 



VON EINER JUNGEN FRAU, 
DIE VON IHREM GATTEN GETRENNT 

WORDEN WAR. 

Ein schöner junger Mann aus Verona heira- 
tete ein junges Mädchen, und da er sich den 
Ehefreuden mehr, als ihm zuträglich, hingab, 
waren Blässe des Antlitzes, Magerkeit und 



201 



Körperschwäche die Folge. Die Mutter, besorgt 
um ihren Sohn und befürchtend, er möchte in 
eine schlimme Krankheit verfallen, brachte ihn 
aufs Land, weit weg von der jungen Gattin. 
Als diese sehnsüchtig nach dem Gatten trauerte, 
sah sie einmal zwei Spatzen, die zusanunen 
heckten. „Schnell fort!'' rief sie ihnen zu, 
„damit euch die Schwiegermutter nicht sieht 

und euch trennt !'' 



202. 

VON ZWEIEN, DIE SICH WEGEN DES 
GLEICHEN WAPPENS STREITEN. 

Ein Genuese, Kapitän eines Transportschiffes, 
das für Rechnung des Königs von Frankreich 
gegen die Engländer segelte, führte einen Schild, 
der einen Ochsenkopf zeigte. Als ein fran- 
zösischer Edelmann dieses Wappen sah und 
das Recht es zu führen für sich allein in Anspruch 
nahm, entstand zwischen beiden ein Streit, und 
der Franzose forderte den Genuesen zum Zwei- 
kampfe heraus. Der Genuese nahm die Heraus- 
forderung an und erschien auf dem Kampf- 
platze ohne jeden Apparat, während der andere 
in prunkvollstem Aufzuge daherkam. Da fragte 
der Genuese: „Weswegen wollen wir heute 
eigentlich miteinander kämpfen ?'' „Weil'S ant- 



202 



wertete der Franzose , »ydas Wappen, das du 
führst) das meine ist und von den Meinigen 
früher geführt worden ist als von deiner 
Familie/^ Darauf fragte der Genuese weiter, 
was sein Wappen eigentlich darstelle. ,yEinen 
Ochsenkopf'S antwortete der Franzose. Worauf 
der Genuese: „Dann brauchen wir nicht mit- 
einander zu kämpfen; denn das Wappen, das 
ich führe, zeigt nicht den Kopf eines Ochsen, 
sondern einer Kuh.'' Mit dieser witzigen Be- 
merkung verspottete er die eitle Oberhebung 

des Franzosen. 



203* 

MERKWÜRDIGE REDENSART EINES 
ARZTES, DER SEINE HEILMITTEL VER- 
ABREICHTE, WIE ES DER ZUFALL FÜGTE. 

Es ist in Rom Sitte, daß die Kranken dem 
Arzte den Urin senden und dazu eine oder zwei 
Silbermünzen, auf daß er ihnen etwas ver- 
schreibe. Ein Arzt, den ich selbst gekannt habe, 
schrieb abends verschiedene Medizinen für 
Krankheiten auf Zettel (die man Rezepte nennt) 
und tat sie alle in einen Beutel. Wenn ihm 
nun am andern Morgen die Urinproben gebracht 
und Heilmittel verlangt wurden, fuhr er mit 
der Hand in den Beutel, nahm den Zettel, der 



203 



ihm gerade in die Finger kam, und sagte dabei 
zu dem Patienten auf italienisch: ,tPrega Dio 
is la mandi buona*\ d. h., y^bitte Gott^ daB du 
den richtigen erwischst 1'' Schlimm ist dran, 
wem nicht die Vernunft, sondern der Zufall 

helfen soU. 



204. 

^ EIN MANN, DER OB SEINER SCHULDEN 
TRAURIG IST, ERHÄLT EINEN RAT, 

Ein Peruginer wandelte nachdenklich und traurig 
durch die Gassen, als ihm jemand begegnete 
und ihn fragte, was ihn denn quäle. „Ich kann 
meine Schulden nicht bezahlen'', antwortete er. 
„Pah, du Narr!" rief da der andere, „überlaB 
diese Sorgen deinem Gläubiger!'' 



205. 

VON DER STRAFE, DIE GRIECHISCHEN 
UND GENUESISCHEN MÖRDERN AUFER^ 

LEGT WURDE. 

Einige in Pera (das ist eine Stadt der Genueser 
bei Konstantinopel) ansässige Genueser waren, 
um Handel zu treiben, nach Konstantinopel 
g^angen. Da geschah es, daS einige von ihnen 



204 



in einem Streite, den sie mit Griechen hatten, 
getötet und andere verwundet wurden. Der 
Kaiser wiu-de um Bestrafung der Mörder an- 
gerufen und versprach sofortige Sühne* Er be- 
fahl, den schuldigen Griechen zur Strafe den 
Bart abzurasieren, was bei ihnen als ent- 
ehrende Strafe gilt. Der Stadthauptmann der 
Genueser in Pera, der sich verhöhnt glaubte, 
versprach darauf den Verwandten der Erschla- 
genen, er werde selbst das ihnen zugefügte 
Unrecht rächen. Nachdem eine kurze Zeit ver- 
strichen war, ließ er die Genueser nach Kon- 
stantinopel ziehen, die dort einige Griechen 
töteten und andere verwundeten. Der Kaiser 
führte sofort heftige Klage beim Präfekten und 
verlangte die Bestrafung der Übeltäter. Dieser 
versprach, sie gehörig zu bestrafen und ließ an 
dem für die Exekution festgesetzten Tage die 
Mörder und die übrigen Beteiligten gefesselt 
öffentlich vorführen, gleich als wenn sie ge- 
köpft werden sollten. Auf das Gerücht von der 
Hinrichtung waren Scharen von Griechen und 
das ganze Volk von Pera zusammengeströmt 
und erwarteten die Exekution; auch die Priester 
waren da mit ihren Kreuzen, wie um die 
Leichen der Gerichteten mit fortzunehmen. 
Darauf ließ der Präfekt, nachdem er durch 
den Herold hatte Ruhe gebieten lassen, allen 
Delinquenten den Hintern rasieren, indem er 

205 



versicherte^ daS die Genueser den Bart nicht 
im Gesicht^ sondern in der Gegend des Ge- 
säßes trügen. Indem man so den einen das 
Gesicht, den andern den Hintern rasierte, wurde 
dem gleichen Unrecht die gleiche Strafe. 



206. 

WITZIGE BEMERKUNG OBER DIE RÖMER, 

DIE „VIRTU'' ESSEN. 

Am I. Mai kochen und essen die Römer mor- 
gens verschiedene Arten von Kräutern, die sie 
„uiriü** nennen. Francesco Lavegni aus Mai- 
land sagte, als diese Sitte unter Freunden er- 
wähnt wurde, im Scherze; ^,Es ist wirklich 
nicht zu verwundern, daß die Römer im Ver- 
gleich zu ihren Vorfahren degeneriert sind, 
wenn sie jedes Jahr ihre Tugenden („virtü**) 
▼erbrauchen, indem sie sie aufessen. 



207. 

VON EINEM, DER DER JUNGFRAU MARIA 
EINE KERZE GELOBTE. 

Während ich in England war, erzählte man 
mir eine lustige Bemerkung eines irischen 
Transportschiffkapitäns. Sein Schiff hatte ein- 

206 



mal einen heftigen Sturm zu bestehen und 
wurde von mächtigen Wogen hin und her ge- 
schleudert, so dafi alle an ihrer Rettung ver- 
zweifelten. Da gelobte der Kapitän für den 
Fall, dafi das Schiff heil aus dem Sturme her- 
vorginge, einer der Mutter Gottes, Jungfrau 
Maria, geweihten Kirche, die für derartige 
Wunder einst berühmt war, eine Kerze von 
der Größe des Hauptmastes. Als darauf ein 
Freund das Gelöbnis beanstandete, weil es 
äußerst schwer auszuführen sei, da in ganz 
England, wie er behauptete, nicht genug Wachs 
vorhanden, um eine solche Kerze herzustellen, 
rief der Kapitän: „Pah! Sei nur ruhig und lafi 
mich der Mutter Gottes versprechen, was mir 
gefällt — wenn wir nur gerettet werden. Denn 
wenn wir geborgen sind, wird sie auch mit 
einem Groschenlicht zufrieden sein!^^ 



208. 

AHNLICHE GESCHICHTE VON JEMAND, 
DER DEM HEILIGEN KYRIAKUS ETWAS 

GELOBTE. 

Auf ähnliche Weise verfuhr ein Kaufmann 
aus Ancona mit St Kyriakus, dem Patron der 
Stadt, der mit einem langen Barte dargestellt 
wird. Als sein Schiff einmal heftig von den 

207 



Fluten hin und hergeworfen wurde, gelobte er 
in seiner Todesangst, dem heiligen Kyriakus 
innerhalb einer gewissen Zeit ein Haus zu 
weihen. Nachdem er der Gefahr glücklich en1>- 
rönnen war, beichtete er die Sache dem Pfarrer 
seiner Parochie. Der Priester, für den dabei 
ein Vorteil herausgesprungen wäre, ermahnte 
ihn, sein Gelöbnis einzulösen. Der Kaufmann 
▼ersprach, er wolle diese groBe Last von seinem 
Gewissen wälzen, mußte aber, weil er die Aus- 
führung seines Versprechens immer wieder 
hinausschob, immer wieder ermahnt werden, 
wobei es nicht ohne Vorwürfe abging. Eines 
Tages aber fiel er, sei es, weil ihm der Priester 
durch seine ewigen Ermahnungen lästig wurde, 
sei es aus Gottlosigkeit, diesem ins Wort und 
rief: „Ahl Öde mich nicht länger mit dieser 
Sache an; ich habe schon Leute betrogen, die 
einen noch viel längeren Bart hatten, als Ky- 
riakus!'' 



209. 

VON EINER WITWE, DIE EINEN MANN 
VORGERÜCKTEN ALTERS HABEN WOLLTE. 

Eine Witwe sagte zu ihrer Nachbarin, obwohl 
sie sich aus dem Leben auf dieser Welt nicht 
mehr viel mache, wünsche sie doch noch -einen 

208 



ruhigen Mann vorgerückten Alters, mehr zur 
Gesellschaft und zur gegenseitigen Hilfe im 
täglichen Leben, als um einer anderen Sache 
willen; denn man müsse mehr an das Heil 
der Seele denken, als an die Lust des Leibes. 
Die Nachbarin versprach, sich auf die Suche 
nach einem solchen Manne zu machen und 
kam schon am nächsten Tage wieder zu der 
Witwe und sagte, sie habe einen Mann ge- 
funden, der alle Tugenden, die sie begehre, in 
sich vereinige, und der vor allem, wie sie es 
zu wünschen scheine, kein männliches Glied 
besitze. Da rief die Witwe: „Diesen Mann will 
ich unter keiner Bedingung! Denn wenn der 
Friedensstifter fehlt (denn so nannte sie den 
Erzeuger der Menschen), welcher Vermittler 
(man muB mit seinem Manne doch in Frieden 
leben) könnte denn dann den Frieden zwischen 
uns wiederherstellen, wenn es unter uns, wie 
es doch vorkommt, zu einem heftigen Streite 
oder zu Zwietracht kommt ?*' 



210. 

VON EINEM MÖNCHE, DER EINE ÄBTISSIN 

SCHWANGERTE. 

Die mir wohlbekannte Äbtissin eines gewissen 
Klosters in Rom erfreute sich der Liebe eines 
Minoritenmönchs, der häufig in sie drang, sie 

14 209 



möge ihn ihr Bett teilen lassen. Sie weigerte 
sich aber, aus Furcht, schwanger zu werden 
und der Strafe zu verfallen. Der Mönch je- 
doch versprach ihr ein Breve, wie man es 
pennt, das, an einem seidenen Faden um den 
Hals getragen, die Empfängnis verhüte, so dafi 
sie auf diese Weise ohne Gefahr sich jedem, 
den sie wolle, zum Beischlafe würde hingeben 
können. Die Äbtissin glaubte es, weil sie es 
wünschte, und der Mönch kühlte oft seine 
Lust an ihr. Nach drei Monaten aber merkte 
d'e Frau, daß sie schwanger war. Als der 
Mönch davon Wind bekam, machte er sich 
davon. Nachdem die Äbtissin sich also be- 
trogen sah, löste sie das Breve vom Hals, öff- 
nete es und sah nach, was darin geschrieben 
stand. Sie fand dort die in Vulgärlatein ge- 
schriebenen Worte: „Asca imbarasca, non facias 
te supponi, et non implebis tascam" (LaB niemand 
über dich kommen, dann wirst du nicht 
schwanger werden). Gewiß der beste Zauber 
zur Verhinderung der Schwangerschaft. 



211. 

ERSTAUNLICHE ANTWORT, DIE EIN 
KNABE DEM KARDINAL ANGELOTTO GAB. 

Der römische Kardinal Angelotto, ein bissiger 
und stets zu einer Bosheit bereiter Mann, war 



2IO 



V 



schnell fertig mit dem Wort, ließ aber oft 
die Klugheit vermissen. Als Papst Eugen in 
Florenz weilte, kam ein sehr aufgeweckter 
zehnjähriger Knabe Angelotto besuchen und 
stellte sich mit wenigen, aber recht klaren 
Worten vor. Der Kardinal, der sich über den 
Ernst des Knaben und die Anmut seiner Rede 
wimderte, richtete verschiedene Fragen an ihn, 
die er klug beantwortete, worauf Angelotto zu 
den Anwesenden gewandt sagte: „Die Leute, 
die als Kinder so klug und gebildet sind, ver- 
lieren mit zunehmendem Alter an Verstand 
und werden im Alter Dummköpfe.'* Worauf 
der Knabe sofort erwiderte: „Da müßt Ihr in 
Eurer Kindheit wahrlich der Weiseste von 
allen gewesen seinl'' Der Kardinal aber sperrte 
Mund und Nase auf über die schlagfertige und 
witzige Antwort, mit der ein Kind seine Tor- 
heit bestraft hatte. 



212. 

VON EINEM SCHUSTERLEHRLING, DER 
BEI DER FRAU SEINES MEISTERS LAG. 

Der Lehrling eines Schusters von Arezzo ging 
öfter aus der Werkstatt ins Haus imter dem 
Vorgeben, daß er dort die Schuhe bequemer 
nähen könne. Diese häufigen Gänge flößten 

X4* 211 



dem Meister Verdacht ein, und er kam einmal 
unversehens nach Hause und fand den Lehr- 
ling bei seiner Frau im Bette. ,,Für diese Art 
Näherei/' rief er zornig, „werde ich dir gewifi 
nichts bezahlen, dafür soll dir ein böser Lohn 

werden!" 



213, 

HÜBSCHE GESCHICHTE VON EINER JUNGEN 
FRAU, DIE WINDE STREICHEN LIESS. 

Eine jugendliche Frau kam, als sie ihre Eltern 
besuchen ging, mit ihrem Manne durch einen 
Wald tmd sah dort einige Schafe, die von 
den Widdern besonders umworben wurden. 
„Warum," fragte sie ihren Mann, „bespringen 
die Böcke lieber diese, als die andern." Dieser 
antwortete: „Dasjenige Schaf, das hinten ein 
Geräusch hören läßt, wird sofort von einem 
Widder besprungen." Darauf fragte sie weiter, 
ob das auch bei den Menschen Sitte sei. „Jal" 
antwortete er, und sogleich ließ sie einen Wind 
gehen, und der beim Wort genommene Mann 
stellte sie zufrieden. Als sie dann eine Zeitlang 
weitergegangen waren, ließ sich die junge Frau 
wieder hören, und der Mann kam von neuem 
über sie. Und als sie endlich an das Ende des 
Gehölzes gekommen waren, ließ die Frau, die 



212 



an diesem Spiel Vergnügen fand, zum dritten 
Male einen Wind streichen. Da rief der Mann, 
müde von der Liebesarbeit und dem Wege: 
yylJnd wenn du dir die Seele aus dem Leibe 
furzen würdest, würde ich dir doch nicht mehr 

zu Willen seinl^' 



214. 

WAS HAT GOTT LIEBER: WORTE ODER 

WERKE? 

Ein Witzbold aus meiner Bekanntschaft fragte 
einmal einen Mönch, was Gott lieber sei, 
Worte oder Werke. Als dieser sagte: „Werke,'^ 
meinte der andere: „Also hat der ein größeres 
Verdienst, der Rosenkränze macht, als der 

sie herbetet." 



2x5. 

VON EINEM ÄGYPTER, DER AUFGEFOR^ 
DERT WURDE, SICH ZU BEKEHREN. 

Ein Christ forderte einen ungläubigen Agjrpter, 
mit dem er lange Zeit zusanunen gelebt hatte, 
als dieser nach Italien kam, auf, einmal zu» 
gegen zu sein, wenn in der Kirche die Missa 
sal^mnis zelebriert würde. Der Ägjrpter willigte 



2x3 



ein und wohnte der Messe in Gesellschaft der 
Christen bei. Bald darauf fragte man ihn bei 
einem Zusammensein, was er für einen Eindruck 
▼on den Zeremonien und der Feierlichkeit der 
Messe gehabt habe. „Alles/' antwortete er, 
,,schien mir gut und in Ordnung zu sein, ausge- 
nommen eines: in dieser Messe ist nämlich die 
Barmherzigkeit ganz außer acht gelassen worden, 
da, während die übrigen hungrig blieben, nur ein 
einziger gegessen und getrunken hat, ohne den 
andern ein Stückchen Brot und einen Schluck 

Wein übrig zu lassen.'* 



216. 

VON EINEM SPANISCHEN BISCHOF, DER 
REBHÜHNER FÜR FISCHE ASS. 

Ein spanischer Bischof, der an einem Freitag 
reiste, stieg in einer Herberge ab und schickte 
seinen Diener aus, um Fische zu besorgen. 
Der fand aber keine und brachte zwei Reb- 
hühner mit. Der Bischof gab ihm Geld, sie 
zu bezahlen, und befahl, sie zuzubereiten und 
aufzutragen. Der Diener, der glaubte, die Reb- 
hühner seien für den Sonntag bestimmt, wun- 
derte sich und fragte seinen Herrn, ob er sie 
wirklich heute, wo doch das Fleisch verboten 
sei, essen wolle. „Ich werde sie essen,'' ant- 



214 



wertete dieser, „gleich als ob es Fische wären/^ 
Und als der Diener darüber in noch größeres 
Erstaunen gerieti sagte er: y^Weißt du denn 
nicht, daß ich ein Priester bin? ^Was ist 
schwerer: aus Brot Christi Leib zu machen, 
oder aus Rebhühnern Fische ?'^ Und er machte 
das Zeichen des Kreuzes, befahl ihnen, zu Fischen 
zu werden, und aß sie dann für Fische. 



217. 

VON EINEM NARREN, DER MIT DEM ERZ- 
BISCHOF VON KÖLN ZUSAMMEN SCHLIEF 
UND SAGTE, DIESER SEI EIN VIERFOSSLER. 

Der verstorbene Erzbischof von Köln liebte 
einen Narren, der sein Bett teilen mußte. Als 
einmal eine Nonne in diesem Bette lag, fühlte 
der Narr, der am unteren Ende schlief, daß 
mehr Beine wie gewöhnlich im Bette seien. 
Er berührte einen Fuß und fragte, wem er ge- 
höre. Der Erzbischof antwortete, es sei seiner, 
und als er den zweiten und dann den dritten 
und vierten berührte, erklärte der Erzbischof 
alle für seine eigenen. Da erhob sich der Narr 
hastig, stürzte ans Fenster und schrie mit lauter 
Stimme hinaus: „Kommt alle herbei, um das 
neue und seltsame Ungeheuer anzuschauen. 
Unser Erzbischof ist ein Vierfüßler geworden.'^ 



215 



So enthüllte er das schimpfliche Verhalten seines 

Herrn. Verrückter noch als ein Narr ist gewiß, 

der seine Freude an Narren findet. 



218. 

AUSFLUCHT PAPST MARTINS EINEM 
LASTIGEN GESANDTEN GEGENOBER. 

Ein Gesandter des Herzogs von Mailand bat 
Papst Martin V. dringend um irgend etwas, was 
dieser nicht gewähren wollte, und bestand so 
beharrlich auf seiner Bitte, daß der Papst sich 
peinlich berührt fühlte. Ja er folgte ihm sogar 
bis zur Tür seines Schlafgemachs. Da faßte 
sich dieser, um sich vor dem Zudringlichen zu 
retten, an die Backen und sagte: „Oh, was 

habe ich für Zahnschmerzenl'S ^^^ ^ ^^ 
Schlafgemach und ließ den Gesandten stehen. 



219. 

VON EINEM, DER DAS LEBEN DES KAR- 
: DINALS ANGELOTTO VERURTEILTE. 

Es verdammte jemand den Lebenswandel und 
die Gepflogenheiten des verstorbenen Kardinals 
Angelotto. Dieser war nämlich ein habgieriger 
und gewalttätiger Mensch, ohne jedes Gewissem 

2x6 



Da sagte einer der Anwesenden: yylch glaube, 
dafi der Teufel ihn wegen seiner Übeltaten be- 
reits mehrmals gefressen und wieder aus- 
geschissen hat/^ Ein anderer, ein sehr witziger 
Mann, meinte darauf: „Sein Fleisch war so 
schlecht, daß kein Teufel, möchte er auch einen 
noch so guten Magen haben, wagen würde, es 
am fressen, aus Furcht, sich übergebenzumüssen.^* 



220. 

VON EINEM NARREN, DER EINEN FLOREN- 
TINER EDELMANN VERSPOTTETE 

Es lebte einst in Florenz ein Edelmann, den 
ich gekannt habe, imd der von sehr kleiner 
Statur war, aber einen ziemlich langen Bart 
trug. Einem Narren gefiel es, ihn * zu ver- 
spotten und über seine Figur imd seinen Bart 
Witze zu machen, so oft er ihm begegnete, 
tmd zwar machte er das auf eine Weise, daß 
er ihm beschwerlich fiel. Als die Frau des 
Edelmanns dies vernahm, ließ sie den Narren 
zu sich kommen, gab ihm sehr gut zu essen 
und schenkte ihm ein Gewand mit der Bitte, 
ihren Gemahl nicht mehr zu verspotten« Er 
versprach es, und wenn es sich traf, daß er 
dem Edelmanne begegnete, ging er vorüber, 
ohne ein Wort zu sagen. Leute, die das sahen, 

2x7 



wunderten sich darüber und forschten ihn aus, 
warum er den Edehnann nicht mehr, wie es 
sonst seine Gewohnheit, anrede. Darauf ant- 
wortete der Narr, indem er den Finger an den 
Mund legte: „Er hat meinen Mund verstopft, 
so daß ich nicht mehr reden kann/^ Das beste 
Mittel, um sich Wohlwollen zu verschaffen, ist 
den Leuten das Maul mit Futter zu stopfen» 



221. 

WIE EINE TOCHTER DEM VÄTER GEGEN- 
OBER IHRE UNFRUCHTBARKEIT ENT- 
SCHULDIGT. 

Die Frau eines Edelmanns wurde von ihrem 
Manne nach einigen Jahren wegen ihrer Un- 
fruchtbarkeit verschmäht und verstoßen. Als 
sie in das elterliche Haus zurückgekehrt war, 
machte ihr der Vater im geheimen Vorwürfe, 
weil sie nicht alles dran gesetzt, um Kinder zu 
bekommen, und sei es mit Hilfe anderer Männer. 
„Mein Vater,^^ antwortete sie darauf, „ich trage 
gar keine Schuld an dieser Sache; denn ich 
habe sämtliche Diener und sogar die Stallknechte 
ausprobiert, um zu empfangen, aber es hat 
alles nichts genutzt.*' Da beklagte der Vater 
das Unglück seiner Tochter, die gänzlich schuld- 
los an ihrer Unfruchtbarkeit war. 



218 



222. 

GIOVANNI ANDREA WIRD BEIM EHE- 
1 BRUCH^ ERTAPPT. 

Giovanni Andrea, Doktor in Bologna, dessen 
Ruf weitverbreitet ist, wurde von seiner Frau 
erwischt, wie er bei seiner Dienstmagd lag. 
Höchst erstaunt über das Unerwartete, rief sie 
ihrem Manne zu: „Wo ist denn jetzt deine be- 
rühmte Weisheit, Giovanni?'' „In diesem Loche 
da,'' erwiderte er lakonisch, „einem Orte, der 
für sie wie geschaffen^istJ 



ti 



223. 

VON EINEM MINORITENMÖNCHE, DURCH 
DESSEN HILFE EIN KIND ZU SEINER 

NASE KANU. 

Ein sehr geistreicher Mann aus Rom, mit dem 
ich mich in unserem Kreise unterhielt, erzählte 
mir eine sehr lustige Geschichte, deren Heldin 
eine Nachbarin von ihm war: „Ein Minoriten- 
mönch namens Lorenzo hatte ein Auge auf 
die schöne junge Frau eines Nachbarn von mir 
(und er nannte seinen Namen) geworfen. In 
dem Wunsche, Fortschritte bei ihr zu machen, 
bat er ihren Mann, ihn als Paten bei seinem 
Erstgeborenen anzunehmen. Als der Mönch, 



219 



der das junge Weib auf Schritt und Tritt be- 
obachtete , merkte, daß sie schwanger war, 
kam er, während der Mann dabei war, zu ihr 
und sagte wie einer, der die Zukunft voraus- 
sieht, sie sei schwanger und werde etwas ge- 
bären, was ihr groSen Kummer bereiten würde« 
Im Glauben, er meine, sie würde ein Mädchen 
bekommen, sagte die junge Frau: „Auch wenn 
es ein Mädchen wird, soll es mir sehr wiU* 
kommen sein.^' Aber der Mönch sagte mit be- 
trübter Miene, es sei etwas weit Schlimmeres, 
und weckte damit in ihr die Begierde, zu er- 
fahren, was ihr drohe« Aber so sehr sie auch 
in ihn drang, ihr das Kommende zu verkünden, 
weigerte er sich doch beharrlich, es ihr zu 
sagen« Schließlich ließ sie ihn, um endlich ihr 
Unglück zu erfahren, ohne Wissen ihres Mannes 
kommen tmd erreichte durch vieles Bitten, daß 
er ihr sagte, was für eine Mißgeburt sie zu 
fürchten habe. Nachdem er ihr strengstes Still- 
schweigen auferlegt hatte, sagte der Mönch 
endlich, sie werde einem Knaben das Leben 
schenken, der keine Nase haben würde, was für 
das Gesicht eines Mannes das AUerhäßlichste 
sei. Als die junge Frau erschrocken fragte, 
ob es denn gar kein Mittel dagegen gebe, sagte 
er: „Ja, aber wir müssen einen Tag verabreden, 
an dem ich bei dir liegen kann, um das, was 
dein Mann versäumt hat, nachzuholen und 



320 



dem Knaben eine Nase zu schaffen/^ So hart 
dies der jungen Frau schien, gab sie sich doch, 
damit das Kind nicht mißgestaltet auf die 
Welt komme, an dem verabredeten Tage dem 
Mönche hin. Und als er nachher erklärte, die 
Nase sei noch nicht fertig, litt sie, daß er noch 
öfter bei ihr lag. Als sie vor Scham regungs- 
los dalag, sagte er, sie müsse sich auf und 
nieder bewegen, damit infolge der Reibung die 
Nase fester wachse. Endlich gebar sie einen 
Knaben, der zufällig eine sehr große Nase hatte. 
Als sie sich darüber wunderte, sagte der Mönch, 
er habe etwas zu viel gearbeitet, um sie her- 
zustellen. Sie erzählte die Sache nachher selbst 
ihrem Gatten und sagte, sie habe gemeint, es 
sei ein häßlich Ding, einen durch den Mangel 
einer Nase venmstalteten Sohn zu bekommen. 
Und ihr Mann lobte sie dafür und billigte die 

Arbeit des Paten. 



224. 

VON EINEM SEHR VERLOGENEN FLOREN- 
TINER. 

Es lebte jemand zu Florenz, der so an das 
Lügen gewöhnt war, daß niemals ein wahres 
Wort aus seinem Munde herauskam. Einer, 
mit dem er viel verkehrte, und den er häufig 



221 



angeführt hatte, rief, als ihm der Lügner ein- 
mal begegnete: „Du lügst 1*'^ „Wieso lüge ich,^' 
sagte dieser, „ich habe ja noch gar nichts 
gesagt 1*' „Wenn du den Mund aufmachst, 
meine ich'\ sagte der andere» 



225. 

VON EINEM EIFERSÜCHTIGEN, DER SICH 

KASTRIERTE, UM ZU ERKENNEN, OB 

SEINE FRAU IHM TREU SEI. 

Ein Mann aus Gubbio, namens Giovanni, war 
sehr eifersüchtig und wußte nicht, auf welche 
Weise er ganz sicher dahinter käme, ob seine 
Frau sich mit einem andern einlasse. Endlich 
verfiel er auf eine List, die eines Eifersüchtigen 
würdig ist und kastrierte sich selbst. „Wenn 
meine Frau in Zukunft schwanger wird,'^ sagte 
er sich, „kann ich überzeugt sein, daß sie Ehe- 
bruch begangen hat.'* 



226. 

ANTWORT, DIE EIN PRIESTER AUF DIE 

WORTE ERHIELT, DIE ER ZU DEN 

OPFERNDEN SPRACH. 

Ein Priester in Florenz empfing an einem Fest- 
tage während des Opfergebets wie gewöhnlich 



die Gaben der Frommen und sprach zu den 
Opfernden die üblichen Worte: y,Cenium pro um 
accipietis, et vitam aeternam possidebitis/* („Für 
eines werdet ihr hundert empfangen und das 
ewige Leben besitzen/') Da sagte ein alter 
Edelmann, der einen Bajocco gab: ,,Ich wäre 
sehon zufrieden, wenn ich nur das Kapital 
(wie man sagt) erhielte." 



227« 

VON EINEM PRIESTER, DER SICH BEI 

DER PREDIGT IRRTE, INDEM ER STATT 

TAUSEND HUNDERT SAGTE. 

Eine Geschichte derselben Gattung: Ein Priester 
erzählte, als er seiner Gemeinde das Evangelium 
predigte, daß unser Herr mit fünf Broten fünf- 
tausend Menschen gesättigt habe, sagte aber 
statt fünftausend fünfhundert. Als ihm da sein 
Ministrant zuraunte, er habe sich in der Zahl 
geirrt, im Evangelium sei von fünftausend die 
Rede, — sagte er: „Schweig, Dununkopf, die 
glauben ja kaum an die fünfhundert!" 



223 



228. 

DER KARDINAL VON AVIGNON GIBT DEM 
KÖNIGE VON FRANKREICH EINE TREP- 

FENDE ANTWORT. 

Gerne gebe ich unter diesen Plaudereien auch 
die beißende Antwort des Kardinals von Avignon, 
eines sehr klugen Mannes, wieder: Als die 
Päpste in Avignon weilten, und wenn sie sich 
öffentlich zeigten, zur Erhöhung des Glanzes 
eine Anzahl Pferde, gesattelt und mit Brust- 
und Stirnschmuck versehen, aber ohne Reiter, 
vorauftraben. Auf die unwillige Frage des 
Königs von Frankreich, ob sich denn die Apostel 
mit solchem Pomp umgeben hätten, sagte er: 
„Gewiß nicht, aber die Apostel lebten zu einer 
Zeit, da auch die Könige andere Sitten hatten, 
indem sie Hirten und Viehzüchter waren.^' 



229. 

SCHRECKLICHES EREIGNIS IN DER 
LATERANENSISCHEN KIRCHE. 

Nicht um zu plaudern, sondern um von Ver- 
brechen abzuschrecken, erzähle ich folgende im- 
geheuerliche Geschichte. Als ein römischer 
Augustinermönch im Laufe dieser Pasten in 



224 



meiner Gegenwart zum Volke predigte und es 
zum Bekennen seiner Sünden ermahnte, erzählte 
er ein Wunder, das ihm sechs Jahre zuvor 
widerfahren war. Als er sich nämlich eines 
Nachts nach Mitternacht erhoben hatte, um in 
der Laterans-Basilika mit den anderen die Früh- 
mette zu singen, sei dort aus einem Grabe, 
in dem achtzehn Tage vorher ein römischer 
Bürger beigesetzt worden war, eine Stimme ge- 
kommen und habe mehrmals gerufen, sie möch- 
ten hinkommen. Als sie die Stimme zum ersten 
Male hörten, seien sie von Schrecken erfaßt 
worden, dann aber hätten sie sich allmählich 
beruhigt und seien dem Rufe der Stimme ge- 
folgt. Da habe ihnen der Tote entgegengerufen, 
sie sollten keine Furcht haben, sondern den 
Kelch holen und den Stein wegrücken. Als 
dies geschehen, habe sich der Tote erhoben und 
die geweihte Hostie, die er vor dem Hinscheiden 
genommen hatte, in den Kelch gespuckt und 
darauf gesagt, er sei zu den schrecklichsten 
Strafen verdammt, weil er seine Mutter und 
seine Tochter beschlafen, Verbrechen, die er 
niemals gebeichtet habe. Nach diesen Worten sei 
der Leichnam zurückgefallen. 



15 225 



230. 

WIE EIN PREDIGER, DER LAUT ZU 
SCHREIEN PFLEGTE, IN VERLEGENHEIT 

GESETZT WURDE. 

Ein Mönch, der oft in der Kirche predigte, 
pflegte, wie die Dummen es tun, mit lauter 
Stimme zu schreien, und jedesmal brach eine 
der anwesenden Frauen bei diesen gebrüllartigen 
Tönen in Tränen aus. Der Mönch hatte dies 
öfter bemerkt, und in der Meinung, die Frau 
weine infolge seiner Worte, aus frommer Rüh- 
rung oder aus Gewissenspein, ließ er sie ein- 
mal zu sich rufen und fragte sie nach dem 
Grunde ihres Schluchzens, und ob sie, wie er 
glaubte, durch seine Worte so im Innersten be- 
wegt worden sei, dafi sie diese frommen Tränen 
vergoß. Sie antwortete, daß sie in der Tat durch 
seine Stimme und seine lauten Rufe aufs tiefste 
erregt und mit Schmerzen erfüllt worden sei. 
„Ich bin Witwe,'' sagte sie, „und mein Gatte 
hat mir seinerzeit einen Esel hinterlassen, der 
mir meinen Lebensunterhalt verdienen half und 
öfter, wie Ihr es zu tun pflegt, Tag und Nacht 
brüllte. Dieser Esel ist gestorben und hat mich 
Unglückliche ohne jedes Hilfsmittel zurück- 
gelassen. Wenn ich Euch daher mit so durch- 
dringender Stimme predigen höre, werde ich 
durch Eure Stinune derart an meinen Esel 



236 



erinnert, dafi ich, mag ich wollen öder nicht, 
infolge der wehmütigen Erinnerung zum Weinen 
gezwungen werde/' Der Dununkopf, der mehr 
Schreihals als Prediger war, wurde durch diese 
Worte in keine geringe Verlegenheit gesetzt. 



231. 

VON EINER JUNGEN FRAU, 

DIE VON IHREM ALTEN GATTEN 

VERSPOTTET WURDE. 

Ein schon recht bejahrter Florentiner führte 
ein junges Mädchen heim, das von älteren 
Frauen belehrt worden war, es müsse in der 
Brautnacht den ersten Angriffen des Mannes 
Widerstand entgegensetzen und die Festung 
nicht nach dem ersten Sturme übergeben. In 
Befolgung dieses Rates weigerte sich die junge 
Frau also, sich näher mit ihm einzulassen. 
Als der Mann, der alle Kraft zusammen ge- 
nommen hatte und mit vollen Segeln daherkam, 
merkte, dafi sie gänzlich abgeneigt sei, fragte 
er, warum sie ihm nicht zu Willen sein wolle. 
Die Jungfrau schützte Kopfschmerzen vor, 
und der Mann drehte sich mit Gewehr in Ruh 
auf die andere Seite und schlief bis zum Morgen- 
grauen. Als nun das junge Weiblein erkannte, 
dafi es nicht weiter würde gedrängt werden, 

IS* 227 



bereute sie es, den Rat der Tanten befolgt und 
dem Begehren ihres Mannes nicht nachgegeben 
zu haben ; sie weckte ihn daher auf und sagte, 
der Kopf tue ihr nicht mehr weh. Doch er 
luitwortete: »yMir tut jetzt aber der Schwanz 
weh!'' und lieB seine Gattin Jungfrau, wie sie 
war. Daher ist es gut, das Angenehme zu 
nehmen, wenn es angeboten wird. 



232. 

VON DEN HOSEN EINES MINORITEN- 
MÖNCHES, DIE ZU RELIQUIEN WURDEN. 

Eine sehr lustige Geschichte, die unter diese 
Plaudereien aufgenommen zu werden verdient, 
passierte unlängst in Amelia. Eine verheiratete 
Frau ging, wie ich glaube, im Bestreben, ihre 
Pflicht zu erfüllen, hin und beichtete einem 
Minoritenmönche ihre Sünden. Dieser fühlte 
während der Beichte fleischliche Gelüste er- 
wachen, und nachdem er so lange auf die Frau 
eingeredet, dafi er sie endlich bestimmt hatte, 
ihm zu Willen zu sein, sannen sie über eine 
Gelegenheit und einen Ort zur Vollbringung 
der Sache nach. Man kam überein, daß die Frau 
sich krank stellen und den Mönch als Beicht- 
vater rufen lassen solle; solche Leute pflegen 
nämlich allein gelassen zu werden, damit sie 

228 



in Abwesenheit von Zeugen ungescheut von 
den Geheimnissen der Seele sprechen können« 
Die Frau tat also, als ob sie krank sei, legte 
sich ins Bett, heuchelte heftigste Schmerzen 
und verlangte nach dem Beichtvater. Und 
dieser kam und bediente sich ihrer, nachdem 
die übrigen das Zimmer verlassen hatten, zu 
wiederholten Malen. Dies dauerte eine ganze 
Zeit; endlich traten einige ins Zimmer. Der 
Mönch empfahl sich und sagte, er werde am 
folgenden Tage wiederkommen, da er mit der 
Beichte noch nicht zu Ende sei. Und er kam 
wieder, legte seine Hosen auf das Bett der 
Frau und setzte die Beichte in derselben Weise 
wie am Tage zuvor fort. Plötzlich trat der 
Mann, der trotz der so langen Dauer der 
Beichte nichts Schlinunes ahnte, in das Schlaf- 
zinuner, und der Mönch ging, erschreckt durch 
die unerwartete Dasswischenkunft, fort und 
vergaB seine Hosen. Als der Mann der Hosen 
ansichtig wurde, schrie er los, das sei kein 
Mönch, sondern ein Buhler, und das ganze 
Haus, durch den Lärm herbeigerufen, ereiferte 
sich beim Anblicke der Hosen ebenfalls über 
den schimpflichen Frevel. Der betrogene Gatte 
lief sofort zum Prior des Klosters und führte 
bittere Klage über die unwürdige Tat und 
bedrohte den Übeltäter mit dem ^Tode. Der 
Prior, ein Greis, suchte seinen Zorn zu be-> 



229 



sänftigen und sagte ihm, er solle die Sache 
doch nicht zu seiner und der Seinen Schande 
an die große Glocke hängen, man müsse Still- 
schweigen bewahren und die Geschichte zu ver- 
tuschen suchen. Der aber sagte, durch die 
Auffindung der Hosen sei die Sache so offen- 
bar geworden, daB sie nicht mehr verheimlicht 
werden könne. Aber der Greis hatte hierfür 
gleich einen Ausweg: er wolle versichern, dafi 
es die Hosen des heiligen Franziskus seien, 
die der Mönch zur Heilung der Frau mit- 
gebracht habe, und er selbst wolle in feier- 
licher Prozession kommen und die Hosen vor 
aller Öffentlichkeit zurückbringen. Dieser Vor- 
schlag wurde angenommen, und der Prior 
berief die Mönche zusammen, und unter Voran- 
tragung des Kreuzes schritt man in den ge- 
weihten Gewändern zum Hause des Betrogenen. 
Dort nahm der Prior die Hosen ehrfürchtig auf, 
trug sie mit erhobenen Händen wie heilige 
Reliquien auf einem seidenen Tuch und ließ 
sie von dem Manne, von der Frau imd von 
allen Begegnenden küssen. So brachte er sie 
unter großen Zeremonien und Gesängen ins 
Kloster und legte sie im Allerheiligsten zu 
den übrigen Reliquien. Als die List später 
bekannt wurde, führten Beamte der Stadt über 

diesen Frevel Klage. 



230 



233- 

VON EINEM UM DEN HALS ZU TRAGEN- 
DEN BREVE GEGEN DIE PEST. 

Als ich neulich nach Tivoli ging, um meine 
Kinder, die ich wegen der Pest aus Rom fort- 
geschickt hatte, zu sehen, hörte ich eine lustige 
Geschichte, die wert ist, hier aufgenommen zu 
werden. Einige Tage zuvor hatte ein Wander- 
mönch, der in den benachbarten Kastellen den 
Bauern predigte, versprochen (man fürchtete 
nämlich bereits das Nahen der Pest), er werde 
ihnen ein sicheres Breve, wie man es nennt, 
geben. Wenn sie das lun den Hals trügen, 
würden sie niemals an der Pest sterben können. 
Das dumme Volk legte voller Hoffnimg das 
ganze Geld, das es übrig hatte, in solchen Breves 
an und hing sie sich an einem Jungfemhaar 
um den Hals. Der Mönch hatte aber verboten, 
die Breves vor Ablauf von viera^ehn Tagen zu 
öffnen, da sie sonst ihre Kraft verlieren würden« 
Nachdem er viel Geld gesammelt hatte, veri- 
schwand er. Da die Neugier die Menschen 
nicht ruhen läßt, wurden die Breves bald darauf 
gelesen, und man fand folgende italienisch 

geschriebenen Worte : 

,,Donna, se fili, e cadeti io fuso, 
Quando te fletti. Wen io culo chiuso/* 



231 



D. h.: 

„Wenn du spinnst. 
Und die Spindel dir entglitt, halt du, 
Weib, beim Bücken stets den Hintern zul"* 
Das ist freilich mehr wert als alle Vorschriften 

und Mittel der Arzte. 



234. 

VON DEM MUNDE DES KARDINALS 

ANGELOTTO, DEN MAN ÖFFNETE, STATT 

IHN LIEBER ZU SCHLIESSEN. 

Angelotto in Rom war ein redseliger und bissiger 
Mann, der niemand schonte. Als er infolge 
der Schuld der Zeit, um nicht zu sagen, infolge 
der Dummheit der Menschen, zum Kardinal 
gemacht worden war, schwieg er im geheimen 
Konsistorium der Kardinäle eine Zeitlang, wie 
die Sitte es erfordert. (Die neuen Kardinäle halten 
nämlich, wie man sagt, den Mund geschlossen, 
bis der Papst ihnen erlaubt, zu reden.) An 
einem solchen Tage sagte der Kardinal von 
San Marcello auf die Frage, was sie im Kon- 
sistorium getan hätten: „Wir haben dem Ange- 
lotto den Mund geöffnet.'' Da rief ich: „Oh! 



* „Feste" ist nämlich sowohl die Pest wie der (Pest-) 
Gestank. 



232 



es wäre besser gewesen, ihm den Mund mit 
einem starken Riegel zu verschließen/' 



235- 

WIE RIDOLFO EINEM, DER EIN PFERD 

OHNE TADEL VON IHM ERBAT, EIN 

SOLCHES GAB. 

Von Ridolfo di Camerino, den wir oben schon 
erwähnt haben, erbat ein Edelmann aus dem 
Picener Lande ein Pferd zum Geschenk, das 
in jeder Hinsicht so schön und vollkommen 
sein sollte, daß kein anderes Pferd in Ridolfos 
M€trstall ihm irgendwie gleichkäme. Um seinen 
Willen zu erfüllen, wählte der Fürst eine Stute 
und einen Hengst aus seinem Stalle aus und 
schickte sie ihm mit dem Bescheide, er sende 
ihm die Werkzeuge, vermittelst derer er das 
Pferd, das ihm vorschwebe, machen möge; 
denn er besitze keines von der Art, wie er es 
wünsche. Diese Worte gemahnen, daß man 
nicht Dinge begehren soll, die entweder uner- 
füllbar sind oder mit Recht verweigert werden 

können. 



233 



336. 

IN EINEM STREITE ZWISCHEN WEIBERN 

KOllSMT ES ZU EINEM HÖCHST SPASS- 

HAFTEN AUSSPRUCHE. 

Eine Frau aus Rom, die ich gekannt habe 
und die ihren Lebensunterhalt vermittelst ihres 
Unterleibs gewann, hatte eine schon erwachsene 
sehr schöne Tochter, die sie ebenfalls der 
Venus geweiht hatte. Einmal entstand zwischen 
dieser Frau und einer Nachbarin, die dasselbe 
Gewerbe trieb, ein Streit, und es kam zu Grob- 
heiten und Beschimpfungen. Als die Nachbarin, 
die auf die Hilfe irgend welcher hochgestellter 
Personen pochte, gegen Mutter und Tochter 
heftige Drohungen ausstieß, berührte diese den 
Unterleib ihrer Tochter und sagte: „Möge Gott 
mir dies da schützen und bewahren, dann 
kann ich alle deine Worte und Drohungen ruhig 
▼erachten I" Eine sehr gute Antwort; denn es 
war ein vorzüglicher Fürsprecher, auf den sie 
vertraute, und an dem viele ihre Freude hatten. 



237- 

VON EINEM PFAFFEN UND EINEM LAIEN, 

DER IHN OBERRASCHEN WOLLTE. 

Ein Pfaffe lag am hellen Tage bei der Frau 
eines Bauers im Bette, unter dem der Bauer 



»34 



versteckt lag, um ihn auf der Tat zu ertappen. 
Als nun der Pfaffe, vielleicht infolge zu ange- 
strengter Arbeit, in eine Art von Ekstase ver- 
fiel und ohne zu ahnen, daß der Bauer unter 
dem Bette verborgen lag, ausrief: „0hl mir 
ist, als sähe ich die ganze Welt vor mir auf- 
gerollt I" ließ sich der Bauer, der tags zuvor 
seinen Esel verloren hatte und den Schimpf 
plötzlich vergaß, vernehmen: „Ol schau dich 
bitte um, ob du nicht vielleicht irgendwo meinen 

Esel entdeckst I^^ 



238. 

EINEM ENGLISCHEN WALKER PASSIERT 
EINE MERKWÜRDIGE SACHE MIT SEINER 

FRAU. 

Als ich mich in England aufhielt, begegnete 
einem Tuchwalker eine lustige Geschichte, die 
wert ist, in unsere Sammlung aufgenommen 
zu werden. Dieser Mann, der verheiratet war 
und außerdem in seinem Hause viele Knechte 
und Mägde hatte, verliebte sich in eine der 
letzteren, die ihm die schönste und anmutigste 
zu sein schien, und drang wiederholt in sie, 
sie möchte ihm zu Willen sein. Sie aber hinter- 
brachte die Sache ihrer Herrin. Auf deren Rat 
gab sie dem Walker ihre Einwilligung zu er- 

235 



kennen. Am verabredeten Tage aber verbarg 
sich zur bestimmten Stunde statt der Magd die 
Herrin an einem abgelegenen und sehr dunkehi 
Orte« Der Walker erschien und legte sich zu 
ihr, ohne zu ahnen, dafi es seine Frau sei. 
Als er fertig war, verließ er das Zimmer, er- 
zählte einem seiner Arbeiter, was er gemacht 
und forderte ihn auf, ebenfalls die Magd — 
wie er meinte — zu beschlafen« Dieser ging 
hin, und in der Meinung, es sei ihr Mann, 
verhielt sich die Frau ganz ruhig. Und als 
nach diesem noch ein anderer von ihrem 
Manne gesandt wurde, hielt sie, imniier in der 
Meinung, ihr Gatte sei es, auch den dritten 
Angriff aus, während die Arbeiter sie für die 
Magd hielten. Nachdem sie den Ort endlich 
ungesehen hatte verlassen können, machte sie 
in der darauffolgenden Nacht ihrem Manne 
Vorwürfe, dafi er gegen sie so zurückhaltend 
und der Magd gegenüber so geil sei, daß er 
sie, die er für die Magd hielt, dreimal an 
einem Tage übermannt habe. Der Walker 
konnte nichts anderes tun, als über seinen Irr- 
tum und die Sünde der Frau, die er verursacht 

hatte, schweigen. 



236 



239. 
TOSKANISCHE UND NACHHER OFFENE 

BEICHTE. 

Einer, der sogar die Scham seiner Schwester 
nicht geschont hatte, kam nach Rom, um sein 
Verbrechen zu beichten und suchte einen tos- 
kanischen Beichtvater. Man wies ihm einen, 
und er ging zu ihm und fragte ihn zunächst, 
ob er toskanisch verstände. Als jener bejaht 
hatte, sagte er, nachdem er andere Sünden 
aufgezählt hatte, als er einmal im Schlaf- 
zimmer mit seiner Schwester allein gewesen 
und den Bogen gespannt gehabt habe, habe 
er sie mit einem Pfeile angeschossen. „Welch 
ein Frevel!'' rief der Beichtvater. „Hast du 
deine Schwester getötet?" „Durchaus nicht," 
lautete die Antwort, „aber du verstehst ja gar 
nicht Toskanisch." „Ich verstehe es sehr gut," 
erwiderte der Priester; „denn ich bin dorther 
gebürtig; hast du nicht gesagt, du habest, 
nachdem du den Bogen gespannt, deine 
Schwester mit einem Pfeile getroffen?" „Ich 
verstehe es nicht so," erwiderte der andere, 
„sondern ich sage, dafi ich den Bogen ge- 
spannt, einen Pfeil daraufgelegt und auf meine 
Schwester abgedrückt habe." „Hast du sie ver- 
wundet," fragte der Beichtvater, „verletztest 
du sie im Gesicht oder an irgend einem Glied ?" 

237 



yyOh/' antwortete der Beichtende, „du verstehst 
wirklich nicht Toskanisch I'' Worauf der Priester : 
yylch verstehe deine Worte recht wohl, aber 
es könnte sein, dafi du nicht toskanisch reden 
kannst.*^ „Ich sage nicht/' entgegnete wiederum 
der Beichtende, „daß ich meine Schwester ver- 
wundet, sondern daß ich einen Pfeil vom ge- 
spannten Bogen abgedrückt habe/' Der Beicht- 
vater sagte, er wisse wahrhaftig nicht, was er 
sagen wolle, und der Beichtende behauptete, 
er verstehe in der Tat kein Toskanisch und 
wiederholte die Geschichte mit dem Bogen und 
dem Pfeile. Endlich rief der Priester: „Wenn 
du dich nicht anders ausdrückst, kann ich 
nicht wissen, was du meinst/' Nachdem er 
lange aus Scham gezögert hatte, sagte der 
Beichtende schließlich offen und mit klaren 
Worten, daß er seine Schwester mißbraucht 
habe. „Jetzt sprichst du Toskanisch zu einem 
Toskaner," rief da der Beichtvater aus, „und 
ich verstehe dich vorzüglich." Und er ver- 
hängte eine Buße über ihn und ging fort. Es 
ist ein Zeichen schlechten Charakters, in Worten 
Scham zu zeigen, wenn man in seinen Taten 
schamlos und verbrecherisch war. 



238 



240. 

VON EINER SCHLACHT ZWISCHEN 
ELSTERN UND DOHLEN. 

Im April des Jahres 1451 ereignete sich etwas 
Unheimliches im Grenzgebiete von Gallien und 
dem heute Bretagne genannten Lande. Elstern 
und Dohlen kämpften » nachdem sie in der 
Luft Schlachtreihen gebildet hatten, unter un- 
geheuerem Lärm den ganzen Tag aufs heftigste 
miteinander. Den Sieg errangen die Dohlen; 
von ihnen wurden gegen 2000, von den Elstern 
aber gegen 4000 tot auf dem Boden gefunden. 
Die Zeit wird lehren, was diese seltsame Er- 
scheinung zu bedeuten hat« 



241. 

WITZIGE BEMERKUNG FRANCESCOS ÜBER 
DIE SÖHNE DER GENUESER. 

Francesco Quartente, ein Florentiner Kauf- 
mann, weilte mit Frau und Familie in Genua. 
Seine Kinder waren mager und zierlich von 
Gestalt; die Kinder der Genueser sind aber 
gewöhnlich gut bei Sache und kräftig. Ein 
Bürger von Genua fragte einmal den Fran- 
cesco, warum seine Söhne so schwächlich und 
dünn seien, die der Genueser aber nicht« „Das 



239 



ist sehr einfach/' antwortete er, „ich mache 
nämlich meine Söhne selbst, Ihr dagegen habt 
zur Kinderzeugung die Hilfe vieler nötig/' 
Denn nachdem sich die Genueser verheiratet 
haben, gehen sie bald darauf in See und über- 
lassen ihre Frau auf mehrere Jahre dem Schutze 

anderer, wie sie sagen. 



242. 

VON DER ZWECKENTSPRECHENDEN 

ABER BRUTALEN HANDLUNGSWEISE 

EINES FLORENTINERS. 

Einer meiner Freunde erzählte mir, als wir 
in einer Gresellschaft zusammen waren, von 
einem ihm bekannten Florentiner, der eine 
schöne, von vielen Verehrern umschwärmte 
Frau hatte. Einige von diesen brachten ihr öfter 
auf der Straße vor dem Hause Serenaden (wie 
man es nennt) mit brennenden Fackeln, wie 
es Sitte ist. Als der Florentiner, der ein sehr 
witziger Mann war, wieder einmal durch den 
Klang der Trompeten aufgeweckt wurde, stand 
er auf und trat mit seiner Frau ans Fenster. 
Und als er den Haufen lärmender Verliebter 
sah, bat er die Versammelten mit lauter Stinmie, 
sie möchten einen Augenblick herschauen. Als 
alle ihre Blicke auf ihn gerichtet hatten, zog 



240 



er ein mächtiges Glied hervor^ streckte es zum 
Fenster hinaus und sagte: ihre Mühe sei eitel 
luid nutzlos; denn, wie sie sähen, sei er noch 
besser als sie alle in der Lage, seine Gattin 
zu befriedigen, er rate ihnen daher, ihn nicht 
mehr unnütz zu belästigen. — Diese witzige 
Rede hatte den Erfolg, daß sie von da ab von 
ihrem überflüssigen Beginnen ablieSen. 



243. 

BERECHTIGTE BITTE EINES IMPOTENTEN 

GREISES. 

Ein anderer erzählte uns eine ähnliche Ge- 
schichte von seinem Nachbar in Florenz, der, 
obgleich schon recht bejahrt, eine junge Frau 
genommen hatte. In diese hatte sich Riccardo 
degli Alberti, ein vornehmer und schöner Jüng- 
ling, verliebt und brachte ihr, ebenfalls mit 
anderen zusammen, nachts mit Musik und 
Gesang ein Ständchen vor dem Hause, wo- 
durch er regelmäßig ihren Mann aus dem 
Schlafe weckte. Dieser ging endlich zu Bene- 
detto, dem Vater des Jünglings, berief sich 
auf seine Jugendfreundschaft mit ihm, erinnerte 
ihn an die Dienste, die sie sich gegenseitig ge- 
leistet hatten, und sagte nach vielen Klagen 
endlich, er habe es nicht verdient,, daß sein 

x6 341 



Sohn ihm nach dem Leben trachte. Bestürzt 
und empört darüber, rief Benedetto, er werde 
dies Verbrechen zu verhindern wissen und bat 
zugleich den Freund, ihm die Sache zu erzählen, 
damit er seinen Sohn besser im Zatune halten 
könne. „Also/^ antwortete dieser, „dein Sohn 
ist zum Sterben in meine Frau verliebt und 
weckt mich und sie nachts häufig durch Flöten- 
spiel und Gesang auf, imd, einmal wach, muß 
ich sie öfter, als meine Kräfte es erlauben, be- 
friedigen, damit sie nicht nach einem andern 
Verlangen bekonunt. Da sich dies nun sehr 
oft ereignet, beginnen mir schon die Kräfte 
zur Liebesarbeit zu mangeln. Und so muB ich, 
wenn dein Sohn nicht von seinem Beginnen 
abläßt, in kurzer Zeit an diesen Nachtwachen 
zu Grunde gehen.^^ Von seinem Vater ermahnt, 
ließ Riccardo von dieser Art der Bewerbung ab 
und fiel dem Alten nicht mehr beschwerlich. 



244. 

EINE COURTISANE VERSPOTTET DIE 

VENEZIANER. 

Als ich mich in den Bädern von Petriolo auf- 
hielt, erzählte mir ein imterrichteter Mann von 
der witzigen Anspielimg einer Konkubine, die 
nicht unwert ist, in unsere Sanmdung auf- 

343 



genommen 2U werden: Es lebte in Venedig 
eine öffentliche Dirne, bei der Männer von den 
verschiedensten Nationen verkehrten. Diese 
wurde einmal von jemand gefragt, welchen 
Volkes Männer ihr mit dem größten männ- 
lichen Gliede versehen schienen. Ohne sich zu 
besinnen, sagte das Weib: „Die Venezianer^^ 
Und als sie gefragt wurde, wanmi : „Weil das 
Glied bei ihnen so lang ist, daB sie, wenn sie 
auch in fernen Ländern und selbst jenseits 
des Meeres sich aufhalten, damit dennoch bis 
zu ihren Frauen gelangen imd Kinder mit 
ihnen zeugen/' Sie scherzte damit über die 
Frauen der Venezianer, die von ihren nach 
entfernten Gregenden fahrenden Männern ^der 
Fürsorge anderer überlassen bleiben.] 



245. 

SCHERZ EINES UNGELEHRTEN, DER DIE 
GELEHRTEREN IN VERLEGENHEIT SETZTE. 

Mehrere Mönche disputierten über das Alter 
und die Werke unseres Heilands, und es wurde 
gesagt, daß er nach seinem dreißigsten Jahre 
mit Predigen begonnen habe. Da fragte sie 
einer der Anwesenden, der in den Wissenschaften 
nicht so beschlagen war wie sie, was Jesus 
gleich nach Vollendimg seines dreißigsten Lebens- 

i6* 343 



Jahres getan habe. Als die einen nichts zu 
sagen wußten, die andern verschiedene Mei- 
nungen aussprachen, sagte er : ,,Bei aller Eurer 
Weisheit wiBt Ihr etwas nicht, was doch so 
leicht zu erkennen ist.** Und als sie nun fragten, 
was Jesus denn zuerst getan habe, antwortete 
er: „Er trat in sein einunddreiBigstes Lebens- 
jahr/' Alle mußten lachen und fanden den 

Witz gut. 



246. 

EIN KAUFMANN, DER ANDERE 
BESCHULDIGT, ERHÄLT EINE ABFUHR. 

Carlo Gerio, ein Florentiner Kaufmann, war 
einer jener Bankiers, die der römischen Kurie 
folgen, und kam, wie viele Kaufleute, die in 
verschiedenen Ländern Handel treiben, nach 
Avignon. Als er später wieder nach Rom 
zurückgekehrt war, wurde er bei einem Freundes- 
mahle während der Unterhaltung gefragt, wie 
die Florentiner in Avignon lebten und wie sie 
sich aufführten. „Sie sind lustig und aus- 
gelassen," antwortete er ; „denn jeder, der sich 
dort ein Jahr lang aufhält, schnappt über." 
Darauf fragte ihn ein sehr witziger Mann 
unter den Gästen, namens Aldigherio, wie 
lange er denn in Avignon gelebt habe. Als 

244 



er antwortete: »»Nur sechs Monate'' » sagte 
jener: ,»Du hast demnach einen ausgezeichneten 
Verstand» Carlo» da du das» wozu andere ein 
Jahr brauchen» in einem halben fertig gebracht 
hast.'' Wir muBten alle über diese scharfe 

Antwort lachen. 



247. 

EINE FRAU GIBT EINEM IN SIE 
VERLIEBTEN JÜNGLINGE EINE HÜBSCHE 

ANTWORT. 

Ein Florentiner Jüngling glühte in heiSer Liebe 
für eine vornehme und ehrbare Frau» und er 
folgte ihr häufig in die Kirchen» und wohin 
sie immer ging. Er sagte zu seinen Freunden» 
er wünsche sich einen günstigen Augenblick 
imd eine gute Grelegenheit» um die Dame seines 
Herzens mit einigen Worten» die er sich schon 
überlegt und zusammengestellt hatte» anreden 
zu können. Als nun die Dame an einem Fest- 
tage in die Kirche der heiligen Lucia kam» 
sagte einer seiner Freunde zu ihm» jetzt sei 
es Zeit zum Handeln» da sie allein am Weih^ 
Wasserbecken stehe. Doch er hatte alle Geistes- 
gegenwart verloren und näherte sich ihr erst» 
als der Freund ihn drängte imd anstieB. Aber 
er hatte alles vergessen was er sich zurecht* 

»45 



gelegt hattey und wagte nicht ein Wort zu 
sagen. Sein Freund jedoch ermunterte ihn, 
doch wenigstens ein paar Worte zu reden. 
Endlich brachte er heraus: ,|Herrin, ich bin 
Euer Diener.'' Worauf die Dame lächelnd ant- 
wortete: „Ich habe zu Hause genug, ja über- 
genug Diener, die es ausfegen und das Geschirr 
waschen und bedarf keiner weiteren mehr.'' 
— Und die Freimde lachten über die Dunun- 
heit ihres Genossen und die hübsche Antwort 

der Dame. 



248. 

VON EINEM EDELMANNE ZU KAISER 

FRIEDRICHS ZEITEN, DER SICH ALS 

TAPFERER KÄMPFER AUFSPIELTE, ABER 

NICHT KÄMPFTE. 

Zur Zeit, als^ Kaiser Friedrich (der zu Buon- 
convento, einer Stadt im Sienesischen, starb) 
zwei Meilen von Florenz als Feind sein Lager 
aufschlug, eilten viele Edelleute, um ihr Vater- 
land zu schützen, zu den Waffen und griffen 
die Stellung der Feinde an. Ein Prahlhans 
aus vornehmer Familie stieg auch bewaffnet 
zu Pferde und ritt in gestrecktem Galopp zum 
Tore hinaus, indem er die übrigen wegen ihrer 
Langsamkeit tadelte und rief, sie zögen hinter- 

246 



her, als wenn sie Furcht hätten, er werde 
nötigenfalls allein gegen die Feinde kämpfen. 
Als er eine Meile weit vorwärts gesprengt war, 
und seine Kräfte in Prahlereien verausgabt 
hatte, sah er einige mit Wunden bedeckte 
Kämpfer aus der Schlacht zurückkehren und 
begann allmählich langsamer zu reiten und 
lieB schlieBlich sein Pferd im Schritt gehen. 
Als er aber den Lärm der Feinde, die mit den 
Bürgern kämpften, hörte und von weitem das 
Schlachtgewühl erblickte, hielt er an und rührte 
sich nicht von der Stelle. Als ihn mm einige, die 
seine großen Worte vernommen hatten, fragten, 
warum er nicht weiter imd in die Schlacht 
hineinreite, antwortete er nach längerem Schwei- 
gen : „Ich fühle mich nicht so stark imd Waffen- 
geübt, wie ich mir eingebildet hatte.^' Man 
muB die Kräfte der Seele und des Körpers 
wägen und nicht mehr versprechen, als man 

leisten kann. 



349. 

VON EINEM MANNE, DER ZWEI JAHRE 
LANG WEDER SPEISE NOCH TRANK ZU 

SICH NAHM. 

Ich fürchte, daß das, was ich jetzt unter unsere 
Plaudereien aufnehme, noch fabelhafter er- 



347 



scheint, als manche der übrigen , denn es ist 
gegen die Natur und scheint leicht widerlegbar. 
Ein Mann, namens Giacomo, der zur Zeit 
Papst Eugens zu den Angestellten an .der rö- 
mischen Kurie gehörte, die man Kopisten 
nennt, verfiel, als er nach seiner Vaterstadt 
Noyon in Frankreich zurückgekehrt war, in 
eine schwere imd langwierige Krankheit. Meine 
Erzählung würde zu lang werden, wollte ich 
alles wiederholen, was ihm nach seiner Angabe 
während der Krankheit zustieB. Nach vielen 
Jahren, im 6. Jahre des Pontifikats NikolausjV., 
kehrte er endlich zur Kurie zurück. Er kam 
aber arm und von allem entblöBt an; denn 
auf der Reise war er Räubern in die Hände 
gefallen und wandte sich an Mitglieder der 
Kurie, Nachbarn von mir, sehr ehrenwerte 
Männer, die ihn von früher her kannten, und 
erzählte ihnen, daB er seit zwei Jahren nach 
seiner Krankheit weder gegessen noch ge- 
trunken habe, obgleich er es mehrfach ver- 
suchte. Er ist ein sehr magerer Mensch, Priester 
und besitzt einen gesunden Verstand, sagt das 
Gebet lückenlos her und hat die Messe in 
meiner Gegenwart gehört. Viele Theologen und 
Arzte haben mit ihm ernsthaft geredet; sie 
sagen, es handle sich lun etwas Widernatür- 
liches aber so Unzweifelhaftes, daB es hart- 
näckig wäre, nicht daran zu glauben. Jeden 

248 



Tag kommt eine Menge von Leuten zu ihm, 
tun ihn auszufragen. Die Ansichten über ihn 
sind ganz verschieden: manche glauben, sein 
Leib sei von einem Dämon besessen, aber es 
deutet kein Zeichen darauf hin; er erscheint 
durchaus als ein kluger, rechtschaffener und 
fronuner Mann, der auch heute noch sein 
Schreibergeschäft betreibt; andere sagen, daB 
Sein melancholisches Temperament ihn ernähre. 
Ich selbst habe mich öfter mit ihm unter- 
halten und bin überzeugt, daß alles, was über 
ihn geredet wurde, falsch ist. Er sagt, daB er 
sich ebenso über seinen Zustand wundere, wie 
die andern, er sei jedoch nicht plötzlich, son- 
dern allmählich dazu gelangt. Ich würde mich 
noch mehr über diesen Fall wundern, wenn 
ich nicht unlängst gewisse Annalen, die ich 
einst in Frankreich abgeschrieben hatte, durch- 
geblättert und darin gelesen hätte, daß zu 
Zeiten Kaiser Lothars und Papst Paschalis', 
im Jahre 822, sich dasselbe ereignet hat. Ein 
zwölfjähriges Mädchen im Gebiete von Toul, 
in der Stadt Commercy, enthielt sich, nachdem 
es Ostern die heilige Kommunion genommen, 
zuerst zehn Monate lang des Brotes, dann drei 
Jahre lang der Speise und des Tranks und 
kehrte darauf zu seiner früheren Lebensgewohn- 
heit zurück. Auch er hofft, daß dasselbe bei 
ihm der Fall sein werde. 



249 



/ 



2SO. 

WITZIGE BEMERKUNG EINES MANNES, 
DER VERSPROCHEN HATTE EINEN ESEL 

ZU UNTERRICHTEN. 

Ein Fürst befahl einem Untertanen, dessen 
Güter er an sich bringen wollte, und der da^ 
mit prahlte, ihm seien viele Dinge möglich, 
bei schwerer Strafe einen Esel lesen zu lehren. 
Dieser erklärte, das sei unmöglich, wenn ihm 
nicht eine lange Frist für den Unterricht ge- 
währt werde. Als er zur Antwort erhielt, er 
solle lun so viel Zeit bitten, wie er für erfor- 
derlich halte, bat er um zehn Jahre. Alle 
lachten ihn aus und sagten, er habe etwas 
Unmögliches unternommen. Er beruhigte seine 
Freunde aber mit den Worten: „Ich hege 
keine Besorgnis; denn entweder sterbe ich in- 
zwischen, oder der Esel oder der Fürst.'' Damit 
zeigte er, daß es heilsam ist, eine schwierige 
Sache in die Länge zu ziehen und aufzuschieben. 



251. 

VON EINEM PRIESTER, DER NICHT 
WUSSTE, OB EPIPHANIA EIN MANN SEI 

ODER EIN WEIB. 

Ein Freund erzählte mir am Epiphaniafeste 
▼on der lächerlichen Dummheit eines Priesters 



350 



aus seiner Heimat. Dieser verkündete seiner 
Gemeinde die bevorstehende Epiphaniafeier mit 
den Worten: ^^Morgen werdet Ihr in tiefster 
Frömmigkeit Epiphania feiern; es ist ein sehr 
groBeSi ja ein Hauptfest; ich weiB nicht, ob 
es ein Mann war, oder eine Frau, aber wer 
es auch immer gewesen sein mag, wir müssen 
diesen Tag in höchster Demut begehen!*^ 



252. ^ 

VON EINEM WUCHERER, DER REUE ~^i 
HEUCHELTE UND ES SCHLIMMER MACHTE 

ALS ZUVOR. 

Zu einem alten Wucherer, der vorgab, sein 
Gewerbe aufgegeben zu haben, kam ein lAann, 
der Geld gegen Wucherzinsen leihen wollte, 
und als Pfand ein silbernes Kreuz brachte, in 
dem ein Splitter vom Kreuze unseres Heilands 
eingeschlossen war. Als er den Alten bat, ihm 
darauf Geld zu leihen, sagte dieser: „Ich habe 
mich von der Sünde des Wuchers bereits ab- 
gewandt, aber geh zu meinem Sohne (und er 
nannte dessen Namen), der seine Seele ver- 
lieren will, imd laB dir von ihm leihen 1^^ Und 
er schickte einen Diener mit ihm, der ihm 
das Haus des Sohnes zeigen sollte. Als sie 
schon ziemlich weit entfernt waren, rief der 



251 



Alte dem Diener nach: »»He, du! sag meinem 
Sohne, daB er nicht vergißt, das Gewicht des 
Holzes vom Werte abzuziehen!'^ Dieser Mann, 
der sein Vorleben bereut zu haben schien, 
wollte nicht, daB sein Sohn das Holz des 
Kreuzes gleich dem Silber schätzen solle und 
hielt es für geringerwertig als Silber. Die 
Natur des Menschen verleugnet sich nie* 



253. 
FABEL VON DEN VÖGELN, DIE SICH] 

TÄUSCHTEN. 

Jemand nahm aus einem Kaiige, in dem Vögel 
eingeschlossen waren, einen nach dem andern 
heraus und tötete sie, indem er ihnen den 
Kopf eindrückte. Während dieser Hantienmg 
kamen ihm zufällig Tränen in die Augen. Da 
sagte einer von den Eingesperrten zu den 
andern: „Seid guten Mutes! Ich sehe ihn 
weinen, er hat Mitleid mit luis.^' Aber der 
älteste unter den Vögeln erwiderte darauf: 
„Mein Sohn, schau nicht auf die Augen, son- 
dern auf die Hände !^' — Er deutete damit an, 
daB man nicht auf die Worte, sondern auf die 

Taten achten müsse. 



254. 
EINER, DER SICH VERSCHIEDENE KETTEN 
UM DEN HALS SCHLINGT, WIRD ALS 
DÜMMER ALS ANDERE GEKENNZEICHNET. 

Ein mailändischer Ritter, der ein Maulheld 
war, kam als Gesandter nach Florenz und trug 
prahlerisch jeden Tag andere Schmuckketten 
verschiedener Art lun den Hals. Als Niccold 
Niccoli, ein sehr gelehrter und witziger Mann, 
diese eitle Großtuerei bemerkte, sagte er: „Die 
andern Narren haben an einer einzigen Kette 
zu schleppen — die Verrücktheit von dem da 
aber ist so groB, daß er mit einer Kette nicht 

zufrieden istJ* 



255- 

RIDOLFO, HERR VON CAMERINO, FÜHRT 
EINEN GESANDTEN AB, DER GEGEN DIE 

FÜRSTEN LOSZOG. 

In dem Kriege, der zwischen Papst Gregor XI. 
und den Florentinern geführt wurde, fielen das 
Picener Land und fast alle Provinzen der rö- 
mischen Kirche vom Papste ab. Der Gesandte 
von Recanati, der nach Florenz geschickt 
worden war, dankte den Prioren für die Frei- 
heit, die seiner Stadt durch die Hilfe der Flo- 



253 



rentiner wiedergegeben wurde und 20g in langer 
Rede gegen den Papst und seine Minister und 
besonders gegen alle Fürsten und Tyrannen 
I0S9 verwünschte ihre schlechte Herrschaft und 
ihre Verbrechen, ohne Rücksicht zu nehmen 
auf Ridolfo, Herrn von Camerino, der damals 
als Feldherr der Florentiner zugegen war, wenn 
solche Gesandte empfangen wurden, und die 
Invektiven mit anhörte. Als der Gesandte fertig 
war, fragte ihn Ridolfo, was er studiert habe 
und welches Gewerbe er treibe, und als jener 
sagte, er sei Doktor des Zivilrechts, fragte er 
ihn, seit wie lange er sich mit den Gesetzen 
beschäftige. Und als jener antwortete: „Seit 
länger als zehn Jahren,^^ sagte Ridolfo: „0, 
ich wünschte, du hättest nur ein Jahr lang 
gesellschaftlichen Takt studiert 1^^ Er gab da- 
mit zu erkennen, daß der Gesandte ein Dumm- 
kopf sei, da er in seiner Gegenwart soviel 
Schmähungen gegen die Fürsten ausstieß. 



256. 

VON EINEM RICHTER, IN DESSEN HAUSE 
EIN SCHWEIN EIN GEFASS MIT ÖL 

UMSTIESS. 

Ein Richter, der zwischen zwei Streitenden zu 
entscheiden hatte, erhielt von dem einen, der 

»54 



sich der Hoffnung hingab, das Urteil werde 
günstig für ihn ausfallen, einen Krug öl tuid 
▼ersprach, an ihn zu denken. Der andere er- 
fuhr davon und schickte dem Richter ein fettes 
Schwein mit der Bitte, ihn zu begünstigen. 
Das Urteil wurde zugunsten des Schweines ge- 
sprochen. Darauf beklagte sich der Unterlegene 
bei dem Richter und erinnerte ihn an das ge- 
gebene Versprechen und an das geschenkte öl. 
Da sagte dieser: „Ein Schwein kam in mein 
Haus, fand das öl, zerbrach das Gefäß und 
▼erschüttete das öl — so kam es, daß ich 
deiner ganz vergaß.'' Ausgezeichnete Antwort 
eines käuflichen Richters! 



257. 

EIN KAHLKOPF GIBT ZWEI MÄDCHEN 

EINE WITZIGE ANTWORT. 

Zwei Mädchen lagen im Fenster eines Hauses, 
das auf einen Garten hinausging, als der Gärtner, 
ein alter Kahlkopf, diesen verließ, um seine 
Mahlzeit einzunehmen. Als sie seine Glatze 
erblickten, fragten die beiden, ob er nicht ein 
Mittel wissen wolle, wodurch die Haare wieder- 
kämen. Als er bejahte, sagten sie spottend, 
er müsse sich den Kopf hier und da mit dem 
Urin seiner Frau waschen. Da antwortete der 



^55 



Gärtner lachend: „Euer Mittel taugt gar nichts; 
Beweis dafür die Tatsache, daB meine Frau 
diesen meinen kleinen Gesellen da (und er 
deutete mit der Hand auf sein Glied) schon 
dreißig Jahre lang wäscht, ohne daß auf seinem 
Kopfe irgend welche Haare gewachsen wären.'* 



258. 
VON „MESSER PERDE IL P1AT0'\ 

Enrico da Monteleone, Advokat der römischen 
Kurie, war ein alter Mann, der von seinem 
Geschäft recht wenig verstand und aus diesem 
Grunde den Beinamen: „Messer perde il piato**, 
d. h.: „Der Herr, der seine Prozesse verliert'^ 
führte. Als er einmal gefragt wurde, warum 
er immer seine Prozesse verliere, sagte er: 
„Weil alle, die meinen Rechtsschutz begehren, 
ungerechte Dinge wollen, und weil meine Sachen 
inuner unbillig sind, muB ich eben unterliegen.'* 
Eine witzige Antwort für einen schlechten 

Advokaten! 



259. 
VON EINEM LIEDE, DAS DIE WIRTE GERN 

HABEN. 

Ein hungriger Reisender machte in einer Schenke 
Rast und füllte sich den Leib mit Speise und 

256 



Trank. Als der Wirt Bezahlung verlangte, 
sagte er, er besitze keinen Pfennig, wolle ihn 
aber durch Lieder befriedigen. Doch der Wirt 
antwortete, er mache sich nichts aus Liedern 
und wolle sein Geld haben. Darauf fragte ihn 
der Wanderer: „Wenn ich dir ein Lied singe, 
das dir gefällt, willst du es an Zahlungs statt 
annehmen?'' Der Wirt sagte ja, und der Wan- 
derer fing an zu singen und fragte dann, ob 
ihm die Weise gefalle. Als der Wirt verneinte, 
sang er noch ein Lied und darauf ein drittes, 
aber der Wirt war mit keinem zufrieden. Da 
sagte der Wanderer: „Nun werde ich aber eins 
singen, das dir gewiB gefallen wird!'' und indem 
er seinen Geldbeutel hervorzog, als ob er zahlen 
wolle, begann er das Lied der Wandernden: 
,,Metti mano alla borsa e paga Posie", d* h.: „Tu 
die Hand in deinen Beutel und bezahl den 
Wirt!'' „Gefällt dir dieses?" fragte er, als er 
fertig war. „Ja", antwortete der Wirt, worauf 
der Wanderer: „Unserer Obereinkunft gemäfi 
bist du also zufrieden gestellt, da dieses Lied 
dir gefallen hat." Damit zog er weiter, ohne 

bezahlt zu haben. 



»7 «57 



26o. 

HOBSCHER SCHERZ IN BEZUG AUF EINEN 

MAGEREN. 

Einer meiner Mitbürger, mit dem ich sehr be- 
freundet bin, ist außerordentlich schlank und 
mager. Als sich einmal jemand darüber wun- 
derte und nach der Ursache fragte, sagte ein 
Witzbold: „Dabei ist nichts zu verwundern. 
Er sitzt nur eine halbe Stunde beim Essen, 
dagegen zwei Stunden, um seinen Leib zu ent- 
leeren.' ' Er hatte nämlich die Gewohnheit, 
sehr lange 2^it auf die Erleichterung seines 

Körpers zu verwenden. 



261. 

WITZIGE ANTWORT EINER FRAU, DIE 
DAS TINTENFASS LEER HATTE. 

Ein Bote fragte eine sehr ehrenwerte Dame 
meiner Bekanntschaft, ob sie ihm nicht Briefe für 
ihren Gemahl mitgeben wolle, der schon längere 
Zeit als Gesandter der Republik in der Ferne 
weilte. ,|Wie sollte ich schreiben können," 
sagte sie, „da mein Mann die Feder mit- 
genommen und das Tintenfaß leer gelassen 
hat?'' Eine witzige und ehrbare Antwort. 



«s« 



262. 

HÜBSCHE BEMERKUNG OBER DIE GE- 
RINGE ANZAHL DER FREUNDE GOTTES. 

Zu einem sehr witzigen Mitbürger von mir, 
der seit längerer Zeit von einem schweren 
Leiden gequält wurde, kam ein Mönch, um 
ihn aufzurichten. Als er unter anderen Trö- 
stungen zu ihm sagte, Gott pflege gerade die, 
so er liebe, auf diese Weise zu züchtigen und 
ihnen Schmerzen aufzuerlegen, bemerkte der 
Kranke: „Dann wundere ich mich nicht, daB 
er so wenig Freunde hat; und wenn er sie so 
wie mich behandelt, dann wird er deren noch 

weniger zählen.^' 



263. 

VON EINEM ANTONITERMÖNCHE, EINEM 
LAIEN UND EINEM WOLF. 

Einer jener Bettelmönche, die im Namen St. 
Antons um Almosen bitten, überredete einen 
Bauern, ihm eine gewisse Menge Korn zu 
geben unter dem Versprechen, daß seine Wirt- 
schaft und besonders seine Schafe während 
des laufenden Jahres vor jedem Schaden würden 
bewahrt bleiben. Als aber der Bauer im Ver- 
trauen auf diese Versprechungen seine Schafe 

17* 259 



ungehindert weiden lieB, frafi der Wolf mehrere 
davon. Unwillig hierüber weigerte sich der 
Bauer, als der Mönch das nächste Jahr wieder- 
kam und um Korn bettelte , ihm etwas zu 
geben und beklagte sich, daß seineVersprechungen 
nichtig gewesen seien. Als der Mönch fragte: 
„Wieso?" erwiderte der Bauer, der Wolf habe 
einige von seinen Schafen geraubt. „Der Wolf," 
rief da der Mönch, „ho! ho! das ist eine 
schlimme und falsche Bestie, hüte dich vor 
ihr; «^denn sie würde nicht nur St. Anton, son- 
dern sogar Christus selbst täuschen, wenn sie 
könnte!" Es ist töricht, sein Vertrauen auf 
Leute zu setzen, deren Gewerbe es ist, andere 

zu betrügen. 



264. 

WUNDERBARE KOMPENSIERUNG 

ZWISCHEN EINEM BEICHTVATER UND 

EINEM BEICHTENDEN. 

Es kam jemand zu einem Priester, sei es in 
ernsthafter Absicht, sei es, um ihn zum besten 
zu haben, und sagte, er wolle seine Sünden be- 
kennen. Aufgefordert, alles zu gestehen, dessen 
er sich erinnere, sagte er, er habe einem andern 
irgend etwas gestohlen, aber jener habe ihm 
viel mehr genommen. Darauf der Priester: 
„Das eine hebt das andere auf, ihr seid daher 

260 



quitt.'' Der Beichtende fuhr fort, er habe einen 
andern geprügelt , sei aber auch von ihm ge- 
schlagen worden. Auch hier sagte der Priester, 
daß Schuld und Strafe gleich seien. Nachdem 
er auf diese Art noch mehrere Vergehen ge- 
beichtet und der Priester immer gesagt hatte, 
das eine sei durch das andere wettgemacht, 
sagte er endlich noch: „Es bleibt nun noch 
eine ungeheure Sünde übrig, die ich zu be- 
kennen fürchte, und die mich erröten macht, 
namentlich dir gegenüber; denn sie geht dich 
besonders an.'' Ms ihn der Priester ermahnte, 
die Scham abzulegen und sein Verbrechen frei 
zu bekennen, zögerte er noch eine Weile, dann 
aber, wiederholt aufgemuntert, sagte er: „Ich 
habe bei deiner Schwester gelegen." Worauf 
der Priester: „Und ich habe deine Mutter sehr 
oft beschlafen, und so wird, wie in den übrigen 
Fällen, die Schuld des einen durch die des andern 
gesühnt." So absolvierte die Gegenseitigkeit 
der Vergehen den Sünder. 



265. 

ZWEI FLORENTINER KNABEN BE- 
SCHIMPFEN SICH. 

Ein florentiner Knabe trug eines von jenen 
Netzen, in denen die Wolle gewaschen wird, 

26z 



an das Ufer des Arno. Ihm begegnete ein anderer, 
der gern mit dem Munde vorneweg war und, um 
ihn zu necken, fragte: »»Was für Vögel willst du 
mit deinem Netze fangen?'^ „Ich gehe/' er- 
hielt er zur Antwort, ,,zum Ausgang des Bor- 
dells, um es dort aufzuspannen und deine Mutter 
zu fangen/* Prompt antwortete der Fragesteller: 
„Hollal klopfe den Ort ordentlich ab, dann wirst 
du auch deine Mutter dort finden 1'* Wie es in den 
Wald hineinschallt, so hallt es wieder heraus. 



266. 

VERLEGENHEIT EINES JUNGEN MANNES, 
DER BEI EINEM GASTMAHLE AUF DIE 

TAFEL PINKELTE. 

Ein Tomehmer junger Ungar war von einem 
Mitgliede des hohen Adels, mit dem er ver- 
wandt war, zum Mahle geladen worden und 
kam, da die Entfernung groB war, zu Pferde 
an, gefolgt von seinen Dienern. Als er aus 
dem Sattel stieg, kamen ihm die Herren und 
Damen des Hauses entgegen und führten ihn, 
da es schon spät war, gleich an den gedeckten 
Tisch. Nachdem er sich die Hände gewaschen, 
wiurde er an die Tafel zwischen zwei schöne 
Mädchen, die Töchter des Wirtes, gesetzt. Ge- 
peinigt von dem Bedürfnis, auszutreten, das er 

262 



aus Scham verschwiegen hatte, und ohne eine 
Möglichkeit zu sehen, auf einen Augenblick zu 
verschwinden, litt er während des Essens der- 
artige Qualen, daB er nicht imstande war, einen 
Bissen zu sich zu nehmen. Alle bemerkten, 
dafi er sich bedrückt fühlte und keine Speisen 
zu sich nahm, und man forderte ihn auf, doch 
zuzugreifen. Endlich lieB er, von Schmerz 
getrieben, seine Rechte unter den Tisch 
verschwinden, zog heimlich sein Glied heraus 
und lieB in einen seiner Stiefel laufen, was da 
laufen wollte. Da rief das Mädchen zu seiner 
Rechten: „He! iß doch!'' und faBte dabei 
plötzlich seinen Arm und zog die Hand samt 
dem, was sie hielt, in die Höhe, so daB der 
Tisch überflutet wurde. Dieses imerwartete 
Schauspiel erregte allgemeine Heiterkeit, und 
der junge Mann wurde purpurrot. 



267. 

EINE FLORENTINERIN, DIE AUF DER TAT 
ERTAPPT WIRD, FINDET EINE LISTIGE 

AUSKUNFT. 

Ein Weib aus der Umgebung von Florenz, die 
sehr zugängliche Frau eines Gastwirts, lag ein- 
mal mit einem Liebhaber im Bette. Da kam 
unerwartet ein anderer, der dasselbe tun wollte, 

263 






wie dieser. Als die Frau ihn die Treppe herauf- 
kommen hörte, lief sie ihm entgegen, machte 
ihm heftige Vorwürfe ob seiner Unvorsichtig- 
keit und verbot ihm, weiter vorzudringen: sie 
könne ihn in diesem Augenblicke nicht zu- 
friedenstellen, und sie bat ihn, sofort wegzu- 
gehen. Der aber bestand auf seinem Vorhaben 
und so stritten sie sich eine ganze Weile herum, 
bis der Mann darüber hinzukam und fragte, 
was der Lärm zu bedeuten habe. Schnell fertig 
mit einer Lüge, antwortete die Firau: „Der da 
ist in der Wut und will hinauf, um einen zu 
verwunden, der sich hier ins Haus geflüchtet 
hat, und den ich hier oben versteckt habe, da^ 
mit es bei uns zu keinem Verbrechen komme.'* 
Als der Versteckte diese Worte hörte, faßte er 
Mut und fing an zu drohen, er werde Rache 
nehmen für das ihm zugefügte Unrecht. Der 
andere tat seinerseits, als drohe er dem Ver- 
borgenen wieder und wolle ihm mit Gewalt zu 
Leibe. Der Gastwirt, ein einfältiger Kerl, fragte 
nach dem Grunde des Zwistes und nahm es 
auf sich, ihn zu schlichten. Er verhandelte 
mit beiden und stellte den Frieden wieder her, 
ja, er gab ihnen sogar noch von seinem Weine 
zu trinken, so daB er zum Ehebruche seiner 
Frau noch den Schaden an seinem Weine fügte. 
Frauen, die auf der Tat ertappt werden, sind 
wahrlich nie um einen guten Ausweg verlegen. 

264 



268. 

VON EINEM TOTEN, DER LEBENDIG WAR 

UND AUF DEM WEGE ZUM GRABE SPRACH 

UND LACHEN MACHTE. 

Es lebte zu Florenz ein Narr, doch einer von 
der harmloseren Sorte, dazu ein ganz fideler 
Kauz, genannt Nigniaca. Einige junge Witz- 
bolde wollten sich einen SpaB mit ihm machen 
und ihm einreden, daß er schwer krank sei 
und verabredeten sich in diesem Sinne. Als er 
morgens sein Haus verlieB, kam ihm einer 
entgegen und fragte ihn, was ihm eigentlich 
fehle, er sehe ja ganz verändert und bleich im 
Gesichte aus. ^Gar nichts^S antwortete der 
Narr. Als er einige Schritte weitergegangen 
war, fragte ihn ein anderer Verschworener, ob 
er das Fieber habe, sein Gesicht sei so mager 
und deute auf Krankheit. Der Narr fing an, 
bedenklich zu werden und zu glauben, was 
man ihm sagte. Als er ängstlich und lang- 
samen Schrittes weiterging, sagte ein dritter, 
als er seiner ansichtig wurde, laut Verabredimg 
zu ihm: „Dein Gesicht verrät, daB ein heftiges 
Fieber dich erfaBt hat und daB du sehr krank 
bist. Der Narr wurde noch besorgter, blieb 
stehen tmd überlegte, ob er wirklich fiebere. 
Da kam ein Vierter hinzu, der ihm bestätigte, 
daB er wirklich schwer krank sei und sich 



265 



wunderte, daB er nicht im Bette sei und ihm 
riet, sofort nach Hause zurückzukehren. Er 
bot ihm seine Freundesdienste an und ver- 
sprach, wie ein Bruder für ihn zu sorgen. Der 
Narr kehrte um, wie wenn er in der Tat von 
einer schweren Krankheit befallen sei und 
legte sich in sein Bett, einem Sterbenden 
gleich. Sofort erschienen auch die andern Ver- 
schworenen im Hause und erklärten, ihr Ge- 
nosse habe recht getan, ihn ins Bett zu brin- 
gen. Bald darauf kam einer, der sich für einen 
Arzt ausgab, befühlte den Puls des Narren 
und erklärte, der Kranke werde in wenigen 
Augenblicken an seiner Krankheit sterben« 
Alsbald sagten die das Bett Umstehenden zu- 
einander: „Schon beginnt der Todeskampf, die 
FüBe werden kalt, die Zunge stammelt, die 
Augen trüben sich," und endlich: „Er ist tot, 
wir wollen ihm die Augen zudrücken, seine 
Hände ineinanderlegen und ihn fortbringen, 
auf dafi er begraben werde!" Und dann: „O, 
welche Lücke ist durch seinen Tod gerissen! 
Er war ein guter Mensch imd unser Freund." 

Und sie trösteten sich gegenseitig. 
Inzwischen war der Narr, der, wie es einem 
Toten geziemt, kein Wort sagte, überzeugt, 
daB er gestorben sei. Er wurde auf eine Toten- 
bahre gelegt und von den Jünglingen durch 
die Stadt getragen. Und als diese gefragt 

266 



wurden, wen sie da trügen, sagten sie, sie 
führten den toten Nigniaca zu Grabe. Viele von 
den Fragenden schlössen sich ihnen, um sich 
an dem Scherze zu beteiligen, an, und immer 
wieder hieß es: „Wir geleiten den toten Nig- 
niaca zu Grabe.'' Ein Schenkwirt, an dem sie 
vorbeizogen, rief: „O, das war eine böse Bestie, 
ein schlimmer Dieb, wert, daB man ihn an 
einem Stricke aufhinge!" Als der Narr das 
hörte, erhob er den Kopf und rief: „Wenn 
ich so lebendig wäre, wie ich jetzt tot bin, 
würde ich dir sagen, daB du ein Lügenmaul 
bist, du Hundsfott!" Da brachen die Träger 
in ein schallendes Gelächter aus und lieBen 
ihn samt seiner Bahre liegen. 



269. 

VON EINER SCHWER ZU ENTSCHEIDENDEN 

FRAGE. 

Zwei Freunde disputierten im Spazierengehen, 
was gröBere Wollust bereite, der Geschlechts- 
genuB oder die Entleerung des Leibes. Als sie 
eines Weibes ansichtig wurden, das den inti- 
men Verkehr mit Männern nie Terschmäht 
hatte, rief der eine: „Fragen wir die da — 
die ist ja in beidem bewandert." „O nein!" 
sagte der andere, „das ist nicht die richtige, 

267 



um in dieser Sache zu entscheiden; denn 
sie hat sich viel öfter hingelegt , als hin- 
gehockt/' 



270. 

VDN EINEM MOLLER, DER VON SEINER 

FRAU ANGEFÜHRT WURDE UND VON IHR 

FÜNF EIER ZU TRINKEN BEKAM. 

Den übrigen Geschichten möge auch folgende 
angereiht werden, die in Mantua allgemein 
bekannt ist. Neben der Brücke von Mantua 
steht eine Mühle, deren Besitzer Comicula ge- 
nannt wurde. Dieser saS an einem Sommer- 
tage nach dem Abendessen auf der Brücke, als 
ein voll entwickeltes Bauernmädchen, das keine 
Herberge zu haben schien, vorbeischlenderte. 
Der Müller, der auf sie aufmerksam wurde, 
forderte sie auf, zu seiner Frau zu gehen; 
denn es sei schon spät, und die Sonne neige 
sich zum Untergange. Sie willigte ein, und 
er rief einen Knecht und befahl ihm, sie zu 
seiner Frau zu geleiten, die ihr zu essen geben 
und sie in einer bestimmten Schlafkammer 
unterbringen solle. Die Frau schickte den 
Knecht wieder zurück und legte, da sie be- 
griff, daB ihr Mann Absichten auf das Mäd- 
chen habe, dieses in ihr eigenes Bett und be- 

268 



gab sich selbst in das andere Schlafzimmer 
zur Ruhe. Nachdem der Müller mit Absicht 
bis tief in die Nacht hinein aufgeblieben war, 
kehrte er, im Glauben, seine Gattin schliefe, 
verstohlen nach Hause zurück, schlich in 
die bewußte Schlafkammer und legte sich, 
ohne die List seiner Frau zu ahnen und 
ohne ein Wort zu sagen, zu der still Da- 
liegenden. Als er fertig war, verließ er die 
Kammer und sagte einem Knechte, was er 
gemacht hatte, und forderte ihn auf, ein glei- 
ches zu tun ; so beschlief dieser die Frau seines 
Herrn. Cornicula aber suchte sein gewohntes 
Schlafgemach auf und stieg lautlos ins Bett, 
damit seine Frau — wie er meinte — nicht 
erwache. Am Morgen erhob er sich als erster 
und ging still davon, im Glauben, bei dem 
Mädchen gelegen haben. Als er dann zur 
Stunde des Frühstücks wieder heimkam, über- 
reichte ihm seine Frau sofort fünf frische Eier 
zum Trinken. Erstaunt über diese Neuerung, 
fragte er, was das zu bedeuten habe. Vergnügt 
antwortete sie, sie gebe ihm so viel Eier, wie 
er in dieser Nacht Meilen geritten sei. Da merkte 
er, daB er sich in seiner eigenen Schlinge ge- 
fangen habe, und trank die Eier aus, indem 
er tat, als sei er allein in der Nacht bei ihr 
gewesen. — Wer andern eine Grube gräbt, 

fällt oft selbst hinein. 



269 



271. 

EINE ANERKENNUNG WIRD AUF HÜBSCHE 
ART ZURÜCKGENOMMEN. 

In einer StraBe von Florenz gingen zwei Freunde 
spazieren und unterhielten sich. Der eine von 
ihnen, ein langer und dabei beleibter Kerl von 
sehr dunkler Gesichtsfarbe, sah ein junges Mäd- 
chen, das mit seiner Mutter daherkam. „Schau,'' 
sagte er scherzend, „was das für ein reizendes 
und anmutiges junges Ding istl'' »»Von Euch 
könnte man das gewiß nicht behaupten'', ant- 
wortete das Mädchen, durch diese Worte zur 
Ungezogenheit verleitet. „0 dochl" erwiderte 
der Lange, „wenn man lügen wollte, wie ich 

es getan habe." 



272. 

WITZIGE, ABER WENIG ANSTÄNDIGE 
ANTWORT EINER FRAU. 

Ein mir befreundeter Spanier erzählte mir 
eine witzige Bemerkung einer Frau, die mir 
in diese Sammlung zu passen scheint. Ein 
Mann in reiferen Jahren führte eine Witwe 
heim und sagte in der ersten Nacht, als er 
von seinem ehelichen Rechte Gebrauch machte 
und entdeckte, dafi der Eingang zu seiner 

270 



Gattin geräumiger war, als er gedacht hatte: 
yyLiebe Frau, dein Stall hier ist zu groß für 
meine Herde/' Darauf antwortete sie: ^Das 
ist deine Schuld ; denn mein verstorbener Mann 
(Gott erbarme sich seiner Seele 1) füllte ihn 
derart aus, daß die Böcke sehr oft gezwungen 
waren, wegen Raummangels an der Pforte zu 
springen.'' Anmutige und sehr witzige Antwortl 



273. 

OBSZÖNER VERGLEICH MIT ZAHNEN, 
DIE AUSZUFALLEN DROHEN. 

Ein alter Bischof, den ich kannte, klagte, er 
habe schon einige Zähne verloren, und andere 
wackelten so stark, daß er sie auch zu ver- 
lieren fürchte. Da sagte einer aus seiner Um- 
gebung : „Habt keine Angst, daß Euch die Zähne 
ausfallen!" Und als der Bischof fragte: „Warum 
nicht ?" : „Weil meine Testikeln schon seit vierzig 
Jahren locker hängen, als wollten sie verloren 
gehen, und doch niemals abgefallen sind." 



SCHLUSSWORT. 



Es scheint mir angebracht, zum Schluß noch 
den Ort zu nennen, der gleichsam die Bühne 
für die Erzählung der meisten dieser Plaude- 

271 



reien darstellte. Es ist dies unser Bugiale, 
eine Art Lügenschmiede, die von den päpst- 
lichen Sekretären einst zur Kurzweil gegründet 
wurde. Seit den Tagen Papst Martins pflegten 
wir nämlich an einem etwas abgelegenen Orte 
des päpstlichen Hofes zusammenzukommen, 
wo die Neuigkeiten ausgetauscht wurden, und 
wo wir uns über verschiedene Dinge unterhielten. 
Meist geschah dies, um uns zu zerstreuen, manch- 
mal war aber auch von ernsten Dingen die 
Rede. Dort wurde niemand geschont, dort 
griffen wir alles an, was uns miBflel, und sehr 
oft war es der Papst selbst, mit dessen Kriti- 
sierung wir die Sitzung eröffneten ; so kam es, 
daß viele uns aufsuchten, um nicht zuerst an 
die Reihe zu kommen. Der Haupterzähler war 
Razello da Bologna, von dem ich allerlei in 
diese Sammlung aufgenommen habe. Dann 
kommt Antonio Lusco, ein sehr witziger Kopf, 
von dem auch des öfteren die Rede ist, und 
Cencio aus Rom, der ebenfalls ein Freimd des 
Scherzens war. Vieles und nicht das Schlechteste 
ist von mir selbst beigesteuert worden. Heute 
sind meine Freunde dahin, und das Bugiale 
besteht nicht mehr — die Zeiten wie die 
Menschen sind daran Schuld: hat ja doch 
auch die Gewohnheit, sich mit Scherzen und 
Schwankerzählen zu unterhalten, ganz aufgehört. 



27a 



Anmerkungen zu den Facezien. 



Fac. 3. Bonacdo de' Guasd: lateinisch: Bonacius 
ex familia Guascorum. Des Brandes tritt für die 
Übersetzung: ^^vom Volksstamm der Gascogner^^ ein, 
m. £. mit Unrecht. Zwar heißt der Gascogner auf 
italienisch Guascone (poet. Form: Guasco), lateinisch 
jedoch Vasco oder Vasconius. Poggio hätte also schreiben 
müssen: Bonacius quidam Vasco, Die Geschichte geht 
übrigens auf Äsop zurück: Juvenis somniciäosiis. 
(Aesopus, Camerarii, Nr. 183.) 

Fac. 13. Giammaria Visconti: Herzog von Mailand, 
Sohn von Gian Galeazzo, ermordet 141 2. (Des Brandes, 
p. 26.) 

Fac. 14. Francesco Barbavara: Günstling von Filippo 
Maria Visconti, Herzog von Mailand. (Liseux II, 238.) 

Fac. 16. Antonio Lusco: Päpstlicher Sekretär, be- 
rühmt für seine Kenntnisse im bürgerlichen Recht. 
Francesco Barbaro ließ ihn aus Rom kommen, damit er 
die Gesetze der Stadt Vicenza einer Revision unterziehe. 
(Shepherd, p. 349, Anm. 3.) 

Fac. 1 7. Gian Galeazzo Visconti : Sohn von GaleazzoII. 
Starb 1402. Erster Herzog von Mailand, (d. B. 32.) 

Fac. 18. Fadno (Bonifado) Cane, Herr von Ales- 
sandria imd Gouverneur von Mailand, berühmter Con- 
dottiere, starb 14 12. (Reumont, Tavole cronologiche, 
ad, ann. 141 2.) 

Fac. 21. Urban VI. (Prignani), 1378 — 1389. Poggio 
führt in einem Briefe an Angelotto seine Gewalttätigkeit 

x8 273 



auf eine Gehimstörung zurück, die ihm die Freude über 
seine unerwartete Erwählung zum Papst verursacht 
haben soll. (Shepherd: 12.) So kann man das: mala 
capiie es auch mit ,,du bist verrückt'' übersetzen. 

Fac. 22. Angelo de' Fiebindaccii e Ricasoli (später 
nannte er sich de' Seraphini), Bischof von Sora, Aversa, 
Florenz, Faenza und schließlich (1391) von Arezzo. 
Starb 1403. (d. B. 38.) 

Fac. 23. Angelotto Fusco aus Rom, Bischof von Cava, 
1431 Kardinal von S. Marco. £r war so habgierig, daß 
er nachts den Hafer für seine Pferde in der Nachbar- 
schaft stehlen ging, wobei ein Stallknecht ihn einmal 
beinahe mit Stockschlägen getötet hätte. Er ist wahr- 
scheinlich auch mit dem geizigen Kurialen in Fac. 70 
gemeint. (L. II. 237.) 

Fac. 39. Diese äsopische Fabel (Aesopus Camer. Nr. 187) 
findet sich auch unter den Facezien des Arlotto: Nr. 70. 
(Ed. Ristelhuber, Paris 1873.) 

Fac. 49. Francesco FilelfOy Humanist, geboren 1398 
zu Tolentino, war achtzehnjährig Professor der Bered- 
samkeit in Padua, unterrichtete dann vornehme junge 
Venezianer in der Literatur, wurde Sekretär der vene- 
zianischen Gesandtschaft in Konstantinopel, trat darauf 
in den Dienst des Kaisers Johannes Pälaeologus, hei- 
ratete Theodora, die Tochter von Chrysoloras und kehrte 
1427 mit einer Unzahl kostbarer griechischer Hand- 
sciiriften zurück. Er hielt in Florenz Vorlesungen über 
die griechischen und römischen Klassiker und war ein 
Feind der Mediceer und von Niccolö Niccoli und Poggio, 
von denen er annahm, daß sie nach seinen Manuskript« 
schätzen trachteten. Später versöhnte er sich mit Poggio 
und den Medid (ca. 1455). Starb 148 1 zu Florenz. 
(Shepherd: 217 u. 415 f. u. Reumont, ad ann. 1481.) 
Vgl. Einleitung, S. XIX, femer Anmerkung und Anhang- 
notiz zu Fac. 187 u. 188. 

374 



Fac. 5 1 . Ridolf o da Camerino : Messer Ridolf o Varano, 
berühmter Condottiere^ bemächtigte sich der Herrschaft 
von Camerino, nachdem er seinen Oheim ermordet hatte, 
verteidigte 1376 Florenz gegen die Truppen des Kardi- 
nals von Genf. (d. B. 73. Reumont.) 

Bemabd Visconti, Herr von Mailand, Onkel von Gian 
GaleazjEO, der ihn 1385 gefangen setzen liefi. Starb 1385. 
(d. B. 73.) 

Fac. 52. Gregor X.: Es muß natürlich heißen: 
Gregor XI. (Pierre Roger). Regierungszeit: 30. XII. 1370 
bis 27. III. 1378. (d. B. 74.) 

Fac. 57. Cane della Scala: Can Grande della Scala 
nahm I>Buit 13 17 auf. (d. B. 79.) Can Francesco, ge- 
nannt Can Grande I. (1312 — 1329). Eroberer Vicenzas 
und Pftduas. (Reumont.) 

Can Grande IL» Nachfolger von Mastino II., regierte 
von 1351 — 1359. Großneffe des Can Francesco, wird von 
seinem Bruder Can Signorio ermordet. 

Fac. 58. Herzog von Orleans : Louis I. von Frank- 
reich, jüngerer Bruder Karls VI., geboren 1371, Gemahl 
von Vsdentina Visconti, Tochter des Herzogs von Mai- 
land; ermordet am 23. November 1407. (d. B. 86.) 

Fac. 70. Siehe Anmerkung zu Fac. 23. 

Fac. 75. Herzog von Anjou: Louis m. von Anjou, 
geboren 1403, zog 1423 in Neapel ein und starb 1434. 
Er war von Papst Martin V. herbeigerufen worden, 
(d. B. 102.) 

Fac. 81. Herzog von Bfailand: Filippo Maria Visconti, 
zweiter Sohn von Gian Galeazzo, geboren 1391, gestorben 
1447. Mit ihm hörte die Herrschaft des Hauses Visconti 
auf. (d. B. iio.) 

Fac. 82. Griaco d' Ancona, geboren um 1 393, gestorben 
gegen Ende des 15. Jahrh., bekannt durch seine Reisen. 
Er war dreimal im Orient. Seine Orientreise wurde 1664 
in Rom von Moroni publiziert, sein Itinerar, d. h. die 



Beschreibung seiner Reise in Italien zvan. Studium der 
Altertümer wurde 1742 in Florenz durch Mehus publiziert. 
Er war ein Freund Papst Eugens IV. (d. B. iii.) 

Fac. 83. Razello da Bologna, päpstlicher Sekretär, 
Mitglied des Bugiale. VgL das Schlußwort Poggios zu 
den Facezien. 

Fac. 95. Bischof von Aleth: Pierre Assablit aus 
Limoges, Augustiner, wurde 1421 Bischof von Aleth 
(oder Alet) am Nordabhange der Pyrenäen. Starb 1440. 
(d. B. 126.) 

Kardinal von Neapel: Tommaso Brancacdo, Nefie 
Johanns XXIU. (d. B. 126.) 

Fac. 96. Zwei Benediktineräbte: Lambert von Stock 
und Bemard de la Planche, (d. B. 127.) 

Pedro de Lima: Benedikt XIII., Gegenpapst, damals 
in Peniscola in Valencia (heute Benicarlö). 

Fac. 98. Im vorletzten Jahre von Papst Martins V. 
Pontifikat: also 1430. 

Fac. 105. Johanna II., Königin von Neapel, geboren 
1370, gestorben 1435, folgte 141 4 ihrem Bruder Ladislaus. 

(d.B. 137.) 

Fac. iö6. Cendo: Cencio Rustico, aus einer alten rö- 
mischen Familie, apostolischer Sekretär. (L. II, 238.) Mit- 
glied des Bugiale. Vgl. Poggios Schlußwort. 

Fac. 113. Erzbischof und Herr von Mailand: ver- 
mutlich Giovanni Visconti, der 1342 Erzbischof und 1349 
Alleinherrscher von Mailand wird und 1354 stirbt. Es 
muß sich um den jüngeren Can Grande handeln. 

Fac. 124. Papst Gregor: Gregor XI. 

Fac. 125. Urban V. (de Grimoard de Grissac), .1362 
bis 1370. 

Fac. 129. KardinalvonBordeaux: Francesco de' Aguzzoni 
aus Urbino, 54. Erzbischof von Bordeaux (seit 1389), 
wurde 1405 von Innozenz VIII. zum Kardinal gemacht 
und starb 141 2 zu Florenz. (d.B. 168.) 

276 



Fac. 131. Petrus de Vineis: Pier delle Vigne, geboren 
um 1190, gestorben 1249, wax von 1225 — 1247 Richter 
am Großen Gerichtshof, dann Protonotar oder erster 
Geheimschreiber Friedrichs II. (d. B. 170.) 

Papst Alezander III. (1153—1181), Irrtum Poggios. 
Die Friedrich II. feindlichen Päpste waren Gregor IX. 
(1227 — 1 241) und Innozenz IV. (1243 — 1254). Alexanderlll. 
war der Feind Friedrichs I., Barbarossa (1152 — 1190). 

Fac. 135 u. 136. Der Kardinal de' Conti und Alto de' 
Conti waren römische Adlige aus einer sehr alten Fa- 
milie, die der Kirche zahlreiche Prälaten geschenkt hat. 
(d. B. 176.) 

Fac. 145. Vergl. Arlotto : Facezien, Nr. 2. (Ed.Ristelhuber.) 

Fac. 164. Vgl. Äsop (AesopiiS Camerariif Nr. 458), 
wo die beiden vor Gericht gehen. 

Fac. 165 u. 166. Gonnella war Hofnarr des Markgrafen 
Niccold d'Este (1441) und seines Sohnes Bosco, Herzogs 
von Ferrara. (d. B. 212.) Er und der Pfarrer Arlotto 
(der in der Umgebung von Florenz hauste), waren die 
beiden berühmtesten Spaßmacher um die Mitte des 
15. Jahrh. (vgl. Burckhardt: 125.) 

Fac. 167. Papst Eugen: Eugen IV. ( 143 1— 1447). Es 
handelt sich um das Jahr 1439. 

Fac. 174. Pietro Gambacorta, Herr von Pisa, übte 
die absolute Gewalt aus unter dem Titel eines General- 
kapitäns von 1369 bis 1392. (L. II, 239.) 

Fac. 185. Luigi Marsili: Superior eines Augustiner- 
klosters in der Provinz Pisa, war vorher Professor der 
Literatur und Lehrer von Niccold Niccoli, dem Freunde 
und Gönner Poggios. Er unterhielt eine rege Korrespon- 
denz mit Petrarca. In Florenz hochgeachtet, gehörte er 
zu den Unterhändlern, die 1382 von der Regierung der 
Republik beauftragt wurden, den Frieden zwischen Karl 
von Ungarn und dem Herzog von Anjou zu vermitteln. 
(L. II, 241 ; d, B. 235.) 

277 



Fac. 187 u. 188. Wie schon in der Einleitung erwähnt, 
schrieb Poggio, um den Mißdeutungen entgegenzutreten, 
denen seine, des 55jährigen, Verheiratung mit einem 
jungen Mädchen ausgesetzt war, den Dialog: „Steht es 
dem Greise zu, sich zu verheiraten?" und widmete ihn 
dem Cosimo de' Medici „Die gefillige, oft witzige Dar- 
stellung, die musterhafte Sprache — so schreibt Ghiberti 
— erfüllten Kosmus mit Bewunderung, und um die 
Freuden des Genusses mit anderen zu teilen, übersandte 
.'/ p^7^ er die Schrift dem einsam brütenden Filelfo. Dieser ver- 

kannte nicht ihren Wert, aber nicht Herr seiner satiri- 
schen Laune, schrieb er auf den Titel, gleichsam als An- 
merkung zum Namen des Verfassers: 

Geistlicher bist du imd Greis. Sieh, Amor zupft an 

des Weisen 
Bart — wo ist, Priester, dein Eid? Weiser, wo ist 

dein Verstand? 

Poggio hörte von den Versen und dachte ihm die Ant- 
wort nicht schuldig zu bleiben. Er hatte damals eben 
V ' sein Buch der Spaße (Liber faceÜarum) geschrieben. 

Spaße waren es, wie man sie nur in Burchiellos Barbier- 
stube hören sollte. Poggio schenkte dem Filelfo eine 
Abschrift, in der er zu An&mg in lateinischen Versen 
sich spöttischerweise entschuldigte, daß er dergleichen 
unzüchtige Dinge einem so züchtigen Manne wie ihm 
darböte. Von der Züchtigkeit Filelfos, da er jung war, 
war nun eben nicht mehr Rühmens als von seiner Her- 
kunft zu machen. Jedermann wußte darum, daß er von 
einem Mönch mit einer Wäscherin gezeugt war. Daher 
las man in der Zueignung folgendes: 

Rein bist du, weise und keusch, ein Spiegel von Vater 

und Mutter: 
Sie hat die Reinlichkeit dich, jener die Keuschheit 

gelehrt. 

278 



>»< 



»Filelfo schäumte vor Wut, als er diese Stelle las'S Tis^» 
(Hagen II, S. 32 f.) Was diese Stelle aus Ghibertis Chro- 
nik doppelt interessant macht, ist, daß wir erfeihren, 
daß Poggio wenigstens einen Teil der Facezien schon um 
dfts Jahr 1435 zum mindesten für einen engeren Freun- 
deskreis veröffentlicht hatte. 

Fac. 190. Der Kardinal von Bari: Ludolfo Maramori, 
Erzbischof und Kardinal von Bari, Teilnehmer an den 
Konzilien zu Pisa und Konstanz. Starb in letzterer 
Stadt 141 5. Am Tage seines Begräbnisses hielt der 
Bischof von Lodi eine Rede, in der er kein Wort über 
den Kardinal sagte, sondern sich über die Fehler der 
Geistlichen verbreitete. Poggio stand in seinen Diensten, 
bevor er in die päpstliche Kanzlei trat. (L. II. 238; 
d. B. 239.) 

Vercelli in der Gallia dterior : an der Sesia in Piemont. 

Fac. 192. Kardinal von Florenz: Francesco Zabarella 
aus Padua, wo er Professor der Jurisprudenz war. Sehr 
gebildeter Mann. Kardinal von SS. Cosma e Damiano 
(Rom, am Forum), bekannt unter dem Namen: Kardinal 
von Florenz. Er war einer der sympathischesten Geist- 
lichen seiner Zeit und Protektor Poggios. Starb am 
26, September 141 7 in Konstanz. Poggio hielt seine 
Leichenrede, die auch unter seinen Werken Aufnahme 
gefunden hat. (Vgl. Shepherd: 108 f.) 

Fac. 196. Ein griechischer Kardinal: Bessarion, ge- 
boren 1403 zu Trapezunt, Bischof von Nicäa. Trat zur 
römischen Kirche über, wurde 1439 von Eugen IV. zum 
Kardinal von SS. Apostoli in Rom gemacht, wo sich sein 
Grabmal befindet; 1463 wurde er Patriarch von Kon- 
stantinopel. Starb 1472 zu Ravenna. Sein Haus war 
der Sammelpunkt aller Literaturfreunde. Wenn er aus- 
ging, sah man in seiner Begleitung Poggio, Lorenzo 
VaUa u. a. (d. B. 247 u. a.) 

379 



Fac. 2IO. Asca imbarasca : offenbar eine Zauberformel 
ohne besonderen Sinn. 

Fac. 217. Der Narr im Bette des Erzbischofs: nach 
der Sitte der damaligen Zeit der höchste Grad d«r 
Freundschaft. Pietro Aretino hatte z. B. einen Platz sn 
Bette Giovannis de' Medici. Lettere, t. III, p. if2. 
(d. B. 268.) 

Fac. 248. Buonconvento: Friedrich II. starb bekannt- 
lich zu Fiorentino in Apulien. 

Fac. 249. Im 6. Jahre von Papst Nikolaus* V. Ponti- 
ükat: Nikolaus V. regierte vom 6. März 1447— 1455, 
also handelt es sich um das Jahr 1552. 

Fac. 254. Niccolö Niccoli: Niccold de'Niccoli, Humanist, 
geboren 1363 zu Florenz, gestorben ebenda 1437. Freund 
Poggios, der für ihn wertvolle Handschriften sammelte. 
Er kopierte und korrigierte seltene Werke und besaß 
eine große Bibhothek. Er war es, der Manuel Chrysoloras 
und Guarino da Verona Lehrstühle der griechischen 
Sprache in Florenz verschaffte. Man hat ihn den Vater 
der Textkritik genannt. (Shepherd: 37! u. 251 f.) 

Schlußwort: Martin V.: 141 7 — 143 1. Da Poggio erst 
Anfang 1421 aus England zurück und wieder, in Rom 
war, ist das Geburtsjahr des Bugiale oder wenigstens 
Poggios Teilnahme an demselben nicht vor diesem Jahre 
anzusetzen. 



x 



280 



ANHANG. 



,,Vater der Schwanke'' wird POGGIO in einem 
am Schlüsse dieses Anhangs mitgeteilten Ge- 
dichte genannt, und wohl selten wurde mit 
einem rasch geprägten Worte so richtig die Be- 
deutung eines Mannes dargestellt. Wenn man 
von BOCCACCIO absieht, wirkte wohl kein an- 
derer Schriftsteller jener ruhnu-eichen Epoche 
befruchtender auf die Nachwelt, denn POGGIO. 
Freilich schöpfte er, ohne es zu wissen, meist 
aus alten Oberlieferungen, deren Quelle einst 
in den Wiegengärten des Menschengeschlechts 
sprudelte, freilich waren die Worte der alten 
Schriftsteller ihm so geläufig wie wenigen Men- 
schen jenes Zeitalters, aber es war auch seine 
bürgerliche Stellimg von der Art, daB ihm 
Neuigkeiten nur zufliegen mußten, die durch 
eine geschickte Überarbeitung zu ergötzlichen 
Schnurren wurden. So entstand das Buch der 
Facezien, u^ die lebendige Kraft desselben 
muBte bef ruoitend wirken. Alle abendländischen 
Nationen brachen daraus Stücke für den eiser- 



281 



nen Bestand ihrer Literaturen, sogar in der 
Türkei wurde der Florentiner gelesen und er- 
stattete so das Entlehnte mit Zinseszinsen 
zurück. 

Es ist nun in hohem Grade genußvoll, mit 
den schier unentwirrbar verknüpften Fäden zu 
spielen, und groB die Freude, wenn sich ein 
unscheinbarer Knoten endlich löst. Wie lang 
und vielfach verschlungen ist z. B. das Band 
zwischen POGGIO und HANS SACHS, LESSING 
und SCHELLING? Viele Zusanunenhänge sind 
bereits aufgedeckt, noch mehr aber bleibt zu 
tun übrig. Der Literarhistoriker wird zum 
Chemiker, der die Grundstoffe der Verbindungen 
aufsucht. Und wenn auch nur ein scheinbar 
unbedeutendes Glied der unendlichen Reihen 
sich sichtbar herausbildet, so glaube ich, daß 
die darauf verwendete Zeit und Arbeit nicht 
verschwendet ist. Auch wenn die Hand des 
Spenders eine unberufene ist, dürfte seine Gabe 
nicht zurückzuweisen sein. Und von diesem 
Standpunkte aus möchte ich das im nachfol- 
genden Gebotene beurteilt wissen; ich gehöre 
nicht zur Gilde, welche die vergleichende Lite- 
raturforschung zum Lebensberufe hat, und die 
wenigen neuen Nachweise, die ich bringen zu 
können glaube, sind nur die Früchte der ein- 
samen Mußestunden eines Bücherfreimdes, dem 
der Beruf ganz andere Wege weist. 

282 



Der Umstand, daß der gröfite Teil der Fa- 
cezden in deutsche Schwanksammlungen über- 
ging, war der AnlaB, daß man sich sowohl 
mit den Quellen , als auch mit den Nach- 
ahmungen der einzelnen Ersahlungen bereits 
in hervorragender Weise beschäftigt hat. Die 
Neuausgaben der verschiedenen Werke von 
PAULI, MONTANUS, FREY usw., heraus- 
gegeben vom literarischen Verein in Stuttgart, 
bringen von kimdiger und berufener Seite eine 
solche Fülle von Literaturangaben, daß es bei- 
nahe unmöglich erscheint, sie noch zu ver- 
mehren. Vieles trug schon Ndlii in seiner 
Ausgabe der Facezien Poggios (Londini 1798) 
zusammen, vieles LIEBRECHT, hauptsächlich 
in der deutschen Bearbeitung der Hisiory of 
fiäion von DUNLOF, vieles OSTERLEY, das 
meiste aber haben REINHOLD KÖHLER und 
JOHANNES BOLTE geleistet. Auch einige 
Nachweise von DES BRANDES in seiner fran- 
zösischen Übersetzung der Facezien konnte 
ich benutzen. Ich muß mich darauf beschrän- 
ken, die betreffenden Stellen einfach anzuführen, 
und überlasse dem Leser das Nachschlagen. 
Ein Ausschreiben der Arbeiten anderer erschien 
mir tmtunlich, ziunal auch der verfügbare Raum 
dazu nicht ausreichte. 

Der gelehrte Leser möge das bescheiden Dar- 
gebotene gütig aufnehmen. 

283 



Schließlich obliegt mir noch eine angenehme 
Pflicht. Obwohl das Manuskript H. D. Floerkes 
schon im Drucke war, bevor er tmd der Herr 
Verleger Tom Vorhandensein meiner Lesefrüchte 
auch nur eine Ahnung hatten, und obwohl 
die Herstellungskosten verteuert wurden, gönnten 
mir doch die Herren in zuvorkommendster 
Weise einen Platz in diesem Buche, wofür ich 
beiden den geziemenden Dank abstatte. 

Graz, im Februar 1906. 

Albert WesselskL 



284 



Abkürzungen der Literaturnachweise. 



des Brandes, Pierre. Les FaUfies de Pogge Floren- 

Hn. Paris, Garnier (1900). 
Burckhardt, Jakob. Die Kultur der Renaissance in 

Italien. 9. Auflage von Ludwig Geiger. 2 VoL 

Leipzig, 1904. 
De varietate und De varietate epist.: Poggii Historiae 

de varietate fortunae. Lihri quatuor ed. Dominico 

Georgia. Accedunt eiusdem Poggii Epistolae LVII. 

Lutet. Paris, 1723. 
Dunlop-Liebrecht. John Dunlops Geschichte der Prosa- 
dichtungen, übersetzt von Felix Liebrecht. Berlin, 1 85 1. 
Frey-Bolte. Jakob Freys Gartengesellschaft. Heraus- 
gegeben von Johannes Bolte. Tübingen 1896. 
Hist Flor. Poggii Historia Florentina nunc primum 

in liAcem edita ab J. B. Recanato. Venetiis 171 5. 
Keller, H. A. Les Romans des sept sages. Tübingen 1836. 
Kirchhof-Österley. Wendunmuth von Hans V^lhelm 

Kirchhof. Herausgegeben von Hermann österley. 

I— V. Stuttgart 1869. 
Köhler, Reinhold. Kleinere Schriften, herausgegeben 

von J. Bolte. Weimar und Berlin, 1898 — 1900. 
Kryptadia. KQvmddia; Recueil des documents pour 

servir ä l'Stude des'traditionspopulaires. Vol. I — IV. 

Heilbronn, 1883— 1888. Vol. V—IX. Paris 1898— 1905. 
Lambel. Erzählungen und Schwanke. Herausgegeben 

von Hans Lambel. Stuttgart 1872. 
Montanus-Bolte. Martin Montanus Schwankbücher. 

Herausgegeben von Johannes Bolte. Tübingen 1899. 

285 



NoÜ. Poggii Fhr0nHni FauHarum libellus unicus, 
nohfiis imitatores indicaniüms. Tom, prior. Tom. 
posterior. Londini, 1798. (Der zweite Teil enthält nur 
Ixtexarische Nachweise.) 

Pauli-Osterley. Schimpf and Ernst vcm Johannes Pauli. 
Herausgegeben von Hermann österley. Stuttgart 1866. 

Poggiana. (Lenfant) Poggiana, ou la vie, le caroMre, 
les senUnces et les bons mots de Pogge Florenün. 
Amsterdam 1720. 

Poggii Opera« Poggii Florentini oratoris clarissimi, 
ac sedis apo. secretarii operum primae et secundae 
partis contenta. A rgentinae 1513. 

PontanuSy Opera. Joannis Joviani Pontani opera, 
quae soluta oratione composuit, omnia: in Tomos 
tres digesta. Basüeae 1538. 

Schumann*Bolte. Valentin Schumanns Nachtbüchlein 
(1559). Herausgegeben von Johannes Bolte. Tü- 
bingen, 1893. 

Shepherd-Tonelli. Shepherd, Vita di Poggio Braccio* 
Uni tradotta da Tomm. ToneUi con note et aggiunte. 
Tom. I. II. Firenu, 1825. 

Steinhöwel - Osterley. Steinhöwels Äsop. Heraus- 
gegeben von Hermann österley. Stuttgart 1873. 

Tonelli Epist. Poggii Epistolae, editas collegit et emen* 
davit Equ. Thomas de Toneilis. Vol. I. Florentiae 
1832. (Die beiden anderen Bände konnte ich nur 
nidit verschaffen. Auch die k. k. Hofbibliothek in 
Wien besitzt nur den ersten Band.) 

Valla. Laurentii Vallae^ viri clarissimi, in Pogium 
Fhrentinum antidoti libri quatuor. Coloniae 1527. 

Wickram - Bolte. Georg V^ckrams Werke. Dritter 
Band (Rollwagenbüchlein. Die sieben Hauptlaster.) 
Herausgegeben von Johannes Bolte. Tübingen, 1903. 



386 



Vorrede Poggios (S. 3.) ,,wie Lucüius von den Taren- 

tinem und Consentinem^. 

Cicero de finibus bonorum et nuUorumy lib. I, 
cap. 3: Nee vero, ui noster Ludlius, rectisabo, quo- 
minus omnes mea legant Utinam esset ille Persius, 
Scipio vero et Rutilius multo etiam magis/ Quorum 
üle indicium reformidans^ Tarentinis ait se et 
Consentinis et Siculis seribere. 

Die Muttersprache der Tarentiner usw. war näm- 
lich griechisch. Siehe auch Tonelli Bpist., p. 137 u. 
263, letztere Stelle auch De varietate epist., p. 177. 

Fac I. No^l, II, p. 3 ; Frey-Bolte, S. 257, Nr. 1 12, S. 270, 
Nr. 39. 

Fac 2. Dunlqp- Liebrecht, S. 284 u. 497; Kirchhof- 
österley» i> 425 und V. Bd., S. 63. 
Poggios Ansicht und wohl die aller Humanisten 
seiner Zeit über die Jagd findet sich in seiner Schrift 
De nobilitatet Poggio Opera, fol. 27: Sunt, qui 
acceptum ut aiunt, a maioribus nobilitatem aucupio 
venatuque conservari putent, seque nuUo negotio et 
rerum vacatione nobiles dicant, maiorum tarnen nobi' 
litatem et generis insignia commemorantes. Sed 
haec otiosorum atque inertium studia aves aut feras 
sectandi non magis nobilitatem redolent, quam bene 
oleant ferarum, quibus oblectantur, cubilia. Praestaret 
certe, opus rusticum facere more priscorum, quam 
velut insanos ac fanaticos discurrere per nemora et 
saltus ferarum ritu. Non sunt haec vituperanda 
nobüibus, si laxandi animi causa, non dissolvendi 
fiant. Sed in eis ut piures videmus curam omnem 
vitamque consumere, quae non nobilitatis indida 
exisHmantur, sed signa oppressa demenüae. Vgl. 
hierzu Burcldiardt, II, S. 79. 

Nach J. A« Muling (Margarita facetiarum. Arg. 
1509« /o/. II) ist der Jäger una bestia, sedens super 

287 



bestiatn, portans bestiatn supra manum, Habens bestias 
se sequentes et insequitur bestias. 
Fac. 3. Noil, II, p. 4; Brandes zitiert noch: L. Garon» 

Le chasse-ennuy, cent IV, yy. 
Fac. 4. Frey-Bolte, S. 219, Nr. 11. 
Fac. 5. Noäl, II, p. 4; zu den dort gegebenen Nach- 

weisimgen nach Valla, p, 230, sequ,, femer Ctntio 

dei Fabrizii» Libro delV Origine dei volgavi 

Proverbii. Vinegia 1526, Nr. 41. 
Fac. 6. No€lyII,p.7. DazunochSteinhöwel-österleyyS.338. 

Fac \3J Noel, II, p. 9. 

Dieses ins Deutsche unübersetzbare Wortspiel findet 
sich schon in einem Briefe des Lionardo Bnini (Lio- 
nardo Aretino), den er anläßlich seiner Hochzeit an 
Poggio gerichtet. Zuccaro verübte wirklich das Witz- 
wort : primutn igitur, quod Zucharum nostrum, virwn 
omnium siMvissimuvn, facete, ut solet, dictitare scribis, 
me quidenty ut matrimonium consummarem, äbiisse, 
se vero remansisse ad Patrimonium consumendam, 
id aperte scis, verum non esse, Ego enim non matri- 
monium duntaxat, sed Patrimonium insuper unis 
nuptiis consumpsi, Incredibile est, quam multa impen- 
datur iis novis et iam ad fastidium deductis moribus. 

Epist. Leon, Ar et. libri octo. Basileae 1535» p* 126. 

Über den liebenswürdigen Leichtfuß Zuccaro, vergl. 
Tonilli Epist, p, 194 u. öfter. 

Pontanus erzählt folgende Schnurre in de sermone, 
Opera II, p. 405 : Paulus Marchesius Neapolitanus, 
clari nominis jurisconsultus, cum audiret, notum 
sibi hominem, quique brevi Patrimonium omne 
dissipasset, ad divortium ab uxore compelli, quod is 
(ut erat rei venereae inhabilis) post aliquot annos 
matrimonium non consummasset: Mirum, inquit, cur 
matrimonium non consummarit, qui Patrimonium 
tam cito consumpserit? 

288 



Dieselbe Geschichte steht bei Domenichi, Facette, 
motH et burle. Venetia 1581, p,2o. 
Fäc.(io^ NoiUy II, p. 9; Dunlop-Liebrechty S. 297 (293); 
Braiides, p. 21; Steinhöwel-Österley» S. 335; 
Kirchhof -österley, 3> 246, V. Bd.» S. 103« 
wo die orientalischen Quellen angegeben sind. 
Femer Domenichi» Facette f p, iS^. 
Fac. II. No€l, II, p. 11; Dunlop-Uehrecht, S. 297 (an 
beiden Stellen ist der Titel der 89. Novelle der 
Cent nouvelles nouvelles falsch angegeben); 
Kirchhof-Österley» 2, 82, V. Bd., S. 79; Frey- 
Bolte, S. 221, Nr. 14. 
Fac. 12. No€ly II, p. 12; Dunlop- Liebrecht y S. 497; 
Pauli-Österley, S. 519, Nr. 409; Frey-Bolte, 
S. 216, Nr. 2; BrandeSi p. 24 u. 419. 
Fac 13. NoSl, II, p. 15. 

Fac. 15. No^, II, p. 15. Pauli-Österley, S. 514, Nr. 363; 

Frey-Bolte, S. 22 1 , Nr. 1 5 ; Köhler, III,S.68,Nr.92. 

Fac. 18. Noel, II, p. 16; Pauli-Österley, S. 530, Nr. 490; 

Frey-Bolte, S. 221, Nr. 16. 
Fac. 19. No€l, n, p. 17; Frey-Bolte, S. 260, Nr. 126; 

Brandes, p. 35. 
Fac. 20. NoSl, II, p. 2a 

Fac. 21. Auf Urban VI. ist Poggio überhaupt sehr 

schlecht £u sprechen. De varietate, p. 79 : 

Notum est tibi Urbani VI Pontificis nomen infimo 

genere orti, cuius vesania tetneritasque (motum 

enim mente, quo pnmum die Pantifex designatus 

est, prae gaudio tradunt) schistna in Ecclesia Dei 

exdtavit, Nant elattts animo, impotens atque asper^ 

stto innixus consüio, prae nimio fastidio contemptU" 

que multos ad defectionem necessariam compulit. 

Vgl. ferner: De varietete, p* 57, De varietate episU, 

p, 199 = Tonern Epist., />. 363, Shepherd-Tonelli, p.21. 

Wegen des Stoffes siehe Frey-Bolte, S. 222, Nr. 17. 

19 289 



Poggtana^ II, p. i6o: vous verrez que noire S.Pire 
na sera pas Urt>ain, mais Turhain. 
Fac. 22. Eine weitere Homorprobe des Bischöfe Angelo 
in Poggius, Hist.discept.secunda, Opera, fol, i8. 
Fac 24. Noä, II, p. 20. Siehe femer die Anmerkungen 
zu den Facezien iii n. 112. Außerdem noch 
Valla, p. 229 sequ. 
Fac. 26. NoiU, II, p. 20. 

Fac. 27. No€ly II, p. 21; Frey-Bolte, S. 218, Nr. 6. 
Fac. 28. No^, II, p. 23. Diese Erzählung fehlt in der 
italienischen Ausgabe (Rom 1884, 2. Aufl. 1885), 
daher schließen dort die Facezien mit Nr. 272 ab. 
In allen mir bekannten lateinischen Ausgaben 
ist sie enthalten. 
Fac. 29. Castiglione» Cortegiano, Hb. II, cap, 72. 
Fac. 31 — 34. Steinhöwel-Österley, S. 3460. Ähnliche 
Geschichten bei Petrarca, De rebus memorandis, 
Hb, IV, cap. 1 19 sequ. 
Zu Fac. 32 seziell siehe Epistolario di C, ScUutaH 
a cura di F. NovaH. Roma 1891 — 1896. in, p. 368. 
Zu Fac 34. Nach Burckhardt II, S. 251 ff. wäre 
Pausanias IX, 20, 21 die Quelle dieses Märchens. Jedoch 
stimmt die Stelle des Pausanias nur teilweise in der Be- 
schreibung desTritonen mitPoggio überein. Besser paßt 
higher eine Erzählung des Alezander ab Alezandria, 
welche Meada mitteilt und durch Petrus Gellius bekräf- 
tigen läßt. (Mexia, Suva de vavia leccion^ Sevilla 1540, 
deutsche Übersetzung Mexia, Historischer Geschieht-, 
Natur- und Wunder-Wald. Nürnberg 1669. I. S. 85 f.) 
Fac. 35. De Varietate, p. 80 sequ.: Bonifacius PonH- 
fex . . . nonquidem adeo insanivit in fratribusy 
sed tarnen omnes provincias Romanae Eccle- 
siae eis subiecit, potestate rerum omniuni tri- 
buta. Hi ianquam paiernam haereditatem nacti, 
arbitrio agendi pro voluptate assumpta, de- 

290 



cemebant omnia; Pontificetn eüam recusanUm, 
qtiod placitutn erat, cogebant ... 5« quando 
de rdms dubiis constdtandum esseU nihil, 
iÜis abnuentibuSf concedebatur, nihil negabatur 
petentibus; duo hi pro uno PanHfices habe- 
bantur etc. etc. 
Vgl. lerner Shepher-Tonelli, I, p. 33. 

Fac. 36. No€l, n, p. 23; Dunlop-Liebrecht, S. 297; Stein- 
höwd-österley, S. 349; Pauli*österley, &4S1, 
Nr. 72; Brandes, p. 52 n. 420; Krjfptadia, IV, 
p. 219. 

Fac. 37. No€l, II, p. 28. 

Fac. 38. No^, II, p. 28; Brandes, p. 55- 

Fac. 39. No€l, II, p. 29; Frcy-Bolte, S. 222, Nr. 18. 

Fac. 40. No€ly II, p. 29 ; Brandes, p. 58. Dazu noch 
Bebel, Facetiarum Hb., II: De pigra muliere. 

Fac.(^i.> Domenichi, p. 130 {Motto vtdgato). 

Fac. 42. No^l, II, p. 29; dazu noch Malespini, Dttc. 
Nov., II, Nr. 3; femer Gesamtabenteuer von 
Hagen. Stuttgart 1850, II, S. 349 f. : „Die Beichte" 
und Erzählungen aus altdeutschen Handschrif- 
ten. Ges. durch KeUer. Stuttgart 1855, S. 383 f.: 
„Von dem Man, der beicht den Frawen." 

Fac. 43. No€l, II, p. 30; Steinhöwel-Österley, S. 340; 
Kirchhof -österley, i, 339^ V. Bd., S. 58; Mon- 
tanus-Bolte, S. 515 u. 607, Nr. 58. 

Fac. 44. No€l, II, p. 38. In Bebel» Facetiarum Hb. II, 
De virgine quadatn ist es eine Nonne, welche 
sagt, non posse amare religiosos et tnaUe cum 
decem saecularibus, quam uno religioso rem 
habere. 

Fac. 45. No€l, II, p. 40; Brandes, p. 65. 

Fac. 46. NoiU, II, p. 40. 

Fac. 47. No€l, II, p. 41. Die Anregung zu diesem Scherz- 
wort dürfte eine Bemerkung der Kupplerin bei 

19^ 391 



/ 



Boccaccio y Decanterone, giomo V, nav, lo, 
gegeben haben. 

Fac. 48. N06I, II, p. 43- 

Burckhardty I, S. 14 f.: Als im Mai 1409 während 
des noch andauernden Krieges das verhungerte VcXk. 
ihm (Giovan Maria Visconti) auf der StraBe zurief: 
Pacet Pacet Ueß er seine Söldner einhauen, die 
SOG Menschen töteten; darauf war bei Galgenstrafe 
verboten, die Worte Pa<;« und Guefta auszusprechen. 
Und selbst die Priester (wurden) angewiesen, statt dona 
nobis pacem zu sagen (dona nobis) tranquiUiiatem! 

Der Witz in vorliegendem Sch¥ranke steckt darin, 
daß Bemardo das Mailänder Verbot in Florenz be* 
achtet wissen will. 

Fac. 49. No6ly II, p. 44- 

Fac. 50. Frey-Bolte, S.. 222, Nr. 19; Montanus-Bolte, 
S. 647, Nr. 22. 
Vgl. Leon, Aret. Epist., p. 49 sequ. und Poggius, 
De varietaUy p. 60 sequ. 

Fac. 51. Noöl, II. p. 47- 

HisL Flor, p. 66 : Grave videbatur Legato, sua con- 
silia incassum verti; per caduceatorem igitur Redol- 
phum interrogavit, cur tarn diu otiosus portas non 
egrederetur, Cui Redolphus suo nomine renuntiari 
iussit, ideo eum non egredi urbem^ ne ipse in- 
grediatur, 
Fac. 53. Noel, II, p. 49; Pauli-Österley, S. 535, Nr. 542. 
HisU Flor, p. 70: Qua ex re^ ut moris est eorum, 
qui fidem franguni^ capiie inverso Florentiae publicis 
in locis (Redolphus) depictus est, 
Fac. 54. Keller, Einleitung, S. CLIV : Beherkerd. 
Fac. 55. Noel, II, p.47; Schumaim-Bolte, S.402, Nr. 24; 
Frey-Bolte, S. 282, Nr. 24; Köhler, I, S« 506. 
Fac. 56. No^l, II, p. 49; Kirchhof -österley, 2, 195, 
V. Bd., S. 86. 



292 



Fac. 57. NoiU» 11^ p. 50; ferner Bebel» Faeetiarum über 
III: Ex favore benefida canferuntur, Petrarca 
de rebus memorandis. Hb. II, cap. 81; Poggius, 
Devarietatej p.66; Papantt, Dante secondo la 
tradizione, Livomo 1873, p. SK>; Köhler, n, 
S. 630 u. 642. 

Bei Poggius, De infelicitate principum, Opera, 
fol, 152, heißt es: Prior Dantes eluxit ingenio sin^ 
gularif cuius extat poima praeclarum, neque, si 
liiteris latinis constaret, tüla ex parte poetis superiori^ 
bus pastponendum, Is patria ob civiles factiones 
pulsus, cum nihil secum praeter virtutem asportasset, 
contulit se ad Canem, veterem principem Veronensem, 
cuius cum liberalitas prae caeteris ferebatur. Sus- 
ceptus est ab eo Dant^s^ et victum ut reliquis ex 
familia tribuit. Vacabat vir doctissimus ingenio 
quoUdianus scribendi curae intentus: nulla in eum 
dignitas, nullus honor, nullae opes coUatae, At 
Florentinus quidam per facetias et dicacitatem 
multas a domino (ut mos est fere principum, quibus 
plus sttdii quam sapientes placent) divitias con- 
secutus, cum in aula Canis a Dante quaesisset, cur 
ipse, qui ntdlas nosset litteras, tam dives evasisset, 
Dantes vero tanta sapientia et doctrina pauper esset, 
quando, inquit Dantes, ego meis studiis moribusque 
principem similem invenero, sicuti tu tuis, et ipse 
me praedivitem reddet, Quibus verbis offensione 
principis contracta abiit. 

Zur lUastration der Fürstengunst während des An- 
hangs der humanistischen B^Kregung teile ich noch 
eine Stelle mit aus De variet, p. 83 : Vidimus ab uno 
ex Principibus quendam coquum, quod crepitus 
veniris sonoros pergrandesque edebat, in deliciis 
habitum, atque ab eo summis diviHis et opibus 
ditatum. 



«93 






Fac^8.>No€l, II, p. 50; Dunlop-Uebrecht, S. 280 f.; 

^^^ Kirchhof -österley» 2, 121 u, V. Bd., S. 81. 

Dazu noch Pontanus, De sermane, Opera 11, 

^P- 459> und nach Pofitanus bei Domenichi, 

1/' p« 109 (von einem gewissen Gueraldo und dem 

König von Afrika); femer Papanti, Dante, 

p. 166; Köhler, II, 636. 

Fac. 59. No^, II, p. 5 1 ; Liebrecht, Der Pentamerone von 
G. Etasile. Breslau 1846, 2. Bd. S. 264; Dun- 
lop-Uebrecht S. 516; Brandes, p. 82; Pauli- 
Osterley S. 540, Nr. 595 ; Ebert, Jahrb. f. rom. 
u. engl. Lit. III, Berlin 1861, S. 158; Köhler I, 
S. 136 u. III, S. 16; Montanus-Bolte S. 525 u; 
622. Nirgends finde ich jene Stelle bei Casti- 
glione, Cortegiano, 1. III, cap. 22 erwähnt : „wie 
jene Frau, die, als sie ihren Mann nicht mehr 
einen Lausekerl schimpfen konnte, ihren bos- 
haften Willen noch durch Zeichen kundgab". 

Fac. 60. Noel, II, p. 53; Brandes p. 84; Kirchhof-Öster- 
ley 4, 186 u. V. Bdl. S. 116; Pauli-Österley S. 
490, Nr. 142; Köhler I, S. 506 u. Anmerk. III, 
S. 68; Montanus-Bolte, S. 526 u. 622. 

Fac. 61. Über den französischen Adel jener 2^it siehe 
PoggiuSy De nobilitate, Opera, fol. 26. 

Fac. 62. No€l, II, p. 61 ; Montanus-Bolte S. 578, Nr. 39; 

dazu noch Brantöme, Galante Damen, deutsch 

von Harsdörffer, II, p. 169. 

Valla p. 231: Nach Mitteilung des Schwankes fährt 

Valla fort: Cum has confahulationes Podianas lego, 

dicUogum Gtegorii, übt multa miracida tMrrantur, 

videor legere, 

Fac 63. Die bei Frey-Bolte S. 253, Nr. 97, angeführten 
Nachweise haben mit dieser Facezie nur einen 
ganz entfernten Zusammenhang. 



294 



Fac. 66. No^l, II, p. 62; Frey-Bolte S. 223, Nr. 21, S. 
268, Nr. 15. 
Über den Witz der Perusiner (Fac. XXXV u. öfter) 
*" 8. Pontanus, De sermone^ Opera II, p. 435 : Nostro 
tempore (laus facetorum iocorum) trium est praecipue 
in Italia populorum, Perusinorum, Senensium^ Flo^ 
rentinorum, 
Fac. 69. No^, II, p. 65; Kärchhof-Österley 3. 176 u. V. 
Bd. S. 97. An beiden Orten, ebenso bei Brandes 
ist vieles hier nicht Gehörige angeführt. Aus- 
führliches Literaturverzeichnis Kryptadia , IV, 
p. 201. 
Fac.(7o.J Frey-Bolte, S. 224, Nr. 22; Wickram-Bolte, 
p. 370, Nr. 29 ; Dazu noch Melander» Jocoserial, 
Nr. 533; Domenichi, p. 105. 
Fac.('7i. .Brandes, p. 98; dazu Bebel, Facetiarum hb. 7, 

,,Facetum in Polonos dicterium** siMunxit 

quidanif tanta religione teneri Polonos, ut sa- 
niori conscientia furarentuir equum Dominica 
die, quam quod die Veneris lac vel butyrum 
comederent. Ferner Domenichi, p. 197* 
Fac. 72. No€l, II, p. 70. 

Fac. 73. No€l, II, p. 71; Pauli-Österley, S. 475, Nr. 21. 
Dazu noch Tünger, FaceHae, herausg. v. Keller, 
Nr. 45. 
Vgl. Baptista Fulgosus, Factorum dictorumque me- 
morabilium tibri 9, Antwerpen 1565, lih. 7 fol. 246, 
Brusonius, Facetiorum exempiorutnqtie libri 7, Basi- 
leae 1559. 1. 1, cap, 29. An diesen beiden Stellen wird 
nach Stobaeus, cap. 18 D^ incontinentia berichtet, 
daß die Spartaner ihre Sklaven sich voU und toll sau- 
fen ließen, um den Kindern ein abschreckendes Bei- 
spiel zu liefern. 
Fac 74. NoiU, II, p. 72. In dieser Facezie zeigt sich 
Poggio als ein besserer Menschenkenner als 



Boccaccio, der durch die Kraft einiger Worte 
einen Geizhals und einen Feigling von ihren 
Fehlem geheilt werden laBt. (Dscamerone, G. I, 
nov. 8 u. 9.)* 

Fac<75. Ktrchhof-Österley i, 78 u. V. Bd. S. 36; Paiili- 
österley S, 492, Nr. 164; dazu Domenichi, p. 177* 

Fac. 76. Brandes, p. io4;Pauli-Ö8terle7, S.33i,Nr. 590; 

^ Poggianat II, p. i«9. 

Fac. 77,/ NoiU, II, p. 71; femer Domenichi, p. 284. Do- 
menichi sagt zum Schlüsse: ^tSimile a queUo 
di CisH fornaio,** und in der Tat scheint auch 
die Erzählung auf Boccaccio, g. VI, nov. 2 zu- 
rückzugehen. 

Fac. 79* Noä, II, p. 7^1 Brandes, p> 107; Steinhöwd- 
Osterley, S. 350; Kirchhof-Österley, $, 128 u. 

V.Bd., S. 94. 
Fac. 82. No€l, II, p. 83. 
Fac. 85. No€l, II, p. 88. 

Fac. 87. No€l, II, p. 91 ; Kirchhof -österley, $, 146 u. 

V. 3d., S. 95 ; Frey-Bolte, S. 224, Nr. 23 ; Köhler, 

III, S. 68. 

Femer Hist, discept com. secunda, Poggii Opera, 

fol. 18: pront eins, qui assumpta medendi arte, asirium 

perditum traditis pillulis reperari fecit, et alterius, 

qui aegrotum quendam asellum comedisse accusavit, 

Fac. 89. No€l, II> p. 95- 

Fac. 90. Brandes, p. 12a Füge hinzu Bebel, Facet Hb, III, 
De Veneto equite; Ariosto, SaU V, Vers 208 ff. 
Die Venetianer mußten es sich wohl oder übel ge- 
fallen lassen^ ihrer Reitkunst wegen gehänselt zu wer- 
den. Shepherd-Tonelli, II. Appendice, p. LXVII. 
dimonstrare, qaanii i Venenani fossero soggetti, agli 
scherzt degli abitanti dello altre cittä di Terra ferma, 

* Wo Ich die vorsteheDde Bemeikung ursprUngUdi gelesen habe, 
wtifi ich «irklich nicht mehr. 

296 



per la loro imperixia dt itUto cid che ha rapporto ai 
catMlli, ed alla equitazione. Vgl. auch Fac. i6o und 
^ Castiglione, Cortegiano^ L I> cap. 27 u. 1. II, cap. 52. 
Fac. 91. No^l II, p. 97. 
Fac. ^2^' Domenichi, p. 129. 
Fac. ^i. NoSl, II, p. 97. 

Fac. 96. Lenfant, Histoire du Concil de Canstanoe, 
Amsterdam 1714, />. 452: Benoit voyant ap- 
procher les deux Maines noirs, dit ä ceux qui 
itoient autour de lui, vailä les Corbeaux du 
Concile. II n*est pas surprenant, rSpondirent- 
ils, que des Corbeaux s'approchent d'un corps 
tnorU On va voir dans la Session suivante, 
les priparatifs de cette mort civile. 
Fac. 97. Brandes, p. 128. 

Fac. 98 u. 99. Pauli-Osterley, S. 516, Nr. 388. (Poggius 
wird nicht erwähnt.) 
Gregor v. Tours berichtet einen ähnlichen Fall wie 
Fac. 99, der sich mit einem Spielmanne des Königs 
Miro von Galizien und den Trauben des hl. Martin 
im Jahre 589 zugetragen hat. De virtutibus sancti 
Martini^ Hb. IV, opera Greg, Tur,, Bd. I, p. 651: 
et statim iniecta manu caudam botrionis coepit 
incidere, proHnusque dextra adhaerens camerae arente 
lacerto diriguit, 

Fac. 100. No^y II, p. 99; Brandes, p. 131; Keller» Ein- 
leitung, S.CLXXIV; Dunlop-Liebrecht, S. 501, 
Nr. 577; Pauli -österley, S. 539, Nr. 577; 
Kirchhof -österley, 2, 124 u. V. Bd., S. 82; 
Köhler, II, S. 571. Über die orientalische 
Quelle gibt Auskunft Eugdne L6v6que, Les 
Mythes et les ISgendes de l'Inde et la Perse dans 
Aristophane, Piaton, Aristote, Virgüe^ Ovide, 
Tite Live, Dante, Boccace, Arioste Rabelais, 
Perrault, La Fontaine, Paris 1880, p. 566 fiE. 

297 



Merkwürdigerweise nirgends zitiert ist das ,,Alt- 
weibermärchen" Petrarcas. PetrarctM Epistolae de 
rebus familiaribits et variae, studio et cura J. Fraca- 
settu Vol, II. Florentiae 1S62, p..404 (rudis fabellap 
sed efficax) und Pontanus im AntoniiAS Dialogus, 
Opera II, p. 163. 
^^^ Fac. loi. Castiglione, Cortegtano, 1. II, cap. 52. 
Fac. 104. Brandes, p. 136. 
Fac. 105. Hist. Flor. 9 p. 65. 
Fac. 106. Noel, II, p. 1 19« 

Fac. 109. N06I, II, p. 119; Dunlop-Liebrecht, S. 284 
u. 495» Pauli-Österley, S. 513, Nr. 357; Mon- 
tanus-Bolte, S. 600, Nr. 34, 
Siehe femer die zu Fac. 87 aus Poggii Opera 
fol, 18 angeführte Stelle. 
Fac. III, 112 u. 24. Noel, II, p. 20, 120; Dunlop-Lieb- 
recht» S. 296; Schumann-Bolte, S. 387, Nr. 4; 
Frey-Bolte, S. 277, Nr. 4; Kryptadia, IV, 
p. 234 fi. Nach Dunlop-Liebrechty S. 539, be- 
ruht der Ursprung dieser ganzen Gattung von 
Erzählungen auf dem 71. Epigramm des 
XI. Buches bei Martial: 

De Leda. 

Hystericam vetulo se dixerat esse marito. 

Et quaeritur futui Leda necesse sibi. 
Sed flens atque gemens ianti negat esse salutem, 

Seque sefert poHus proprosuisse tnori. 
Vir rogat, ut vivat, virides nee deserat annos; 

Et fieri, quod iam non facit ipse, sinit. 
Protinus accedunt medici, tnedicaeque recedunt, 

Tollunturque pedes: o tptedicina gravis/ 
Zu Fac. 24 bemerkt Valla, p. 230: Morale prae^ 
ceptum et aureis literis scribi dignum. Et si me 
homines audient, has tarn morales fabellas cum Ulis 
Aesopianis eodem in codice coptdabunt. 

298 



Fac. 115. No^, 11, p. 121. 

Fac.si[i^ Pauli-Österley, S. 4sk>, Nr. 144; dazu noch 

Domenichi, p. 156. 
Fac. 118. Noel» II, p. 122. 
Fac. 119. Pauli-Österlejy S. 554, Nr. 38. 
Fac. 120. Noä, II, p. 123; Frey-Bolte, S. 225, Nr. 24 

(jedoch nur der erste Teil der Anmerkung); 

Poggiana, 11/ p. 189, Ode. 

Petrarca, Epist. fam,, II, p. 48: Boni viüid est 

in aviio rure consistere, teUuris suae vim honumque 

cognoscere; contra nobilis et in altum nitentis ingenii 

est, mtütas terras et mtUtorum mores hominum vidisse, 

Fac. i2iy No€l, II, p. 123; Poggiana, II, p. 175. Dazu 

Seb. Brandt, De importuno sollicitatore ; 

Domenichi, p. 224; Papanti, Dante, p. 91, 177. 
Fac. £22« No^y II, p. 125; femer Domenichi, p. 321. 
Fac. 123. NoSl, II, p. 126. 

Fac. 125. No€l, II, p, 126. Vgl. Burckhardty I, 262. 
Fac. izp, Domenichi, p. 443 (Thom. Porcacdü). 
Fac. ^2d) Noä, II, p. 126; Domenichi, p. 33. 
Fac. 129. No€l, II, p. 128. 
Fac. 130. No€l, II, p. 129; Dunlop-Liebrecht, S. 494; 

Kirchhof-Osterley, 3, 189 u. V. Bd., S. 98; 

Frey-Bolte, S. 194, 197, 243, Nr. 77, 269, Nr. 27; 

Wickram-Bolte, S. 326 flf., S. 371, Nr. 37 b; 

Köhler, I, S. 506. 
Fac. 132. Köhler, I, S. 506. 
Fac. 133. No€l, II, p. 130; Dunlop-Liebrecht, S. 296; 

Shepherd-ToneUi, p. 119, 120. Außerdem noch 

bei Malespini, II, n. 89, Deutsche Übersetzung 

Priors, Leipzig 1783, S. 167 ff. 

Fac. 134. No€l, II, p. 135; Pauli-Österley, S. 500, Nr. 236; 
femer Domenichi, p. 54 (D. fügt bezeichnender- 
weise bei „Tedescheria**). 

Fac. 135. Frey-Bolte, S. 245, Nr. 78, S. 269, Nr. 28, 



299 



Fac. 137. Noä, II, 138; Frey-Bolte, S. 245, Nr. 79, 

S. 269, Nr. 29; Montanus-Bohe, S. 646, Nr. 17. 

Fac. 139. Diesen Schwank teilt Poggio auch in einem 

Briefe mit in De varietate Episi*^ p. 164, u. 

Tonelli, Epist,, p. 200: 

Quidam contribulus mens nomine Dantes hahens 

uxorem parum pudicam obiurgabatur a sodis plerum- 

que quod eam ferret, nee casHgaret; qui rediens domum 

acriter inctepebat mtdierem referens, quae sibi obü- 

cerentur, at illa negans vultu intrepido asseverabat 

illos falsa de se mentiri, virique credtäiiatem iurgabaU 

qui iis verbis moveretur, qi4ae disseminarentut ab 

invidis aut nuUevolis ad serendam discordiam inUr 

eoSf se cansdam veri, sancte iurare falsa esse, quae 

dicerentur: placabatur bonus vir verbis, ei cum rur- 

sus in publicum prodiret, atque eadem sibi narra^ 

rentur: abite, inquit, nil herum verum est: uxor mea 

pudica est, et hi sermones falsi. Atque adeo hoc ex 

ea cognovi quam cum superjbius increparem, testata 

est, haec falsa in eam dici, Itaque cum veritatis sit 

conscia, magis credam ei sali, quam Omnibus vobis, 

inque hac opinione perseveravit, 

Lenfant bezieht naiverweise die Schnurre auf den 
Dichter Dante. Poggiana, XI, p. 175. 
Fac. 140. No€ly II, p. 139. 
Fac. 141. NoSl, II, p. 140. 

Fac. 142. NoSl, II, p. 142; femer Lessing, Der Eremit. 

Fac. 143. No€l, II, p. 143; Dunlop* Liebrecht, S. 296. 

Dazu noch Malespini, II, p. 67; Domenichi, 

p. 287; Valla, p. 232. 

Letzterer fügt folgendes bei : Ita cupit patriam suam 

eximiis praeconiis decorare Podius, ut quae aut alibi 

facta aut ficta sunt, ambitiöse attribuat vel Florentiae, 

vel Terranovae, nisi prae stultiHa putat ülic omnia 

haec fuisse gesta* 

300 



Fac. 144. Kirchhof «»österley, 3,248 u. V. Bd., S. 103. 

Fac. 146. Frey-Bolte, S. 230, Nr. 41. Das meiste hier 

Verzeichnete paßt allerdings besser su Fac. 341. 

Fac. I47. Nodly II, p. 144; Brandes, p. 191* 
Fac. <(48, NoSl| II, p. 145; Kirchhof -österley, i, 181, 
V. Bd. S. 46. Femer gehört hierher Domenichi, 
p. 7, und Le cochon du cur^, in Kryptadia II, 
p. 143. Auch soll sich eine ähnliche Erzählung 
in Le FacSHeux RMfeilnuUint Lille (ca. 1750) 
finden. Alles dies geht wohl zurück auf Boc* 
cacdOi g. VIII, nov. 6. 

Fac. 149. HisL Flor., p. 159: Papia domesHco odio 
lacerata est a Fagino Cane possessa, direptis 
omnibtts factionis Guelfae bonis, Lenfant 
(Poggiana II, p. 208) läßt Fadno Cane mit 
dem Cane ddla Scala identisch seinl 

Fac. 150. Frey-Bolte, S. 282, Nr. 27; Schumann-Bolte, 
S. 406, Nr. 27. Außer den dort gegebenen Nach- 
weisungen noch Coma2ano, Proverbii en Fa^ 
cetie, Prov. XIII. 

Fac. 151. No€l, II, p. 146. 

Fac. 153. Noel, II, p. 147; Pauli -österley, S. 533, Nr. 
513; Montanus-Bolte, S. 570, No. 17. 

Fac. 154. Noel, II, p. 148. 

Fac. 155. Noiily II, p. 149; Dunlop- Liebrecht, S. 296; 
Kirdihof-Österley, 2, 86 u. V. Bd. S. 79; Mon- 
tanus-Bolte, S. 267, Nr. 103; Köhler, III, 
S. 70. 

Fac. 156. No^l, II, p. 159; Brandes, pw2ox ; Dunlop-Lieb- 
recht, S. 283 u. 296; Wickram-Bolte, S. 387, 
Nr. 79; hauptsächlich aber Kryptadia IV, 
p. 3 10. 

Fac. 157. No€l, II, p. 151; Brandes, p^ 202; Dunlop- 
Liebrecht, S. 296; Moatanus-Bolte, S. 476 u. 

30t 



SSS, Nr. I ; Kirchhof-Osterley, 3, 213 u. V. Bd., 
S. 100; Hagen, Gesamtabenteaer Nr. XXI u. 
XXII (Bolte sitiert fälschUcherweise Nr. XX), 
u. Einleitung Bd. I , S. LVI ; Kryptadia II, 

P. 13. 

Fac. 158. Noäy II, p. 151 ; Pauli-Östarley, S. 495, Nr. 192. 

Fac. 160. No€ly II, p. 154; vgl. auch Anmerkung zu 
Fac. 90. 

Fac. 161. No€l, II, p. 157; Kryptadia, II, p. 231. 

Fac. 162. No€l, II, p. 161; Brandes, p. 208; Kirchhof- 
österley, 2, 196 u. V. Bd., S. 86. 

Fac. 1(5^^ No^, II, p. 162; Steinhöwel-Österley, S. 174; 
Domenichi, p. 291 ; Köhler, I, S. i (ohne Er- 
wähnung Poggios)^ 

Fac. 164. N06I, II, p. 165 ; Pauli-Österley, S. 485, Nr. 1 10. 

Fac. 165 u. 166. No€l II, p. 167; Brandes, p. 212; Femer: 
Der lustige Heerpauker (um 1690) S. 152 und die 
verschiedenen Eulenspiegelausgaben. Vgl. 
Burckhardt, I, 169. 

Fac. 167. A. Medin: Poggio Fiorentino Facezie^ in Gt- 
omale storico della Letteratura italiana, IX. 
Torino 1884, p. 261: La facezia j66 (i6y) 
narra del passagio presse Firenze di molti 
cani diretti verso la Germania, ma chi puö 
capir nuUa di cid, se non sacke Eugenio IV, 
confermando la commissiane data da Mar- 
tino V, avea numdato Giuliano Cesarini car- 
dinale di S, Angela in qualitä di legato della 
5. Sedia in Germania per estirpare l'eresia, 
il quäle inoece dovette ritomarsene dopo una 
grande sconfitta toccatagh in Boemiaf Chi 
capisce lo spirito di quel prodigio narrato dal 
Poggio, 'Se ignora che quesH aveva scritto al 
cardinale Giuliano prima della partenxa dis- 
suadendolo doli* impresa, e poi, dopo la scon^ 

302 



fttta^ hiasimando la sua imprevidenzaf fVßdi 
U Epp. XX, XXIV del. libro IV, edizione 
Torelli.) 

Die Ansicht Medins scheint nun falsch zu sein. Es 
war am 22. Januar 1439, daß Papst Eugen IV. das 
zweite Mal nach Florenz kam. (Hist, Flor,, p. 329, 
Macchiavelliy Flor. Gesch., deutsch v. Reumont, II, 
S. 37.) Die Expedition Cfisarinis erfolgte hingegen 143 1. 
Ein einziger Umstand, den hingegen Medin nicht an- 
führt, spricht für seine Vermutung. Die Fac. 168 be- 
ginnt mit den Worten Paucis post diebus . . . und 
muß auch sonst in das Jahr 1440 verlegt werden, da 
sie Vorgänge enthält, die sich angeblich nach dem 
Tode Vitelleschis zugetragen haben. Nun erzählt 
aber Poggio in De variet., p. 87. folgendes: 

Haud multo post sepulchri Hadriani, quae nunc 
arx est praedptki, quarta pars ambitiös exteri- 
oris ad septentrionem vergens, integra ad eam diem, 
nullo impulsore coUapsa est. Res admiratione ad- 
modum digna; speciosum quippe erat inspicere mar- 
moreos lapides instar tnolis ad terram Stratos, quos 
postea indignari sum solitus frangi ac comminui, ad 
usum calcis ob eius muri instaurationem. Dieses 
Erdbeben oder sonstige Naturereignis geschah aber 
nach De variet, im Jahre 143 1. Es wäre nun bei dem 
Hasse, den Poggio gegen Vitelleschi hegte, und der 
so groß war, daß Valla den Mord an Vitelleschi sogar 
den Machinationen Pog^os zuschrieb, immerhin mög- 
lich, daß er die Geschehnisse des Jahres 143 1 in das 
Jahr 1440 verlegte, um dem toten Gegner noch einen 
Tritt zu versetzen. Dieses wäre jedoch wohl leichter zu 
erreichen gewesen, als dadurch, daß er eine Facezie 
absichtlich falsch datierte, um die nächste unauffälliger- 
weise mit Paucis post diebus beginnen zu lassen. Vgl. 
Burckhardt II, S. 251. 



303 



Fac. i68. Das Kastell Borgeto schildert Poggio als nicht 
gerade anheimelnd in Totulli Epist.» p. 326, 

337. 
Fac. 169. Montanus-Bolte, S. 623, Nr. 90. 

Fac. 170. Noä, II, p. 167; Diinlop-Liebrecht, S. 297; 
dazn noch Fabriziii Praverhi, Nr. 32; Kryp- 
tadia IV, p. 249. 

Valla (p. 233) fügt bei: tempora, o mores» Quid 
est ludi Floralia, si hoc non est? Solebant olim in 
honorem deae Florae, qi4ae fuerat nohilissima mere- 
trix, ea videlicei, quae populum Romanum scripsii 
haeredem, nudaiae meretrices ante ora poptäi impu^ 

dicis gestihus ludere Nunc quis non intelligit, 

Podium veluti Floralem aliquam meretricem, non 
modo in conspectu Romanae iuventutis, sed tot latine 
loquentium nationum nudatam impudicissimis ludere 
gestihus ? Omnes enim, qui isla legunt, sihi ipsi rem 
pingunt, et Podiana Floralia cemere videntur. Non 
hoc facit meretrix, non mulier, non iuvenis aliquis, 
aut vir piebeius, sed Podius octaginta amplius natos 
annos, homo literatus et si ei credimus, eloquenUa» 
princeps, apostolicus secretarius , . . O te Fortunatum, 
foelicem, beatum atque inmortalem Podi, qui tot pel 
discipulos vel sectatores vel imitatores habiturus es, 
ut in coelo cum dea Flora tanquam conjuge collo- 
ceris, et una cum illa te Clerus omnis elata voce com- 
precetur: sancte Podi et sancta Flora, orate pronobis, 

Fac. 173 u. 174. Noel, II, p. 171. 

Fac. 17s. Noel, II, 173; Pauli-Österleyi S. 515, Nr. 380; 

Kryptadia, IW, p. 234. Von Lenfant ins frnn- 

sösische übersetzt, jedoch mit Hinweglassung 

des zweiten Ratschlags und seiner Folgen 

* " (Poggiana II, p. 210). 

Fac. 176. Pauli-Österley, S. 507, Nr. 299. 

304 



Fac. 177. Noä, II, p. 174; Paufi-Österkyr S: 498, Nf-221. 

Fac. 179. ' Domenichii p. loi. 

Fac. 181. No€l, II, p. 176; Valla, p. 228. 

Fac, 183. No€l, II, p. 180; Frey-Bolte, 8.245, Nr. 80; 

Valla, p. 228. 

In der Novelle von Gozzi: „Wie Battista Moscione 

sich rachte'% bei Keller, Italiaenischer Novellenschatz, 

Leipzig 185 1, VI, S. 81: „Verfluchter garstiger Hund, 

der überall zu finden ist, wo man Melonen riecht I'/ 

Fac. 184 u. 185. NoSl, II, p. 181. 

Fac. 1 86. Pauli-Österley, S. 484, Nr. 1 00 ; Kdhler, II, S. 566. 

Aeneas Sylyius, Commentarii, /. 2, cap.iy: Pudeai 

IkUiae sacerdaies, quos ne semel quidem novam 

legem constat legisse. Apud Thaboritas vix mtUier- 

culam invenias, quae de novo testamenio et lieteri 

respondere nesciat, 

Fac. 187. Noel, II,pag.i8i ; PauU-österley^S. 492,Nr.i 16. 

In Philelphum InvecHva teriia, Operay Fol, 67: 

Quae (progenies) enim nohilior esse poiest^ quam 

eius, cuius parens matutino tempore vestes ut pluri' 

mum sericeas gerehatf 

' Fac. 188. In Philephum Invectiva prima, Poggii Opera, 

fol. 63: 

Pulsus olim Patavio turpiter, übt Gasparinum 

audiebas, propter adolescentis, quo deperibas, in- 

Sanum amorem, Constanünopolim tanquam in asylum 

egenus atque inops confugisii. Ibi in Joannis Chry- 

soloraedoctissimi atque insignis equitisfamiliaritatem, 

discendi cupiditatem prae te ferens, insinuasH^ Qui 

tua verbositate motus, simul mendacitaie commotus 

(nihil enim eo praeter linguam inanem et cutem ari" 

dam deportaras) te domi suae recepit, ignarus futuri. 

Hospitem enim pudicum, non Paridem adulterum 

se recepturum putabat. At tu, cum regiones, non 

•o 305 



mores immutasses, ne quis locus esset vacuus sceleris 
bus tuis eius virginem fUiam stuprasH, tuis poUi- 
diationibus et blanditiis deceptam. Cum te ille miser, 
qui serpentem dornt nutrierat, moechum filiae depre^ 
hendissetf de te interßdendo consüium coepit^ cum 
tu aufugisses supplicii metu. Sed quid ageret vir 
licet prudensf Inops consilii erat, scelus detectum, 
virgo compressa, dos amissa virginitatis, Inter- 
cedunt Italici mercatores, consulunt, ut eam despon- 
deas, hoc maxime pacto obumbrari putantes turpitu- 
dinem susceptam. Itaque Chrysoloras moerore con- 
fectus, compulsus precibus, mälo coactus filiam tibi 
nuptui dedit a te corruptam, quae si extitisset integra, 
ne pilum quidem tibi abrasum ab illius noHbus 
ostendisset, 
Fac. 190. Noel, II, p. 182; Brandes , p. 239; Dunlop- 
Liebrecht, S. 207 u. 486; Lambel, S. 1411. 16; 
Jahrbuch für rom. n. engl. Lit., herausgegeb. 
V. Ebert, III: Berlin 1861, S. 158 (zn Benfey, 
Panschatantra). 
Fac. 191. NoCly n, p. 183; Valla (p. 228) gibt der Mei- 
nung Ausdruck, daB vielleicht Poggio selbst 
jener Lehrer gewesen sei. 
Fac. 192. No€ly II, p. 187. 
Fac.J93; Pauli-Österley, S. 498, Nr. 219; femer Dome- 

nichi, p. 147* 
Fac. 194. NoSl, II,p.i88; Pauli-österley,S.5i3, Nr.356; 
dazu Domenichii p. 283; Nachtigall, Jod ac 
sales, vgl. Archiv f. Literaturgeschichte, heraus- 
gegeben V. Carolsfeld, XI. Bd., Leipzig 1882, 
S. 27; Valla, p. 229. 
Fac. 195. No€l, II, p. 189; Dunlop-Liebrecht, S. 297; 
Fabrizii Proverbi, Nr. 29; Kryptadia^ I, 

p. 310« 
Fac. 196. Noä, II, p. 189. 

306 



"^ Fac. 197. Noäy II, p. 365 ; Pontanus, De setmone, Opera^ 
p. 423; Castiglione, Cortegiano, 1. II. « 
Vgl/ die bei Fac. 66 zitierte Stelle aus Pontanus. 

Fac. 198. No€l, II, p. 190; Brandes, p. 247; Nachtwachen 
von Bonayenturay Berlin 1881 (Neudruck) S. 26. 

Fac. 300. Kirchhof -österley, 2, 99 u. V. Bd., S. 80; 
Frey-Bolte, S. 245, Nr. 81. 

Fac. 3oi.|[No€l, II, p. 190; Frey-Bolte, S. 199, 346, 
Nr. 83, 369, Nr. 30. 

Fac. 303. NoS]> II, p. 193; Pauli-Österley» 3.493, Nr. 168. 

Fac. 203. Noä, Ilt p. 193; Barclay, Satyricon, Lugd. 
Batav. 1574, p. 74. 

Fac. 204. Noä, TI, p. 193. 

Fac. 205.S^Frey-Bolte, S. 246, Nr. 83. Vgl. Melander, 
Jocoseria, I, Nr. 10, II, Nr. 90 und Thor- 
schmidius, Vita Poggii, Vitembergiae 1713, 
p. II, § XIV.i^v-PVli 

Fac* 207. No€l, II, p. 195 ; Pauli-Österley, S. 507, Nr. 304; 
Kirchhof-Österley, 7, 127 u. V. Bd., S. 173; 
Wickram-Bolte, S. 312, 361, Nr. 3; Köhler, 
III, S. 73. Ein italiaenisches Sprichwort lautet 
passato il pericolo, gabbato ü saiüo. 

Fac. 309. Noä, II, p. 195 : Frey-Bolte, S. 346, Nr. 84, 
S. 369, Nr. 31 ; Montanus-Bolte, S. 600, Nr. 36. 
Fac. 3 10. Noä, II, p. 30I. 

Fac. ^iK) NoSl, II, p. 3oi; Brandes, p. 363; Dunlop- 
Liebrecht, S. 256. 
Zu den dort gegebenen Nachversen noch Pontanus, 
De sermone, Opera, II, p. 406 und Domenichi, p. 5 
(Cmte Fr. Sandriano), 

Fac.m3^ Noä, II, p. 204; Domenichi, p. loi. 

Fac. 215. Frey-Bolte, S. 217, Nr. 5 (meist nur entfernter 
Zusammenhang). 

ao* 307 



Pac. 2i6. Kodt,'II/p. 209; Brandes, p. 267; Dimlop.- 
Liebrecht, S. 297, Kr.'89 (soU 99 heißen. Auf 
den Irrtum habe ich- schon bei Fac^ 11 hin- 
gewiesen), ebendort S. 500; Frey-Bolte, S. 247, 
... Nr. 85. Dieser jganze Stamm von Erzählungen 
basiert wohl auf der Legenda aurea. Diese 
berichtet (ciap. 144, fol. 285, Ulm, Zainer, s. a.), 
daiß^ der heilige Antonius einem Bettler einen 
Hühnerflügel geschenkt habe. Als der Bettler 
am nächsten Tage den Flügel während der 
Predigt . herzeigte, um den Antonius des Wohl- 
lebens zu zeihen, verwandelte sich der Hühner- 
knochen in eine Fischgräte, und der Bettler 
erschien als Verleumder. 

Fac.'2i7. Npä, n, p. aio; Frey-Boltei S. 247,' Nr. 86; 
. Cyrano v. Bergerac, Mathieu Garaau (Pöggu 
ana, II, p. 215). 

Fac. 22a. Domenichi, p. 124. 

Fac.2^1. Njo€l, II> p. 210; Dunlop-Ltebrecht, S. 262; 
Frey-Bolte, S. 240, Nr. 68, S. 269, Nr. 24. 

Fac.222. No^y II, p. 211. Vgl. femer Vt^am, Le vite 
d'uamini illustri FiorenHni, Firenxe 1847, 
P- i33> wo der Erklärer VUlanis . den ■ Versuch 
macht,. Criovanmd'iU^drea von dem in dieser 
Facezie enthaltenen Vorwurf reinzuwaschen. 

Fac. 223, NoSl, II, p. 213; Dunlop-Liebrecfat, S. 283; 
Wickram-Bolte, S. 349 u. 386, Nr. 79; Kryp- 
. tadia, IV, p. 210. 

Fac. 224. No€l, II, p. 216. 

li^. 225. No^, li, p. 217. 

Fac. 227. Noel, II, p. 218. 

Fac. 228. Noel, II, p. 219. 

Fac. 230. Noä, n, p. 220; Brandes, p. 282; PauH* 
österley, S. 538, Nr. 576; Wickram-Bolte, 
S. 343 ff., 380, Ni;. 63. 

308 



* « 

' . Quelle für alle diese Schwanke dürfte 'die Schildejning 
des Gesanges des Plärrers von Varlungo bei Boccaccio, 
Duafnerone^ g,yill/nov^2 sein. 
Fac.23i. No€l, II, p» 223; Vftlla, p. 2^9. 
Fac. 232. Noel| 11, p. 225; Diuilop-Uebrecht, S. 258; 
Frej^BoHe, S. 248; Nr. 87;. außerdem . noch 
Fabrudi Prov^rW, Nr. 27, 

Fac. 233. NoSl, II, p. 229; Pauli-Österley, S. 491, Nr. 153, 

Fac. 236. NoSl, n, p. 230. 

Fac. 237. NoBl, II, p. 230; Dunlop-Liebrechty S. 296. 

Fac.'238< siehe Fac. 270. NoSl, II, p. 244; Dunlop- 
Liebrecfat, S. 258 u. 296; Kirchhof -österley, 
I, 330, $3^ »• V. Bd., S. 57 j Frey-Bolte^ 
. S. 273, Nr. 74. 

Fac. 240. Pahtschatantram, Bach lll. 

Fac. 241. Bebet, FaceHatum^ Hb. I: De tnercätore ^t 
nobUi, Siebe auch die Anmerkungen zu Fac. 146. 

Fac. 242. Noel, II, p. 252. 

Fac. 244. NoSl, II, p. 266. 

Fac. 245. Noel, II, p. 255. . . 

Fac. 248. No^, II, p. 256. 

Fac. 249. Reichhaltige Literaturangabe über ähnliche 
Hungergeschichten bei Kirchhof -Ostecjey. 
V. Bd., S. 95, zu 3, 149 u. 150. Hinzuzufügen 
sind noch Petrarca, De rebus memorandis, IV, 
cap. 123; Antonius Panormita, Dicfa et facta 
Alphonsi, 1. 2^ cap. 9, der die Hungerkünstler 
für Betrüger hielt; ähnlich Pontanus (De 5^- 
mone^ (ib. II, Opera II, p. 390); Aeneas Syl- 
yius, Commentarii, 1. II, cap. 9 (schon zitiert 
von Lenfant, Poggiana, II, p. 241). Dieselbe 
Erzählung wie Poggfo von dem Franzosen 
Jacobus bringt Baptista Fnlgosos, Factorum 
dictorumque memorabilium, lib. 9, Antwerpen 
1565, 1. I, cap. 6. • 



309 



Fac. 250. NoSl, H, p. 257; Lambel, S. 13 u. 16; Dau- 
diguier, Hist des anumrs de Lysandre ei de 
CaUsUf Amsterdam 1670, p. 433; ähnlich 
Keller, Einleitung, S. CLXX: Der Sofi von 
Bagdad. Vgl. femer Ler^ue, Les mythes et 
les Ugendes . . . Paris 1880, p. 560 fi. 

Fac. 251; Kirchhof-Österley, i, 2, 11 1 u.V. Bd., S. 72; 
Pauli-Österley» S. 540, Nr. 584; dazu Hebel» 
FaceHarum^ Hb. III : De iüiteraüs SacerdoH" 
bus et Monachis, Über die Fee BefEana XBelana, 
gleich unserer Frau Holle), die in Italien aus 
Epiphania -entstanden ist, und die jeden&tlls 
dem Priester den Kopf verwirrte, siehe Jahr- 
buch f. rom. u. engl. IM,, V. Bd., S. 375, in 
dem Aufeatze „Volkstümliche Benennungen von 
Monaten und Tagen bei den Romanen" von 
Retnsberg-Düringsfeld, femer Hagen, Gesamt- 
abenteuer, III. Bd., S. XV. 
Domenichi, p. 328, leitet Beffania von BefEa ab. 

Fac. 252. Brandes, p. 310. 

Fac. 253. No£l, II, p. 267; Dunlop-Uebrecht, S. 502; 
Steinhöwd-Osterley, S. 179. 

Fac. 254. NoSl, II, 267; Brandes, p. 312. 

Fac. 255. Einen ähnlichen Ausspruch Ridolfos erzählt 
Franco Sacchetti, der sich nur dadurch unter- 
scheidet, daß anstatt „Anstandslehre" „Gewalt'' 
zu setzen ist. 

Fac. 256. Noä, II, p. 267 ; Pauli-Österley, S. 488, Nr. 128 ; 

Montanus-Bolte, S. 609, Nr. 63. 
Fac. 257. NoSl, II, p. 270; Brantöme, I, p. 307« 

Fac. 259. No^, II, p. 271; Brandes, p. 316; Kirchhof-- 
Österley, 1, 193 und V. Bd., S. 47; Montanus- 
Bolte, S. 485 u. 567. 

Fac. 261. Nodl, II, p. 271. 



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Fac. 263. Noely II, p. 274. 

Fac. 263. Kirchhof -österley, i. 2. 79 u. V. Bd., S. 70. 
Über die Brüder vom hl. Antonius vgl. Burckhardt, 
II, S. 352 f. und die dort angezogenen Stellen. 

Fac :t^4. Noel, II, p. 275. 
Fac. ^65» Domenichi, p. 130. 

Fac. 266. No6ly II, p. 277. Die bei Frey-Bolte, S. 261, 
Nr. 127, gegebenen Nachweisungen gehören nicht 
hierher. 

Fac. 267. No§l, II, p. 280; Diinlop-Liebrechty S. 241 u. 
490; Hagen, Gesamtabenteuer II, S. XXXII ff.; 
Keller, S. CXL; Steinhöwel-Österley, S. 321; 
Landau, Die Quellen des Dekameron, 2. Aufl., 
Stuttgart, 1884, S. 83 ff.; Koeppel, Studien zur 
Gesch. der ital. Nov. in der engl. Literatur, 
Straßburg, 1892, S. 83. 

Fac. 268. No€l, II, p. 281; Dunlop-Liebrecht, S. 214, 

282, 493 ; Hagen, Gesamtabenteuer, II, S. IL ff. ; • 
Landau, Beiträge z. Gesch. d. ital. Novelle, 
Wien 1875, S. 93. Nirgends finde ich zitiert 
Domeniclü, p. 336, und die Erzählung des 
dritten Weibes bei Bebel, Facetiarum liber II : 
Fabula de mulierum astuHis; Keller, Erz. 
aus altd. Handschr.: „Von den dreyen Frawen" 
und Anmerkimg S. 691. 

Fac« 269. No^, II, p. 285; Domenichi, p. loi. 

Fac. 270. Noel, II, p. 287» 

Fac. 271. No§l, II, p. 287; Domenichi, p. 7; vergL femer 

Ant. Comaranos Novelle bei Keller, Ital. 

Novellenschatz, II, Nr. 21. 
Fac. 272. Noä, II, p. 288. 
Fac. 273. No€l, II, p. 299. 



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